Montag, 30. Dezember 2013

2013 war das Jahr des Schwafelns

Was im zu Ende gehenden Jahr nicht geschehen ist, war identisch damit, was auch 2012 und 2011 nicht geschehen ist. Die Inflation ist nicht durch die Decke geschossen. Amerika ist im Angesicht der Staatsverschuldung nicht „hellenisiert“ worden.

Präsident Obama hat einst hoffnungsvoll den Sieg der Vernunft angekündigt, dass seine Wiederwahl die GOP-„Fieber“ brechen würde, was aber nicht geschehen ist.

Uneinsichtigkeit auf der rechten Seite des politischen Spektrums war nicht die einzige Krankheit, die Amerikas Staatskörper 2012 befallen hat, wie Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („Fiscal Fever Breaks“) am Montag in NYTimes schreibt.

„Wir haben aber auch unter „fiscal fever“ gelitten“, legt der Träger des Wirtschaftsnobelpreises dar. Anstatt über die Massenarbeitslosigkeit und die wachsende Ungleichheit zu reden, hat sich Washington fast ausschliesslich auf die angebliche Notwendigkeit für die Kürzung der Staatsausgaben (was die Beschäftigungskrise weiter verschlimmert) und den Abbau des sozialen Netzes (was die Ungleichheit verschärft) fokussiert.

Die gute Nachricht ist, dass diese Fieber im Gegensatz zu der Fieber der Tea Party endlich gesenkt worden ist. Was hat sich aber geändert?

(1) Die politische Prämisse hinter dem „Zentrismus“ (wonach gemässigte Republikaner Demokraten auf halber Strecke entgegenkommen würden, um via Grand Bargain Steuererhöhungen mit Ausgabensenkungen zu verbinden, wurde unhaltbar. Fakt ist, dass es gemässigte Republikaner nicht gibt, wie Krugman festhält.

Die moderne Gesellschaft und die gemischte Wirtschaft

All die guten Dinge, die in den letzten zwei Jahrhunderten passiert sind, sind das Produkt der „Marktwirtschaft“, behauptet Chris Berg. Deshalb sollen wir seiner Meinung nach alle unseren bestehenden sozialen Errungenschaften zugunsten von radikalen Reformen fallen lassen, damit die Marktkräfte freien Lauf bekommen.

In Wirklichkeit ist die moderne Gesellschaft von einer gemischten Wirtschaft gekennzeichnet, wo grosse Komponente der wirtschaftlichen Aktivität ausser des Marktes stattfindet, in den privaten Haushalten oder durch öffentlich finanzierten und erbrachten Dienstleistungen, entgegnet John Quiggin in seinem Blog.

Auch innerhalb der Privatwirtschaft findet der Grossteil der Aktivität in Unternehmen, wo innere Vorgänge durch zentrale Planung geprägt sind, nicht durch Märkte, unterstreicht der an der University of Queensland, Australien lehrende Wirtschaftsprofessor.

All dies spiegelt die Tatsache wider, dass eine reine Marktwirtschaft nicht gut funktioniert. Statt eine Liste zu präsentieren, um alle Probleme, die die modernen Gesellschaften dazu veranlassen, die Rolle des Marktes einzuschränken (Umweltverschmutzung, Ungleichheit usw.), richtet Quiggin das Augenmerk auf das eine Thema, das von Berg angesprochen wird: Technologische Innovation.

Information ist etwas, was die Ökonomen als öffentliches Gut bezeichnen. Und während es möglich ist, nützliche Informationen für eine Weile geheim zu halten, wird es über die Zeit immer schwerer. Ein reines Marktsystem belohnt Menschen oft nicht viel, die neue Ideen vorbringen.

Sonntag, 29. Dezember 2013

Die Gefahr der Einkommensungleichheit

In den vergangenen zehn Jahren hat die amerikanische Linke einen wachsenden Anteil ihrer Aufmerksamkeit auf die Einkommensungleichheit gerichtet.

In der Tat scheint die Verringerung der Einkommensungleichheit das zentrale Ziel geworden zu sein, schreibt Lane Kenworthy in einem lesenswerten Artikel („The Danger of Front-Loading Income Inequality“).

Es gibt überzeugende Gründe, um gegen das hohe und rasch steigende Niveau der Einkommensungleichheit in Amerika einzuwenden. Der eine ist Fairness. 

Vieles davon, was die Gewinne und das Einkommen einer Person bestimmt, ist (Intelligenz, Kreativität, körperliche und soziale Kompetenzen, Motivation, Ausdauer, Vertrauen, Verbindungen, ererbtes Vermögen, Diskriminierung) ein Produkt von Genetik, Vermögen und Eigenschaften der Eltern, der Qualität der Nachbarschaft in der Kindheit und der Schulen, erklärt der an der University of Arizona Soziologie und Politikwissenschaft lehrende Professor.

Diese werden nicht ausgewählt, sondern sie sind eine Frage des Glücks. Ein nicht-trivialer Teil der Einkommensungleichheit ist daher unverdient.

Zweitens kann die Einkommensungleichheit Ungleichheit der anderen wertvollen Dinge wie Bildung, Gesundheit und Glück erhöhen. Auch wenn wir denken, dass die Ungleichheit in der Einkommensverteilung akzeptabel ist, haben wir das Gefühl, dass eine grössere Ungleichheit in Bezug auf die Gesundheit, Schulung und das subjektive Wohlbefinden es nicht sind, unterstreicht Kenworthy.

Drittens führt ein Anstieg der Einkommensungleichheit zu einem langsameren absoluten Einkommenswachstum für diejenigen in der mittleren und unteren Schicht der Gesellschaft.



Soziale Mobilität und Ungleichheit, Graph: Tony Judt Ill Fares the Land in: The New York Review of Books, April 2010

Samstag, 28. Dezember 2013

Unternehmen und hohe Arbeitslosigkeit

Bill McBride erinnert an einen von ihm vor zwei Jahren geschriebenen Artikel zum Thema „Arbeitslosigkeit und Unternehmensgewinne“.

Es ist wirklich kein grosses Geheimnis, dass Wall Street und Corporate America die Arbeitslosigkeit etwas hoch mögen. Aber es ist „schmutzig“ in dem Sinne, dass es nicht ausgeprochen wird, beschreibt McBride weiter.

Höhere Arbeitslosigkeit hält das Lohnwachstum unter Kontrolle und sorgt damit für Gewinnmargen und Einnahmen. Und auch die Fed bleibt wegen der höheren Arbeitslosigkeit auf der Seitenlinie.

Natürlich wollen Unternehmen Beschäftigung wachsen sehen, sodass sie etwas mehr Kunden haben und die Leute sorglos Geld ausgeben. Und Unternehmen wünschen sich bestimmt nicht so viel Arbeitslosigkeit wie in einer Depression. Aber eine langsam abnehmende Arbeitslosenquote mit etwas Beschäftigungswachstum wird von Unternehmen als in Ordnung betrachtet.

Freitag, 27. Dezember 2013

Amerikas Unternehmen kommen trotz Arbeitslosigkeit gut voran

Mehr als eine Million arbeitslose Amerikaner sind gerade dabei, das grausamste Geschenk aller Weihnachtsgeschenke zu bekommen, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („The Fear Economy“) am Freitag in NYTimes.

Das Arbeitslosengeld wird gekürzt. Die Republikaner im US-Kongress bestehen darauf, dass man, wenn man nach Monaten der Suche keinen Arbeitsplatz gefunden hat, sich nicht genug Mühe gibt, eine neue Stelle zu finden. Demnach braucht es einen zusätzlichen Anreiz in Form von schierer Verzweiflung.

Das führt dazu, dass die Notlage der Arbeitslosen, die ohnehin schrecklich ist, sich noch mehr verschlimmert. Offensichtlich sind diejenigen, die einen Job haben, besser dran. Doch auch sie werden von der anhaltenden Schwäche des Arbeitsmarktes tangiert.

Einige Leute denken, dass die Beschäftigung genauso funktioniert wie jede andere Markttransaktion: Arbeitnehmer haben etwas zu verkaufen und die Arbeitgeber wollen kaufen, was angeboten wird. Und es kommt einfach zum Geschäftsabschluss. Dem ist es aber nicht so, unterstreicht Krugman.

Die Tatsache ist, dass die Beschäftigung i.d.R. eine Machtbeziehung beinhaltet: man hat einen Chef, der einem sagt, wo es lang geht. Und wenn man sich weigert, es zu tun, wird man gefeuert. Das muss nicht unbedingt etwas Schlimmes sein. Wenn die Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer schätzen, fordern sie keine Zumutungen. Aber es ist eben keine einfache Transaktion.

Die Beschäftigung ist ein Machtverhältnis. Und die hohe Arbeitslosigkeit hat die bereits schwache Position der Arbeitnehmer in dieser Beziehung weiter geschwächt. Die Schwäche kann mit Blick auf die Kündigungsrate (quits rate) tatsächlich quantifiziert werden. Es ist der prozentuale Anteil der Arbeitnehmer, die pro Monat ihren Arbeitsplatz freiwillig (im Gegensatz dazu, gefeuert zu werden) verlassen. Es mag verschiedene Gründe dafür geben, dass ein Arbeitnehmer seinen Job freiwillig aufgibt. Aber es ist eine riskante Angelegenheit. Es sei denn, der Arbeitnehmer hat bereits eine neue Stelle in Vorbereitung.



Quits: Freiwillige Aufgabe von Stellen, Graph: Prof. Paul Krugman

Donnerstag, 26. Dezember 2013

Verhandlungsposition von Unternehmen in Depresssion

Mike Konczal vertritt die Meinung, dass die anhaltende katastrophale Lage auf dem Arbeitsmarkt die Verhandlungsposition der Arbeitgeber fördert.

Kann es sein, dass die Arbeitgeber in einer schwer angeschlagenen (depression) Wirtschaft besser dran sind als in einer wachsenden (boom) Wirtschaft?

Eine Menge Leute reagieren darauf instinktiv, dass es nicht sein kann. Es liegt schliesslich auf der Hand, dass die Unternehmen von einer stärkeren Nachfrage profitieren, auch wenn es bedeutet, dass die Arbeitnehmer besser behandelt und besser entlohnt werden müssten.

s ist aber keineswegs ein klarer Fall, bemerkt Paul Krugman dazu mit Verweis die „efficiency wage story“, wonach die Anstrengungen der Arbeitgeber, aus ihren Arbeitnehmern Vorteile zu ziehen, von der Lage auf dem Arbeitsmarkt abhängt.

Die Gewinnfunktion eines einzelnen Arbeitgebers sieht nach der Theorie wie folgt aus:

F (N,U ...)

wobei N= Anzahl der Mitarbeiter des Unternehmens und
U= die Arbeitslosenquote ist.

Dazu gibt es ein paar andere Sachen, die das Ganze zu einem Modell ausbauen. Wenn alles gleich bleibt, streben Unternehmen das Niveau an N an, wo der Profit maximiert werden kann.

In ihren kollektiven Bemühungen wird die Arbeitslosenquote aber von Unternehmen, Gewinn zu maximieren, ignoriert. Einzelne Unternehmen haben zwar einen vernachlässigbaren Einfluss auf die Arbeitslosenquote (U). Aber kollektiv spielen sie eine wichtige Rolle in Bezug auf die Höhe der Arbeitslosigkeit. Und die Höhe der Arbeitslosigkeit steigert ihre Macht über die Arbeitnehmer, und damit auch ihre Gewinne. Das alles gilt natürlich, wenn alles andere gleich bleibt.


Gewinne von Unternehmen nach Steuern im Verhältnis zum Arbeitnehmerentgelt (Löhne, Gehälter und andere Zuwendungen), Graph: Prof. Paul Krugman

Das träge Wirtschaftswachstum und die Fed

Jeff Frankel schreibt in einem lesenswerten Essay („Fischer, the Fed and US growth“) in Project Syndicate, dass secular stagnation eines der Themen für die US-Notenbank im kommenden Jahr sein werde.

Die Rede ist von einer provokativen These über langanhaltende Stagnation der Wirtschaft, gestützt auf die Beobachtungen und Besorgnisse über das langsame Wachstumstempo im Sog der Finanzkrise von 2008.

Die These wurde neulich von Larry Summers dargelegt. Der ehemalige US-Finanzminister begründet das langsame Wachstum der Wirtschaft mit dem Hinweis auf eine grundlegende Strukturveränderung (säkulare Stagnation): Der natürliche (reale, um die Inflation bereinigte) Zinssatz, also der Gleichgewichtszins sei unter die Marke Null gefallen, und betrage zur Zeit wahrscheinlich minus 2-3%, und zwar wie es aussieht „für immer“.

Es gibt zwei mögliche Gründe dafür, so Summers: (1) eine globale Ersparnisseschwemme (saving glut) v.a. aber aus Asien und (2) ein langfristiger IT-bedingter Rückgang der relativen Preise von Investitionsgütern, wodurch notwendige Investitionen im Verhältnis zu Einsparungen ausbleiben.

Paul Krugman hingegen, der auf der gleichen IWF-Konferenz aufgetreten ist, bietet eine eher wahrscheinlichere Erklärung: Das Ganze hat mit der rückläufigen Bevölkerungsentwicklung und/oder Produktivitätswachstum zu tun.

Was auch immer die Ursache ist, wenn Summers richtig liegt, dann sind wir in grossen Schwierigkeiten, unterstreicht Frankel. Die Zentralbanken haben i.d.R: Mühe, die Realzinsen in Rezessionen ausreichend niedrig zu halten. Weil die nominalen Zinsen nicht unter Null fallen können. Laut Summers bedeutet der negative Gleichgewichtszinssatz ein chronisch langsames Wirtschaftswachstum.

US-Produktionslücke (Schätzung), Graph: Dave Reifschneider, William L. Wascher and David Wilcox in: Aggregate Supply in the United States: Recent Developments and Implications for the Conduct of Monetary Policy, Nov 2013

Mittwoch, 25. Dezember 2013

Roboter und die 1 Prozent

Maschinen statt Menschen. Werden Roboter immer mehr Menschen ersetzen? Wie viele Arbeitsplätze kostet die zunehmende Automatisierung? Fragen über Fragen. Was ist aber dran wahr? Was ist eher Klischee oder verwirrend? Beim Einsatz von Robotern geht es schliesslich nicht nur um die Frage der Technologie.

Dean Baker bemerkt dazu mit dem Hinweis auf die irritierende Berichterstattung in den (politischen) Medien,  dass die Angst vor Robotern, die uns die Arbeitsplätze wegnehmen, heute öfters mit der Angst vor enormen Haushaltsdefiziten in Verbindung gebracht werde.

Zum Beispiel warnt Lydia DePillis in einem aktuellen Artikel in WaPo davor, dass die Roboter uns die Arbeitsplätze wegnehmen, und zwar über acht mögliche Wege. 

Ist es richtig? Baker vertritt die Meinung, dass es sich beim ersten Thema um Überschuss, beim zweiten um Mangel handelt. Die Vermischung stiftet daher Verwirrung.

Man kann auf der einen Seite eine Geschichte erzählen, wo wir dank der Roboter-Technik über grosse Fortschritte verfügen, sodass der Bedarf an menschlicher Arbeitskraft drastisch reduziert wird. Man kann auf der anderen Seite auch eine Geschichte über die Alterung der Bevölkerung erzählen, was dazu führe, dass zu wenige Arbeitskräfte zu viele Rentner unterstützen müssen. Man kann aber nicht gleichzeitig an die beiden Geschichten glauben.

Dienstag, 24. Dezember 2013

Goldmine – Geldmine

Paul Krugman erzählt in seiner lesenswerten Kolumne („Bits and Barbarism“) am Montag in NYTimes eine Geschichte von drei Geld-Gruben. Es ist zugleich eine Geschichte der geldpolitischen Rückentwicklung: eine seltsame Bestimmung vieler Menschen, um die Uhr des Fortschritts Jahrhunderts zurückzudrehen.

Die erste Geld-Grube ist die Porgera Tagebaugoldmine in Papua-Neuguinea, einer der Top-Produzenten der Welt. Die Mine hat einen schrecklichen Ruf in Sachen Menschenrechtsverletzungen. Aber die Goldpreise liegen heute, während sie von ihrem letzten Höhepunkt gefallen sind, immer noch drei mal so hoch wie vor einem Jahrzehnt. Es wird daher weiter gegraben.

Die zweite Geld-Grube ist viel seltsamer: Die Bitcoin-Mine in Reykjanesbaer, Island. Bitcoin ist, wie sie gestaltet ist, eine Art virtuelles Gold. Und wie Gold kann es abgebaut werden: man kann neue Bitcoins schaffen, aber nur durch die Lösung von sehr komplexen mathematischen Problemen.

Die dritte Geld-Grube ist hypothetisch. Die Geschichte geht auf das Jahr 1936. Keynes hat argumentiert, dass ein Anstieg der Staatsausgaben notwendig ist, um Vollbeschäftigung wiederherzustellen. Aber es gab damals wie heute einen starken politischen Widerstand. Keynes hat neckisch nahegelegt, dass die Regierung Falschen voller Bargeld in stillgelegte Kohlebergwerke begraben soll und der Privatsektor soll dann Geld ausgeben, um die Flaschen wieder auszugraben.

Keynes ging dann dazu über, darauf hinzuweisen, dass Gold-Bergbau so etwas war wie sein Gedankenexperiment. Goldgräber unternehmen immerhin grosse Anstrengungen, um Geld aus dem Boden zu graben, auch wenn eine unbegrenzte Menge an Geld im Wesentlichen ohne Kosten mit der Druckmaschine geschaffen werden könnte.


Bitcoin-Rausch, Graph: NYTimes

Sonntag, 22. Dezember 2013

Balanceakt zwischen Arbeitslosigkeit und Inflation

Ben Bernanke hat am Mittwoch gesagt, dass der geldpolitische Ausschuss der Fed entschlossen ist, sowohl eine zu niedrige als auch eine zu hohe Inflation zu vermeiden.

Zur Zeit orientiert sich die Fed am Verlauf der Arbeitslosigkeit. Das heisst, dass der Schwellenwert (6,5%), den die Fed für die Arbeitslosenquote festgelegt hat, eine massgebliche Nebenbedingung für die Geldpolitik ist. Es kann aber sein, dass die Arbeitslosenquote den Schwellenwert früher erreicht als die Inflationsrate, die derzeit deutlich niedriger als der Zielwert verläuft.

Was wird die Fed dann aber unternehmen? Wird sie die Zinsen sofort anheben, obwohl die Inflation nicht ansteigt?

Die Phillips-Kurve, die einen Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit und der Veränderung der Inflationsrate zeigt, fällt seit den 1970er Jahren. In der folgenden Abbildung wird der Verlauf der Phillips-Kurve seit den späten 1980er Jahren dargestellt, mit einer fallenden Steigung.



Inflation und Arbeitslosigkeit, Graph: Morgan Stanley

Samstag, 21. Dezember 2013

Robert Solow analysiert die Greenspan-Ära der US-Notenbank

Alan Greenspan war 19 Jahre lang der Vorsitzende der US-Notenbank (Fed). Gewählt worden ist der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler von Präsident Ronald Reagan im Jahr 1987. Der New Yorker hat insgesamt unter vier US-Präsidenten die US-Geldpolitik gestaltet. Sein Ruf als „grand maestro“ der Geldpolitik und der allgemeinen Orakel über die Wirtschaft ist jedoch seit seinem Amtsaustritt vor der Finanzkrise von 2008 stetig bergab gegangen.

Robert Solow liefert in einem langen Artikel („Alan Greenspan is still trying to justify his bad decisions“) in New Republic eine kritische Würdigung der Greenspan-Ära der Fed.

Greenspan hat die ersten beiden Herausforderungen während seiner Amtszeit meisterhaft bewältigt, schreibt der inzwischen emeritierte Professor für Wirtschaftswissenschaften am MIT.

Als der Aktienmarkt im Oktober 1987 zusammenbrach, tat die Fed das klassisch Richtige, so der Träger des Nobelpreises für Wirtschaftswissenschaften von 1987. Die Fed hat die Bereitschaft unterstrichen, das Finanzsystem mit Liqudität zu versorgen, wo es erforderlich sein sollte, sodass jeder, der in Panik gehandelt hat, es wahrscheinlich bereuen würde. Der Finanzmarkt kam folglich nicht zum Erliegen. Die Realwirtschaft wurde vom Einbruch der Aktienkruse im Wesentlichen nicht betroffen.

Während der langen Clinton-Ära erlebte die Wirtschaft einen Aufschwung (von 1992 bis 2000). Die Fed und Greenspan standen laut Solow einem komplexen Problem gegenüber. Dennoch taten sie erneut das Richtige. Denn fast alle Experten und wahrscheinlich auch die meisten professionellen Ökonomen im Dienst der US-Notenbank glaubten, dass die „natürliche Arbeitslosigkeitsrate“ um rund 6,5-7% liege. Als der Aufschwung sich fortsetzte und der Haushalt einen Überschuss aufwies, erhöhte die Politik den Druck auf die Fed. Die Zeit sei gekommen, die Geldpolitik zu straffen. Die Zinsen müssten erhöht werden. Sonst würde Inflation ausser Kontrolle geraten.

Was ist Qualitative Easing?

Die Ereignisse überschlagen sich. Gestern hat die Fed die moderate Drosselung der Anleihekäufe im Rahmen von Quantitative Easing angekündigt. Heute steht Qualitative Easing in den Schlagzeilen. Worum geht es?

Eine Forschungsarbeit, die von der britischen Zentralbank (BoE: Bank of England) heute veröffentlicht wurde, schlägt eine Lösung vor: Eine neue Art von Institution, wie eine Zentralbank, soll Vermögenswerte ankaufen und verkaufen, um destabilisierende Schwankungen in den Märkten zu verhindern.

Es handelt es sich dabei um einen Analyse von Roger Farmer. Der an der University of California Los Angeles (UCLA) Wirtschaftsprofessor ist zur Zeit der aktuelle Inhaber eines Forschungsstipendiums bei der BoE. Das Paper stellt aber keine offizielle Meinung der britischen Zentralbank dar.

Farmer schreibt, dass die Volatilität an den Märkten verheerende Auswirkungen auf die reale Welt entfaltet. Seiner Ansicht nach kann eine Abhilfe geschaffen werden: (1) durch Qualitative Easing und (2) durch die Einrichtung einer neuen Institution.

Qualitative Easing ist im Grunde genommen nicht so fremd wie es sich anfänglich anhört. Kauft die Zentralbank am Markt Vermögenswerte (z.B. UST und MBS), nennt sich die Aktion Quantitative Easing, d.h. mengenmässige Lockerung der Geldpolitik. Das Augenmerk richtet sich dabei auf die Menge (bzw. Höhe) der Vermögenswerte. Bei Qualitative Easing geht es um die Art (d.h. Zusammensetzung) von Vermögenswerten, die von der Zentralbank gekauft werden.

Freitag, 20. Dezember 2013

Austeritätspolitik und Komikertruppe

Paul Krugman erinnert in seiner lesenswerten Kolumne („Osborne and the Stooges“) am Freitag in NYTimes an eine Episode von „The Three Stooges“, wo Curly seinen Kopf gegen die Wand schlägt. Wenn Moe ihn fragt, warum, antwortet Curly, weil es sich gut fühlt, wenn er damit aufhört.

Der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor schreibt, dass er sich nie hätte vorstellen können, dass die leitenden Finanzbeamte  eines Tages Curlys Logik für die Rechtfertigung ihrer verheerenden Politik heranziehen würden.

Zum Hintergrund: In Jahr 2010 wandten sich die meisten wohlhabenden Länder der Welt im Sog der Finanzkrise an die Austerität, um Haushaltsdefizite zu reduzieren, obwohl ihre Volkswirtschaften schwer angeschlagen waren. Die Grundlagen der Volkswirtschaftslehre besagen, dass die Austerität in einer bereits schwer angeschlagenen Wirtschaft die Depression weiter vertieft. Die „Austerians“ aber beharrten darauf, dass die Kürzung der Staatsausgaben zum Wirtschaftswachstum beitragen würde, weil dadurch das Vertrauen der Unternehmen gestärkt würde.

Das Ergebnis war so was wie ein kontrolliertes Experiment, wie man es jemals in der Makroökonomie hinbekommt. Drei Jahre sind vergangen und die Vertrauen Fee (confidence fairy) ist nie erschienen.

Die deprimierende Wirkung der Austerität in einem tiefen Abschwung ist laut Krugman eine klare Story wie sonst keine andere Story in der Wirtschaftsgeschichte. Aber die Austerian geben ihre Fehler nie zu. Doch sie beziehen sich auf die jüngsten Daten, um ihre Behauptungen zu rechtfertigen: „Schau, die Wirtschaft in einigen Ländern beginnt, wieder zu wachsen“.

 



Der um die Konjunktur bereinigte Saldo im britischen Haushalt (bekannt auch als Staatshaushalt bei Vollbeschäftigung), Graph: Prof. Paul Krugman

PS: Das heisst, dass der Saldo ausgeglichen ist, wenn die Wirtschaft bei Produktionspotenzial schafft.

Übergang von QE zu Tapering

Die Ankündigung der US-Notenbank, die Anleihekäufe von Januar 2014 an moderat zu drosseln, bedeutet der „Anfang vom Ende“ der QE-Politik (mengenmässige Lockerung der Geldpolitik).

Die Aktion der Fed, das Tapering in die Wege zu leiten, scheint aber irgendwie im Gegensatz zu Zentralbanken im Rest der G10 zu stehen, wenn man die nach wie vor bestehenden Schwierigkeiten vor allem in der Eurozone in Bezug auf die Wachstumsdynamik und den Deflationsdruck vor Augen hält. Obwohl zugleich hervorgehoben werden muss, dass die Fed vorerst nicht daran denkt, die lockere Geldpolitik im Allgemeinen zu Ende bringen.

Dennoch verspricht die disinflationäre Herausforderung in Europa eines der wichtigsten Themen 2014 zu werden. Das FX-Team von Morgan Stanley deutet in diesem Zusammenhang auf die Spill over-Effekte auf die Währungen hin, die via Handel mit der Eurozone in Verbindung stehen.

Die SEK (die schwedische Krone) scheint beispielsweise nach Analysten Einschätzung die am meisten gefährdete Währung im kommenden Jahr zu sein. Die Riksbank hat als eine der letzten G10 Zentralbanken am vergangenen Dienstag die Zinsen um 25 Basispunkte gesenkt und die Prognose für die Inflation 2014 auf 0,6% korrigiert.

Insbesondere scheinen die Schweiz, Kanada und Schweden disinflationären Spill over-Risiken ausgesetzt. In der Schweiz liegen die nominalen Zinsen bereits seit dem Ausbruch der Finanzkrise auf der Null-Linie (zero lower bound). Die Kombination „niedrige Inflationsrate und hohe Verschuldung der privaten Haushalte“ betrifft neben der Schweiz auch Schweden und Norwegen.



CAD, CHF und SEK sind dem Deflationsrisiko via Handel ausgesetzt, Graph: Morgan Stanley

Interview: Prof. Charles A. Kupchan, Georgetown University

Charles A. Kupchan is Professor of International Affairs in the School of Foreign Service and Government Department at Georgetown University


You say that the global turn will bring to an end the era of Western dominance. Can the coming multipolar and politically diverse world pacify the geopolitical competition?

The ongoing diffusion of power and the onset of multipolarity are more likely to awaken than to tame geopolitical competition.  Multiple centers of power mean renewed competition for position and status.  Disagreement about the norms and rules that govern international relations will be another source of instability. However, competition and rivalry are by no means foreordained.  Institutional adaptation and the forging of a new consensus on the norms of global governance have the potential to facilitate a peaceful transition.


What new institutional frameworks and tools are needed to manage the expected transition peacefully?

The following measures can help facilitate peaceful transition.  1) Adapting international institutions so that they are more representative and legitimate.  Examples include expanding the G8 into the G20, and enlarging the UN Security Council. 2) Working toward a new set of international rules and norms that would represent a consensus between the Western democracies and emerging powers. 3) Building up the capacity of regional institutions – such as the Gulf Cooperation Council, the African Union, and ASEAN – to become more effective providers of regional stability and of public goods.

Donnerstag, 19. Dezember 2013

Reallöhne in Deutschland fallen weiter

Die Reallöhne in Deutschland sind vom III.Q. 2012 bis zum III.Q. 2013 um durchschnittlich 0,3% gesunken, wie das Statistische Bundesamt (destatis) heute mitgeteilt hat. Die Verbraucherpreise sind in diesem Zeitraum um 1,6% und die Nominallöhne um 1,3% gestiegen.

Wie Heiner Flassbeck in seinem Blog hervorhebt, ist es vor diesem Hintergrund lachhaft, vom deutschen Aufschwung (d.h. der Belebung der Binnennachfrage) zu reden.




Deutschland: Reallöhne, Nominallöhne und Verbraucherpreise, Graph: destatis

US-Notenbank beginnt mit dem Ende der QE-Politik

Die Fed hat gestern angekündigt, dass sie von Januar an nur noch Anleihen (UST und MBS) in Höhe von 75 Mrd USD im Monat kaufen will. Das bedeutet, dass die Anleihekäufe um 10 Mrd. USD pro Monat verringert werden. Damit beginnt das sog. Tapering offiziell im Januar 2014.

Der Fed-Vorsitzende Ben Bernanke hat aber unterstrichen, dass das Tapering nicht Tightening bedeutet. Sprich: Die Drosselung löst nicht automatisch Zinserhöhung aus. Daraus folgt, dass die nominalen Zinsen weiterhin auf der Null-Grenze verbleiben.

Die Fed folgt ferner keinem vorgegebenen Kurs. Bernanke hat betont, dass die Arbeitslosenquote auf 6,5% oder tiefer fallen muss, bevor das Ende der mengenmässigen Lockerung der Geldpolitik (QE: quantitative easing) endgültig besiegelt werden kann.

Die Fed hat das Tapering v.a. mit dem Hinweis auf die Fortschritte in ihrer Zielsetzung gerechtfertigt, wie Tim Duy in seinem Blog unterstreicht: „Im Lichte der kumulativen Fortschritte in Richtung maximale Beschäftigung und die Verbesserung der Aussichten für die Arbeitsmarktbedingungen beschloss der geldpolitische Ausschuss, das Tempo ihrer Wertpapierkäufe bescheiden zu reduzieren“.



Makroökonomische Prognosen des geldpolitischen Ausschusses (FOMC) der US-Notenbank (Fed) vom 18. Dezember 2013, Graph: Morgan Stanley

Mittwoch, 18. Dezember 2013

Ausblick für die Emission von Euro Staatsanleihen 2014

Die Austeritätspolitik hat nicht nur auf dem Arbeitsmarkt tiefe Spuren hinterlassen. Die harschen Sparmassnahmen werfen auch einen Schatten auf den Markt für Staatsanleihen. Es liegt daher auf der Hand, dass das Angebot 2014 vom anhaltenden Schuldenabbau (deleveraging) geprägt sein dürfte.

Das Analysten-Team von Morgan Stanley erwartet für das kommende Jahr eine Netto-Emission in Höhe von 198 Mrd. EUR, was einem Rückgang um 131 Mrd. EUR im Vergleich zum Jahr 2013 entspricht.

Das abnehmende systemische Risiko und der Rückgang der Renditen der Staatsanleihen deuten darauf insgesamt hin, dass die Kosten der Kreditaufnahme 2014 im Durchschnitt eher nach unten tendieren dürften.

Italien ist inzwischen gelungen, die durchschnittliche Fälligkeit der Staatspapiere von 5 Jahren 2012 auf 7 Jahre 2013 zu verlängern. Auch Spanien hat es geschafft, die Fälligkeit der spanischen Staatspapiere im Durchschnitt von 5 Jahren 2012 auf 7,8 Jahre 2013 auszudehnen.



Prognose für die Emission von Staatsanleihen in EUR im Jahr 2014, Graph: Morgan Stanley European Fixed Income Team

Fed Funds Rate Futures und die erste Zinserhöhung

Nach Prognosen des Analysten-Teams von Morgan Stanley dürfte die Arbeitslosenquote im zweiten Quartal 2015 auf 6% zurückfallen. Das ist die Marke, die erreicht werden muss, bevor die Fed anfängt, die Zinsen zu erhöhen.

Das Eintreffen des Schwellenwertes löst aber nicht automatisch Zinserhöhung aus, wie die Fed bisher hat andeuten lassen. Die Future-Märkte rechnen vor diesem Hintergrund mit der ersten Zinserhöhung der Fed erst im vierten Quartal 2015.



Die Future-Märkte erwarten die erste Zinserhöhung erst im IV. Q. 2015, Graph: Morgan Stanley

Dienstag, 17. Dezember 2013

Auswirkungen der Arbeitslosigkeit auf das nicht-monetäre Wohlbefinden

Kathleen Geier befasst sich in einem lesenswerten Artikel in Washington Monthly mit den Auswirkungen der Arbeitslosigkeit auf das nicht-monetäre Wohlbefinden der Menschen.

Einer von Geier zitierten Studie von Cristobal Young nach hat die Arbeitslosigkeit sogar noch katastrophale Auswirkungen auf das persönliche Glück als wir bisher dachten.

Die Analyse kündigt drei wichtige Erkenntnisse an. Die erste ist, dass der Verlust des Arbeitsplatzes verheerende Auswirkungen auf das persönliche Wohlbefinden hat. Job-Verlust löst einen starken Abfall im subjektiven Wohlbefinden aus.

Die zweite ist, dass die Arbeitslosenversicherung, die als makroökonomischer Stabilisator erfolgreich zum Einsatz kommt, die arbeitslosen Menschen nicht glücklicher macht.

Die dritte ist, dass der Verlust des Arbeitsplatzes eine starke, anhaltende negative Auswirkung auf das Wohlbefinden hat, was mehrere Jahre anhalten kann.


"A Formula For Happiness", Graph: Brian Rea in: NYTimes

Binnennachfrage

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) gibt den Gesamtwert aller Güter und Dienstleistungen an, die in einer Volkswirtschaft innerhalb eines Jahres hergestellt wurden, und dem Endverbrauch dienen.

Die gesamtwirtschaftliche Nachfrage (GDP) setzt sich aus dem privaten Konsum (C), Export (X), Investitionen (I) und Staatskonsum (G) zusammen:

GDP = C + I + G + (X – M)

Um die Vollbeschäftigung zu erreichen, muss die Nachfrage gesteigert werden. Der private Verbrauch ist vom Volkseinkommen abhängig und hat in dieser Gleichung eine Gewichtung von rund 70% sowohl in den USA als auch in Europa.

Der Staat kann auf die inländische Nachfrage Einfluss nehmen. Die Investitionen von Unternehmen führen nicht automatisch zu einer Erholung der Wirtschaft, nur weil die Zinsen niedrig sind. Da die Selbstheilungskräfte des Marktes nicht funktionieren, muss der Staat in Depressionen die Ausgaben erhöhen und ein Haushaltsdefizit in Kauf nehmen.

Zudem belastet die Austeritätspolitik die Inlandsnachfrage in Europa besonders. In den vergangenen sechs Jahren war die Binnennachfrage ohnehin durch anhaltende Rückgänge gekennzeichnet. Nun senkt die internal devaluation auch das verfügbare Einkommen.



Abnehmende Binnennachfrage in Europa, Graph: Morgan Stanley

Montag, 16. Dezember 2013

Helicopter-Geld versus QE-Politik

Die Zero Lower Bound (ZLB) schreibt mittlerweile das fünfte Jahr. Das heisst dass die nominalen Zinsen , die im Nachspiel der Finanzkrise auf der Null-Grenze aufgeprallt sind, immer noch auf dem Niveau verharren.

Da die Geldpolitik in einer Liquiditätsfalle an Wirksamkeit verliert und Reflation (bzw. expansive Fiskalpolitik) aus Sicht der neo-klassischen Lehre als Tabu gilt, selbst wenn die Wirtschaft in einer milden Depression steckt, betreiben die führenden Zentralbanken der Welt eine mengenmässige Lockerung der Geldpolitik (QE: quantitative easing).

Die Erholung geht aber ziemlich träge vor sich. Die hohe Arbeitslosigkeit hält an. Und die Wirtschaft leidet nach wie vor unter dem Nachfrageausfall. Daher stellt sich die Frage, warum die QE nicht fest zugeschlagen hat?

Die amerikanischen Währungsbehörden haben von Anfang an deutlich gemacht, dass die QE-Programme nur temporärer sind. Die geldpolitischen Entscheidungsträger haben sowohl in den USA als auch in Grossbritannien keine Gelegenheit ausgelassen, darauf hinzuweisen, dass der Anstieg der Notenbankgeldmenge (monetary base) nicht permanent ist. Wenn dem aber so ist, dann gibt es auch keinen Grund, zu erwarten, dass die Nachfrage sich wiederbelebt.

Warum hat aber Abenomics Erfolg? Die BoJ betreibt auch QE-Politik. Weil die japanische Zentralbank (BoJ: Bank of Japan) mit Nachdruck unterstrichen hat, dass die Expansion ihrer Bilanz dauerhaft ist, im Gegensatz zu der Periode von 2001 bis 2006, als die BoJ die erste QE-Phase umsetzte, aber genau wie die Fed und BoE betonte, dass die Geldbasis sich nur vorübergehend erhöhen würde.

Der Unterschied, ob die Notenbank den Geldhahn dauerhaft oder vorübergehend aufdreht, ist entscheidend für die Erwartungshaltung der Wirtschaftssubjekte. Deswegen spielt es keine Rolle, ob die Zentralbank die Druckpresse anwirft (helicopter drop) oder die Regierung das Haushaltsdefizit durch die Ausgabe von Staatsanleihen (QE) finanziert, schreibt David Beckworth in seinem Blog.



Helikopter-Geld und QE-Politik, Graph: David Beckworth in: Macro and Other Market Musings

Produktionslücke ist eine angebotsseitige Konzeption

Thomas Jordan, SNB Präsident hat in den einleitenden Bemerkungen zur geldpolitischen Lagebeurteilung am 12. Dezember darauf hingewiesen, dass die Auslastung der Produktionskapazität sich in der Schweiz verbessert hat, aber die Produktionslücke (output gap) negativ bleibt.

Damit hat Jordan im Grunde genommen die Anpassung der von der SNB prognostizierten Inflation jeweils um 0,1% nach unten für 2014 und 2015 begründet.

Trotz des kräftigen Anstiegs der Notenbankgeldmenge (monetary base) in den vergangenen Jahren setzt sich die negative Inflation in der Schweiz fort. Und auf absehbare Zeit sind keine Inflationsrisiken erkennbar.

Das geschätzte Produktionspotenzial ergab in der Schweiz im zweiten Quartal eine Produktionslücke von -1,2%, wie die SNB im Quartalsheft 3/2013 September mitteilt. Die geöffnet verbleibende Produktionslücke deutet darauf hin, dass die Produktionsfaktoren nicht ausgelastet sind. Das heisst wiederum, dass wir es hier mit einem Nachfrageausfall zu tun haben.

Die Produktionslücke gibt die prozentuale Abweichung des beobachteten BIP-Niveaus vom geschätzten Produktionspotenzial an. Das Produktionspotenzial wird in der Schweiz aufgrund einer Produktionsfunktion geschätzt.


Produktionslücke (output gap) in der Schweiz, Graph: SNB in: Quartalsheft 3/2013, September

Warum Ungleichheit von Bedeutung ist

Steigende Ungleichheit ist kein neues Problem. Aber die Politiker, eingeschüchtert durch die „Klassenkampf“-Rufe, haben sich davon zurückgehalten, um aus der ständig wachsenden Kluft zwischen den Reichen und dem Rest ein grosses Problem darzustellen, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („Why Inequality Matters“) am Montag in NYTimes.

Das dürfte sich jetzt ändern. Die Diskussion hat sich so gewandelt, dass eine Gegenreaktion von Experten kommt: Die Ungleichheit ist keine grosse Sache. Damit liegen sie aber falsch, unterstreicht Krugman.

Die Daten belegen, dass die Ungleichheit so rasch steigt, dass sie nun zu einem Hemmschuh für das Einkommen von gewöhnlichen Amerikanern wird, auch wenn die US-Wirtschaft zur Zeit die schlimmste Krise seit den 1930er Jahren erlebt.

Und wenn man eine längere Perspektive nimmt, ist festzustellen, dass die wachsende Ungleichheit mit Abstand der wichtigste Einzelfaktor für die schwache Entwicklung des Einkommens der Mittelschicht ist.

Darüber hinaus ist es allgemein akzeptiert, dass die steigende Verschuldung der privaten Haushalte den Weg für die wirtschaftliche Krise bereitet hat. Der Anstieg der Schulden fiel mit der wachsenden Ungleichheit  zusammen. Die beiden hängen also wahrscheinlich zusammen, so Krugman.

Nachdem Ausbruch der Krise lastete die anhaltende Verlagerung des Einkommens weg von dem Mittelstand ab in Richtung einer kleinen Elite auf der Nachfrage der Verbraucher, sodass die Ungleichheit sowohl mit der Wirtschaftskrise als auch mit der trägen Erholung der Konjunktur zusammenhängt.

Sonntag, 15. Dezember 2013

Neue Debatte in der Ökonomen-Blogosphäre: Ungleichheit versus Arbeitslosigkeit

Ezra Klein hat am Wochenende im Wonkblog von WaPo mit der Aussage, dass die Ungleichheit nicht „die bestimmende Herausforderung unserer Zeit“ ist, eine heisse Debatte unter Ökonomen in der amerikanischen Blogosphäre ausgelöst.

Ausgangspunkt ist, dass Präsident Obama die Ungleichheit neulich als „the defining challenge of our time“ bezeichnet hat.

Klein sagt, dass das Wirtschaftswachstum und die Arbeitslosigkeit diese Herausforderung vielleicht besser darstellen. Die Demokraten sollen sich deshalb besser auf das Thema Arbeitslosigkeit konzentrieren.

Klein übersieht aber, dass die Ungleichheit das Wachstum schädigt, schreibt  Dean Baker in seinem Blog als Antwort darauf und fügt hinzu, dass Ungleichheit und Arbeitslosigkeit das gleiche Problem sind. Es sei ernsthaft fehl am Platz, die Ungleichheit und Arbeitslosigkeit als separate Probleme anzusehen.

Es mag sein, dass die Beweise weniger schlüssig sind als wir denken, aber die Möglichkeit soll trotz der weitgehenden Zurückhaltung der Ökonomen nicht ausser Acht gelassen werden, unterstreicht der Direktor des Center for Economic and Policy Research (CEPR) in Washington.

Es sei schwierig, eine Verbindung zwischen der steigenden Ungleichheit und dem schwachen Verbrauch zu finden. Aber es ist auch offensichtlich, dass die jahrzehntelange zunehmende Ungleichheit mit den jahrzehntelang anhaltenden Bubbles am Aktien- und Immobilienmarkt einhergeht, so Baker weiter. Man denke daran, dass der private Konsum ein Teil des Einkommens ist.

Jared Bernstein, der mit Dean Baker kürzlich ein Buch („Getting Back to Full Employment“) zum Thema vorgelegt hat, vertritt in seinem Blog die Ansicht, dass die nachfrage-orientierte wirtschaftspolitische Massnahmen sowohl die Arbeitslosigkeit senken als auch die Ungleichheit reduzieren.
 


Die Entwicklung des niedrigen, mittleren und hohen Einkommens in den USA, Graph: Jared Bernstein in: Picture of Job Market Slack, Nov 2013

Samstag, 14. Dezember 2013

FDIC schliesst eine kleine Bank am Freitag in Texas

Die FDIC (Einlagensicherungsbehörde) hat am Freitag eine kleine Bank in Texas geschlossen.

Damit sind seit Beginn des Jahres insgesamt 24 Banken verstaatlicht worden, nachdem im Vorjahr insgesamt 51 Banken gescheitert waren.

Die Zahl der Bankschliessungen im Jahr 2012 markiert mit 51 einen deutlichen Rückgang aus den beiden Vorjahren. Dennoch ist die Zahl ungewöhnlich hoch, da in einer wachsenden Wirtschaft jährlich i.d.R. nur vier oder fünf Banken im Durchschnitt geschlossen werden.

Die gestern verstaatlichte Bank verfügt über ein Anlagevermögen (assets) von 160,1 Mio. $ und Einlagen (deposits) von 142,6 Mio. $. Die Kosten der geschlossenen Bank betragen für die öffentliche Hand  schätzungsweise 10,3 Mio. $.

Bankpleiten:

2013: 24
2012: 51
2011: 92
2010: 157
2009: 140
2008: 25
2007: 3

Warum sollen Banken nicht Euro Staatsanleihen halten dürfen?

Staatsanleihen werden im Euro-Raum als risikolose Anlageklasse gehandelt. Die Banken müssen dafür kein Kapital als Sicherheitspuffer vorhalten. So war es jedenfalls vor der Finanzkrise von 2008. Nun wächst die Kritik daran, weil die Banken dadurch einen Anreiz haben, die Schulden der öffentlichen Hand zu finanzieren.

Vor allem Jens Weidmann, Bundesbankpräsident will die „Vorzugsbehandlung von Staatsanleihen“ beenden, weil die „Schuldenkrise“ seiner Meinung nach sonst nicht bewältigt werden kann.

Die Euro-Krise ist aber keine Staatsschuldenkrise. Sie ist eine Folge der Finanzkrise (bzw. Rettung, d.h. bail-out der unterregulierten Banken). Zur Erinnerung: Spanien und Irland hatten am Vorabend der Krise einen Haushaltsüberschuss. Und Portugal hatte kaum nennenswerte Staatsverschuldung.

Weidmann will, dass (1) die Banken die Euro Staatsanleihen von jetzt an mit Eigenkapital unterlegen  und (2) die Banken nur bis zu einer bestimmten Höhe Staatsanleihen kaufen. Begründung: Die Finanzstabilität werde (wegen der Risik-Konzentration) gefährdet, weil (oder wenn) die Banken nur Staatsanleihen eines Landes kaufen, und zwar des eigenen Heimatlandes.

Peter Praet, hat nun in einem Interview mit FT in die gleiche Kerbe geschlagen. In einem etwas kompliziert formulierten Satz sagt der EZB-Direktor sinngemäss, dass die Banken, wenn die Staatsanleihen in ihren Beständen dem Risiko entsprechend behandelt würden, unwahrscheinlich die Liquidität, die von der EZB zur Verfügung gestellt werde (via LTRO), übermässig für den Kauf von Staatsanleihen einsetzen würden. Weil die Banken mit den Einschränkungen, die die Stress Tests für die Euro Staatsanleihen auflegen werden, vorsichtig umgehen würden.

Praet will also genau wie Weidmann unterbinden, dass die Staaten für Refinanzierung auf die Banken „angewiesen“ werden. Die Banken sollen stattdessen Kredite an Unternehmen und private Haushalte geben.




Staatsanleihen im Portfolio von Banken im Vergleich EU, USA und Japan, Graph: Morgan Stanley