Das Geschrei nach Kürzung des Haushaltsdefizits ist ohrenbetäubend, schreibt Christina Romer in einem lesenswerten Essay („Now Isn’t Time to Cut the Deficit“) in NYT, der S onntagsausgabe. „Blue Dog Demokraten, Tea-Party Republikaner und Doomsday-Ökonomen fordern sofortiges Handeln. Und die Forderungen für Sparmassnahmen aus dem Ausland sind sogar noch lauter“, bemerkt die an der University of California, Berkeley lehrende Wirtschaftsprofessorin. „Keine Frage: anhaltend hohe Haushaltsdefizite sind ein erhebliches Problem. Und unsere projizierten langfristigen Defizite sind einfach unhaltbar“, argumentiert Romer. Die Frage ist also nicht, ob wir unser Defizit reduzieren müssen, sondern wann, hält die ehem. Vorsitzende des „Council of Economic Advisiers“ des US-Präsidenten Obama fest. Jetzt ist die Zeit nicht. Die Arbeitslosigkeit ist immer noch bei nahe 10% in den USA und in Europa. „Sofortige Massnahmen, um das Haushaltsdefizit wesentlich zu reduzieren, würden in einem Double-dip wie im Jahr 1937 münden, weil wir derzeit damit ringen, aus der Grossen Rezession zu kommen“, legt Romer dar. Einige Befürworter von Fiscal Austerity argumentieren, dass Sparmassnahmen die langfristigen Zinssätze reduzieren und das Vertrauen verbessern würden, sodass die Auswirkungen positiv wären. Aber eine ehrgeizige neue Studie (World Economic Outlook) des IWF bestätigt, dass eine Haushaltskonsolidierung das Wirtschaftswachstum erheblich reduziert.
„Gegenwärtige Haushaltsmassnahmen würden die Arbeitslosigkeit weiter erhöhen. Das wäre nicht nur grausam, sondern auch kurzsichtig“, ist Romer überzeugt. Je länger die Arbeitlosigkeit hoch bleibt, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie dauerhaft wird, weil die Fähigkeiten der Arbeitnehmer sich verschlechtern und sie damit nach und nach aus dem Erwerbsleben ausscheiden würden. Eine solche Situation wäre schrecklich für die betroffenen Arbeitnehmer und die langfristige Haushaltslage.
„Die Märkte sind heute bereit, dem amerikanischen Staat die niedrigsten 20-Jahreszinsen seit 1958 zu bieten. In der Krise von 2008 bis 2009 floss viel Geld in die USA als den sichersten Platz im Sturm zu. Es gibt keinen Beweis, dass wir sofort handeln müssen“, so Romer. Während eine sofortige Straffung der Finanzpolitik für die USA nicht klug ist, müssen wir das Defizit angehen. Das Beste wäre, dass der Kongress jetzt einen Plan vorlegt, dass das Defizit reduziert wird, sobald die Wirtschaft sich wieder normalisiert. Die Geschichte zeigt, dass gut konzipierte Pläne glaubwürdig sind. Eine solch gefederte Defizitreduzierung würde dem Wachstum auf kurze Sicht nicht schaden, sondern das Wachstum erhöhen, beschreibt Romer. Wenn Unsicherheit im Hinblick auf die künftige Haushaltspolitik das Vertrauen beeinträchtigt, wie manche Unternehmer behaupten, dann wären einfache Erklärungen über die künftigen Staatsausgaben und steuerrechtliche Änderungen hilfreich, schlussfolgert Romer.
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