Mittwoch, 31. Oktober 2012

SNB und Euro-System


Die SNB hat heute einen Zwischenbericht per 30. September 2012 vorgelegt. Es geht u.a. um die Anlage der Aktiven (Devisenreserven und Frankenwertschriften) und die Statistik (Bilanzpositionen der SNB).

Eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Eckdaten findet sich in diesem Blog-Eintrag („SNB macht Gewinn“).

Was im Mittelpunkt des Interesses steht, ist die Zusammensetzung der Devisenreserven, wie FTAlphaville erneut hervorhebt.   Und wie die SNB mit Asset Allokation umgeht. Was die Währungsallokation betrifft, hat die SNB den Anteil an Euro von 60% auf 48% reduziert. Der Anteil an GBP und USD wurden hingegen nicht unwesentlich angehoben.

Die Währungsverteilung der Devisenanlagen zeigt, dass die Euro-Reserven heute beinahe so hoch sind wie im Jahre 2008. Der Euro steht heute mit 48% Anteil nur 1% höher als im dritten Quartal 2008. Das bedeutet (1), dass die SNB es doch nicht so schwer hat, wie öfters zu hören ist, Euro-Reserven im Markt loszuwerden. Und es bedeutet (2), dass die Behauptung der Ratingagentur Standard & Poor’s, die SNB agiere als Währungsmanipulator und verschärfe damit die Euro-Krise, völlig daneben greift.


SNB und Fremdwährungsreserven, Graph: Nomura via FTAlphaville

SNB macht Gewinn


Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat für die ersten 3 Quartale des Jahres 2012 einen Gewinn von 16,9 Mrd. CHF ausgewiesen.

Der Gewinn auf Fremdwährungspositionen hat dazu 10,3 Mrd. CHF beigetragen.  Davon entfielen 4,9 Mrd. CHF auf Erträge aus Zinsen und Dividenden.

Der Bewertungsgewinn auf dem Goldbestand belief sich auf 6,2 Mrd. CHF.

Die Bilanzsumme ist inzwischen v.a. wegen der Interventionen am Devisenmarkt (zur Durchsetzung des Mindestkurses gegenüber dem Euro) auf 509 Mrd. CHF angeschwollen, was einem Anstieg um 158 Mrd. CHF seit Jahresbeginn entspricht. Die Devisenanlagen sind um 172 Mrd. CHF auf 429 Mrd. CHF gestiegen.


SNB Währungsverteilung (in Prozent), Quelle: SNB Devisenanlagen, Oct 31, 2012

Dienstag, 30. Oktober 2012

Verwirrung um Fiscal Cliff


Der einzige Grund, sich um Fiscal Cliff Sorgen zu machen, ist, wenn man Keynesian ist, bemerkt Paul Krugman in seinem Blog mit Hinweis auf einen lesenswerten Artikel („Worried about the fiscal cliff? Then you’re a Keynesian“) von Suzy Khimm in WAPO.

Wenn man also denkt, dass der Abbau des Haushaltsdefizits die Depression verschlimmert, wenn die Wirtschaft bereits in einer Depression steckt. Und dieselbe Logik besagt, dass man die Senkung von Ausgaben einfach vermeiden sollte. Das heisst, dass die Ausgaben gerade jetzt erhöht werden sollen.

Die Very Serious People (VSP) scheinen es aber nicht zu kapieren. In einem neulich veröffentlichten, völlig lächerlichen Brief behaupten sie, dass aus Fiscal Cliff das Risiko gehe, dass die Zinsen durch die Decke schiessen würden, was vollkommen aus der Luft gegriffen ist. Die Aussage lautet so, dass die unsichtbaren Bond Vigilantes die Confidence Fairy (Vertrauen Fee) abschrecken würden.

Im Grunde genommen legen die VSP keynesianische Bedenken an den Tag.

Die vermeintlichen Defizit-Falken, die die Aussicht einer solchen Entwicklung in ihre Richtung eigentlich feiern sollten, tun es nicht. Warum nicht? Weil es, wie Khimm beschreibt, nicht der Abbau des Haushaltsdefizits ist, den sie anstreben. Der Defizitabbau, den sie einschliessen, muss der Arbeiterklasse weh tut, um die Steuern für die Menschen an der Spitze nicht erhöhen zu müssen.

Bank of Israel senkt Benchmark-Zins auf 2,0 Prozent


Die Bank of Israel (BoI) hat am Montag den Benchmark-Zins um 0,25% auf 2,0% gesenkt.

Der Verbraucherpreis-Index (CPI) ist im September unverändert geblieben. Die Entwicklung der gegenwärtigen Preise deuten auf die Moderation der Inflation in den vergangenen sechs Monaten hin, während auch der Anstieg im Housing-Index sich gemässigt hat. Die Teuerungsrate insgesamt beläuft sich annualisiert auf 2,1%.

Die Entscheidung, die Zinsen auf 2,00% zu senken, steht im Einklang mit der Zinspolitik der BoI, die auf die Stabilisierung der Inflation innert Zielkorridor von 1-3% in den kommenden 12 Monaten ausgerichtet ist und dient der Förderung des Wachstums bei gleichzeitiger Wahrung der Finanzstabilität, erklärt die Bank of Israel.


Israel Inflationserwartungen, Graph: Tevfik Aksoy, Morgan Stanley

Aufspaltung der Banken ist ein konservativer Ansatz


Eigentlich ist die Idee, die Banken, die Too-big-to-fail (TBTF) sind, aufzuspalten, ziemlich konservativ. Warum? Weil es wesentlich ist, einen freien Markt für Finanzdienstleistungen wieder herzustellen, wie Richard Fisher, Präsident der Federal Reserve Bank von Dallas hervorhebt. Big Banks erhalten grosse implizite staatliche Subventionen. Damit soll endlich aufgehört werden.

Es muss auf die wahre konservative Agenda gesetzt werden, den Staat aus dem Bank-Sektor herauszuhalten, bemerkt Simon Johnson vor diesem Hintergrund in einem lesenswerten Artikel („Breaking Up Big Banks Is a Severely Conservative Project“) in Bloomberg.

Fisher und Harvey Rosenblum haben in dieser Hinsicht in den vergangenen Jahren tiefgreifende Ideen vorgestellt.

(1) Sehr grosse Banken sind zu komplex, um verwaltet zu werden. Nicht nur für die Führungskräfte der Bank, sondern auch zu komplex für Gläubiger und Aktionäre, um Marktdisziplin wirken zu lassen, unterstreichen die Autoren in einem lesenswerten Artikel („How Huge Banks Threaten the Economy“) in WSJ.

Und zu gross und zu komplex auch für die Aufsichtsbehörden, um regulatorische Disziplin walten zu lassen, wenn die interne Disziplin via Management fehlt und an Marktdisziplin mangelt.

Komplexität verstärkt die Möglichkeiten für Undurchsichtigkeit, Verschleierung und Missmanagement-Risiken, betonen Fisher und Rosenblum. Das ist im Grunde genommen auch ein Problem in anderen Branchen, obwohl die Kräfte des Marktes dort Unternehmen zwingen, die Organisationsstrukturen umzugestalten, z.B. durch Zerschlagung und Verkleinerung.


Wie die geldpolitischen Kanäle in der Finanzkrise zum Erliegen gekommen sind, Graph: Harvey Rosenblum, Jessica J. Renier and Richard Alm in: Economic Letter, April 2010, Regulatory and Monetary Policies Meet “Too Big to Fail“.

Montag, 29. Oktober 2012

Kreditvergabe im Euro-Raum


Europäische Banken finanzieren sich zum ersten Mal seit 3 Jahren zu niedrigeren Kosten als Unternehmen mit Investment Grade (IG) im Euro-Raum, wie Morgan Stanley in einer heute vorgelegten Forschungsarbeit betont. Dahinter stecken hauptsächlich die LTROs und die OMT. Es sind Massnahmen, die die EZB im Verlauf der Euro-Krise getroffen hat, um im Markt mehr Liquidität bereitzustellen.

Die Kreditvergabe an den Privatsektor bleibt jedoch weiterhin schwach und geht im Trend zurück. Im September gab es eine weitere Schrumpfung um 0,8% im Vergleich zum Vormonat mit Minus 0,6%. Auf das Jahr hochgerechnet ist die Kreditvergabe um 1,4% gefallen, was einem 2-Jahres-Tief entspricht, wie Morgan Stanley Research Team Europa heute berichtet.


Europäische Banken finanzieren sich günstiger als Unternehmen mit Investment Grade, Graph: Morgan Stanley Research, Europe

Notleidende Kredite in CEEMEA


Eine interessante Frage, die sich stellt, ist, wie es im Angesicht des Einbruchs des Wirtschaftswachstums mit notleidenden Krediten in der Region CEEMEA aussieht?

Wie aus einer heute vorgelegten Forschungsarbeit von Morgan Stanley hervorgeht, hat die Türkei mit 3% die niedrigste Quote im Hinblick auf notleidende Kredite.


Notleidende Kredite in CEEMEA, Graph: Tevfik Aksoy, Morgan Stanley

Gesundheitsdienst auf dem Wahlzettel


Medicaid steht auf dem Wahlzettel, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („Medicaid on the Ballot“) in NYTimes am Montag. Es gibt eine Menge, was wir nicht wissen, was Mitt Romney tun würde, falls er die Wahl gewinnt. Sein Wirtschaftsplan ist eine leere Hülse, hebt der an der Princeton University lehrende Wirtschaftsprofessor hervor.

Aber eines ist laut Krugman klar, wenn Romney gewinnt, wird Medicaid vor wilden Schnitten stehen. Schätzungen zufolge würde Romneys Wahlsieg 45 Mio. Menschen Krankenversicherung kosten, die heute abgedeckt sind. Das heisst, dass es bei dieser Wahl in einem wichtigen Masse tatsächlich um Medicaid (staatlicher Gesundheitsdienst für arme Leute) geht. Was wiederum bedeutet, dass man etwas mehr über das Programm wissen müsste.

Medicaid wird im allgemeinen als Gesundheitsversorgung für die Armen angesehen. Für diejenigen, die durch das Programm abgedeckt werden, ist Medicaid eine notwendige Form der Finanzhilfe. Es ist ganz wörtlich ein Lebensretter. Romney hat gesagt, dass fehlende Krankenversicherung die Menschen in Amerika nicht umbringt. Doch!, bemerkt Krugman dazu: Die Daten zeigen, dass die Sterblichkeit in den Bundesstaaten, wo die Medicaid-Deckung erweitert wurde, auffallend gesunken ist.

Medicaid bringt eine grosse Menge an Gutes zustande. Wie sieht es aber mit Kosten aus? Es gibt eine weit verbreitete Wahrnehmnung, vergnügt gefördert von rechten Politikern und Propagisten, dass Medicaid ausser Kontrolle geratene Kosten habe. Aber die Wahrheit ist genau das Gegenteil. Medicaid ist im Hinblick auf die Kontrolle der Kosten wesentlich besser als der Rest des Gesundheitssystems, unterstreicht Krugman.

Realrendite wird positiv


Die Rendite der US-Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit hat im dritten Quartal 2012 erstmals seit 2011 die von der Fed bevorzugt beobachteten Inflationsrate (PCE) überschritten, wie die Daten von Bloomberg nahelegen.

Die Rendite der US-Staatspapiere mit 10 Jahren Laufzeit lag am Freitag auf 1,75%. Die PCE beträgt 1,30%. Das bedeutet, dass die Realrendite, die bislang negativ verlief, zum ersten Mal seit Dezember wieder positiv wurde.
Im zweiten Quartal 2012 belief sich die PCE auf 1,7%. Und die Rendite der US-Treasuries mit 10 Jahren Laufzeit betrugen 1,65%. Es ergab sich daraus (1,65-1,70%) eine negative Realrendite von Minus 0,05%

Die PCE-Inflation (personal consumption expenditures) reflektiert den Kernpreisindex für die persönlichen Ausgaben der amerikanischen Verbraucher. Es ist der entscheidende Indikator für den Privatkonsum und bildet den grössten Bestanteil des BIP ab. Die Fed beobachtet daher die PCE mit besonderer Aufmerksamkeit.

Sonntag, 28. Oktober 2012

Austerität-Wahnsinn


Die Austeritätspolitik ist kläglich gescheitert. Die Erfahrung im Euro-Raum in den vergangenen Jahren zeigt, dass die Schuldenquote steigt, wenn man in einer schweren Rezession harsche Austerität betreibt.

Der IWF räumt nun ein, dass der Multiplikator in einer Bandbreite von 0,9 bis 1,7 liegt. Bisher ging man in Europa von einem Multiplikator von 0,5 aus. Das heisst, dass die Wirtschaft um 0,5% schrumpfen würde, wenn die Staatsausgaben um 1% gekürzt würden.

Die aktuelle Feststellung des IWF ist insofern wichtig, als die Auswirkungen von Haushaltskonsolidierung auf die Wirtschaftsleistung (Multiplikator) in einem schwer angeschlagenen Umfeld des Marktes (Great Recession) ohnehin viel grösser sind als sonst. Das wiederum bedeutet, dass das Volkseinkommen sich um mehr als eine Milliarde verringert, wenn die öffentliche Hand um einer Milliarde „spart“, d.h. weniger ausgibt.

Keynesianer hatten recht. Austerians lagen völlig falsch. Paul Krugman hat von Anfang an darauf hingewiesen, dass die von der EU favorisierte Sparpolitik als vermeintliches Allheilmittel für alle wirtschaftlichen Probleme grundsätzlich abwegig ist.

USA: Haushaltsdefizit (blaue Kurve) versus Realzinsen (rote Kurve), Graph: Prof. Paul Krugman

Samstag, 27. Oktober 2012

King Kong, Godzilla und Big Banks


Andrew Haldane, der Executive-Director der britischen Notenbank (BoE) für die Finanzmarktstabilität hat am Donnerstag in einem bemerkenswerten Referat („On being the right size“) einen interessanten Vergleich aus dem Tierreich angestellt:

Es gibt keine Beweise für Skaleneffekte (economies of scale) für die Bank-Grössen über 100 Mrd. $. Wenn überhaupt, gibt es Hinweise von diseconomies, welche mit der Bank-Grösse wachsen, konsistent damit, dass die Big Banks „too big to manage“ werden, legte Haldane dar.

Das „Square-Cube-Law“ (*) erklärt, warum ein Floh, auch wenn er die Grösse eines Menschen hätte, nicht fähig wäre, auf den Mond zu springen. Es erklärt, warum ein Nilpferd nicht einen Purzelbaum schlagen kann. Und es erklärt, warum King Kong und Godzilla physiologische Unmöglichkeiten wären: die Übertragung von Gewicht, verbunden mit einem einzigen Schritt, würde Oberschenkel-Knochen zerbrechen.

Rechnet man die Subventionen durch die öffentliche Hand heraus, entfernt man die staatliche Krücke, würde sich eine erheblich geringere sozial-optimale Skala für die Banken ergeben. Wie King Kong und Godzilla würden Riesen-Banken wohl dann zu physiologischen Unmöglichkeiten, schildert Haldane weiter.

Die Abbildung zeigt die Entwicklung der Anteile an Vermögenswerten der drei grössten Banken in den USA, Grossbritannien, Deutschland  und der Schweiz in den letzten Jahrzehnten.


Banken-Verdichtung in bestimmten Ländern, Graph: Andy Haldane, Executive Director, Financial Stability and member of the Financial Policy Committee

FDIC schliesst soweit 47 Banken 2012


Die FDIC (Einlagensicherungsbehörde) hat am Freitag laut Washington Post insgesamt eine kleine Bank in Pennsylvania geschlossen.

Damit ist die Anzahl der Banken, die im Jahre 2012 verstaatlicht wurden, auf 47 gestiegen, nachdem im Vorjahr insgesamt 92 Banken gescheitert waren.

Die Zahl der Bankschliessungen im Jahr 2012 markiert einen deutlichen Rückgang aus den beiden Vorjahren. Zu diesem Zeitpunkt vor einem Jahr hatten die Behörden 84 Banken geschlossen.

Die verstaatlichte Bank verfügt über ein Anlagevermögen von 483 Mio. $ und Einlagen von 432,2 Mio. $. Die Kosten der geschlossenen Bank betragen für die öffentliche Hand  schätzungsweise 91,2 Mio. $.

Bankpleiten:
2012: 47
2011: 92
2010: 157
2009: 140
2008: 25
2007: 3

Freitag, 26. Oktober 2012

Ist Amerika auf dem Weg zum Wohlstand?


Mitt Romney hält in der Provinz Wahlreden und erzählt Wählern, dass er einen 5-Punkte-Plan hat, um den Wohlstand im Land wiederherzustellen. Und einige Wähler scheinen es Romney abzukaufen. Nun hat Präsident Obama darauf reagiert und eine Blaue-Broschüre mit 27 wirtschaftspolitischen Vorschlägen präsentiert.

Paul Krugman befasst sich in seiner lesenswerten Kolumen („Pointing Toward Prosperity“) in NYTimes am Freitag damit, wie die beiden Pläne zueinander dastehen.

Der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor bemerkt, dass der Romney Plan eine Farce ist. Es ist eine Liste der Dinge, die dem Wunsch von Romney nach geschehen sollen: „Wir werden das Haushaltsdefizit kürzen und Amerika einen ausgeglichenen Haushalt bescheren“. Romney weigert sich aber, zu erklären, welche Steuerschlupflöcher geschlossen werden sollen, um die Steuersenkungen in Höhe von 5‘000 Mrd. $ auszugleichen.

Romney täuscht also vor. Sein wirklicher Plan scheint die Wirtschaft durch Magie und das Erwecken des Vertrauens von Unternehmen durch seine persönliche Qualität fördern zu wollen, beschreibt Krugman.

Obamas Broschüre kommt hingegen viel näher an einen tatsächlichen Plan. Wo Romney sagt, dass er Energie-Unabhängigkeit erreichen werde, aber nicht erläutert, wie es geschehen soll, fordert Obama konkrete Schritte wie z.B. Erhöhung der Kraftstoff-Effizienz-Standards. Romney sagt: „Wir werden unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern die Fähigkeiten geben, die sie brauchen“. Aber er erklärt nicht, wie es passieren soll. Obama plädiert für bestimmte Dinge wie z.B. ein Programm für die Rekrutierung von Lehrern für Mathematik- und Wissenschaft und Partnerschaften zwischen Unternehmen und Schulen.

Donnerstag, 25. Oktober 2012

Draghi im Bundestag auf Seelenmassage


Die Meinungsmacher in Deutschland lassen keine Gelegenheit aus, stets den Teufel an die Wand zu malen, um ihren Einfluss der neoklassischen Zombie-Ideen auf die Wirtschafts- und Finanzpolitik aufrechtzuerhalten.

Das ständige Läuten der Alarm-Glocken für Inflation gehört zum Standardrepertoire, was sich v.a. in den vergangenen Jahren an die EZB richtet. Dass aber der Bundesrechnungshof in Panik gerät, und darauf besteht, dass Deutschlands Goldreserven in ausländischen Tresoren gezählt werden müssen, zeugt vom mangelnden Vertrauen an der Seriosität der Bundesbank.

Die „Mission Fort Knox“ ist inzwischen zum Glück „erfolgreich“ abgeschlossen. Doch bleibt die Besessenheit von Inflation bestehen. Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass EZB-Chef Mario Draghi sich veranlasst sah, im Deutschen Bundestag aufzutreten , um die aktuellen Massnahmen der EZB als Reaktion auf die Herausforderungen im Euro-Raum darzulegen.

Die EZB hat handeln müssen, um das ordnungsgemässe Funktionieren der geldpolitischen Transmission wiederherzustellen. Gerade zu diesem Zweck wurden die geldpolitischen Outright-Geschäfte (OMTs) eingeführt, erklärt Draghi in seiner Rede. Dann geht der EZB-Präsident auf die Bedenken über die Folgen der Massnahmen ein und erläutert, dass

OMTs nicht zur verdeckten Staatsfinanzierung führen,

OMTs die Unabhängigkeit der EZB nicht gefährden,

OMTs nicht übermässige Risiken für die Steuerzahler im Euro-Raum schaffen und

OMTs nicht zu Inflation führen werden.


Liquiditätsfalle, Graph: Prof. Paul Krugman

Es gibt keine „Currency Wars“


Die Quantitative Easing (QE) der Fed und der Mindestkurs der SNB sorgen immer wieder für neue Schlagzeilen.

Die sog. Schwellenländer prangern die Fed an, mit QE dazu beizutragen, dass die Währungen in Emerging Markets sich stark aufwerten. Die SNB sieht sich mit dem Vorwurf konfrontiert, mit der Festlegung der Untergrenze wie China den Wechselkurs des Schweizer Frankens zu manipulieren.

Die Tatsache ist, dass weder die USA mit QE auf die Entwicklungsländer noch die Schweiz mit Mindestkurs auf die Eurozone angreifen.

Die mengenmässige Lockerung der Geldpolitik der führenden Zentralbanken deuten darauf hin, dass die nominalen Zinsen auf Null (zero lower bound) oder nahe Null liegen.

Weil die Volkswirtschaften in einer Liquiditätsfalle stecken, ist es weiterhin eine expansive Geldpolitik angesagt. Bei QE handelt sich m.a.W. um eine unkonventionelle Geldpolitik. Die Fed spricht offiziell von „credit easing“. Weil sie mit QE Wertpapiere von Geschäftsbanken aufkauft und auf diese Weise Liquidität in den Markt pumpt. Auch aus Sicht der SNB ist die Einführung des Mindestkurses die Fortsetzung der lockeren monetären Bedingungen mit unkonventionellen Mitteln in einer Extremsituation. Die SNB will die Schrumpfung der Wirtschaft stoppen und die akute Deflationsgefahr unterbinden.


Volatilität am Devisenmarkt G10), Graph: HSBC via FTAlphaville

Mittwoch, 24. Oktober 2012

Tricks für fiskalkonservative Politiker


Aufstrebende Fiskal-Konservativen mögen daran interessiert sein, die vier Tricks zu lernen, die amerikanische Politiker häufig benutzen, wenn sie versprechen, Steuern zu senken, während das Haushaltsdefizit gleichzeitig abgebaut werden soll, schreibt Jeffrey Frankel in seiner Kolumne („Four Magic Tricks for Fiscal Conservatives“) in Project Syndicate.

Der erste ist von Reagans Budget-Direktor David Stockman geprägt worden, weil die Zahlen im Haushaltsplan des Jahres 1981nicht aufgingen: „Wir haben das „magische Sternchen“ erfunden. Seitdem ist das magische Sternchen ein bekanntes amerikanisches Instrument geworden, betont der an der Harvard University, Kennedy School of Government lehrende Wirtschaftsprofessor.

Der zweite: Der Trickkünstler sucht im rosigen Szenario Zuflucht. Weil er nicht genug Steuerschlupflöcher finden kann, muss er behaupten, dass das stärkere Wirtschaftswachstum die zusätzlichen Einnahmen bringen werde.

Der dritte Trick kommt wie gerufen: Es ist Zeit für die berühmte Laffer-Hypothese: Die Senkung der Steuersätze fördert das Wirtschaftswachstum so, dass die Steuereinnahmen zulegen. Man könnte aber meinen, dass Romneys Wahlkampagne einen solchen diskreditierten Trick heute nicht wiederaufleben lassen kann.

Zumal zwei seiner wichtigsten Wirtschaftsberater, Glenn Hubbard und Greg Mankiw, Lehrbücher verfasst haben, wo sie behaupten, dass die Laffer-Hypothese falsch ist, was die Beschreibung der US-Steuersätze betrifft. Mankiw bezeichnet sogar die Anhänger der Hypothese als „Scharlatane“.

Ungleichheit und Wirtschaftswachstum


Neulich erschien in NYTimes zum Thema Einkommensungleichheit ein Artikel (“Income Inequality May Take Toll on Growth”), der viel Interesse ausgelöst hat.

Ein paar IWF-Ökonomen berichten, dass Perioden grösserer Einkommensunterschiede in vielen Ländern ein Rückgang des Wirtschaftswachstum folgt.

Claude Fischer (h/t to Mark Thoma) bemerkt dazu in einem lesenswerten Eintrag („A cost of inequality: growth“) im Berkeley Blog, dass es eigentliche „old news“ ist. Vor etwa 20 Jahren zeigte die Forschung, dass Ungleichheit wahrscheinlich das Wirtschaftswachstum dämpfen würde.

Es gilt, zu wiederholen, nicht nur, weil die Berichterstattung über die elenden Auswirkungen der Ungleichheit nun beim IWF angekommen ist, sondern weil so viele Menschen Nachrichten widerstehen. 

Sie bestehen stattdessen darauf, dem Gegenteil zu glauben, dass die Ungleichheit die Wirtschaft ankurbele, wovon am Ende alle profitieren. Und dieses Beharren hat natürlich politische Implikationen im Augenblick, unterstreicht der an der UC Berkeley Soziologie lehrende Professor.


Prozent aller Einnahmen durch die oberen Zehnten (1917-2007), Graph: Prof. Claude Fischer

Dienstag, 23. Oktober 2012

Aggressive Austerität im Euro-Raum


Harsche Austeritätspolitik geht mit harschen Folgen einher. Die Abbildung (h/t to FTAlphaville) zeigt, wie die „internal devaluation“ (interne Abwertung) im Euro-Raum vor sich geht.

Die Austerität war von Anfang an die falsche Medizin für die Euro-Zone. Die Annahme, dass es keine Rolle spielt, ob die Wirtschaft in einer Liquiditätsfalle (d.h. Zinsen auf der Null-Grenze) steckt oder nicht, hat sich als fatal erwiesen. 

Der fiskalische Multiplikator ist viel höher als bisher eingeschätzt (*).

Der Austeritätskurs sorgt dafür, dass das Gefälle zwischen Gläubiger und Schulder (zwischen Kern und Peripherie) tiefer wird. Die Folge ist menschliches Leid ohne Ende am Rande der EU.


Nominelle Vergütung je Beschäftigte im Vergleich zum europäischen Durchschnitt (Veränderung),  Graph: Yiagos Alexopoulos, Credit Suisse

Schweiz: Neue Bankeninsolvenz-Verordnung


Die Schweizer Finanzmarktaufsicht (FINMA) hat am Montag die neue Bankeninsolvenzverordnung vorgestellt. Die FINMA hat nun Kompetenzen, um Banken zu sanieren und abzuwickeln. Damit erfüllt die Schweiz als eines der ersten Länder die Vorgaben des Financial Stability Boards (FSB).

Die BIV-FINMA sieht Regelungen in vier zentralen Gebieten vor:

(1) Die allgemeinen Bestimmungen gelten für Banken, Effektenhändler und Pfandbriefzentralen. Die BIV-FINMA erfasst nach dem Prinzip der Universalität sämtliche in- und ausländischen Vermögenswerte. 

(2) Bestimmungen zum Konkursrecht: Geregelt werden das Verfahren, die Konkursaktiven (Inventaraufnahmen, Herausgabe- und Meldepflichten, Aussonderung von Vermögenswerten Dritter etc.) und die Konkurspassiven (Kollokation, privilegierte Einlagen etc.). 

(3) Vorschriften über die Banksanierung. Nur wenn die Gläubiger voraussichtlich besser gestellt sind als im Konkurs, kann es zu einer Sanierung kommen. Bei systemrelevanten Instituten haben die Gläubiger keine Möglichkeit, den von der FINMA genehmigten Sanierungsplan abzulehnen. Kapitalmassnahmen müssen die Gläubiger vor die Eigner stellen und gleichzeitig so viel neues Kapital schaffen, dass die Bank nach der Sanierung die Eigenkapitalanforderungen erfüllt. Zuerst sind nachrangige Forderungen, dann alle anderen Forderungen und schliesslich Einlagen in neues Geschäftskapital umzuwandeln. 

Ausnahme: Kundeneinlagen, die durch den Einlegerschutz erfasst werden (Limite von 100‘000 CHF pro Einleger), werden nicht in neues Aktienkapital umgewandelt. Die Weiterführung gewisser Bankdienstleistungen ist auch möglich, wenn keine Sanierung der anderen Teile der Bank zustande kommt. Die BIV-FINMA legt fest, dass der neue Rechtsträger zu bezeichnen ist, auf den die Dienstleistungen und Vermögenswerte übertragen werden. Es ist festzuhalten, wie die Aktiven zwischen der Bank und dem neuen Rechtsträger (bzw. einer eigenständigen Übergangsbank) abgegrenzt werden. 

Warum Geld keine Blase ist


Auch Noah Smith begründet in seinem Blog intelligent und elegant, dass das Geld keine Blase ist.

Wenn das Geld eine reine Blase ist, dann ist fast jeder finanzieller Vermögenswert eine reine Blase. Warum? Weil die meisten Finanzanlagen (Kapitalanlagen) einem das Recht auf einen Fluss von Geld einräumen. Eine Anleihe gibt einem das Recht, Coupon zu beziehen, und den Nominalwert (der Anleihe) am Ende der Laufzeit zurückzubekommen. Eine Aktie berechtigt einen, Dividenden (d.h. Geld) zu erhalten. Wenn das Geld einen fundamentalen Wert von Null hat und eine Anleihe oder eine Aktie nichts anderes als Geld ausspuckt, dann ist der fundamentale Wert einer jeden Anleihe und Aktie, die es gibt, genau Null, erklärt Smith.

Das ist natürlich eine seltsame Art und Weise, über die Welt nachzudenken. Es würde bedeuten, dass die Grösse einer Aktien-Blase immer und überall unendlich ist.

Es scheint, dass es auf die Definition von „fundamental value“ ankommt, unterstreicht Smith. I.d.R. wird der fundamentale Wert als der diskontierte Geldbetrag definiert, den man erhält, wenn man an dem Vermögenswert festhält. Wenn aber das Geld keinen fundamentalen Wert hat, dann ist dies Null.

Was ist „fundamental value“? Ist es „consumption value“? Wenn das der Fall ist, dann hat ein Toaster einen fundamentalen Wert von Null, da man den Toaster nicht essen kann. Der Wert eines Toasters ist einfach, dass er die Kapazität hat, Toast zu machen, was man tatsächlich konsumieren will. Hat der Toaster einen fundamentalen Wert von Null oder ist der fundamentale Wert gleich mit dem diskontierten erwarteten Konsumwert des Toasts, den man mit dem Toaster herstellen will?

US-Präsidentenwahl und China


In der dritten und letzten TV-Debatte vor der US-Präsidentschaftswahl ging es um die Aussenpolitik. Der republikanische Herausforderer Mitt Romney hat gesagt, dass China seine Währung manipuliere und daher zur Rechenschaft gezogen werden müsse.

Mark Thoma bemerkt in einem lesenswerten Artikel („Blaming China Masks our Real Economic Problems“) in The Fiscal Times, dass Obama sich nicht darauf einlassen soll, die Probleme auf andere Länder aufzuladen, da Präsident damit in die Hände derer spielen würde, die gern Sozialversicherungsprogramme kürzen wollen, welche die Arbeiterklasse Haushalte schützen.

Die Schuld an US-Problemen auf externe Ursachen zurückzuführen und zu implizieren, dass alles gut wäre, wenn diese Ursachen erst beseitigt werden, führt dazu, dass die wohlhabenden Gewinner der Globalisierung Steuern entkommen, die notwendig sind, um soziale Absicherung für Arbeitnehmer in der globalen Wirtschaft bereitzustellen und zu gewährleisten, dass die Gewinne aus der Globalisierung gerecht geteilt werden, bekräftigt der an der University of Oregon lehrende Wirtschaftsprofessor.

Präsident Obama müsse klarstellen, dass es mehr bedeutet, die Arbeiterklasse zu unterstützen, als nur China zu zwingen, seine Gewohnheiten zu ändern, betont Thoma.

Ist Geld eine Blase?


Es gibt Ökonomen, die das Geld für eine Blase halten. Noah Smith macht in seinem Blog auf Steve Williamson aufmerksam. Williamson behauptet in seinem Blog, dass das Geld bloss ein Stück grünes Papier ist. Der ganze Blogeintrag richtet sich im Grunde genommen gegen Paul Krugmans Sicht von Makroökonomie im Allgemeinen. Geld ist eine reine Blase ("a pure bubble"), da seine Grundlage Null ist, bekräftigt Williamson.

Natürlich stimmt es nicht.

Was ist aber gemeint, wenn von einer Blase geredet wird? Krugman beschreibt es so, dass die Menschen ihre Entscheidungen auf Annahmen über die Zukunft abstützen, die wieder auf die jüngsten Erfahrungen beruhen, welche aber nicht erfüllt werden können. Menschen kaufen zum Beispiel Häuser, weil sie erwarten, dass die Hauspreise weiter steigen, mit einer Geschwindigkeit, dass am Schluss eventuell niemand mehr ein erstes Haus kaufen kann.

Blasen müssen nicht einmal Preise einschliessen, erklärt Krugman weiter. Man kann einen lokalen Bau-Boom erleben, welcher von einem schnellen Wachstum der Bevölkerung und der Beschäftigung in einem bestimmten Gebiet getrieben wird. Wenn die Hauptsache, die das rasche Wachstum fördert, der lokale Bau-Boom ist, bricht dieser schliesslich zusammen, wenn genügend Häuser fertiggestellt worden sind.

Der Punkt, ob Preise involviert sind oder nicht, ist, dass die Erwartungen von Individuen sich zu einer gesamten Unmöglichkeit zusammenaddieren.

Montag, 22. Oktober 2012

Austerität und Besessenheit der Elite


David Dayen (via Paul Krugman) deutet auf einen wichtigen Punkt hin: Während der Debatte an der Hofstra  University zwischen Obama und Romney, wo die Fragen aus der Öffentlichkeit entgegengenommen wurden anstatt aus der Beltway Elite, ist keine einzige Frage über das US-Haushaltsdefizit gestellt worden. Keine einzige.

Die Öffentlichkeit interessiert sich dafür nicht. Aber auch die Finanzmärkte kümmern sich nicht darum. Weil die öffentliche Hand immer noch zu unglaublich niedrigen Zinsen Kapital aufnehmen kann.

Die Ergebnisse der Austeritätspolitik zeigen inzwischen klar, wie nachteilig der harsche Austeritätskurs in einer angeschlagenen Wirtschaft auswirkt, viel schlimmer als die Elite sich vorgestellt hat, hält Krugman in seinem Blog fest.

Während die Wirtschaft schrumpft und die Steuereinnahmen zurückgehen, verstärkt sich die Austerität selbst, mit wenig Einfluss auf das Haushaltsdefizit, sogar auch kurzfristig. Wenn man die Auswirkungen auf die lange Sicht mitberücksichtigt, dann erweist sich die Austerität fast sicher als unsinnig. 

Carry Trades gehen bachab


Im gegenwärtigen Umfeld des Marktes, wo die Zinsen auf der Null-Grenze (zero lower bound) liegen, wird es schwieriger, mit sog. Carry Trades sorglos zu spekulieren.

Der UBS Index, der die Erträge aus Carry Trades erfasst, ist mittlerweile auf das niedrigste Niveau seit 2011 gesunken. Auch der Volatility Index von JPMorgan Chase ist auf eine 5-Jahres-Tief gefallen.

Das tägliche Volumen am weltweiten Devisenmarkt ist im September um 39% eingebrochen, wie Bloomberg berichtet.

Täglich werden mit Devisen global rund 4‘000 Mrd. $ umgesetzt. Der Kursbereich für Handel (trading ranges) mit Fremdwährungen hat sich in diesem Jahr erheblich eingeengt.

Kerninflation verläuft in der Schweiz weiterhin negativ


Die Kerninflation verharrt in der Schweiz den 12. Monat in Folge negativ. Im September belief sich die Inflation (ohne frische und saisonale Produkte, Energie und Treibstoffe) auf Minus 1,0%.

Wie dem von der SNB heute vorgelegten Monatsheft (Oktober 2012) zu entnehmen ist, verzeichnete auch der getrimmte Mittelwert (TM15), der wie die Kerninflation ein geeigneteres Bild der Entwicklung der allgemeinen Inflation liefert, einen negativen Wert: Minus 0,1%.

Da die am Konsumentenpreisindex gemessene Teuerung kurzfristigen Schwankungen unterliegt, ist es wichtig, den Verlauf der Kerninflation im Auge zu behalten.



Schweiz: Kerninflation und der getrimmte Mittelwert, Graph: ACEMAXX ANALYTICS
Daten: SNB Monatsheft Oktober 2012

Bemerkung: Der vorübergehende Anstieg der Teuerung im März 2011 ist im Wesentlichen auf einen Sondereffekt aufgrund eines höheren Erhebungsrhythmus der Preise für Bekleidung und Schuhe zurückzuführen.

Finanzkrisen und Rezessionen


Die US-Wirtschaft scheint sich endlich ernsthaft zu erholen. Die Nachrichten sind aber gut, nicht grossartig. Es wird noch Jahre dauern, bis die Vollbeschäftigung wiederhergestellt ist, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („The Secret of Our Non-Success”) am Montag in NYTimes.

Warum erfolgt die Erholung aus einer Finanzkrise so langsam? Finanzkrisen gehen Kredit-Blasen voraus. Wenn die Blasen platzen, lassen sie viele Familien und/oder Unternehmen mit hoher Verschuldung zurück, was diese zwingt, Ausgaben stark zu kürzen. Der Rückgang der Ausgaben wiederum drückt die Wirtschaft runter, erklärt der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofossor.

Und die übliche Antwort auf eine Rezession, Zinsen zu senken, um die Ausgaben anzukurbeln, ist nicht ausreichend. Viele private Haushalte können einfach nicht mehr Geld ausgeben und Zinsen können nur bis auf die Null-Grenze gesenkt werden, nicht darunter.

Bedeutet dies, dass nichts mehr getan werden kann, um einen lang anhaltenden Abschwung nach einer Finanzkrise zu verhindern? Nein, erwidert Krugman. Es bedeutet, dass man mehr tun muss, als einfach nur die Zinsen zu senken.

Inbesondere, was die Wirtschaft wirklich benötigt, müssen die Ausgaben der öffentlichen Hand erhöht werden, um die Beschäftigung aufrechtzuerhalten, während der Privatsektor seine Bilanz bereinigt. Und die Obama-Regierung hat zwar etwas unternommen, um die Schwere der Finanzkrise abzustumpfen. Das Konjunkturprogramm (stimulus) war aber leider zu klein und zu kurzlebig, zum Teil, weil die Regierung sich verschätzt hat. Aber hauptsächlich wegen der Politik der verbrannten Erde der Republikanischen Partei, legt Krugman dar.

US-Konjunkturprogramm im Rückblick


Als ehemaliges Mitglied des Wirtschaftsteams von Präsident Obama habe sie eine empfindliche Stelle für expansive Fiskalpolitik (fiscal stimulus), schreibt Christina Romer in einem lesenswerten Artikel („The Fiscal Stimulus, Flawed but Valuable“) in NYTimes am Samstag.

Aber sie ist auch eine empirische Wirtschaftswissenschaftlerin, die in ihrer Karriere viel Zeit investiert hat, die Auswirkungen der Geld- und Fiskalpolitik zu untersuchen. Vor diesem Hintergrund bewertet die an der University of California, Berkeley lehrende Wirtschaftsprofessorin, was über die Auswirkungen des Konjunkturpakets zu wissen ist.

Die Recovery Act scheint viele Vorteile gehabt zu haben. Es hätte viel wirksamer sein können. Ganz offensichtlich war das Konjunkturprogramm zu klein. „Als wir es entworfen, sagten die meisten der Prognostiker, dass die USA rund 6 Mio. Arbeitsplätze verlieren würden“, bemerkt Romer. 

Verglichen mit der Baseline hätte die Schaffung von 3 Mio. Arbeitsplätzen die Hälfte der Lücke schliessen sollen. Es hat sich herausgestellt, dass die korrekte no-stimulus-Baseline einen Rückgang der Beschäftigung um fast 12 Mio. Arbeitnehmer nahelegte. Mit einem derart grossen Verlust war es nicht hilfreich, 3 Mio. neue Stellen zu schaffen, nicht annähernd genug.

Eine andere Mischung der Ausgabenerhöhungen und Steuersenkungen wäre laut Romer wünschenswert gewesen. Und sie hätte es sich gewünscht, dass das Team in der Lage wäre, ein öffentliches Beschäftigungsprogramm zu gestalten, welches unmittelbar vielen arbeitslosen Menschen, v.a. jungen Menschen geholfen hätte, eine Stelle zu finden.

Sonntag, 21. Oktober 2012

Finanzsektor und Finanzkrise


Was wäre passiert, wenn die Banken von der öffentlichen Hand nicht gerettet worden wären? Wie hätte es heute nach der Finanzkrise ausgesehen, wenn es nicht zu Bail-out von Finanzunternehmen gekommen wäre?

Dean Baker denkt, dass die Wirtschaft am selben Ort gewesen wäre. Es hätte sich also seiner Ansicht nichts Wesentliches geändert. Paul Krugman denkt, dass es eine zweite Runde von Schäden gegeben hätte. So etwas wie TARP wäre nötig gewesen, nicht aber ausreichend, argumentiert der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor.

Die Debatte in der Blogosphäre unter US-Ökonomen dreht sich im Grunde genommen um die Natur der Finanzkrise. Wenn heute noch immer von der Finanzkrise die Rede ist, sind damit eigentlich die Nachwirkungen der Krise gemeint.

Das heisst, dass wir, wie Baker argumentiert, heute nicht eine Finanzkrise hätten, in dem Sinne, dass das Problem im Finanzsystem liege. Krugman benutzt die Worte „Finanzkrise“ lose, um damit die Phase nach dem Platzen der „Bubble im Häuser- und Kreditmarkt“ zu beschreiben, nicht zu implizieren, dass ein geschädigtes Finanzsystem immer noch auf der Wirtschaft lastet.

Gemessen an meisten Messgrössen hat sich das Finanzsystem mehr oder weniger zu Normalität gedreht, ist Krugman überzeugt, wie der Financial Stress Index der Fed St. Louis darauf hindeutet.


Financial Stress Index, Graph: FRED, St. Louis Fed, Financial Stress Index