Samstag, 14. April 2012

EZB, Arbeitslosigkeit und Depression


Während der Sparkurs der EU die Rezession im Euro-Raum verstärkt, steigt die Arbeitslosigkeit. Die Arbeitslosenquote ist zuletzt im Februar auf 10,8% geklettert, wie die europäische Statistikbehörde Eurostat zuletzt mitteilte. Die höchste Arbeitslosigkeit melden Spanien mit 23,6% und Griechenland mit 21,0%.

Jörg Asmussen, EZB-Direktoriumsmitglied hingegen redet davon, wie Bloomberg berichtet, dass die EZB beginnen könnte, die Zinsen zu erhöhen, um die Inflation einzudämmen, wenn die Konjunktur wieder anziehe.

Asmussen sagte gestern in Berlin, dass die EZB, wenn nötig, handeln werde, „wie schon im letzten Frühjahr, als die wirtschaftlichen Aussichten sich verbesserten und wir begannen, die Zinsen vorsichtig (emphasis mine) zu erhöhen“. Dennoch bleibe die Inflation „in Schach“ und werde im nächsten Jahr unter die EZB-Grenzmarke von 2% fallen.

Junge, Junge! Heisst es, dass die Zinsen erhöht werden, unabhängig davon, ob die Inflation steigt oder nicht?

Die EZB hatte im Vorjahr im April und im Juli die Zinsen jeweils zweimal angehoben, mit der Begründung, dass die Inflation stark steigen würde. Mario Draghi, der das Amt inzwischen von Jean-Claude Trichet übernahm, hat dann im November und im Dezember die Zinsen sofort wieder gesenkt, um eine Vertiefung der Rezession zu unterbinden.


Arbeitslosenquote im Euro-Raum, Graph: eurostat,  April 2, 2012

Es gibt offenbar Zentralbanken, die sich um die Arbeitslosigkeit nicht kümmern.

Tim Duy ist sich nicht ganz sicher, dass die Zinserhöhungen der EZB im letzten Jahr etwas sind, was einen mit Stolz erfüllen kann. Er würde es auch nicht als „vorsichtig“ bezeichnen, wie er in seinem Blog bemerkt. Diese Zinserhöhungen haben vertretbarerweise die europäische Krise beschleunigt und vertieft, was im Herbst zu einem geldpolitischen Umschwung führte und die massive Aufblähung der EZB-Bilanz zur Folge hatte, legt der an der University of Oregon lehrende Wirtschaftsprofessor dar.

Man würde denken, dass eine „vorsichtige“ Politik gewesen wäre, die Zinsen nicht zu erhöhen, sodass der finanzielle Stress im grossen Ausmass hätte vermieden werden können und vielleicht auch die spätere, gross angelegte Intervention unnötig gewesen wäre, hebt Duy hervor.

Und überhaupt ist der Erfolg einer jeden Politik zu hinterfragen, die einen unglücklichen Anstieg der Arbeitslosigkeit ausgelöst hat.

Die EZB scheint über zwei bevorzugte Instrumente zu verfügen: (a) pathetische Warnung vor Inflation und (b) Austerität.

Der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy hat über Ostern zusätzliche Einsparungen im Höhe von 10 Mrd. Euro angekündigt. Die konservative Regierung will v.a. im Bildungs- und Gesundheitswesen die Ausgaben kürzen. Madrid plant damit insgesamt 27 Mrd. Euro an Einsparungen.

Die Renditen für spanische Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit sind darauf hin auf rund 6% gestiegen. Die Risikoaufschläge für 5-jährige Kontrakte auf spanische Staatsanleihen sind auf 481 Basispunkte geklettert. Ein Anstieg der Risikoprämien der CDS (Credit Default Swaps) bedeutet eine Verschlechterung der Risikowahrnehmung von Kreditqualitäten.

Das jüngste Vorhaben, noch mehr zu sparen, hat m.a.W. das Vertrauen der Investoren im Markt nicht verstärkt. Ganz im Gegenteil. Spanien befindet sich in einem tiefen Abschwung. Während der private Sektor um den Schuldenabbau (deleveraging) ringt, gesellt sich auch die öffentliche Hand, um mitzusparen. Die Staatsquote steigt, wie Wolfgang Münchau in einem Artikel in Der Spiegel unterstreicht, weil die Wirtschaftsleistung stärker fällt als die Schulden. Warum? Weil die Steuereinnahmen fallen. Warum? Weil sowohl die private Wirtschaft als auch die öffentliche Hand gleichzeitig sparen, während das BIP fällt. Woher soll aber das Wachstum kommen? Die EU verbietet oben drauf Madrid, den Deleveraging-Prozess im privaten Sektor zu unterstützen. Das Land gerät also in eine Abwärtsspirale.

Da alle Länder im Euro-Raum ihre wirtschaftlichen Probleme gleichzeitig via Lohnsenkung (es heisst „internal devaluation“) lösen wollen, wird die Nachfrage zum Erliegen kommen. Die Euro-Zone steuert daher auf Depression.

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