Samstag, 30. November 2019

Narrative Economics


Buchbesprechung:

Robert J. Shiller: Narrative Economics – How Stories Go Viral and Drive Major Economic Events, Princeton University Press, 2019, Princeton, New Jersey.


Robert J. Shiller beschreibt in seinem neuen Buch das Studium populärer Geschichten, die sich auf das individuelle und kollektive wirtschaftliche Verhalten auswirken, als „narrative economics“ („narrative Ökonomie“). 

Und dies hat seiner Ansicht nach das Potential, unsere Fähigkeit zu verbessern, die Schäden durch Finanzkrisen, Rezessionen, Depression und andere wirtschaftliche Grossereignisse vorherzusagen und besser anzupacken.

Was der an der Yale University lehrende Wirtschaftsprofessor dem Leser nahelegt, ist, die Ansteckung von Narrativen in die Wirtschaftstheorie einzubeziehen, damit wir die Veränderungen in der Wirtschaft und im ökonomischen Verhalten besser verstehen.

Der Terminus „narrative economics“ enthält zwei Elemente: (1) die mündliche Ansteckung von Ideen in Form von Geschichten und (2) die Bemühungen von Menschen, neue ansteckende Geschichten zu generieren oder Geschichten ansteckender zu machen.

Der Autor verwendet das Wort „narrative“ als Synonym für das Wort „story“. 

Dienstag, 26. November 2019

Modellportfolios signalisieren fallende Erträge


Wenn wir die verschiedenen Risiko- und Rendite-Kombinationen (nach der „efficient frontier“-Theorie) veranschaulichen, stellen wir fest, dass die Renditen der letzten 10 Jahren aussergewöhnlich waren.

Die Gesamtrendite war bei jedem Risiko höher als in den letzten 30 Jahren, wie Morgan Stanley Analysten in einer Studie festhalten.

Da die Bewertungen und Renditen an den Aktienmärkten letztendlich wieder auf den Mittelwert fallen, erwartet Morgan Stanley in den nächsten 10 Jahren unterdurchschnittliche Renditen.

Und es sei unwahrscheinlich, dass das Eingehen eines zusätzlichen Risikos zu hohen Renditen führt, unterstreichen die Verfasser der Analyse weiter.


Risiko-, Rendite-Kombinationen nach der „efficient frontier“ Theorie, Graph: Morgan Stanley, Nov 18, 2019

Mittwoch, 20. November 2019

Da haben wir den Salat: Ewig niedrige Zinsen


Die Preise der Staatsanleihen von grossen Industrieländern sind in diesem Jahr in die Höhe geschossen. Und die Renditen sind damit auf Rekordtiefs gesunken.

Ein wesentlicher Grund ist, dass die „sicheren Vermögenswerte“ („safe assets“) knapp sind. Das heisst, dass das Angebot abnimmt.

Eine Vielzahl von Anlegern und Unternehmen schätzen die Staatsanleihen von höchster Qualität wegen der bargeldähnlichen Eigenschaften, die diese Papiere innehaben. 

Die nahezu Gewissheit, dass die Investoren ihr Geld zurückerhalten, treibt die Nachfrage v.a. seit der Global Financial Crisis (GFC) 2008 besonders.

Die Nachfrage nach „safe assets“ wird aber auch von den Zentralbanken im Rahmen ihrer QE-Politik (Quantitative Easing) gestützt, die ja einen erheblichen Teil der Anleihemärkte absaugen.


Die USA liefern den Grossteil der sicheren Vermögenswerte (Staatsanleihen) der Welt, Graph: FT, Nov 19, 2019 

Dienstag, 19. November 2019

Wer hat Angst vor öffentlichen Investitionen in Deutschland?


Es mag sein, dass die deutsche Wirtschaft sich offiziell nicht in einer Rezession befindet. 

Es ist aber, wie gesagt, trotzdem ein Armutszeugnis, dass Berlin ein Wirtschaftswachstum von 0,1% leidenschaftlich feiert, um die Konjunktur ja nicht mit öffentlichen Investitionen ankurbeln zu müssen.

Die Tatsache, dass Deutschland eine Kontraktion zwei aufeinander folgende Quartale vermieden hat, scheint andererseits auf lange Sicht nicht besonders relevant zu sein, wie John Authers in seiner Kolumne bei Bloomberg anhand von ein paar sehenswerten Abbildungen unterstreicht.

Denn Deutschlands Probleme bleiben weiterhin gravierend. Europas grösste Volkswirtschaft braucht Investitionen z.B. in Innovationen, um weiter wachsen zu können.

Wenn man sich Deutschlands Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E) ansieht, ist leicht festzuhalten, dass das Land im internationalen Vergleich nicht schlecht abschneidet.


Investitionen in Forschung und Entwicklung (F&E) im Länder-Vergleich, Graph: John Authers, Bloomberg, Nov 18, 2019

Samstag, 16. November 2019

Negativ-Zinsen: Warum die Wirtschaft die Regierung braucht


Wie bizarr! 

Deutschland feiert frenetisch 0,1% BIP-Wachstum im 3. Quartal 2019. 

Bundesfinanzminister Olaf Scholz sagte auf einer Bloomberg-Veranstaltung in Berlin, dass die deutsche Wirtschaft nicht durch zusätzliche Staatsausgaben angekurbelt werden muss.

Das ist ein Armutszeugnis für Berlin. Und es bedeutet zugleich, dass die negativen Zinssätze lange anhalten werden.

Die deflationäre Entwicklung im Euroraum ist ohne Zweifel auf die von Berlin und Brüssel geförderte Politik von Lohndeflation in Kombination mit fiskalischer Austerität zurückzuführen.



Deutschlands Wirtschaftswachstum, Graph: BloombergTV, Nov 14, 2019

Mittwoch, 6. November 2019

Ersparnisse und Niedrigzinsen


Morgan Stanley hat kürzlich die folgende Abbildung (Wealth Management, November 2019) geliefert. Die Überschrift: „Mehr Einsparungen können für private Haushalte gut sein, aber nicht für die gesamte Wirtschaft“.

Richtig: Das ist genau die Unterscheidung zwischen micro (einzelwirtschaftlich) und macro (gesamtwirtschaftlich), wie es in den VWL-Lehrbüchern steht.

Was wir dem Chart entnehmen können, ist, dass die US-Haushalte seit der GFC 2018 sichtbar bemüht sind, ihre Schulden abzubauen. Gleichzeitig steigt auch das Verhältnis der Sparquote zum verfügbaren Einkommen an.

Tatsächlich liegt die Quote jetzt auf einem Niveau, das zuletzt Anfang der 1990er Jahre markiert wurde. Dieses Verhalten der privaten Haushalte wird seither durch rekordtiefe Zinsen und Anleiherenditen weiterbegünstigt. 

Das liegt daran, dass Rentner bei niedrigeren Zinssätzen und Renditen mehr sparen müssen, da mehr Kapital erforderlich ist, um das gleiche Einkommensniveau zu erzielen.


„Mehr Einsparungen können für private Haushalte gut sein, aber nicht für die gesamte Wirtschaft“, Graph: Morgan Stanley, Nov 2019

Montag, 4. November 2019

The Case for People’s Quantitative Easing


Buchbesprechung:

Frances Coppola: The Case for People’s Quantitative Easing, Polity Books, Sept 2019, London.


Dieses Buch argumentiert, dass der beste Weg, um eine schwer angeschlagene Wirtschaft wieder in Stand zu setzen, ist, das Geld unmittelbar an die Menschen zu geben anstatt mit QE (quantitative easing) über Finanzmärkte einzuschreiten.

Das Vorgehen nennt die Autorin „QE for People“ (QE für Menschen), und zwar in Form von Helicopter Money.

Zur Erinnerung: Es gibt eine klare Unterscheidung zwischen der Fiskalpolitik und dem Hubschraubergeld (Helicopter Money). Der Zweck der Fiskalpolitik ist die Umverteilung bestehender Mittel. Der Zweck des Hubschraubergeldes besteht darin, neues Geld zu schaffen und zu verteilen. 

Die Erhöhung der Notenbankgeldmenge (base money) zur Bekämpfung der Deflation, die durch abnehmende Bankkredite ausgelöst wird, ist die Aufgabe der Zentralbank, betont Frances Coppola von Anfang an.

Das Geld ist nicht knapp

Sonntag, 3. November 2019

Deutschland, Hyperinflation und Deflation


Christine Lagarde, die neue EZB-Präsidentin hat es zu Beginn ihrer 8-jährigen Amtszeit bei der EZB nicht einfach. Die frühere Chefin des IWF muss die Kritiker der lockeren Geldpolitik und Negativ-Zinsen der EZB v.a. in Deutschland beruhigen.

Die Französin hat in den vergangenen Tagen die deutsche Regierung häufig zu mehr öffentlichen Investitionen aufgefordert.

Einem kürzlich vorgelegten Papier des Jacques Delors Instituts in Berlin nach rührt die Kritik aus Deutschland daher, dass viele Deutsche ihre eigene Geschichte nicht ganz verstehen.

Die meisten Deutschen glauben demnach, dass die Zwischenkriegszeit des Landes nur von einer Krise geprägt sei, die zum Aufstieg von Hitler führte: die Hyperinflation während der Weimarer Republik.


Historisches Missverständnis in Deutschland: Hyperinflation und Deflation, Graph: Jacques Delors Institut, Berlin in: "Historic roots of Germany’s monetary policy discourse”, Nils Redeker, Lukas Haffert and Tobias Rommel, Nov 01, 2019