Dienstag, 30. Dezember 2014

Was negative Produktionslücke in der Eurozone konkret bedeutet

Die Produktionslücke (output gap) reflektiert die prozentuale Abweichung des aktuellen BIP-Niveaus vom Produktionspotenzials.

Die Produktionslücke zeigt m.a.W., wie gut die Produktionsfaktoren einer Volkswirtschaft ausgelastet sind. Das gesamtwirtschaftliche Produktionspotenzial kann nicht direkt beobachtet werden. Es muss geschätzt werden.

Simon Wren-Lewis liefert in seinem Blog gestützt auf die Daten von OECD die folgende bemerkenswerte Abbildung über die in der Eurozone vorherrschende negative Produktionslücke.

Die Niederlande: -3%, Frankreich: -2% und Deutschland: -1%.

Die Schätzung ist eine ungenaue Wissenschaft, aber der Punkt ist, dass eine Produktionslücke in dieser Grössenordnung mit der gegenwärtigen Inflationsrate (0,3%), die deutlich unter dem Zielwert (2%) der EZB verläuft, im Einklang steht.

Das heisst, dass die Produktion in der Eurozone mindestens um 1% höher liegen könnte, ohne negative Auswirkungen auszulösen. Im Grunde genommen wird in der Eurozone so viel Wert verschwendet.



Negative Produktionslücke (output gap) in der Eurozone, Graph: Prof. Simon Wren-Lewis

Wie der US-Arbeitsmarkt sich erholt

Die Arbeitslosenquote ist sowohl 2014 als auch 2013 um jeweils 0,9% gesunken: von 7,9% auf 7% im Jahr 2013 und von 6,7% auf 5,8% im Jahr 2014.

Obwohl wir noch einen weiten Weg vor uns haben, schreibt Jared Bernstein in einem lesenswerten Artikel in NYTimes, dass der amerikanische Arbeitsmarkt sich erholt. Warum?

Der Messwert der Erwerbsbeteiligung, der öfters übersehen wird, fällt nicht mehr. Die Labor Force Participation Rate ist wichtig, weil das US-Arbeitsamt (BLS: Bureau of Labor Statistics) die Definition der Arbeitslosigkeit darauf ausrichtet.

Damit man als arbeitslos gilt, muss man einen Job suchen. Wenn man die Stellensuche (aus welchem Grund auch immer) aufgibt, fällt man aus dem Erwerbsleben, gemäss Definition von BLS.



Erwerbsbeteiligung in den USA, Graph: Jared Bernstein in: On the Economy

Das Verhältnis der Beschäftigten zur Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter.
Der Anteil der Bevölkerung über 16 Jahre (Männer und Frauen), die erwerbstätig oder auf Stellensuche sind.

Sonntag, 28. Dezember 2014

Junge, junge! Billiges Öl als Konjunkturprogramm?

Die EZB steht konstant unter Druck. 

Gestern hat Wolfgang Schäuble der EZB wegen der easy-money Politik ins Gewissen geredet. Bundesfinanzminister hat dabei Jens Weidmann, dem Bundesbankpräsidenten demonstrativ den Rücken gestärkt. Weidmann vertritt bekanntlich als perma-hawk eine hard-money Politik und weist mengenmässige Lockerung der Geldpolitik (QE: quantitative easing) durch die EZB vehement zurück.

Heute sagt Bundesbankpräsident in einem aktuellen Interview, dass das billige Öl wie ein Konjunkturprogramm wirke. Das ist bei allem Respekt nicht mehr als ein Sonntagsmärchen.

Während fallende Ölpreise einen Umverteilungseffekt auslösen, kurbelt ein Konjunkturprogramm die gesamtwirtschaftliche Nachfrage an. Bei einem echten Konjunkturprogramm ist die Nachfrage nach Kapital am Kapitalmarkt der Auslöser für eine konjunkturelle Wende, wie Heiner Flassbeck in seinem Blog zurecht beschreibt.

Das Konjunkturprogramm (economic stimulus) werde uns geschenkt, wozu soll noch geldpolitisch eins daraufgesetzt werden?, so Weidmann weiter. Die Situation in Europa sei nicht so schlecht wie manche Menschen denken.


Bilanzsumme der Zentralbanken im Vergleich (BoJ, Fed, ECB), Graph: ZKB in DMO

Samstag, 27. Dezember 2014

Trugschluss der Verallgemeinerung in der Eurozone mit fatalen Folgen

Wolfgang Schäuble wird nicht müde, vor der "Gefahr der lockeren Geldpolitik" zu warnen.

Bundesfinanzminister macht in einem aktuellen Interview keinen Hehl daraus, dass er den gegenwärtigen geldpoltischen Kurs der EZB nicht unterstützt. Oben drauf legt Schäuble Griechenland nahe, noch weiter zu sparen.

In einer schwer angeschlagenen Wirtschaft soll also die Austeritätspolitik fortgesetzt werden. Wer glaubt, dass alle gleichzeitig durch Sparen wachsen können, unterliegt dem Trugschluss der Verallgemeinerung (fallacy of composition). Spart der Rest der Eurozone, kann Deutschland nicht wachsen. 

Der Verlauf der Finanzkrise von 2008/09 zeigt, dass die Austerität genau das falsche Rezept ist. Die wirtschaftspolitische Konzeption, dass es nur auf das Angebot und die Strukturreformen ankommt, ist falsch. Rezessionen sind eine Realität und einige davon sind durch mangelhafte Nachfrage getrieben. Auf kurze Sicht sollte das Augenmerk daher nach der Nachfrage gerichtet werden. Reformen können später folgen.

Freitag, 26. Dezember 2014

2014 war der Staat nicht das Problem, sondern die Lösung

Das ganze Jahr wurden Amerikaner mit schlimmen Nachrichten über eine Welt, die ausser Kontrolle geraten sei und die ahnungslose Regierung nichts wisse, was zu tun ist, bombardiert.

Doch wer zurück schaut, was im letzten Jahr eigentlich passiert ist, stellt fest, dass eine Reihe von wichtigen Massnahmen der Regierung prima funktioniert hat, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („Tidings of Comfort“) am Freitag in NYTimes.

Und die grössten Erfolge betreffen die zu meist verspottete Politik. Das hört man nie auf Fox News. Aber das Jahr 2014 war ein Jahr, wo insbesondere die Bundesregierung (federal government) gezeigt hat, dass sie einige wichtige Dinge sehr gut tun kann.

Krugman beginnt mit Ebola: Ausgehend von der Medien-Berichterstattung war Amerika am Rande einer real-life Version von „The Walking Dead“. Und viele Politiker haben die Bemühungen der Gesundheitsbehörden abqualifiziert. Wie es sich herausstellt, wusste das Centers for Diease Control and Prevention genau, was es tat. Es gab keinen Ausbruch der Krankheit.

Dann nimmt sich Krugman des Zustands der Wirtschaft an: Es ist keine Frage, dass die wirtschaftliche Erholung von der Krise von 2008 quälend langsam erfolgt und hätte viel schneller geschehen sollen. Die Wirtschaft wurde aber insbesondere durch beispiellose Kürzungen der öffentlichen Ausgaben und der Beschäftigung zurückgehalten.

Donnerstag, 25. Dezember 2014

Rezession und Gold

Gold ist in der Tat keine Absicherung gegen Inflation. Es ist etwas, das die Leute kaufen, wenn reale Renditen auf alternative Anlagen gering sind, schreibt Paul Krugman in seinem Blog und liefert die folgende bemerkenswerte Abbildung (Goldpreis versus TIPS, inflationsgeschützten US-Staatsanleihen).

Die Grafik ist invertiert, sodass ein fallender Realzins darauf einen Anstieg darstellt: Der Goldpreis stieg, als die Realzinsen negativ wurden.

Es gilt zu beachten, dass die Realzinsen im Angesicht einer schwer angeschlagenen Wirtschaft unter die Null-Marke gerutscht sind. Wohlgemerkt, nicht wegen der Inflation, sondern wegen der Deflationsgefahr.




Rezession und Gold, Graph: FRED Fed St. Louis via Prof. Paul Krugman

Mittwoch, 24. Dezember 2014

Was der Rückgang der Rendite der Staatsanleihen in der Eurozone aussagt

Die EZB hat in einer schwer angeschlagenen Wirtschaft im April und im Juli 2011 die Zinsen erhöht, um nach eigenen Angaben die Inflation zu bekämpfen. Der ausschlaggebende Grund war der starke Anstieg der Ölpreise. Hätte sich die EZB an die Kerninflation orientiert, hätte sie einen fatalen Fehler vermeiden können.

Vier Jahre später halten wir fest, dass die Preisstabilität in der Eurozone seither nicht mehr gewährleistet ist. Die EZB unterläuft die eigene Zielinflation (2%). Und die Ölpreise fallen: Es droht sogar Deflationsgefahr. 30% der vom Warenkorb in der Eurozone erfassten Güter stecken per November 2014 bereits in einer echten Deflation.

Der allgemeine Verfall der Rendite der europäischen Staatsanleihen deutet nicht auf die Stärke, sondern auf die Schwäche der Wirtschaft in der Eurozone hin: 

(1) Der Markt preist damit mehrere Jahre anhaltende Niedriginflation ein. Die Inflationserwartungen gemessen an 5y5y inflation swap notieren heute auf 1,7395%.

(2) Europa hat kein fiskalisches Problem. Die Ursache der europäischen Krise ist nicht eine verschwenderische Haushaltsführung an der EU-Peripherie, wie die EU-Entscheidungsträger behaupten.

Gemessen am Bloomberg World Bond Index liefern die Euro-Anleihen 2014 einen Ertrag von 13%: Deutschland 9,9%, Griechenland 8,2%, Portugal 22%, um nur einige Länder einzeln zu erwähnen.



Die Rendite der Staatsanleihen im Jahr 2014, Graph: ZKB

Montag, 22. Dezember 2014

Europas asymmetrische Geldpolitik vor Niedriginflation

Vitor Constancio betrachtet die Niedriginflation (lowflation) als "nur ein temporäres Phänomen" und sieht daher keine Gefahr. Einige Monate mit negativen Inflationsrate bedeuten keine Deflation, erklärt der Vizepräsident der EZB in einem aktuellen Interview.

Allerdings fügt Constancio hinzu, dass die Gefahr bestehe, dass die Inflationserwartungen nicht mehr verankert sind.

Was sagen die Future Märkte dazu? Der Markt preist einen längeren Zeitraum mit einer sehr niedriger Inflation ein: Erwartet wird, dass die Inflation annualisiert erst in vier Jahren über die Marke von 1% steigt.



Euro Inflation Swap, Graph: Morgan Stanley

Sonntag, 21. Dezember 2014

Interview: Prof. Miles Kimball, University of Michigan

Miles Kimball is Professor of Economics and Survey Research at the University of Michigan


Is the SNB now engaging in a “beggar thy neighbor” policy with the Fed, the ECB and the BoE by introducing a negative interest rate? Some people even talk about “currency wars”.

No. It is only a "currency war" if it involves a policy that would cancel out if every country did it. But if every country introduced negative interest rates, it wouldn't cancel out, it would be a worldwide shift toward monetary stimulus. Actually, at the zero lower bound, and assuming it focused mostly on short-term government bills, the Swiss National Bank's already existing policy of purchasing foreign assets to keep the Swiss franc from appreciating was a policy that would cancel out if all countries did it. So the shift toward negative interest rates, which will then require less purchasing of foreign assets, is a shift away from currency war on the Swiss National Bank's part.

Have the SNB’s policy tools been reduced significantly? What else can the SNB do to prevent an excessive appreciation of the Swiss franc or to make it less attractive to hold Swiss franc investments? Helicopter money?

As I explain in my column "The Swiss are now at a negative interest rate due to the Russian ruble collapse," negative interest rates are a very powerful policy when not only the interest on money kept at the central bank and the target rate, but also the paper currency interest rate is reduced:

There is a world of difference between a central bank that cuts some of its interest rates, but keeps its paper currency interest rate at zero and a central bank that cuts all of its interest rates, including the paper currency interest rate. If a central bank cuts all of its interest rates, including that paper rate, negative interest rates are a much fiercer animal.

The Swiss National Bank knows how to do this. So it has all of the policy tools it needs. The key extra tool in its back pocket is the possibility of using a time-varying paper currency deposit fee to create a negative interest rate on paper currency.

Samstag, 20. Dezember 2014

Negative Zinsen in der Schweiz und Notenbankgeldmenge

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat Negativzinsen (-0,25%) eingeführt. Die unkonventionelle Massnahme betrifft die Konten, die die SNB für Banken und andere Finanzteilnehmer bei sich führt.

Die Begründung: Der Schweizer Franken stand in den letzten Tagen wieder unter Aufwertungsdruck. Die zunehmende Unsicherheit (*) an den Finanzmärkten (v.a. die Krise in Russland, der starke Ölpreisverfall und die abnehmende Zinsmargen zwischen EUR und CHF) erhöhen die Nachfrage nach sicheren Anlegen.

Mit einem Negativzins auf Girokonten bei der SNB will Thomas Jordan, SNB-Präsident, dass Frankenanlagen weniger attraktiv werden. Mit der Einführung von Negativzinsen steigen die Kosten der Liquiditätshaltung für die Banken um 0,25%.

Im ganzen Zusammenhang gibt es aber auf beiden Seiten des Atlantiks einen besonders beachtenswerten Parameter: anhaltende Inflation-Paranoia.

Seit dem Einsatz der unkonventionellen Geldpolitik im Sog der Finanzkrise von 2008/09 in Form von z.B. QE und Forward Guidance in den USA, Grossbritannien und/oder Mindestkurs in der Schweiz sagen eine Menge Leute steigende Inflation voraus.

Bemerkenswert ist die Beharrlichkeit der Inflationistas, die Ansicht nicht zu revidieren, auch wenn die tatsächlichen Ereignisse nichts davon nahelegen.


Notenbankgeldmenge (monetary base) in der Schweiz, Graph: SNB in: Quartalsheft IV, Dez 2014

Eine anhaltend negative Inflation in der Eurozone im Jahr 2015

Die langlaufenden Euro-Terminkurse sind mittlerweile so gefallen, dass es grundsätzlich nur Sinn macht, wenn man eine „Japanisierung“ der Eurozone erwartet.

Hier ist eine von Morgan Stanley gestern vorgelegte bemerkenswerte Abbildung zur drohenden Japanisierung Europas, d.h. einem schwachen Wirtschaftswachstum, das mit fallenden Inflationsraten einhergeht, mit zunehmender Deflationsgefahr.

Wie aus der zweiten Abbildung hervorgeht, preist der Markt zur Zeit eine für das ganze Jahr 2015 eine anhaltend negative Inflation in der Eurozone ein.


Fallende Euro-Terminkurse und negative Inflation in der Eurozone 2015, Graph: Morgan Stanley

Freitag, 19. Dezember 2014

Skandinavien und Beschäftigung

Eine scheinbar einfache Idee, die sowohl von der ökonomischen Theorie als auch von Intuition der meisten Menschen unterstützt wird: Wenn Sozialhilfe grosszügig gestaltet wird und die Steuern hoch sind, arbeiten weniger Menschen.

Hier ist der Haken. Es stimmt nicht ganz, so Neil Irwin in einem lesenswerten Artikel („A big safety net and strong job market can coexist“) in NYTimes. Einige der höchsten Beschäftigungsquote in der fortgeschrittenen Welt sind an Orten mit den höchsten Steuersätzen und grosszügigsten Sozialsystemen, nämlich in den skandinavischen Ländern

Die Vereinigten Staaten und viele andere Länder mit relativ niedrigen Steuern und einem kleineren Sozialnetz haben tatsächlich wesentlich niedrigere Beschäftigungsquoten.

Kurzum: Mehr Menschen könnten beschäftigt werden, wenn Länder public services anbieten würden, die das Arbeiten direkt erleichtern, wie z.B. durch subventionierte Betreuung von Kindern und alten Menschen, grosszügige Krankenversicherung, und billiges und zugängliches Transportwesen.



Ein grosses soziales Sicherheitsnetz und hohe Beschäftigung können Hand in Hand gehen: Siehe Skandinavien, Graph: Neil Irwin, in NYTimes

Donnerstag, 18. Dezember 2014

Eurozone: Woher könnten Impulse kommen?

Die Austeritätspolitik hängt wie ein Damoklesschwert über Europa. Der Staat, die Unternehmen und private Haushalte sparen. Woher soll aber das Wachstum kommen, wenn alle gleichzeitig die Gürtel enger schnallen? Während die nominalen Zinsen nahe Null verharren, kommt die gesamtwirtschaftliche Nachfrage nicht vom Fleck.

Nach einer Schätzung von Eurostat waren im Oktober 2014 in der EU28 insgesamt 24,4 Millionen Männer und Frauen arbeitslos. Sechs Jahre nach dem Ausbruch der Finanzkrise gibt es kein Licht am Ende des Tunnels. Deutschlands Binnenwirtschaft liegt am Boden. Der Einzelhandel ist in den letzten 15 Jahren kaum gewachsen.

Einem aktuellen Bericht von Moody’s (via FT von heute) zufolge sitzen europäische Unternehmen (non-financial companies) auf so viel Geld wie noch nie zuvor: über 1‘000 Mrd. Euro

Die Cash Balance der europäischen Unternehmen ist seit 2008-2009 um rund 40% angeschwollen. Vor allem in den Sektoren Energie, Auto, Telekom und Versorgung liegt das meiste Cash herum. Offenbar müssen Unternehmen keine Schulden abbauen.

Wie könnte das so viele Geld wieder in den Kreislauf gebracht werden? Entweder über höhere Steuern oder über höhere Löhne.

Besser via höhere Löhne: Wenn jedes Land in der EWU die Lohnsstückkosten (unit labor costs) an seine Produktivität anpassen würde, unter Beachtung des Inflationsziels der EZB, könnte sich auch eine Konvergenz der Wettbewerbsfähigkeit ergeben, wie Heiner Flassbeck vor einem Jahr unterstrichen hat.

Mittwoch, 17. Dezember 2014

Banken-Stresstest: USA versus Eurozone

Das Eigenkapital ist nicht teuer. Die Feststellung in der Debatte über Basel III, dass die Banken viel mehr Eigenkapital brauchen, war richtig. Die Warnung, dass höhere Eigenkapitalanforderungen die Kreditvergabe der Banken hemmen würden, hat sich dagegen als fehlerhaft erwiesen.

Wie Cecchetti und Schoenholtz in einer Analyse nachweisen, zeigt sich vier Jahre nach dem Abschluss des Basel III-Regelwerkes, dass (1) die Kreditzinssätze der Banken fast unverändert geblieben, (2) die Zinsmargen der Banken gesunken sind und (3) das Kreditvolumen zugenommen hat.

Es hat sich bestätigt, dass Einschränkungen der Kreditvergabe wenig mit Eigenkapitalanforderungen zu tun hat. Die Befürchtung der Pessimisten, dass höhere Eigenkapitalanforderungen das Wirtschaftswachstum belasten würden, war auch von Anfang an verfehlt.

Der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht teilt mit, dass seit Ende 2009 die Kernkapitalquote der grossen Banken um 4,5% im Verhältnis zu risikogewichteten Aktiva gestiegen ist. Bei kleineren Banken beträgt dieselbe Quote 2,7%.

Wie haben die Banken aber die Kapitalquote (capital ratio) erhöht?

Die Pessimisten waren besorgt, dass das via „de-leverage“ und „de-risk“ geschehen würde, d.h. durch die Verringerung des Nenners: M.a.W. würde die Kapitalbeschaffung durch Verkürzung der Bilanzsumme und eine Verlagerung der riskanten Vermögenswerten vonstatten gehen.



Kernkapitalquote der Banken, Graph: Cecchetti and Schoenholtz in: Money & Banking

Dienstag, 16. Dezember 2014

Mehr Eigenkapital für Banken bedeutet nicht weniger Wachstum für Wirtschaft

Eine der grössten Sorgen in der Debatte über das Regelwerk Basel III für die Banken weltweit war, dass höhere Eigenkapitalanforderungen auf dem Wirtschaftswachstum lasten würden.

Pessimisten argumentierten, dass die Regulierung für die Banken, die Kapitalausstattung zu erhöhen, das langfristige Wirtschaftswachstum der Wirtschaft dauerhaft senken und die Übergangsfristen eine zusätzliche Belastung für die Erholung von der Rezession bedeuten würden.

Es überrascht nicht, dass der private Sektor eine Katastrophe sah, während der öffentliche Sektor positiv eingestellt war, unterstreichen Cecchetti und Schoenholtz in einer lesenswerten Analyse in ihrem gemeinsam verwalteten Blog.

Das Institute of International Finance (IIF) liefert in einem Bericht aus dem Jahr 2010 ein sensationelles Beispiel für die pessimistische Sicht. Auf der anderen Seite repräsentiert die Macroeconomic Assessment Group (MAG) eine respektable Sicht.

Die IIF kam zum Schluss, dass die Banken das Eigenkapital dramatisch erhöhen müssten. Und das würde die Kreditzinsen durch die Decke schiessen lassen. Das Kreditvolumen würde sinken und im Ergebnis würde das BIP-Wachstum in den USA, im Euroraum und Japan jährlich um 0,6% abnehmen.



Kernkapitalquote der Banken 2006 und  Entwicklung der Kreditvergabe im Verhältnis zum BIP von 2006 zu 2013, Graph: Cecchetti und Schoenholtz in: Money and Banking

Montag, 15. Dezember 2014

Ölmarkt-Analyse: Was bedeuten die anhaltend rückläufigen Erdölpreise?

Was geschieht mit dem Ölpreis? Zunächst ist es wichtig, festzuhalten, dass es an Absurdität grenzt, den Verfall des Ölpreises als ein gigantisches Konjunkturprogramm zu bezeichnen. Das ist die ganze Ratlosigkeit der herrschenden Lehre, wie Heiner Flassbeck in einem lesenswerten Beitrag in seinem Blog unterstreicht.

Wenn der Ölpreis fällt, gibt es Gewinner und Verlierer: Die Produzenten von Öl sind Verlierer, weil der Rückgang des Ölpreises fallenden Erträge aus dem Ölverkauf bedeutet. Die Verbraucher von Öl sind Gewinner, weil der Verfall des Ölpreises die Kaufkraft erhöht. Das heisst, dass die Konsumenten mit dem verfügbaren Einkommen mehr von anderen Gütern kaufen können.

Wie sieht es mit Nachfrage und Angebot aus?

Nachfrage: Der Ölverbrauch liegt 2014 (bis Oktober) um 2,9% höher als der vergangene Vierjahresdurchschnitt und 4,5% über dem Niveau von 2007.

Die jüngste Schwäche scheint mit der starken saisonalen Entwicklung des Verbrauchs im Einklang zu stehen, weniger mit einem Symptom der längerfristigen Schwäche in Bezug auf die Wachstumsaussichten.

Angebot: Während die Nachfrage gefallen ist, was in erster Linie mit saisonalen Mustern zu tun hat, ist das Angebot reichlich vorhanden, v.a. dank US-Förderung an Schieferöl (fracking). So eine lang anhaltende Story vermag aber einen starken Ölpreis-Sturz in diesem Ausmass, wie es v.a. in den letzten drei Monaten geschehen ist, kaum zu erklären.





Erdöl Nachfrage; 2,9% höher als der vorhergehende Vierjahresdurchschnitt, Graph: Morgan Stanley

Sonntag, 14. Dezember 2014

5y5y Forward Inflation Swap Rate in der Eurozone

Während die EZB versucht, Inflationserwartungen bei knapp 2%, dem Zielwert der EWU zu verankern, fällt der Fünfjahressatz in fünf Jahren (der von Mario Draghi besonders hervorgehobene Messwert) weiter nach unten: Die sog. 5y5y Forward Inflation Swap Satz beläuft sich auf rund 1,75% 0,69%.

Der Wert ist zum ersten Mal im August 2014 unter 2% gesunken. Das heisst, dass der von der EZB bevorzugte Zahlenwert auf flache bzw. fallende Preise in absehbarer Zeit hindeutet.

Bemerkenswert ist, dass die Kerninflation in Frankreich im November erstmals in der Geschichte unter Null gefallen ist.



Der Verlauf des 5y5y Forward Inflation Swap-Satzes in der Eurozone, Graph: Elliott Wave

Samstag, 13. Dezember 2014

Hartnäckige Niedriginflation

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat am Donnerstag erneut bekräftigt, am Mindestkurs von 1,20 CHF pro EUR festzuhalten. SNB-Präsident Thomas Jordan hat betont, dass die Deflationsrisiken nochmals zugenommen haben und der Franken nach wie vor hoch bewertet ist.

Die SNB hat zugleich auch ihre Inflationsprognose gesenkt: In Klammern die jeweilige Abwärtsrevision um:

2014: 0,0% (0,1%)
2015: -0,1% (0,3%)
2016: 0,3% (0,2%)

Hier ist eine gute Abbildung, die die ZKB kürzlich geliefert hat:



Wie die Inflationsprognose der SNB in den vergangenen Monaten gesenkt wurde, Graph: ZKB
Die grüne Kurve repräsentiert die Prognose vom Juni, die braune vom September und die blaue vom Dezember 2014

Europa spielt verrückt

Der Ausbruch der griechischen Finanzkrise liegt fünf Jahre zurück. Paul Krugman lässt die ganze Entwicklung in seiner lesenswerten Kolumne („Mad as Hellas“) am Freitag in NYTimes facettenreich Revue passieren. Der am Graduierten Zentrum der City University New York (CUNY) forschende Ökonomen will auf die Nebenwirkungen der Affäre, die weiterhin immense Schäden in Europa und der Welt hinterlassen, hindeuten.

Es geht aber nicht um die sog. Spillovers Griechenlands Great Depression auf die Eurozone oder die Ansteckungsgefahr für andere Kreditnehmer-Länder. Die Rede ist von der wirklich verheerenden Wirkung, die die Griechenland-Krise auf die Wirtschaftspolitik im Allgemeinen ausgeübt hat:

Plötzlich sind wir angehalten worden, uns zwanghaft mit Haushaltsdefiziten zu beschäftigen. In Wirklichkeit legt jedoch die Erfahrung über die Austerität, die Griechenland und andere europäische Länder erfuhren, uns überzeugend nahe, dass es eine wirklich schlechte Idee ist, in einer schwer angeschlagenen Wirtschaft die Ausgaben zu kürzen. Die Verwüstung der griechischen Wirtschaft liefert dazu in der Tat ein fruchteinflössendes Anschauungsmaterial, schildert Krugman.

Die aktuellen Nachrichten deuten darauf hin, dass Griechenland an seine Grenzen gestossen hat. Die Details sind komplex, erklärt Krugman weiter: Die gegenwärtige Regierung versucht aber mit einem verzweifelten politischen Manöver einer allgemeinen Wahl aus dem Weg zu gehen. Und wenn sie daran scheitert, ist Syriza wahrscheinlich die Wahlsiegerin; eine Partei der Linken, die eine Neuverhandlung des Austerität-Programms fordert, was zu einer Konfrontation mit Deutschland führen und Ausstieg aus dem Euro bedeuten könnte.

Freitag, 12. Dezember 2014

Haushaltskonsolidierung und Strukturreform münden in Deflation

In Europa ist sechs Jahre nachdem Ausbruch der Krise nirgendwo ein Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Die Arbeitslosigkeit verharrt auf hohem Niveau und die Menschen leiden weiter. Leiden ist notwendig, um die konjunkturelle Wende zu vollziehen, deutet Brüssels Vorstellung seit geraumer Zeit an, die von der Besessenheit von Haushaltsdefiziten geprägt ist.

Doch Ökonomen mit Weitsicht, die als keynesian verschrien werden, haben von Anfang an gesagt, dass es wirklich eine schlechte Idee ist, in einer schwer angeschlagenen Wirtschaft (angesichts der hohen Arbeitslosigkeit und der historisch niedrigen Finanzierungskosten) Ausgaben zu senken.

Die Anhänger der klassischen ökonomischen Theorie beharren aber darauf, dass wir die Ausgaben kürzen müssen, weil wir sonst wie Griechenland enden.

Frankreich beispielsweise wurde von Brüssel und Berlin (aber auch in den meisten Medien) regelrecht zurechtgewiesen, harsche Sparmassnahmen zu treffen, weil das Land sonst die Kreditwürdigkeit verlieren würde.

Die Rendite der französischen Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit beläuft sich heute auf 0,93%. Das ist ein Novum. Noch nie in der Geschichte lag die Rendite der französischen Staatsanleihen unter 1%-Marke. Das heisst, dass Frankreich im Grunde genommen kein fiskalisches Problem hat wie die Befürworter der Austeritätspolitik um Brüssel und Berlin gern behaupten.

Wie die gestern veröffentlichten Daten zeigen, hat die Kerninflation in Frankreich zum ersten Mal seit der Daten-Erhebung im Jahr 1990 einen negativen Wert aufgewiesen: -0,2%. Im Vormonat hatte die Kernteuerung Null betragen.



Frankreichs Kerninflation ist zum ersten Mal unter die Null-Marke gefallen, Graph: ZKB

Donnerstag, 11. Dezember 2014

Wirkungskanal der QE-Politik in der Eurozone

Seit David Hume (1711-1776) gehen die Ökonomen davon aus, dass das Geld zunächst durch die Änderung der Menge, dann der Änderung des Preises auf die Wirtschaft auswirkt. Das nennt man den geldpolitischen Transmissionsmechanismus (monetary transmission mechanism). (*)

Deshalb hat die US-Notenbank auf die Finanzkrise von 2008 mit dem Pumpen von Milliarden von US-Dollar Liquidität reagiert, was im Grunde genommen auf die new-Keynesian Ideen zurückgeht.

Gerät aber die Wirtschaft an die Nullzins-Grenze (zero lower bound), verliert die (herkömmliche) Geldpolitik an Wirksamkeit. Die beste Hebelwirkung erzielt nach dem Lehrbuch die Fiskalpolitik.

Da die Wirtschaft unter dem Potenzialwachstum blieb, ergriffen moderne Notenbanken unkonventionelle Massnahmen, um eine tiefe Depression abzuwehren. Während die konventionelle Geldpolitik Zinsen senkt, um die Rezession zu bekämpfen, zielt die unkonventionelle Geldpolitik darauf ab, auf Erwartungen (in Bezug auf die Inflation) Einfluss zu nehmen (forward guidance).

Im Rahmen einer QE-Politik (quantitative easing, d.h. mengenmässige Lockerung der Geldpolitik) verkauft die Notenbank kurzfristige Wertpapiere und kauft langfristige Wertpapiere; eine Art Tauschgeschäft. Ein Ziel ist dabei, die Zinsspanne (spread) (zwischen den kurzfristigen und langfristigen Wertpapieren), die sich aufgrund der anhaltenden Nullzins-Grenze ausgeweitet (**) hat, zu verkleinern, damit die Investoren besonders risikofreudig werden.


Rendite der Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit: US-Treasuries versus German Bunds, Graph: ZKB

Mittwoch, 10. Dezember 2014

Die SNB führt die Vertrauensrangliste in der Schweiz

Wem die Schweizer vertrauen: Eine aktuelle Umfrage durchgeführt durch die Credit Suisse zeigt die Schweizerische Nationalbank (SNB) als einen neuen Spitzenreiter.

Die Schweizer Bürger setzen die SNB (64%) an die Spitze der Vertrauenspyramide. Dies hat vermutlich mit der Rolle der SNB in der Finanz- und Wirtschaftskrise zu tun.

Mit minimalem Abstand folgen die traditionellen Vertrauensträger Bundesgericht (62%) und Polizei (60%), wie die Credit Suisse weiter berichtet.



Die SNB ist der neue Spitzerreiter, Graph: Credit Suisse in: Bulletin Nr.5, 2014

Dienstag, 9. Dezember 2014

Zentralbanken und Arbeitslosigkeit

Laut Milton Friedman soll sich die Geldpolitik der Fed auf lange Sicht auf die Preisstabilität fokussieren. Die Fed kann die Arbeitslosigkeit nur auf kurze Sicht reduzieren, und zwar auf Kosten von steigender Inflation auf lange Sicht.

Solange sich die Fed auf den Zinssatz als einziges Instrument der Geldpolitik einschränkt, liegt Friedman falsch, wie der gegenwärtige Massnahmenkatalog der Fed im Kampf gegen die durch die Finanzkrise von 2008 ausgelöste schwere Rezession zeigt.

Das heisst, dass die Fed nicht über ein einziges Instrument verfügt, um die gesamtwirtschaftliche Nachfrage anzukurbeln, sondern über ein weiteres: Änderung der Zusammensetzung der Bilanz der Notenbank. Die Rede ist von QE-Politik (quantitative easing), d.h. mengenmässiger Lockerung der Geldpolitik.

Die herrschende Lehre der Volkswirtschaft hat uns jahrelang gepredigt, dass die Arbeitslösigkeit auf lange Sicht nicht von der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage abhängt, wie Roger Farmer in seinem Buch („How the Economy works“) darlegt.



Staatsanleihen, US-Treasuries versus German Bunds, Entwicklung der Renditen, Graph: ZKB

Montag, 8. Dezember 2014

Grossbritannien verdoppelt Austerität

George Osborne, der britische Schatzkanzler hat neulich in seiner traditionellen Herbstrede (autumn statement) gesagt, dass das Haushaltsdefizit sich im laufenden Fiskaljahr (März 2015) auf 91,3 Mrd. Pfund belaufen wird.

Ein Überschuss ist im Haushaltsjahr 2019 geplant. Bisdahin sollen Gürter enger geschnallt werden. Die im Jahr 2010 von Osborne selbst in Angriff genommene Austeritätspolitik (Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen) soll also fortgesetzt werden. Der Anteil der Staatsausgaben werden damit auf 35,2% des BIP fallen. Das wäre das niedrigste Niveau seit 1938.

Wir haben hier nicht nur mit Haushaltskürzungen zu tun, sondern mit social engineering im grossen Stil, schreibt John Cassidy in einem lesenswerten Artikel („The UK’s MR. Austerity doubles down“) in The New Yorker.

Osborne ist nicht nur ein Defizit-Falke; er versucht seit 2008-2009, den Staat abzubauen, weil er im Sog der Finanzkrise eine historische Chance sieht, die Arbeit, die Margaret Thatcher begonnen hat, fortzusetzen, so Cassidy weiter.

Vor diesem Hintergrund argumentiert Simon Wren-Lewis in seinem Blog, dass es in Europa einmal tatsächlich eine Wählerschaft auf der linken Seite des politischen Spektrums gab, die einen grossen Staat grundsätzlich begrüsst hat. In Grossbritannien hat sie jedoch mit Margaret Thatcher und New Labour an Einfluss im Rest Europas verloren.

Osbornes Plan für Grossbritannien für die nächsten Jahre ist die Apotheose dieser neoliberalen Sicht, so Wren-Lewis.


Die britische Regierung verdoppelt die Austerität. Der Anteil der Staatsausgaben am BIP, Graph: Morgan Stanley

Sonntag, 7. Dezember 2014

Niedriginflation im Brennpunkt 2015

Stanley Fischer, Fed Vice Chairman hat am Dienstag gesagt, dass die Niedriginflation der Hauptgrund sei, warum die Fed noch nicht begonnen habe, die Zinsen zu erhöhen.

Charles Evans Fed-Präsident Chicago erläutert in einem lesenswerten Interview in NYTimes seine Besorgnis, dass die Fed die Zielinflationsrate von 2% seit fast sechs Jahren unterläuft.

In der Tat sieht der primäre Fokus der Fed derzeit auf die Niedriginflation ausgerichtet, zumal der Arbeitsmarkt sich anschickt, sich allmählich zu erholen. Nach den jüngsten Daten sind in den USA im November 321‘000 neue Arbeitsplätze entstanden, so viele wie seit drei Jahren nicht mehr. Damit wurden den 10. Monat in Folge mehr als 200‘000 Arbeitsplätze geschaffen.

Rückt damit eine Zinserhöhung durch die Fed näher? Nein. Die Fed sollte noch warten, bis sie das „Augenweiss der Inflation“ gesehen hat, kommentiert Paul Krugman in seinem Blog. Mit Inflation ist natürlich die Zielinflationsrate von 2% der US-Notenbank gemeint, wenn es Krugman ginge, sogar zur Zeit angesichts der schweren Depression, höher.



Wie die Zielinflationsrate in vielen Volkswirtschaften heute im Sog der Krise unterlaufen wird, Graph: The Economist, Oct 2014 („The pendelum swings to the pit“)

Samstag, 6. Dezember 2014

Kerninflation in der Eurozone unter 1 Prozent

Kanada ist das einzige G10 Land, wo die Inflation nicht unterhalb des festen Inflationsziels der Zentralbank liegt.

Wie in der von Morgan Stanley kürzlich präsentierten Abbildung zu sehen ist, unterlaufen alle anderen Notenbanken in G10 die eigene Zielinflationsrate. Das heisst, dass das Ziel der Preisstabilität nicht gewährleistet ist. 

Zur Erinnerung: Preisstabilität bedeutet nicht Null-Inflation.




Wie das Inflationsziel in G10 Staaten unterlaufen wird; die einzige Ausnahme: Kanada, Graph: Morgan Stanley

Donnerstag, 4. Dezember 2014

Zwei Charts, die zeigen, wie die Schweizer Wirtschaft leidet

Die folgende Abbildung zeigt, warum die Schweizer Wirtschaft von den disinflationären Tendenzen im Euro-Raum stark betroffen ist.

30 Prozent der Einfuhren der Schweiz (im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt) stammen aus der Eurozone, wo die Inflationserwartungen weiter fallen.

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass EZB-Präsident Mario Draghi auf der EZB-Pressekonferenz heute Nachmittag bekannt gegeben hat, dass die Inflationsprognosen im Euro-Raum für die kommenden drei Jahre weiter nach unten korrigiert worden sind.




Anteil der Einfuhren am BIP im Vergleich unter diversen Ländern, Graph: Morgan Stanley

Mittwoch, 3. Dezember 2014

Warum eine dauerhafte Niedriginflation ein Problem ist

Frau Sabine Lautenschläger hat am Samstag im Rahmen eines Referats in Berlin zum Thema Niedriginflation in der Eurozone Stellung genommen:

Low inflation rates in some Member States – even when negative – are not in themselves a breach of the target. They can be necessary to restore lost competitiveness.”

Das heisst frei übersetzt, dass niedrige Inflationsraten in einigen Mitgliedsstaaten (auch wenn negative) an sich keinen Verstoss gegen das feste Inflationsziel der EZB darstellen. Niedriginflation kann sogar dazubeitragen, die Wettbewerbsfähigkeit wiederherzustellen.

Die deutsche Juristin, Mitglied des EZB-Direktoriums äussert sich so, wie wenn die Eurozone keinen Stimulus bräuchte, weil sie ja Niedriginflation hat.

Was stimmt aber mit der Niedriginflation (lowflation) nicht? Was ist die Gefahr?

Es gibt zumindest drei Probleme mit Niedriginflation: (1) Verschuldung, (2) Nullzinsgrenze (ZLB: zero lower bound) und (3) Glaubwürdigkeit der Zentralbank.



Forward Zinssätze in G4 Ländern im Vergleich, Graph: Morgan Stanley

Dienstag, 2. Dezember 2014

Nicht die schwarze Null, sondern die zweifache Null ist entscheidend

Während das Wirtschaftswachstum ins Stocken gerät und die Inflationserwartungen sich zurückbilden, fallen auch die Renditen der Staatsanleihen weltweit. Ein Gradmesser für Staatsanleihen in der ganzen Welt ist laut Bloomberg inzwischen auf ein 18-Monats-Tief gesunken.

Auch der Ausblick für 2015 bleibt getrübt. Das vorherrschende makroökonomische Thema im kommenden Jahr dürfte demnach der Kampf der Zentralbanken gegen niedrige Inflationsraten sein, verkündet Joachim Fels von Morgan Stanley in einer am Sonntag veröffentlichten Studie.

Dass die Inflationsrate in vielen Volkswirtschaften unter dem Ziel der Preisstabilität der Zentralbanken verläuft, verheisst in der Tat nichts Gutes. Die Fed hat beispielsweise ein festes Inflationsziel (keine Schwelle) von 2 Prozent genau wie die EZB und die SNB. Es ist unumstritten: Wenn von der Zielinflation dauerhaft nach unten abgewichen wird, entsteht Deflationsgefahr.

Warum streben aber moderne Notenbanken (seit den 1990er Jahren) ein Inflationsziel von 2% pro Jahr an? Warum nicht etwas mehr (z.B. 3%) oder weniger (z.B. 1%)?

Die Frage ist heute insofern von Bedeutung, als eine Vielzahl von renommierten Ökonomen vorschlagen, dass z.B. die EZB vorübergehend eine Inflationsrate von rund 4% anvisieren soll, um die Wirtschaft aus der Depression zu holen.

Das heisst andererseits, dass das feste Inflationsziel von 2% infolge der Finanzkrise von 2008 auf dem Prüfstand steht.



Nullzinsgrenze (zero lower bound) für viele Zentralbanken, Graph: Morgan Stanley

Montag, 1. Dezember 2014

Europas Sonderfall: Deutschland

Die folgende einfache Abbildung zeigt, wer sich an die von der EMU gemeinsam festgelegte und von der EZB angestrebte Ziel-Inflationsrate in der Eurozone einhält und wer sie unterbietet.

Der Punkt ist auch einfach, wer für das (schmerzhafte und mit Disinflation einhergehende) Ungleichgewicht in der Eurozone verantwortlich ist.

Schaut man sich den Zeitraum von 1999 bis heute, stellt man leicht fest, dass die meisten Mitgliedsländer der Eurozone Kostenwachstum und Inflation im Einklang mit dem Inflation Target von 2% der EZB verbuchen.

Ein Land tanzt aber aus der Reihe: Deutschland, wie Paul Krugman in seinem Blog hervorhebt.

An diesem Punkt ist das europäische Problem des Ungleichgewichts ein deutsches Problem, ausgelöst dadurch, dass Deutschland die Ziel-Inflationsrate unterläuft, und zwar durch Lohnmoderation.

Und durch die Unterbietung exportiert Deutschland Deflation in den Rest der Eurozone. Im Gegensatz dazu halten sich Frankreich, Spanien und sogar Italien an die Spielregeln in der Eurozone, legt Krugman zu Recht dar.



Entwicklung der Kosten und Preise in der Eurozone (1999-2013), Graph: Prof. Paul Krugman in NYTimes