Montag, 30. April 2012

Europa braucht Wachstum, nicht Austerität


Europa hat seine Probleme falsch diagnostiziert und auf den falschen strategischen Kurs gesetzt, schreibt Larry Summers in einem lesenswerten Artikel („Growth, not austerity is best remedy for Europe“) in FT.

Abgesehen von Griechenland, das nur 2% der Euro-Zone repräsentiert, ist die Quelle der Probleme nicht eine schlechte Haushaltsführung (profligacy). Die Staatsquote von Spanien und Irland lag am Vorabend der Krise jeweils tiefer als die von Deutschland. Hohe Haushaltsdefizite sind viel mehr ein Symptom als eine Ursache der Probleme in der Euro-Zone, hebt der an der Harvard University lehrende Wirtschaftsprofessor hervor.

Europas Schwierigkeiten stammen aus Mangel an Nachfrage. In einer finanziellen Situation, wo die Zinssätze die Wachstumsrate der Wirtschaft übersteigen, geraten Verschuldungsprobleme aus Kontrolle. Europa soll das Augenmerk nach dem Wachstum richten. Die Austerität ist die falsche Richtung, unterstreicht der ehemalige US-Finanzminister (1999-2001) im Kabinett von Bill Clinton.

Empirische Untersuchungen aus unterschiedlichen Staaten Europas zeigen, dass die wirtschaftspolitischen Massnahmen, wenn die Wirtschaft unter Nachfragemangel steht und die Zinsen nahe Null-Untergrenze verlaufen,  welche das Haushaltsdefizit um 1% reduzieren, i.d.R. einen Multiplikator von 1 bis 1,5 haben, legt Summers dar. Das bedeutet, dass eine Kürzung der Staatsausgaben um 1% (im Verhältnis zum BIP) oder eine Steuererhöhung um 1%, die Wachstumsrate des BIP um 1 bis 1,5% reduziert.

Die Sparmassnahmen wirken in Sachen Kreditwürdigkeit wahrscheinlich kontraproduktiv, argumentiert der ehemalige Wirtschaftsberater (bis November 2010) des US-Präsidenten Obama.

Arbeitslose Jugendliche und die Bank „Mama und Papa“


In Spanien beträgt die Arbeitslosenrate bei Arbeitnehmern unter 25 mehr als 50 Prozent. In Irland ist fast ein Drittel der jungen Menschen arbeitslos. In Amerika beläuft sich die Jugendarbeitslosigkeit auf „nur“ 16,5%.

Und viele Politiker tun alles, um zu gewährleisten, dass die Dinge in der Tat noch schlimmer werden, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („Wasting Our Minds“) am Montag in NY Times. Der Träger des Wirtschaftsnobelpreises zitiert dazu einige Ratschläge von Mitt Romney an die College-Studenten: „probiere es, geh‘ ein Risiko ein, leihe dir Geld, wenn auch von deinen Eltern, und gründe ein Unternehmen“.

Das Erste, was dabei auffält, ist der markante Mangel an Empathie für diejenigen, die sich nicht auf die Bank von Mama und Papa verlassen können, um ihre Ambitionen zu finanzieren. Was Krugman damit meint, ist, wie die Ausbildung finanziert werden soll? Die Studiengebühren sind in den vergangenen Jahren sprunghaft angestiegen. Romney würde die staatlichen Hilfsmittel für die Studenten gern drastisch senken, was dazu führen würde, dass Millionen Studenten ihre Studienzuschüsse verlören.

Es gibt jedoch laut Krugman ein grösseres Problem: auch wenn Studenten es irgendwie hinkriegen, eine Ausbildung zu geniessen, die sie oft tun, wenn sie sich massiv verschulden, steigen sie in eine Wirtschaft ein, wo sie nicht gesucht sind. Und die Forschung besagt, dass der Preis dafür nicht nur vorübergehend ist: die Einkommen werden im ganzen Leben depressiv verbleiben, hebt Krugman hervor.

Austerität auf beiden Seiten des Atlantiks


Die angeschlagenen Volkswirtschaften an der Peripherie der Euro-Zone wurden gezwungen, mitten in einem tiefen und schweren Abschwung rigorose Sparmassnahmen zu ergreifen. Die Steuereinnahmen sind gesunken und die Wirtschaftsleistung ist geschrumpft. Es gibt daher keinen Zweifel, dass die pro-zyklischen Massnahmen gescheitert sind.

Wie sieht es aber auf der anderen Seite des Atlantiks aus? Das amerikanische Konjunkturprogramm war von Anfang an zu klein. Es war vorhersehbar. Und es wurde von einer Reihe von Ökonomen mit Weitsicht vorhergesagt. Die USA legten quasi auch eine Austerität-Politik an den Tag, de facto, wie Paul Krugman am vergangenen Freitag in seiner Kolumne in NY Times geschildert hat.

Dennoch gibt es Behauptungen, dass die USA ein massives Konjunkturpaket gehabt haben müssen, weil das amerikanische Haushaltsdefizit so gross ist. Das gegenwärtige Defizit ist aber ein Ergebnis der depressiven Wirtschaft. Woran erkennt man es? Krugman liefert dazu in seinem Blog ein Zahlenbeispiel, ohne all zu viel auf die Einzelheiten einzugehen.

Nehmen wir an, dass die Ausgaben und die Einnahmen, in Abwesenheit des konjunkturellen Einbruchs, 5% pro Jahr wachsen würden. Das heisst etwa BIP-Wachstum + Inflation. Und eigentlich etwas langsamer als das aktuelle Wachstum der Ausgaben (6% pro Jahr) von 2000 bis 2007. Aufgrund dieser Annahme ist es möglich, drei Abbildungen zu zeichnen: eine für die US-Regierung (gestützt auf die CBO-Daten), eine für die Bundesstaaten (gestützt auf die FRED) und eine für die Kommunen.


Staatseinnahmen (USA), Graph: Prof. Paul Krugman

Sonntag, 29. April 2012

Europas Austerität-Politik


Europäische Politiker kapieren es einfach nicht, schreibt Christina Romer in einem lesenswerten Artikel („Hey, Not So Fast on European Austerity“) in NY Times am Sonntag.

Wenn man ihnen zuhört, könnte man meinen, dass Europa auf dem richtigen Weg sei. Angeschlagene Länder brauchen nur mehr vom Gleichen: mehr Sparmassnahmen (fiscal austerity), mehr Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt, mehr Preisstabilität und die Euro-Krise würde sich unterkriegen lassen, schildert die an der University of California, Berkeley lehrende Wirtschaftsprofessorin.

Haben die Entscheidungsträger mal einen Blick auf ihre eigenen Zahlen geworfen? Es ist mittlerweile zwei Jahre her, als die Austerität gestartet wurde. Die Krise ist immer noch da. Das Wachstum des europäischen Bruttoinlandsproduktes war im letzten Quartal 2011 negativ, hebt die ehemalige Wirtschaftsberaterin des Präsidenten Obama hervor.

Die Arbeitslosigkeit beläuft sich in der gesamten Euro-Zone per Februar auf 10,8%. In Spanien ist die Arbeitslosenquote auf 23,6% geklettert. Und die erneuten Turbulenzen an den Anleihemärkten legen nahe, dass die Investoren nicht daran glauben, dass die Erholung gleich um die Ecke beginnen würde, argumentiert Romer.

Sparmassnahmen sind i.d.R. eine sinnvolle Reaktion auf einen Verlust des Vertrauens in die Zahlungsfähigkeit eines Landes, wie es in Teilen Europas geschehen ist. Aber die gegenwärtige Situation ist aussergewöhnlich: (1) kurzfristige Zinsen sind sehr niedrig, sodass es unmöglich ist, durch Zinssenkungen die negativen Auswirkungen von Haushaltskürzungen auszugleichen, und (2) die Euro-Zone-Staaten haben nicht eine eigene Währung. Sie können also das Wirtschaftswachstum nicht via Währungsabwertung ankurbeln.

To whom it may concern


ACEMAXX-ANALYTICS ist unter Blogs, die von der Economic Research Division der Federal Reserve Bank von St. Louis „genau beobachtet“ werden.

Auf der Internetseite von EconAcademics erscheinen unter „Monitored Blogs“ neun Blogs in deutscher Sprache.

Hier ist der Überblick:




Sparkurs und Wirtschaftswachstum


Die Kürzung der Staatsausgaben mitten in einer Depression ist eine schreckliche Idee. Angesichts der Tatsache, dass die Sparpolitik in Europa kläglich gescheitert ist, fragt sich inzwischen mit Recht, warum die politischen Entscheidungsträger  in der Euro-Zone keine Reaktion zeigen?

Vor diesem Hintergrund gelingt es Paul Krugman in seinem Blog, mit dem Hinweis auf Martin Wolfs Artikel („The impact of fiscal austerity in the eurozone“) in FT anhand einer aussagekräftigen Abbildung den Gegensatz zwischen der Peripherie, wo die erzwungenen Sparmassnahmen das Geschehen bestimmen und dem Kern der Euro-Zone unstreitig aufzuzeigen.

Was ins Auge sticht, ist, dass die angeschlagenen Volkswirtschaften, die zu einem Sparkurs gezwungen wurden, viel schlechter daran sind, als die Volkswirtschaften, die es relativ besser haben (wie z.B. Niederlande, Finnland, Belgien, Österreich usw.), weil sie die Staatsausgaben weiter erhöhen können. Es ist offensichtlich, dass es keine Korrelation in die Richtung gibt, wie es sich die Austerians wünschen. Denn eine Sparpolitik bedeutet scharfe Einschnitte in Transferzahlungen, Senkung der Staatsausgaben und sinkende Steuereinnahmen, was eine Schrumpfung der Wirtschaftsleistung zur Folge hat.


Sparpolitik und Wirtschaftswachstum, Graph: Prof. Paul Krugman

Samstag, 28. April 2012

Wo ist Produktivität hin?


Larry Mishel (via Paul Krugman) schlüsselt in seinem Blog (Economic Policy Institute) die Gründe für das Einkommen der Arbeitnehmer systematisch auf: eine Stagnation seit 1973.

Die Divergenz ist wie folgt: Produktivität ist um 80% gestiegen. Die Vergütung (einschliesslich Sozialleistungen) des Median-Arbeitnehmers ist nur um 11% gestiegen. Wo ist aber die Produktivität hin?

Die Antwort ist: es ist zu zwei Drittel auf die Ungleichheit zurückzuführen, wie Krugman in seinem Blog hervorhebt. Ein Drittel des Unterschieds besteht in einem technischen Problem mit Zusammenhang mit Preisindizes. Der Rest reflektiert jedoch eine Verschiebung des Einkommens von der Arbeit zum Kapital und damit eine Verschiebung des Arbeitseinkommens an die Top und weg von der Mitte.


Produktivitätswachstum (USA) und Komponente, Graph: Larry Mishel in: Economic Policy Institute

Politische Ökonomie: Einkommen versus Vermögen


Peter Dorman befasst sich in seinem Blog Econospeak mit der politischen Ökonomie der gesamtwirtschaftlichen Politik (macro-policy).

Es gibt zwei Lager, wenn man es salopp ausdrücken darf: diejenigen, die in erster Linie durch die Gefahren des Einkommens motiviert sind, und diejenigen, die durch die Gefahren des Vermögens motiviert sind.

Bedrohungen des Einkommens nehmen die Form von Arbeitslosigkeit, Lohneinbussen und Verluste der öffentlichen Zuwendungen ein. Die wirtschaftspolitischen Massnahmen, die für diese Gruppe interessant sind, sind i.d.R. keynesianischer Art: lockere Geldpolitik und expansive Fiskalpolitik, d.h. Massnahmen, die der Ankurbelung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage dienen.

Bedrohungen des Vermögens nehmen die Form von Inflation und Zahlungsunfähigkeit (default) ein. Die wirtschaftspolitischen Massnahmen, die für diese Gruppe interessant sind, werden i.d.R. als orthodox bezeichnet: straffe Geldpolitik, Einschränkungen der Neuverschuldung der öffentlichen Hand und Feindseligkeit gegenüber Massnahmen, welche die Rentabilität der den Vermögens- und Kreditmärkten zugrunde liegenden Basiswerte verringern, was öfters als „Flexibilität des Arbeitsmarktes“ verhüllt präsentiert werden.

Wichtig ist, sich zu vergegenwärtigen, dass Dorman hierbei aus ökonomischer Sicht kein Urteil darüber fällen will, was richtig, was falsch ist oder was gut, was schlecht ist. Er bezieht sich darauf, bestimmte politische Konstellationen an bestimmten Interessen anzubringen.

Entsprechen aber diese Perspektiven Klasseninteressen? 

Ja und nein. Klar ist, dass wohlhabende Personen wahrscheinlich mehr besorgt um das Vermögen sind als um das Einkommen. Und das Umgekehrte gilt für diejenigen, die über wenig Vermögen verfügen. Dennoch gibt es keine strikte Zuordnung, hebt Dorman hervor.

FDIC schliesst 2012 weitere fünf Banken


Die FDIC (Einlagensicherungsbehörde) hat am Freitag laut Washington Post 5 weitere Banken geschlossen: zwei in Maryland, und jeweils eine in Minnesota, South Carolina und California.

Damit ist die Anzahl der Banken, die im Jahre 2012 verstaatlicht wurden, auf 22 gestiegen, nachdem im Vorjahr insgesamt 92 Banken gescheitert waren.

Die Zahl der Bankschliessungen im Jahr 2012 markiert einen deutlichen Rückgang aus den beiden Vorjahren. Zu diesem Zeitpunkt vor einem Jahr hatten die Behörden 34 Banken geschlossen.

Die verstaatlichten  5 Banken verfügen insgesamt über ein Anlagevermögen von 1,42 Mrd. $ und Einlagen von 1,34 Mrd $. Die Kosten der geschlossenen Bank betragen für die öffentliche Hand  schätzungsweise 272,6 Mio. $.

Bankpleiten:
2012: 22
2011: 92
2010: 157
2009: 140
2008: 25
2007: 3

Dynamischer Kapitalismus versus Sozialstaat


Mark Thoma befasst sich in einem lesenswerten Artikel („The Choice: Dynamic Capitalism vs. The Welfare State“) in The Fiscal Times mit den gängigen Themen zum Vergleich von „USA und Europa“ im Hinblick auf das Wirtschaftssystem.

Die Verfechter des Ansatzes „free-market“ argumentieren, dass Europa weniger flexibel und dynamisch ist als die USA, weil es stärker auf die Sozialversicherung, den Arbeitnehmerschutz und damit hohe Steuersätze angewiesen sei, um all diese Programme zu unterstützen.

Es gibt hier einen stillschweigenden Kompromiss (trade-off), bemerkt der an der University of Oregon lehrende Wirtschaftsprofessor. Die Arbeitnehmer haben im US-System weniger Schutz und stehen daher auch mehr Unsicherheit gegenüber als in Ländern, wo der Schutz allgemein verbreitet ist. Es gibt im Gegenzug zwei Vorteile, die die Verfechter des Ansatzes „free-market“ hervorheben, wenn auf die Sicherheit verzichtet wird.

(1) das Wirtschaftswachstum wird grösser. Die Wirtschaft sei frei, mit weniger Einmischung durch den Staat, niedriege Steuern, und Gewerkschaften, die alles andere als anwesend sind, das Wachstumspotenzial zu erreichen.

(2) die Wirtschaft werde stabiler. Wenn ein grosser Schock die Wirtschaft trifft, sind die USA in der Lage, mit neuen, produktiven und gut bezahlten Jobs Vollbeschäftigung schneller wieder herzustellen als in Ländern, wo es grösseren sozialen Schutz gibt.

Wenn die beiden Vorteile gross genug sind, dann lohnt es sich, Sicherheit gegen Dynamik, Flexibilität und ein höheres Wachstum einzutauschen. Hat die Wirtschaft aber die beiden Vorteile, die versprochen worden sind, eingehalten?

Freitag, 27. April 2012

SNB verteidigt Mindestkurs von 1.20 Franken pro Euro

Die Zinsen in der Schweiz dürften aus heutiger Sicht noch eine Weile tief bleiben. Die expansive Geldpolitik ist im Blick auf die Gesamtwirtschaft unabdingbar, sagte Thomas Jordan, SNB-Präsident in einem Referat heute in Bern.

In den vergangenen Monaten gibt es laut Jordan vermehrt Anzeichen dafür, dass sich die Konjunkturlage in der Schweiz dank des Mindestkurses stabilisiert hat. Somit hat sich der Mindestkurs von 1,20 Franken pro Euro bislang bewährt.

Der Franken bei 1,20 pro Euro ist aber laut SNB nach wie vor überbewertet, und stellt die Wirtschaft vor grosse Herausforderungen. Das tiefe Zinsniveau wirkt sich weiterhin konjunkturstimulierend aus. Die Binnennachfrage wird ausserdem von der nach wie vor starken Zuwanderung gestützt, erläutert Jordan.


Schweiz: Exporte Wachstumsbeiträge, Graph: SNB, Quartalsheft I, 2012

Das Ende von Vertrauen Fee


Die gute Nachricht zuerst: Viele Menschen geben endlich zu, dass die Austerität-Politik nicht funktioniert. Die schlechte Nachricht ist, dass die Aussicht auf eine Kursänderung schwach verbleibt.

Dies war der Monat, wo die Vertrauen Fee (confidence fairy) gestorben ist, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („Death of a Fairy Tale“) am Freitag in NY Times.

In den letzten zwei Jahren standen die meisten politischen Entscheidungsträger und Experten in Amerika im Bann einer destruktiven ökonomischen Lehre. Dieser Doktrin nach sollen Regierungen auf eine schwer angeschlagene Wirtschaft nicht so reagieren, wie die Lehrbücher vorgeben, durch Ausgabenerhöhungen, um die fallende private Nachfrage auszugleichen, sondern mit Sparmassnahmen (fiscal austerity), durch Ausgabenkürzungen, um die Haushalte zu konsolidieren.

Die Kritiker haben von Anfang an davor gewarnt, dass die Sparmassnahmen angesichts der Depression die Situation verschlimmern würden. Aber die „Austerians“ haben darauf bestanden, dass das Gegenteil passieren würde. Warum? Vertrauen! Vertrauenerweckende Massnahmen würden die Erholung der Wirtschaft fördern, nicht verhindern, erklärte Jean-Claude Trichet, der ehemalige Präsident der EZB. Eine Behauptung, die bei den Republikanern in den USA Widerhall gefunden hat. Die Idee war, dass die Vertrauen Fee aufkommen und die politischen Entscheidungsträger für ihre fiskalische Tugend belohnen würde.

Die Vertrauen Fee ist aber nirgends zu sehen, nicht einmal in Grossbritannien, wo die Sparmassnahmen vor zwei Jahren von den politischen Eliten auf beiden Seiten des Atlantiks mit lautem Hosianna begrüsst wurden.

Donnerstag, 26. April 2012

Euro-Zone in Bilanz-Rezession


Die Rendite der deutschen Staatsanleihen mit 2 Jahren Laufzeit ist heute auf 0,089% gefallen. Das entspricht einem neuen Rekordtief. Fast so tief wie die Rendite der US-Treasury Bills mit 3 Monaten Laufzeit mit 0,086%.

Wer in den vergangenen 12 Monaten auf German Bonds gesetzt hat, kommt laut Bloomberg auf einen Ertrag von rund 13%.

Handelt es dabei um eine Spekulationsblase am Anleihemarkt? Nein. Es ist keine Bond-Bubble.

Während die Privatwirtschaft damit beschäftigt ist, Schulden (deleveraging) abzubauen, geht das Angebot an Unternehmensanleihen zurück. Und wenn der einzige übrige Akteur, der Kredit aufnimmt, der Staat ist, werden Staatsanleihen gekauft, zumal die deutschen Staatsanleihen als sicher, liquid und hochwertig gelten. Steigt die Nachfrage, steigen auch die Preise der Staatsanleihen und die Renditen fallen weiter.


Rendite von German Bonds mit 2 Jahren Laufzeit, Graph: Bloomberg

Budgetneutraler Multiplikatoreffekt


Während die Staatssschulden in der Euro-Zone in Folge der Finanzkrise, die ja vom Banken-Sektor ausging, steigen, schrumpft die Wirtschaft. Weil der von Brüssel verordnete rigorose Sparkurs (fiscal austerity) durch Lohnsenkungen (internal devaluation) und Ausgabenkürzungen der öffentlichen Hand (Haushaltskonsolidierung mitten in einer Depression) die Rezession vertieft. Die Binnennachfrage kommt zum Erliegen und die Wirtschaftsleistung stockt.

Was ist zun tun?

Wesentliche theoretische und empirische Belege stützen die Idee, dass ein Deficit Spending den Output steigern und die Erholung der Wirtschaft fördern kann, schreibt Pontus Rendahl in einem lesenswerten Artikel ( „A case for balanced-budget stimulus“) in Voxeu.

Eine Multiplikatorwirkung („balanced-budget stimulus“) kann die Wirtschaft auf einen steileren Weg der Erholung bringen, bemerkt der an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der University of Cambridge tätige Dozent.

Es gibt seiner Meinung nach drei wesentliche Bedingungen, unter denen der fiskalische Multiplikator leicht mehr als 1 betragen kann, unabhängig von der Art der Finanzierung, erklärt Rendahl.

Drei Bedingungen für einen grossen budgetneutralen Multiplikator (balanced-budget multiplier) sind wie folgt:

(1) Wenn die Zinsen in der Nähe oder auf Null Untergrenze sind, werden Bargeld und Bonds als perfekte Substitute wahrgenommen. Ein ausgeliehener US-Dollar (Kreditvergabe) ist nicht mehr ein ausgeborgter US-Dollar (Kreditaufnahme) und Bargeld wird gehortet. In der Abbildung ist zu sehen, wie die Cash-Reserven der Geschäftsbanken bei der Fed von 2003 bis heute angestiegen sind.


Cash-Reserven der Banken bei der Fed, Graph: Pontus Rendahl, University of Cambridge

Inflation, Bernanke und Fed-Borg


US-Notenbankchef Ben Bernanke hat gestern auf einer Pressekonferenz zur US-Geldpolitik gesagt, dass er nicht bereit ist, eine höhere Inflation zuzulassen, um die anhaltende hohe Arbeitslosenquote zu senken und auf diese Weise die Wirtschaft anzukurbeln.

Fed-Präsident denke, die Frage sei, ob es sinnvoll sei, sich aktiv um eine höhere Inflation zu bemühen, um ein leicht erhöhtes Tempo der Verringerung der Arbeitslosenquote zu erreichen?

Bernanke hat damit Paul Krugman widersprochen. Der Träger des Wirtschaftsnobelpreises hat kürzlich in einem lesenswerten Artikel („Earth to Ben Bernanke“) in NYT Magazine geschrieben, dass es eine Tatsache ist, dass Bernanke, als er an der University of Princeton Volkswirtschaft lehrte, Japan in den 1990er Jahren, d.h. in einem ähnlichen depressiven Umfeld der Wirtschaft, eine solche Massnahme („A Case of Self-Induced Paralysis“) nahegelegt hatte.

Bernanke hat jedoch gestern in einer Antwort auf Krugman eine andere Ansicht vertreten: In Japan habe damals, anders als in den USA heute, Deflation vorgeherrscht.


Fed aktuelle Prognose Arbeitslosigkeit vom 25. April 2012, Graph: Der geldpolische Ausschuss (FOMC) der US-Notenbank (Fed)

Die unerträgliche interne Abwertung


Aktuelle Wahrergebnisse in Europa scheinen buchstäblich zu zeigen, was es bisher Wirtschaftsdaten nicht gelungen ist, zu zeigen: die Austerität-Doktrin in Europa ist ein dicker, fetter Misserfolg, schreibt Paul Krugman in seinem Blog. Zu Recht.

Der Träger des Wirtschaftsnobelpreises kündigt zugleich mit Hinweis auf BusinessInsider an, dass es nun offiziell ist, dass Keynes Recht  hatte. Es gibt seit drei Jahren fatale Warnungen davor, dass die Bond Vigilantes im Angriff seien. Es gilt sich aber immer wieder zu vergegenwärtigen, dass die Rendite der US-Treasury Bonds mit 10 Jahren Laufzeit nach wie vor unter 2% verbleibt.

Es ist daher wichtig, zu verstehen, dass das, was wir gerade beobachten, nicht ein Scheitern der orthodoxen Ökonomie ist. Die Standard-Volkswirtschaftslehre ist in diesem Fall die keynesianische Position. Das heisst, dass die Ökonomie darauf basiert, was der Berufsstand in den vergangenen drei Generationen gelernt  hat und worauf es in den meisten Lehrbüchern ankommt, legt Krugman dar.

Die Austerität (d.h. rigorose Sparmassnahmen) ist einfach aus der Luft gegriffen worden, um mit ein paar zweifelhaften historischen Beispielen Vorurteilen der Elite zu dienen.

Und das Fazit lautet, dass Keynesianer völlig Recht haben und die Austerians (Anhänger des Marktfundamentalismus der Österreichischen Schule) völlig falsch liegen, und zwar auf Kosten von vielen Menschen.


Veränderung in Arbeitskosten (2009 – 2011), Graph: Prof. Paul Krugman

Mittwoch, 25. April 2012

Staat und Markt – Technologie und Marktchancen


Wo wäre Google heute ohne die staatlich geförderten Investitionen im Internet und ohne den Zuschuss von US National Science Foundation (NSF), der die Entdeckung des eigenen Algorithmus finanziert hat, schreibt Mariana Mazzucato in einem lesenswerten Artikel („Without state spending there’d be no Google or GlaxoSmithKline“) in The Guardian.

Wo wären GlaxoSmithKline oder Pfizer ohne 600 Mrd. $, die das US National Institute of Health in die Forschung und Entwicklung investiert hat, was zu 75% zu den innovativsten neuen Medikamenten in den letzten 10 Jahren geführt hat?

Die Rolle des Staates in jedem dieser Fälle hatte nicht einfach mit der Korrektur von „Marktversagen“ zu tun. Was die öffentliche Hand getan hat, war, grosses Risiko einzugehen, bevor der Privatsektor es gewagt hat, einzusteigen. Der Staat hat „unternehmerisch“ gehandelt, hebt die an der University of Sussex (UK) lehrende Wirtschaftsprofessorin hervor.

Im Biotech-Sektor ist Venture Capital erst 15 Jahre nach den Investitionen der öffentlichen Hand in die Biotech-Wissensbasis eingestiegen. Im Nanotech-Sektor waren es die Wissenschaftler von NSF, die den Begriff geprägt haben, bevor die Privatwirtschaft die Ertragschancen erkannt hat, erläutert Mazzucato weiter.

Der Staat ist nicht nur wichtig, der Wirtschaft während Rezessionen durch die Fiskalpolitik einen Kick-Start zu geben, sondern auch in Boom-Zeiten die Wege zu ebnen, die mit dem Beginn der neuen technologischen und Marktchancen einhergehen. In solchen Zeitperioden wartet der Privatsektor auf die öffentliche Hand, die schwere und riskante Investitionen tätigt. Keynes hat einst Unternehmen daher als „domesticated animals“ beschrieben, die die staatliche Hilfe benötigen, um Löwen werden zu können.

Euro-Krise und die schwäbische Hausfrau


Junge, Junge! Kenneth Rogoff vergleicht in einem Artikel („A euro parable: the couple with a joint account“) in FT die Probleme der Euro-Zone mit Schwierigkeiten einer Familie mit der Verwaltung eines Gemeinschaftskonto, wobei die Familienmitglieder im Verlauf der Zeit anfangen, die Privilegien zu missbrauchen.

Eine putzige Fabel, die aber wie Paul Krugman in seinem Blog beschreibt, fast vollkommen falsch ist. Warum „fast“. Wegen Griechenland. Aber was auffällt, ist, dass Rogoff ohne Hemmumgen die von der Merkel-Regierung gern vorgetragene Sichtweise über die schwäbische Hausfrau als Vorbild des musterhaften wirtschaftlichen Denkens übernimmt.

Das Denken in den Kategorien eines privaten Haushaltes ist natürlich irreführend, wenn es um die Aufklärung der gesamtwirtschaftlichen Zusammenhänge geht.

Einzelwirtschaftlich gesehen mag der Vorwurf der unverantwortlichen Haushaltsführung an die EU-Peripherie glaubwürdig erscheinen. Aber gesamtwirtschaftlich gibt es angesichts der deutlichen Beweise keine Kausalität. Zumal Spanien am Vorabend der Finanzkrise Haushaltsaüberschuss und eine geringe Staatsverschuldung hatte. Madrid hat gegen den Stabilitätspakt nie verstossen. Deutschland hingegen schon. Berlin hat das gemeinsam beschlossene Inflationsziel in der EWU nicht erreicht, sondern unterboten.


GIPSI Staatsquote (Verschuldung im Verhältnis zum BIP), Graph: Prof. Paul Krugman

QE und Wirkungskanäle


Es gibt drei Kanäle, durch die die mengenmässige Lockerung der Geldpolitik (QE: quantitative easing) die Wirtschaft gerade jetzt ankurbeln könnte, bemerkt Brad DeLong in seinem Blog.

(1) Die Fed geht Laufzeitrisiko ein, indem sie das Laufzeitrisiko (Fristentransformation) des Privatsektors auf die eigene Bücher nimmt. Die von Investoren im Privatsektor geforderte Rendite auf riskante Wertpapiere fällt, die Zins-Spreads fallen, die realen Zinssätze für Unternehmen fallen und die gesamtwirtschaftliche Nachfrage steigt.

(2) Die Fed erhöht rationale Erwartungen im Hinblick auf die künftige Geldversorgung, indem sie die Geldversorgung heute erhöht, weil es für die Fed irgendwie peinlich oder kostspielig wäre, die QE-Transaktionen in Zukunft in vollem Umfang rückgägig zu machen. Eine höhere Geldmenge in Zukunft bedeutet ein höheres Preisniveau in Zukunft. Und das bedeutet höhere Inflationserwartungen. Während die Zinsen auf der Null-Untergrenze liegen, bedeuten höhere Inflationserwartungen niedrige Realzinsen und höhere gesamtwirtschaftliche Nachfrage.

(3) Die Fed veranlasst, indem sie QE-Politik umsetzt, dass die schlecht informierten Investoren künftige Inflation befürchten, auch wenn die Fed die Absicht hat, die QE-Massnahmen in Zukunft rückgängig zu machen, bevor die Wirtschaft aus der Null-Untergrenze kommt und keine Absicht hegt, den Verlauf des Preisniveaus ansteigen zu lassen. Diese schlecht informierten Investoren suchen dann einen gewissen Schutz gegen die Inflation, was schliesslich die gesamtwirtschaftliche Nachfrage anregt.

Dienstag, 24. April 2012

Sparmassnahmen und Wirtschaftswachstum


(Nur für Streber)

Gestützt auf eine lesenswerte Zusammenfassung der aktuellen Eurostat-Daten in Bezug auf das Haushaltssaldo durch Kash Mansori unternimmt Paul Krugman in seinem Blog den Versuch, einen „rohen Wert für die Sparmassnahmen“ zu errechnen.

Angesichts eines Wachstumseinbruchs von Minus 4% von 2009 bis 2011 betrachtet Krugman den Wert, auf den das Haushaltssaldo Einfluss hätte nehmen sollen, als 0,45.

In dieser Formel ist also 0,45 der durchschnittliche Anteil der Staatseinnahmen am BIP in der Eurozone, sodass es sich dabei um einen groben Messwert der Einnahmeneffekte des Wachstums handelt. Ferner nimmt Krugman an, dass 4% das normale Wachstum für ein Euro-Land in mehr als zwei Jahren repräsentieren würde. Und die Austerität schätzt Krugman als die Differenz zwischen der tatsächlichen Änderung und der vorhergesagten Änderung des Haushaltssaldo.

Was sich daraus ergibt, ist in der folgenden Abbildung dargestellt. Das heisst die Schätzung der Austerität (d.h. rigorose Sparmassnahmen fiskalpolitischer Hinsicht) gegenüber der tatsächlichen Veränderung des BIP zwischen 2009 und 2011.


Multiplikator für die Verknüpfung „Sparkurs und Wirtschaftswachstum“ in der Euro-Zone, Graph: Prof. Paul Krugman

Warum die Fed die Geldversorgung steuert


Au Backe! Auch Sheila Bair steigt jetzt in den Zug ein, dass die Fed mit QE-Politik die Plutokratie unterstützt. Die ehemalige Chefin der US-Einlagensicherungsbehörde (FDIC) schreibt in einem wunderlichen Artikel („Watch out! Is the Fed pushing us into another bubble?”) in CNNMoney, dass die Fed die Preise von US-Treasury Bonds künstlich hoch halte, was durch die Fundamentaldaten nicht bestätigt werde. Früher oder später drohe die Bond-Blase zu platzen.

Bair spricht von einer „unverantwortlichen Haushaltsführung“ und „unkontrollierbaren Inflation in naher Zukunft“. Jens Weidmann klingen bestimmt die Ohren. Wer profitiert von niedrigen Zinsen? Banken und Investment Funds, behauptet Bair.

Soll die US-Notenbank damit aufhören, die Wirtschaft anzukurbeln? Seufz! Bemerkenswert ist, dass Frau Bair davon ausgeht, dass die Wirtschaft sich erholt. Erstens: ein wichtiger Indikator, welcher darüber aussagt, wie es um die Konjunktur bestellt ist, ist die Erwerbsquote, d.h. das Verhältnis der Beschäftigten zur Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter, worauf Paul Krugman in seinem Blog öfters hinweist. Die Kennzahl gibt Auskunft darüber, in wiefern die Wirtschaft in der Lage ist, Arbeitsplätze zu schaffen.

Gegen Ende der Kurve sind schon einige Fortschritte zu erkennen, aber es ist kaum der Zeitpunkt, Erfolg auszurufen.


US-Erwerbsquote (Verhältnis der Beschäftigten zur Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter), Employment Population Ratio, Graph: Prof. Paul Krugman

Höhere Steuersätze und Wirtschaftswachstum


Der Anteil von Vor-Steuer Einkommen, der auf Top 1% Verdiener in den USA anfällt, hat sich von weniger als 10% in den 1970er Jahren auf rund 20% im jahre 2010 mehr als verdoppelt. Gleichzeitig ist der durchschnittliche Einkommenssteuersatz auf Spitzenverdiener deutlich zurückgegangen, schreiben Peter Diamond und Emmanuel Saez in einem lesenswerten Artikel („High Tax Rates Won’t Slow Growth“) in WSJ.

Die Frage, die sich nun angesichts der grossen, gegenwärtigen und prognostizierten Defizite stellt, lautet, ob Top 1% mehr Steuern zahlen soll oder nicht?

Wird aber das zu versteuernde Einkommen von Top 1% auf eine Steuererhöhung durch einen Rückgang so reagieren, dass die Steuereinnahmen sehr wenig steigen oder sogar fallen? Die Autoren wollen m.a.W. wissen, ob wir bereits nahe oder über der Spitze der berühmten Laffer-Kurve sind, also dem Steuersatz, der die Steuereinnahmen maximiert?

Nach eigener Analyse vertreten Diamond und Saez die Ansicht, dass der Grenzsteuersatz (für Einkommen), der die Einnahmen maximiert, zwischen 50%  und 70% liegt. Daher schliessen die Autoren daraus, dass der Spitzensteuersatz sehr wahrscheinlich zu einem Anstieg der Einnahmen führen würde, bis 50% erreicht wird, was während der Amtszeit der Reagan-Regierung galt und möglicherweise bis 70% der 1970er Jahre erreicht wird.

Wird aber eine Anhebung der Steuersätze das Wirtschaftswachstum verringern? In der Nachkriegszeit gingen höhere Steuersätze mit einem höheren Wirtschaftswachstum einher. Auch die internationale Evidenz unterstützt das Argument nicht, dass höhere Steuersätze das Wirtschaftswachstum verlangsamen, halten Prof. Diamond (MIT) und Prof. Saez (UC Berkeley) fest.

Bank of Israel belässt Leitzins unverändert


Die Bank of Israel (BoI) hat gestern den Benchmark-Zins auf 2,50% unverändert belassen.

Die Verbraucherpreise (CPI) sind im März um 0,4% gestiegen. Die Inflation beläuft sich damit in den vergangenen 12 Monaten auf 1,9%.

Die Entscheidung, die Zinsen auf 2,50% zu belassen, steht im Einklang mit der Geldpolitik, die auf die Stabilisierung der Inflation innert Zielkorridor von 1-3% in den kommenden 12 Monaten ausgerichtet ist und dient der Förderung des Wachstums bei gleichzeitiger Wahrung der Finanzstabilität, erklärt die BoI.


Israel, Benchmark-Zins (2,50%), Graph: Bloomberg

Montag, 23. April 2012

Wie gehen Medien mit Romneys Kampagne um?


Paul Krugman befasst sich in seiner lesenswerten Kolumne („The Amnesia Candidate“) am Montag in NY Times mit Mitt Romneys Wahl-Kampagne.

Wer die Kampagne von Romney, dem Kandidaten der Republikanischen Partei für die Nominierung zur Präsidentschaftswahl 2012 von Anfang an verfolgt, kommt nicht darum herum, öfters die Frage zu stellen, für wie dumm der Multimillionär die Amerikaner eigentlich hält?

Die Frage wurde aber vergangene Woche mit besonderem Nachdruck gestellt, als Romney versuchte, eine in Ohio geschlossene Trockenbauwand-Fabrik als Symbol des wirtschaftspolitischen Scheiterns der Obama-Regierung darzustellen, beschreibt Krugman.

Ja, es ist ein Symbol, aber nicht in der Art, wie Romney es vorgehabt hat. Erstens: Als die besagte Fabrik geschlossen wurde, war George W. Bush Präsident. Erwartet Romney, dass die Amerikaner Präsident Obama für die Politik seines Vorgängers verantwortlich machen?

Romney spricht ständig über den Verlust von Arbeitsplätzen unter Obama. Doch all der Verlust von Jobs hat netto in den ersten Monaten des Jahres 2009 stattgefunden, bevor es Zeit für die Auswirkung der Wirtschaftspolitik der Obama-Regierung gab, hebt der Träger des Wirtschaftsnobelpreises hervor.

Was aber laut Krugman wesentlich ist, abgesehen von der schlechten Wahl Romneys für eine Fabrik für einen Foto-Termin, ist sein Verfechten für eine Rückkehr zu Bush-Politik. Und Romney hofft, dass die Bürger sich nicht erinnern, wie schlimm diese Politik ausging. Obamas Bilanz in Sachen Jobs war enttäuschend. Aber es ist eindeutig besser als die von Bush im vergleichbaren Zeitraum, unterstreicht Krugman.

Korrelation zwischen Verschuldung und Wirtschaftswachstum


Eine wichtige Frage, die im Sog der Finanzkrise immer wieder aufgeworfen wird, lautet, ob hohe Schuldenstände das Wirtschaftswachstum reduzieren?

Eine positive Antwort würde nahelegen, dass eine expansive Fiskalpolitik, die die Staatsquote (d.h. das Verhältnis der Schulden zum BIP) erhöht, auf die lange Sicht das Wirtschaftswachstum verringern würde, wenn sie auf kurze Sicht wirksam ist.

Die meisten Entscheidungsträger scheinen heute zu denken, dass die Verschuldung das Wachstum bremt, schreiben Ugo Panizza und Andrea F. Presbitero in einem lesenswerten Artikel (“Is high public debt harmful for economic growth?“) in Voxeu. Diese Ansicht steht mit empirischen Beobachtungen im Einklang, die zeigen, dass es eine negative Korrelation zwischen der öffentlichen Verschuldung und dem Wirtschaftswachstum gibt und die Korrelation besonders stark ist, wenn die Verschuldung sich gegen 100% des BIP annähert, unterstreichen die Autoren.

Korrelation bedeutet aber nicht Kausalität. Die Verbindung zwischen Schulden und Wachstum könnte durch die Tatsache angetrieben werden, dass es das schwache Wirtschaftswachstum ist, welches zu einer höheren Verschuldung der öffentlichen Hand führt.

Die Feststellung des Vorliegens eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen Schulden und Wachstum erfordert jedoch Sicherstellung, was die Ökonomen „instrumental variable“ (siehe dazu mehr hier) nennen.

Deflation verharrt in der Schweiz


Die Kerninflation verbucht in der Schweiz den 6. Monat in Folge einen negativen Wert. Im März belief sich die Inflation (ohne frische und saisonale Produkte, Energie und Treibstoffe) auf Minus 1,2%.

Wie das von der SNB heute vorgelegte Monatsheft (April 2012) darauf hindeutet, fiel auch der getrimmte Mittelwert (TM15), der wie die Kerninflation ein geeigneteres Bild der Entwicklung der allgemeinen Inflation liefert, erstmals überhaupt in den negativen Bereich: Minus 0,1%. Der TM15 betrug auch im Vormonat Minus 0,1%.

Die Schätzungen der Kerninflation sind nützlich, weil die am Konsumentenpreisindex (CPI) gemessene Teuerung kurzfristigen Schwankungen unterliegt.

Gemessen am Produzenten- und Importpreisindex betrug der Preisrückgang in der Schweiz im März 2012 innert Jahresfrist Minus 2,0%.


Schweiz: Kerninflation und der getrimmte Mittelwert, Graph: ACEMAXX ANALYTICS

PS: Der vorübergehende Anstieg der Teuerung im März 2011 ist im Wesentlichen auf einen Sondereffekt aufgrund eines höheren Erhebungsrhythmus der Preise für Bekleidung und Schuhe zurückzuführen.

Was die Fed mit QE kauft


Der letzte Schrei in der amerikanischen Blogosphäre unter Ökonomen betrifft die ausserordentliche lockere Geldpolitik der Fed. Da die US-Notenbank im Sog der Krise in einem aussergewöhnlichen Ausmass Liquidität in die Wirtschaft leitet, lautet die Kritik aus der rechten Seite des politischen Spektrums in diesen Tagen, dass die unkonventionelle Geldpolitik der Plutokratie zu Gute kommt. Die Behauptung, die aufgestellt wird, lautet, dass Ben Bernanke mit QE das Geld an die Banken schenkt.

Die konventionelle Geldpolitik ist, wenn die Zentralbank versucht, mit der Anpassung der kurzfristigen Zinsen, auf den Verlauf der Konjunktur Einfluss zu nehmen. Die Zentralbank senkt die Zinsen, um die Geldversorgung zu erhöhen, um einen Einbruch der Wirtschaft zu bekämpfen. Und sie erhöht die Zinsen, um die Geldversorgung zu verknappen, um damit Inflationsgefahr abzuwenden.

Die unkonventionelle Geldpolitik (genannt QE: quantitative easing) kommt zum Einsatz, wenn die konventionelle Geldpolitik an Wirksamkeit verliert, weil die Zinsen bereits auf Null liegen. Die Fed kauft langfristige Papiere (Staatsanleihen und Hypothekenanleihen von staatlichen Finanzierungsgesellschaften) am Markt auf, um die Zinsen am langen Ende der Ertragskurve zu reduzieren. Um damit den privaten Verbrauch und die Investitionstätigkeit von Unternehmen zu fördern.

Es gibt aber Kommentatoren, die den Unterschied zwischen der konventionellen Geldpolitik und QE (mengenmässige Lockerung der Geldpolitik) vermischen und offensichtlich nicht verstehen, was die Fed am Markt kauft. Vor diesem Hintergrund deutet Paul Krugman in seinem Blog auf einen aktuellen Blog-Eintrag von Mike Kimel hin.


Fed Bilanz, Graph: Cleveland Fed via Prof. Paul Krugman