Sonntag, 16. März 2008

The Conscience of a Liberal

Buchbesprechung:

Paul Krugman:The Conscience of a Liberal”. W. W. Norton, New York, 2007.

Paul Krugman unterrichtet Wirtschaftswissenschaft an der Princeton University und gehört zu den schärften Kritikern der Bush-Administration. In seinen wöchentlichen Kommentaren in der „New York Times“ nimmt er gegen die polarisierende Politik der Republikaner kein Blatt vor den Mund. Genau wie in seiner Kolumne steht die „soziale Ungleichheit“ auch im Mittelpunkt seines hervorragenden neuen Werks. Rund 47 Millionen Amerikaner, d.h. 15% der Bevölkerung haben heute keine Krankenversicherung. Angesichts der grossen Zahl der Unversicherten und der älter werdenden Baby-Boomer besteht Professor Krugman darauf, eine universelle Krankenversicherung einzuführen. Deshalb müssen aber Steuern erhöht werden, um das soziale Sicherheitsnetz wiederherzustellen. Steuersenkungen durch die Bush-Regierung hält er in diesem Umfeld für unverantwortlich. Bush habe das Thema Sicherheitspolitik missbraucht, um Steuersenkungen (für das reichste Prozent der Bevölkerung) durchzuringen. Der polarisierende Konservatismus habe, so Krugman, in den vergangenen 30 Jahren die Errungenschaften des „New Deal“ zu Nichte gemacht.

Als „New Deal“ wird in den USA das Bündel von Wirtschafts- und Sozialreformen zwischen 1933 und 1937 bezeichnet. Das Sozialprogramm, das mit massiven Investitionen des Staates die Binnenkonjunktur anzukurbeln vorhatte, war mit dem Amtsantritt des damaligen Präsidenten Franklin Roosevelt lanciert worden. Das Ziel war, die verarmten Bürger, welche die Mehrheit darstellten, auch etwas am Wohlstand teilhaben zu lassen. Einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Reformpolitik von Roosevelt hatten die Ideen von John Maynard Keynes. Der Titel dieses Buches „Das Gewissen eines Liberalen“ ist eine Anspielung auf das Manifesto („Das Gewissen eines Konservativen“) von Barry Goldwater, dem Mitbegründer der konservativen Bewegung in den USA. Goldwater war über fünf Legislaturperioden Senator seines Heimatstaates Arizona. Er war Präsidentschaftskandidat der Republikanischen Partei (1964), scheiterte jedoch bei der Wahl gegen den damaligen Amtsinhaber Johnson. Goldwater war das politische Vorbild des späteren US-Präsidenten Ronald Reagan. Krugman klagt, dass seine Generation in einem Umfeld aufgewachsen sei, wo hohe demokratische Werte und „geteilte Prosperität“ vorgeherrscht habe. „Nun gleiten uns diese Werte weg“, wendet er ein. Er will diesen Trend rückgängig machen. Als Vorbild gilt ihm eben der erwähnte New Deal. Es sollen Institutionen geschaffen werden, die eine „anständige“ Gesellschaft fördern und aufrechterhalten. Anhand einer leidenschaftlich beschriebenen Tour d’horizon der amerikanischen Politikgeschichte legt Krugman dem Leser nahe, wie das Wohlstands- und Einkommensgefälle in den USA überwunden werden soll. Es ist aber nicht das Ziel, die Gesellschaft gleichzustellen, sondern demokratischer zu gestalten. Ein politisch hochexplosives Buch mit durchdringender soziologischer Wahrnehmung für die ökonomischen Zusammenhänge im Zeitalter der Globalisierung. Bürgerpflicht zum Lesen. Empfehlenswert.

* erschienen in der Ausgabe 181 vom 12. Oktober 2007

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