Samstag, 14. November 2009

Die Jahrhundertkrise

Buchbesprechung

Olaf Storbeck: Die Jahrhundertkrise. Über Finanzalchemisten, das Versagen der Notenbanken und John Maynard Keynes. Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart, 2009.


Die Finanzmärkte sind inhärent instabil. Sich selbst überlassen erreichen sie nie das Gleichgewicht, wie die klassische Theorie annimmt. Die Bewertungsmodelle, die darauf basieren, führen flankiert von einem dogmatischen Prozess von Deregulierung und Entstaatlichung zu Krisen mit fatalen sozialen Folgen. Während die Gewinne privatisiert werden, trägt die Öffentlichkeit die Kosten. Die „Grosse Rezession“ hält mittlerweile seit Dezember 2007 an. Die Schwere der Krise gibt Anlass zu grundlegenden Diskussionen. Immer neue Bücher kommen auf den Markt. Das hier ist sicherlich eines der lesenswertesten in deutscher Sprache. Olaf Storbeck berichtet als „International Economics Correspondent“ für das „Handelsblatt“ über aktuelle Forschung aus der Volks- und Betriebswirtschaftslehre. Zwischen 1995 und 2000 studierte er VWL an der Uni zu Köln, parallel dazu besuchte er die Kölner Journalistenschule für Politik und Wirtschaft. Gemeinsam mit Norbert Häring schrieb Storbeck 2007 das Buch „Ökonomie 2.099 überraschende Erkenntnisse“.

Storbeck geht im ersten Teil des Buches auf die Ursachen der Krise, die er als „ein hoch explosives Gemisch“ betitelt, ein. Wer die richtigen Schlüsse ziehen will, muss die Ursachen verstehen. Seiner Meinung nach gibt es zumindest zwei Arten von Ursachen: (1) makroökonomische Ursachen und (2) mikroökonomische Ursachen. Zu den wichtigsten „indirekten Faktoren“, die den makroökonomischen Rahmen bilden, zählt der Autor (a) blinde Marktgläubigkeit, (b) ein trügerisches Gefühl der Sicherheit, (c) die weltweite Jagd nach Rendite und (d) zu billiges Geld. Es gibt aber auch „direkte Faktoren“: (i) der irrationale Überschwang auf dem US-Immobilienmarkt, (ii) komplexe, neue und falsch bewertete Finanzprodukte, (iii) das System der Schattenbanken, (iv) neue Eigenkapital- und Bilanzierungsregeln für Banken und (v) falsche Anreizsysteme in der Finanzbranche.

Im zweiten Teil behandelt der Autor den „Kampf mit der Krise“. Hier bekommt der Leser nützliche Erklärungen darüber, wer wie auf die Krise reagiert hat. Des weiteren werden die Konjunkturpakete aufgezeigt und die Parallelen zur Grossen Depression diskutiert.

Im dritten Teil des Buches präsentiert der Autor die Lehren aus der Krise. „Eine Renaissance der traditionellen Ordnungspolitik ist keine Alternative und wäre die grundfalsche Antwort der Disziplin auf die Finanz- und Wirtschaftskrise“, urteilt der Autor. „Nicht mehr ordnungspolitische Grundsatzüberlegungen braucht die moderne VWL, sondern bessere Modelle und ein klares Verständnis von Emotionen, Normen und anderer aus Sicht von traditionellen Ökonomen weicher Faktoren“, ist Storbeck überzeugt. „Der Staat solle eine aktive Rolle in der Wirtschaft spielen und die durch animalische Instikte verursachten Schwankungen reduzieren“, lautet sein Fazit. Das gut geschriebene und leicht verständliche Buch bietet einen guten Überblick über den aktuellen Stand der Forschung mit zahlreichen prägnanten Zitaten von zeitgenössischen Makroökonomen. Sehr informativ. Unbedingt lesen.

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