Mittwoch, 16. April 2008

The New Paradigm for Financial Markets. The Credit Crisis of 2008 and What it Means.

Buchbesprechung:

George Soros: The New Paradigm for Financial Markets. The Credit Crisis of 2008 and What it Means. PublicAffairs, NewYork, 2008.


Er ist einer der erfolgreichsten Investoren und wohlhabensten Menschen der Welt. Zuletzt hatte der sagenhafte Hedge Fonds Manager im Jahre 2001 für ambivalente Schlagzeilen gesorgt, als er darauf wettete, dass Thailands Währung abgewertet werden müsste. Der Bath ging tatsächlich in die Knie und Soros zog sich den Zorn der Thailänder zu. Er fürchtete um sein Leben. Legendär wurde er im Jahre 1992 mit der Spekulation gegen das britische Pfund. Die britische Regierung musste die Landeswährung abwerten und trat anschliessend aus dem europäischen Währungssystem aus.

Der strategische Investor zog sich längst aus dem aktiven Geschäft zurück. Seit über einem Jahr erregt der gebürtige Ungar aber nach wie vor öffentliches Aufsehen mit seiner mit Millionen Dollar gestützten Kampange gegen die Bush-Adminstration. Im aktuellen Wahlkampf der amerikanischen Präsidentschaftswahl sympathisiert er mit Senator Barack Obama. Nun meldet sich Soros, der Philanthropist, dessen Vermögen laut US-Magazin Forbes 8,5 Mrd. Dollar beträgt, wieder zu Wort, um seinen Einschätzungen über die aktuellen Anspannungen an den Finanzmärkten in Buchform Ausdruck zu verleihen. Die Finanzkrise sei seiner Meinung nach auf mangelhafte Aufsicht zurückzuführen. „Das ist eine von Menschen verursachte Krise, die aus der irtümmlichen Annahme entstand, dass der Markt seine eigene Exzesse korrigieren kann“, bemerkt der 77-jährige Milliarder. Soros philosophiert gern und verweist bei jeder Gelegenheit auf Karl Popper. Das neue Paradigma, das er anregt, gelte nicht nur für die Finanzmärkte. Es gehe um die Wechselbeziehung zwischen dem „Denken“ und der „Realität“. Seinen Ansatz nennt er „interference reflexivitiy“. Einerseits wollen Menschen ihre Lage verstehen („cognitive function“). Andererseits wollen sie ihre Lage ändern („participating oder manipulative function“). Dadurch entsteht ein Element der Unsicherheit, welche sowohl Fakten aber als auch (subjektive) persönliche Wahrnehmungen beinhaltet. Fatal ist dabei, dass neue synthetische Finanzinstrumente auf diesem Modell basieren und an den Finanzmärkten eine dominante Rolle spielen. Diese theoretischen Überlegungen hatte er eigentlich längst in seinem früheren Buch „Alchemy of Finance“ veröffentlicht. Er bedauert es inzwischen, dass sie in akademischen Kreisen nicht seriös wahrgenommen wurde. Grundidee dabei ist, dass die Unterstellung vollkommener Information im Markt nicht der Wirklichkeit entspricht. Deshalb erfolge keine Markträumung. Soros hat wenig am Hut mit der Neoklassischen Ökonomie. Er führt das Entstehen von Spekulationsblasen auf „Markt-Fundamentalismus“ zurück. Die Notenbanken sollen ihre Augenmerk nicht nur auf das Geldangebot, sondern auch auf die Kreditschöpfung richten. Soros ist Anhänger der Schule, die im Markt vermehrt Anzeichen erkennen, dass die Konjunkturzyklen von sehr viel stärker geprägten „Boom-Bust“-Phasen abgelöst werden. Interessant sind Soros Einschätzungen in bezug auf die sog. Schwellenländer. Vor dem Hintergrund der rezessiven Entwicklung der US-Wirtschaft setzt der Autor Hoffnungen darauf, dass die Schwellenländer sich wirtschaftlich von Amerika abkoppeln und auf diese Weise die Weltkonjunktur ankurbeln werden. Im Kapitel „My Outlook for 2008“ beschreibt Soros, wie seine Investmentstrategie in einem Satz zusammenfassen lässt: short: amerikanische und europäische Aktien, 10-jährige US-Staatsanleihen und den US-Dollar; long: Aktien aus China, Indien und Golfstaaten und Nicht-US-Dollar-Währungen. Eine akkurante Beschreibung der Ausgangslage und eine nüchterne Analyse der Folgewirkungen der aktuellen Finanzkrise. Soros bietet in dieser Streitschrift, die sich auf seine abwechslungsreiche Lebenserfahrungen stützt, auch tatkräftig Lösungsansätze. Ein spannendes Buch. Sehr angenehm zu lesen.

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