Junge,
Junge! Kenneth Rogoff vergleicht in
einem Artikel („A euro parable: the couple with a joint account“) in FT die Probleme
der Euro-Zone mit Schwierigkeiten einer Familie mit der Verwaltung eines Gemeinschaftskonto,
wobei die Familienmitglieder im Verlauf der Zeit anfangen, die Privilegien zu
missbrauchen.
Eine
putzige Fabel, die aber wie Paul Krugman
in seinem Blog beschreibt, fast vollkommen falsch ist. Warum „fast“. Wegen
Griechenland. Aber was auffällt, ist, dass Rogoff ohne Hemmumgen die von der
Merkel-Regierung gern vorgetragene Sichtweise über die schwäbische Hausfrau als Vorbild des musterhaften
wirtschaftlichen Denkens übernimmt.
Das
Denken in den Kategorien eines privaten Haushaltes ist natürlich irreführend,
wenn es um die Aufklärung der gesamtwirtschaftlichen Zusammenhänge geht.
Einzelwirtschaftlich gesehen mag der Vorwurf der
unverantwortlichen Haushaltsführung an die EU-Peripherie glaubwürdig erscheinen.
Aber gesamtwirtschaftlich gibt es
angesichts der deutlichen Beweise keine Kausalität. Zumal Spanien am Vorabend
der Finanzkrise Haushaltsaüberschuss und eine geringe Staatsverschuldung hatte.
Madrid hat gegen den Stabilitätspakt nie verstossen. Deutschland hingegen
schon. Berlin hat das gemeinsam beschlossene Inflationsziel in der EWU nicht
erreicht, sondern unterboten.
GIPSI
Staatsquote (Verschuldung im Verhältnis zum BIP), Graph: Prof. Paul Krugman
Vor
dem Einbruch der Finanzkrise hatten die Länder an der EU-Peripherie keine
grosse Haushaltsdefizite. Krugman nimmt die Daten von sog. GIPSI-Ländern
(Griechland, Irland, Portugal, Spanien und Italien) zusammen und stellt die
Summe der Haushaltsdefizite in einer interessanten Abbildung dar. Der Verlauf der
Kurve war bis zum Ausbruch der Krise fallend, nicht steigend.
Es
war der Zustrom des privaten Kapitals aus dem Kern in die Peripherie der
Euro-Zone, der die Krise u.a. verursacht hat. Landesbanken aus Deutschland
haben Geld an Cajas in Spanien geliehen, was zunächst einen Immobilienboom
ausgelöst hat, der später aber in eine Spekulationsblase überging.
Das
Sparen einer schwäbischen Hausfrau ist nicht wie das Sparen einer
Volkswirtschaft. Eine Familie gibt einfach weniger Geld aus, wenn sie mit dem Budget
nicht mehr zurechtkommt. Das klappt, weil die Einnahmen der Familie konstant bleiben. Die Einnahmen gehen also nicht
zurück, während die Familie spart. Wenn aber eine Volkswirtschaft stark spart,
dann stürzt die Konjunktur ab und die Steuereinnahmen fallen weg.
Krugman
bedauert es daher zutiefst, dass eine nachweislich falsche Erklärung über die
Euro-Zone Krise immer noch den wirtschaftspolitischen Diskurs dominiert. Der
Träger des Wirtschaftsnobelpreises hätte sich von Rogoff, der an der Harvard University Volkswirtschaftslehre
unterrichtet, zu Recht etwas Besseres erwartet.
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