Samstag, 31. Dezember 2011

Euro auf 10-Jahres-Tief gegenüber Yen

In einem aktuellen FT-Artikel („Euro hits 10-year low against yen“) wird auf die Stärke des Yen gegenüber dem Euro hingewiesen, mit der Betonung, dass die japanische Landeswährung (Euro/Yen 99,61) über einen anhaltenden Status als Zufluchtsort in der globalen Krise verfügt.

Japan wird trotz hoher Landesverschuldung als sicher angesehen, genau wie alle anderen fortgeschrittenen Länder, die ihre eigene Währung behalten (d.h. nicht Euro-Länder), bemerkt Paul Krugman dazu in seinem Blog.

Es gibt aber eine Besonderheit in Sachen Japan, was wichtig ist, um den hohen Wert des Yen zu verstehen: die Interaktion zwischen der Deflation und der Untergrenze von Null, unterstreicht Krugman mit Nachdruck.

Japan hat eine tiefe eingebettete Deflation (embedded deflation), während die Inflationserwartungen sowohl in der Eurozone als auch in den USA noch positiv sind. Die Deflationserwartungen neigen dazu, die Zinsen nach unten zu drücken. Die kurzfristigen Zinsen können aber nicht unter Null fallen. Und die langfristigen japanischen Zinsen müssen irgendwie über Null bleiben, weil sie in der Tat einen Optionswert (siehe hier) beinhalten: kurzfristige Zinssätze können nur zulegen, aber sie können nicht fallen, erklärt der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor.


Wechselkurs: Euro / Yen (1 Jahr), Graph: finance.yahoo.com

Euro-Krise und das Leid an der Peripherie

Ein wichtiges Thema, mit dem Paul Krugman sich in seinem Blog im Verlauf dieses Jahres intensiv beschäftigt hat, war der Vergleich der wirtschaftspolitischen Massnahmen als Reaktion auf die Krise in verschiedenen Staaten.

Der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor verweist nun via Philip Lane auf eine aktuelle Forschungsarbeit (Irland, Island und Lettland), überzeugend aufgezeigt wird, dass es keinem Land gelungen ist, grosse nominale Lohnkürzungen zu erreichen.

Was Krugman jedoch zu beanstanden hat, ist, dass in der erwähnten Forschungsarbeit zwischen dem BIP und dem BSP nicht unterschieden wird, was im Fall von Irland von Bedeutung ist und die irische Erfahrung viel schlechter aussehen lässt, wenn man die Unterscheidung mitberücksichtigt.

Es unterstreicht den wahrscheinlichen Umfang nicht, wie grosse Produktivitätsverbesserungen, die die irischen Lohnstückkosten gesenkt haben, wirklich nur eine kompositorische Wirkung (siehe hier wonkish) haben.

Freitag, 30. Dezember 2011

Keynes ist heute gültig wie vor 75 Jahren

Es gibt immer noch einige Menschen, die sich weigern, die eine Lehre aus der Krise einzusehen: der Wert der keynesianischen Sicht.

„Der Boom, nicht die Krise, ist der richtige Zeitpunkt für Sparmassnahmen im Finanzministerium“, erklärte John Maynard Keynes im Jahre 1937. „FDR war dran, zu beweisen, dass Keynes Recht hatte, aber durch den zu frühen Ausgleich des Haushalts schickte er die US-Wirtschaft in eine schwere Rezession, wobei die Konjunktur sich bis zu diesem Punkt stetig erholt hatte“, beschreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Freitagskolumne („Keynes Was Right“) in NYT.

Die Kürzung der Staatsausgaben in einer angeschlagenen Wirtschaft hat die Wirtschaft weiter in eine Depression gedrückt. Die Sparmassnahmen hätten warten sollen, bis eine kräftige Erholung in vollem Gang war.

„Leider glaubten die politischen Entscheidungsträger in der westlichen Welt Ende 2010 und Anfang 2011 daran, dass sie es besser wissen, dass wir uns auf das Defizit konzentrieren sollen, nicht um die Arbeitsplätze, auch wenn die Volkswirtschaften kaum begonnen hatten, sich zu erholen“, legt Krugman dar.

Und indem sie ausgehend von einer anti-keynesianischen Überzeugung agierten, landeten sie mit Beweisen, dass Keynes Recht hat.

Staatsverschuldung und Schuldenlast

Paul Krugman hat neulich in seinem Blog zum Wesen der Schulden-Problematik und Schuldenlast eine interessante und zugleich komplexe Stellung genommen.

Inspriert war Krugman durch einen Artikel von Dean Baker im Blog von Center for Economic and Policy Research (cepr).

„Wir als ein Land können keine riesige Schuldenlast auf unsere Kinder auferlegen. Es ist unmöglich, zumindest wenn wir uns auf die Staatsschulden beziehen. Der Grund ist einfach: an einem Punkt werden wir alle tot sein. Das bedeutet, dass die Eigentümerschaft unserer Schulden an unsere Kinder weitergegeben wird.


Wenn wir einige riesige tausend Billionen Dollar Schulden haben, die unseren Kindern geschuldet werden, wie können wir Schulden auf unsere Kinder auferlegen? Es ist eine Frage der Verteilung. Bill Gates Kinder dürften alle Schulden besitzen, aber es ist innerhalb der Generationen, nicht zwischen den Generationen.
Als eine Gruppe wird das Wohlbefinden unserer Kinder durch die Produktivität der Wirtschaft, den Status der physischen und sozialen Infrastruktur und der Umwelt bestimmt“.

Was in der Abbildung zu sehen ist, dass es einen grossen Anstieg der Verschuldung gab, mit einem viel kleineren Umzug des Netto-Schuldner-Statuts der USA als Ganzes. Für den grössten Teil der zusätzlichen Verschuldung gilt es, dass es sich dabei um Geld handelt, welches die Amerikaner sich selbst verschulden. Gemessen an Veränderungen seit 1980 ist die grosse Masse des Anstiegs der Verschuldung nicht durch die Kreditaufnahme im Ausland finanziert.


US Schulden (Niveau), Graph:Prof. Paul Krugman

Donnerstag, 29. Dezember 2011

Europas Fiskal-Zombies

Dean Baker kann es nicht fassen, dass einen weiteren Artikel im Sinne der fiskalpolitischen Falken gibt, in dem wieder eine Behauptung aufgestellt wird, wie wenn sie wahr wäre. Die Rede ist von der Behauptung, dass angeschlagene Volkswirtschaften Europas bereits vor dem Ausbruch der Krise hohe Schulden angehäuft hätten.

„Deutschland war strikt dagegen, das schlechte Verhalten der Länder am südlichen Rand der Eurozone wie Italien, Griechendland, Spanien und Portugal zu belohnen, die Schulden anhäuften und wo Steuerhinterziehung weit verbreitet war“, heisst es im NYT-Artikel.

Eigentlich war nur Griechenland aus dieser Gruppe, welches konsequent einen Anstieg der Schulden im Verhältnis zum BIP erfahren hat. In Portugal gab es einen gewissen Anstieg der Verschuldung im Verhältnis zum BIP in den Jahren vor der Rezession. Aber in Italien war die Tendenz der Verschuldung seit 2000 abwärtsgerichtet. Spanien hatte einen Haushaltsüberschuss und seine Schulden waren im Verhältnis zum BIP geringer als die Schulden von Deutschland, erläutert Baker.


Staatsquote von Griechenland, Irland, Portugal, Spanien und Italien, GraphProf. Paul Krugman

Dissonanz um die Ricardianische Äquivalenz

David Andolfatto deutet in seinem Blog mit einem Seitenhieb darauf hin, dass Paul Krugman die Ricardianische Äquivalenz nicht verstehe.

Krugman antwortet in seinem Blog postwendend darauf, dass Andolfatto nicht begreift, wie Krugman argumentiert. Der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor hat neulich Robert Lucas vorgeworfen, die Ricardianische Äquivalenz nicht zu verstehen.

Lucas argumentiert wie folgt: „Aber wenn wir die Brücke bauen, indem wir die Steuergelder von jemandem anderen nehmen und es verwenden, um die Brückenbauer (die Jungs, die auf der Brücke arbeiten) zu bezahlen, dann ist es nur ein Waschen. Es hat keinen Anlasser-Effekt. Es gibt keinen Grund, eine Stimulierung zu erwarten“.

Damit wird gesagt, dass die Reaktion der Ausgaben auf die erwartete künftige Steuern zu einem Rückgang des Konsums führt, was die expansive Fiskalpolitik genau wettmacht. Wenn das nicht ein Ricardianische-Äquivalenz-Argument ist, was ist das?, unterstreicht Krugman mit Nachdruck.

Andolfatto schreibt dann, dass Lucas so argumentiere, dass es entscheidend sei, wie die Staatsausgaben finanziert werden. Krugman teilt die Meinung nicht, weil Lucas tatsächlich so argumentiert, dass es auf die Staatsausgaben überhaupt nicht ankommt.

Israel: Wirtschaftsprognosen für 2012

Das Research Department der Bank of Israel (BoI) hat die aktuellen Prognosen für die makroökonomische Entwicklung veröffentlicht.

Inflation: 2,1% (für die nächsten vier Quartale)
Leitzins: 2,25% (für die nächsten 12 Monate)
Wirtschaftswachstum (BIP): 4,8% (2011) und 2,8% (2012)

Die erwartete Verlangsamung des BIP-Wachstums im Jahr 2012 ist v.a. auf die Verschlechterung der globalen makroökonomischen Bedingungen zurückzuführen, insbesondere auf die Eurozone-Krise und ihre Auswirkungen.

Die Arbeitslosigkeit dürfte voraussichtlich von 5,6% im dritten Quartal 2011 auf 6,4% im vierten Quartal 2012 ansteigen, wobei ein moderater Anstieg der Erwerbstätigenquote auf 57,6% zu erwarten ist.


Problem Bilanz Rezession

Richard Koo präsentiert in der Zwischenzeit eine neue Forschungsarbeit („The world in balance sheet recession: causes, cure and politics“) in Sachen Bilanz-Rezession (balance sheet recession).


Paul Krugman deutet in seinem Blog auf die Differenzen in Bezug die Geldpolitik hin. Der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor versteht nicht, warum Koo die Inflation, die die Schulden erodiert, nicht etwas Hilfreiches im Umgang mit der Schuldenproblematik sieht.


Der Träger des Wirtschaftsnobelpreises ist aber mit Koo ansonsten im grossen und ganzen einig, dass die Ansicht des Chefökonomen von Nomura Research Institute, Tokio über die Kleine Depression (Lesser Depression) betrifft.


Krugman konzentriert sich auf die USA und liefert die folgende Abbildung, wo der Unterschied zwischen Brutto Ersparnissen der privaten Haushalte und Brutto Investitionen der privaten Unternehmen zu sehen ist. Es handelt sich dabei um den Finanzüberschuss (financial surplus) des privaten Sektors (mehr dazu siehe hier).


Finanzüberschuss im Privatsektor, Graph:  Prof. Paul Krugman

Mittwoch, 28. Dezember 2011

Bank of Israel lässt Zinsen unverändert

Die Bank of Israel (BoI) hat den Benchmark Zinssatz auf 2,75% unverändert belassen. Der BoI-Präsident Stanley Fischer hatte in den vergangenen drei Monaten die Zinsen zweimal gesenkt.

Die israelische Zentralbank hat angesichts der anhaltenden Wirtschaftskrise in Europa ihre Wachstumsprognose für das nächste Jahr von 3,2% (Sept.) auf 2,8% (Dez.) reduziert. Die Inflation ist im November um 0,1% zurückgegangen. Die Verbraucherpreise (CPI) belaufen sich damit in Israel im November annualisiert auf 2,6%, was dem geringsten Anstieg in einem Jahr entspricht. Die Erwartung der Volkswirte in Bezug auf die Inflation hat sich inzwischen von 2,3% auf 2,2% zurückgebildet.

Der Beschluss, die Zinsen auf 2,75% unverändert zu lassen, steht im Einklang mit der Zinspolitik, die darauf abzielt, die Inflationsrate im Rahmen der Preisstabilität von 1-3% Inflation pro Jahr in den kommenden 12 Monaten zu halten, und dient der Förderung des Wachstums bei gleichzeitiger Wahrung der Finanzstabilität, teilt die BoI mit.



Israel Benchmark Interestrate, Graph: Bloomberg

Defizit-Besessenheit

Was war die grosse wirtschaftliche Story des Jahres 2011? Die gängige Meinung Washingtons über die Dringlichkeit, was die Verringerung des Haushaltsdefizits betrifft, was vom Anleihemarkt völlig in Frage gestellt wurde, bemerkt Ezra Klein in seinem Blog in The Washington Post.

Ezra macht zugleich auf eine neue gängige Meinung aufmerksam: der einzigartige Zufluchtsort-Status der USA. „Es ist nicht fair, zu sagen, dass es sich dabei nicht um eine Wette auf Amerikas wirtschaftliche Stärke handelt. Es reflektiert vielmehr ein Urteil über die Konjunkturschwäche der restlichen Welt“.

US-Treasury Bonds sind, was die versierten Investoren weltweit nachfragen, wenn sie in einer Art „canned goods and amunition“-Stimmung sind und denken, dass das Gold überbewertet ist.

Was ist Kerninflation?

Was ist die Idee, die hinter Kerninflation steckt? Warum brauchen wir ein solches Konzept? Wie ist Kerninflation zu messen?

Die Kerninflation (core inflation) wird i.d.R. gemessen, indem Nahrungsmittel- und Energiepreise aus dem Preisindex (CPI) ausgeschlossen werden. Es gibt aber auch alternative Berechnungsmethoden wie z.B der getrimmte Mittelwert (trimmed-mean) und Median-Inflation (media inflation), die immer zunehmende Aufmerksamkeit auf sich ziehen, erklärt Paul Krugman in seinem Blog.

Der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor klärt vorerst ein paar Missverständnisse auf. Die Kerninflation wird nicht verwendet, um die Anpassungen für die Lebenshaltungskosten für die Social Security zu berechnen. Dafür wird der gewöhnliche CPI herangezogen.

Und Menschen, die sagen, dass das ein dummes Konzept sei, weil man auch für Lebensmittel und Gas Geld ausgibt, was auch im Hinblick auf die Messung der Inflation berücksichtigt werden müsste, verfehlen da Punkt, hält Krugman fest. Die Kerninflation soll nicht die Lebenshaltungskosten messen, sondern etwas anderes: Trägheit der Inflation (inertia).

Denken Sie darüber nach. Einige Preise in der Wirtschaft schwanken angesichts von Angebot und Nachfrage ständig. Nahrungsmittel und Treibstoff sind die offensichtlichsten Beispiele. Viele Preise schwanken jedoch nicht auf diese Weise. Sie werden von olipolistischen Unternehmen gesetzt oder durch Verhandlungsverfahren in langfristigen Verträgen festgehalten, sodass sie nur in Abständen von Monaten bis Jahren überarbeitet werden. Beispielsweise werden viele Löhne die gleiche Weise festgesetzt.


Inflation (USA): Median und der getrimmte Mittelwert, Graph: Prof. Paul Krugman

Dienstag, 27. Dezember 2011

Warum die Ricardianische Äquivalenz nicht aufgeht (wonkish)

Es gab eine Menge erschreckend schlechte Leistungen seitens Makroökonomen in dieser Krise. „Die erstaunlichste ist die Art und Weise, wie die Süsswasser Ökonomen (freshwater economists) an den Tag legen, dass sie nicht einmal eine ihrer eigenen Doktrine verstehen: Ricardo-Äquivalenz“ (siehe auch hier und hier), bemerkt Paul Krugman in seinem Blog.

Die Ricardo-Äquivalenz (siehe hier) besagt, dass das, was den Verbrauch bestimmt, der lebenslängliche Barwert des Einkommens nach Steuern ist und daher z.B. eine vorübergehende Steuersenkung die Ausgaben nicht ankurbeln kann, weil die Menschen denken würden, dass, was sie auch nun gewinnen, später durch höhere Steuern ausgeglichen werden würde.

„Es ist eine fragwürdige Lehre, auch wenn sie richtig angewendet wird, weil viele Menschen in Sachen Liquidität eingeschränkt sind und nur sehr wenige Menschen das Wissen oder die Neigung haben, die Auswirkungen der öffentlichen Haushalte auf die lebenslängliche Steuerpflichten einzuschätzen“, erklärt Krugman.

Staatsverschuldung und das 90%-Kriterium

Es gibt eine oft zitierte Aussage aus dem Buch („This Time is Different“) von Reinhart und Rogoff (siehe hier), dass schreckliche Dinge geschehen, was das Wirtschaftswachstum betrifft, wenn die Staatsquote (Verschuldung im Verhältnis zum BIP) 90% übersteigt.

Es ist eine Behauptung, die ziemlich gründlich entlarvt worden ist, bemerkt Paul Krugman in seinem Blog. Doch es zirkuliert unter Very Serious People (VSP) weiter, als wäre es eine bekannte Tatsache.

Der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor überprüft die Verschuldungsdaten und denkt, dass es nützlich sein könnte, das Augenmerk den wichtigsten fortgeschrittenen Volkswirtschaften seit dem Zweiten Weltkrieg zu richten. Daraus ergibt sich die folgende Abbildung, mit der besonderen Kennzeichnung des 90%-Kriteriums als eine durchgehende Linie.



Staatsquote der G7-Länder seit 1946, Graph: Prof. Paul Krugman

Montag, 26. Dezember 2011

Notenbankgeldmenge und Inflation

Die Notenbankgeldmenge (d.h. Notenumlauf + Giroguthaben inländischer Banken) befindet sich in der Schweiz auf historisch hohem Niveau.

Die Entwicklung der Notenbankgeldmenge ist v.a. durch zwei Entwicklungen geprägt: (1) die Massnahmen, die die SNB als Reaktion auf die Finanzkrise getroffen hat und (2) der Verlauf der Wechselkurse.

Die SNB hat auf die nach der Pleite von Lehman Brothers gestiegene Nachfrage der Banken nach Liquidität durch eine erhebliche Ausweitung der Franken-Liquidität reagiert. Auch die Devisenmarktinterventionen zur Schwächung des stark überbewerteten Frankens sorgten für eine Ausweitung der Liquidität.

Eine Vielzahl von Mainstream-Ökonomen warnt vor diesem Hintergrund vor Inflationsgefahr. Wie sieht aber mit den Fakten aus? Die bis August anhaltende Aufwertung des Frankens hat in erster Linie die Preise für ausländische Waren und Dienstleistungen reduziert. Ohne Erdölprodukte lagen die Preis für Güter im November um 5,1% tiefer als ein Jahr zuvor, wie die Schweizerische Nationalbank (SNB) im Quartalsheft 4/2011 berichtet. Das entspricht dem grössten Rückgang seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1967.


Schweiz Notenbankgeldmenge, Graph: SNB, Quartalsheft 4/2011

Umweltschutz und beste Wünsche für das neue Jahr

Hier ist, was Paul Krugman sich zu Weihnachten wünscht: etwas, was uns sowohl gesünder als auch reicher machen würde. Da der Träger des Wirtschaftsnobelpreises bloss einen Wunsch äussert, warum soll er auch nicht erträumen, dass die Amerikaner intelligenter werden?

Überraschung: Krugman hat einen Wunsch in Form von neuen Standards der amerikanischen Umweltbehörde (EPA, Environmental Protection Agency) für Quecksilber und Luftschadstoffe für Kraftwerke, wie er in seiner lesenswerten Montagskolumne („Springtime for Toxics“) in NYT zum Ausdruck bringt.

Soweit Krugman beurteilen kann, ist das Quecksilber ein übles Zeug, wie auch Gegner von Umweltvorschriften zugeben. Es ist ein potenter Neurotoxin. Die EPA erklärt: „Methylquecksilber-Exposition ist für Frauen im gebärfähigen Alter, ungeborene Babys und Kleinkinder eine besondere Besorgnis, weil Studien ein hohes Mass an Methylquecksilber im Zusammenhang mit der Entwicklung des Nervensystems in Verbindung bringen, was die Fähigkeit der Kinder, zu denken und zu lernen beeinträchtigen und beschädigen kann.

Es hört sich wie etwas an, was geregelt werden müsste. Oder nicht?

Die neuen Regeln hätten auch den Effekt der Verringerung der Feinstaubbelastung, die eine bekannte Ursache für viele gesundheitliche Probleme ist. Die Auszahlung der neuen Vorschriften ist riesig: bis zu 90 Mrd. $ im Jahr Vorteile gegenüber Kosten von rund 10 Mrd. $ im Jahr in Form von leicht höheren Strompreisen, erläutert Krugman.

Und es ist eine Angelegenheit, die die Republikaner zerstören wollen.

Wie der EZB Tender funktioniert

Nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters ist ein erheblicher Teil der Liquidität, die die EZB vergangene Woche in Form von LTRO mit 3 Jahren Laufzeit zur Verfügung gestellt hat, von den südeuropäischen Banken abgerufen worden.

Kann jedermann an der Ausschreibung teilnehmen? FT Alphaville erklärt in einem informativen Artikel, wie die Inanspruchnahme der Liquiditätsspritze der EZB technisch abläuft.

Demnach können nur Banken in der Eurozone, die von der EZB als „counterparties“ (Geschäftspartner) anerkannt werden, sich bei der EZB Bargeld holen. Wie viel kann eine Bank ausleihen? Es gibt keine Obergrenze. Die EZB hat zugesichert, dass die Grösse der LTRO (langfristige Refinanzierungsgeschäfte) unbegrenzt ist. Das heisst, dass eine Bank die EZB um so viel Cash bitten kan wie sie will.

Es gibt allerdings eine Untergrenze: 1 Mio. Euro. Die meisten Banken haben im Durchschnitt nach rund 1 Mrd. Euro an Liquidität nachgefragt.

In Krisenzeiten lautet das Motto, dass Cash King ist. Warum nehmen die Banken nicht mehr Geld bei der EZB auf? Es kommt auf die Sicherheiten (collateral) an, die die Banken bei der EZB hinterlegen. Aus Sicht der EZB ist dabei nicht der Nennwert, sondern der Marktwert der Sicherheiten (d.h. Anleihen) von entscheidender Bedeutung. Wenn der Wert einer Anleihe, die von einer Bank bei der EZB als Sicherheit hinterlegt worden ist, fällt, muss die Bank mehr Sicherheiten nachschiessen. Wenn es keinen Markt für die entsprechende Sicherheit gibt, dann bestimmt die EZB, wie viel Wert die Sicherheit ist.



EZB Bilanzsumme, Graph: Morgan Stanley

Sonntag, 25. Dezember 2011

Fiskalpolitik funktioniert

Es gibt eine Forschungsarbeit („What Have We Learned about Fiscal Policy from the Crisis?”) (via Brad DeLong) von David Romer (März 2011) wo der an der University of California, Berkeley lehrende Wirtschaftsprofessor, inspiriert von der Krise und den Nachwirkungen der Krise das Wesen der Fiskalpolitik zusammenfasst.

Romers Schlussfolgerung stimmt mit dem, was man in den Talkshows hört, überhaupt nicht überein, bemerkt Paul Krugman dazu in seinem Blog. Es gibt nämlich überwältigende Beweise dafür, dass die Fiskalpolitik in der Tat funktioniert, wenn sie durch die Geldpolitik nicht ausgeglichen wird.

Da die Wirtschaft in einer Liquiditätsfalle steckt, wo die Geldpolitik keinen Zugkraft hat, ist es genau die Welt, wo wir uns befinden, hebt der Träger des Wirtschaftsnobelpreises hervor.

Samstag, 24. Dezember 2011

Interview: Prof. Menzie Chinn, University of Wisconsin

Menzie Chinn is Economics Professor of Public Affairs and Economics at the University of Wisconsin, Madison.


What obstacles do you see right now to avoid another lost decade?

The main obstacles are political, both within countries, and between. Obviously, in terms of inter-country differences (and deferring for the moment the Euro area issue), we can see policymakers striving to reallocate aggregate demand toward their own economies via exchange rate management, hindering the reduction of global imbalances.  

Within countries, deeply entrenched interests stymie much needed medium to long term fiscal adjustment, particularly in the United States. The wealthy object to higher tax rates, and the long term challenge of rising government-paid health care costs in the US remains only partly addressed.

Finally, we are only seeing halting movement toward greater regulation of the financial sector, making the world economy vulnerable to another global financial crisis. While there are promising moves toward higher capital requirements for international banks, other measures have been delayed in the US.

Freitag, 23. Dezember 2011

Lost Decades

Buchbesprechung:

Menzie D. Chinn and Jeffry A. Frieden: Lost Decades. The Making of America’s Debt Crisis and the Long Recovery. W.W. Norton, New York, London, 2011.


Vor dem Hintergrund der besonderen Merkmale der 2000er Jahren (Ersparnisschwemme, ein klassischer Kapitalstrom-Zyklus, ausserordentlich niedrige Zinsen, welche zur Kreditaufnahme animieren, Steuersenkungen, Deregulierung, z.B. Schatten Bankensystem, und Finanzierung von Kriegen) erkunden Menzie Chinn und Jeffry Frieden in diesem lesenswerten Buch zunächst die ökonomischen und die politischen Ursprünge der Krise. Dann erklären sie aufgrund der Nachfrage und Angebot-Konstellation die langfristigen Auswirkungen der Great Recession auf die US-Wirtschaft.

Im Mittelpunkt der Argumentation der kongenialen Autoren steht der Ansatz „Capital Flow Cycle“. I.d.R. ist es so, dass das Kapital von den entwickelten Ländern in die Entwicklungsländer fliesst. Es hat sich hierbei aber etwas Grundsätzliches verändert, sodass das Kapital ziemlich rasch in die USA zugeflossen ist. Die USA waren anschliessend mit ähnlichen Risiken wie einst die Entwicklungsländer konfrontiert.

Die Nachfrage nach Fremdkapital stieg hauptsächlich aus zwei Gründen: (1) aus Steuersenkungen durch Ronald Reagan und George W. Bush, wobei die zur Verfügung stehende Gelder für die Kriege im Irak und in Afghanisten eingesetzt wurden und (2) aus dem Anstieg des schuldenfinanzierten Konsums unter privaten Haushalten.

Die massive Schuldenexpansion hat sich im Leistungsbilanzdefizit niedergeschlagen. In den 1990er Jahren belief sich das Defizit auf 100 Mrd. $ im Jahr. In den 2000er Jahren weitete sich die Lücke im Durchschnitt auf 600 Mrd. $ pro Jahr aus.

Die 10 schlimmsten Wirtschaftsideen des Jahres 2011

Jeff Madrick liefert eine gute Übersicht über die 10 schlimmsten wirtschaftlichen Ideen des Jahres 2011 im Blog new deal 2.0.

(1) Steuern sollten regressiver gestaltet werden:

Auf der Spitze der Liste für eine reine skandalöse Unempfindlichkeit stehen die Steuerpläne von Herman Cain und New Gingrich für Amerika. Cain und Gingrich sind beide für Flat Tax. Cain befürwortet „9-9-9“, d.h. 9% Umsatzsteuer, 9% Einkommenssteuer und 9% Körperschaftssteuer. Und er würde die meisten Abzüge abschaffen. Würde der Ansatz mehr oder weniger Einnahmen für die öffentliche Hand bringen? Die romantischen Konservative behaupten, dass ein tieferer Einkommenssteuersatz mehr Wachstum bedeutet.  Macht nichts. Alle Evidenz spricht dagegen.

(2) Sparmassnahmen (fiscal austerity) funktionieren:

Ist es vorstellbar, dass wir aus der Geschichte nichts gelernt haben oder aus der ökonomischen Theorie für diese Angelegenheit?

„Die USA weigern sich, ein neues Konjunkturpaket zu verabschieden, aus Angst vor einem langfristigen Defizit, was jetzt die kurzfristige Politik definiert. Die Entscheidungsträger in der Eurozone sind sogar noch stumpf und gefährlich“, so Madrick. Deutschland ist führend beim Verpacken von imposant harten Obergrenzen für Defizite als Prozent des BIP für die Mitgliedstaaten, was sicherlich zu einem geringeren Wirtschaftswachstum und wahrscheinlich zu wachsenden Defiziten führen wird. In naher Zukunft dürfte die Weigerung, die Schulden der südlichen Peripherie umzustrukturen und zugleich rigorose Sparmassnahmen zu verordnen, zu einer Auflösung der Eurozone und einer allgemeinen Katastrophe führen.

(3) Auf Export basierende Wachstumsmodelle sind nachhaltig:

„Deutschland ist besonders stolz darauf, dass es sich den Weg zum starken Mann Europas durch den Export geebnet hat. Es hat das Lohnwachstum unterdrückt, und Subventionen für seine Waren verwendet, um sich wettbewerbsfähiger zu machen und es hat den festen Euro benutzt, einen zu niedrigen Kurs festgesetzt, um Handelsbilanz aufrechtzuerhalten“, argumentiert Madrick.

Fed will mit Reflation Deflation unterbinden

Wie sieht es derzeit auf dem US-Anleihemarkt aus? Die Fed verfolgt eine expansive, stimulierende Geldpolitik. Ben Bernanke strebt mit einem reflationären Kurs an, die Realzinsen zu senken bzw. Inflationserwartungen zu steigern.

Es ist nun zu beobachten, dass die Realrendite der US-Treasury Bonds mit 10 Jahren Laufzeit oder die Rendite der TIPS (d.h. der inflationsgeschützten US-Staatsanleihen) sich inzwischen in Richtung Minus 20 Basispunkte zurückgebildet hat.

Die Inflationserwartungen, gemessen am Breakeven-Satz (10 Jahre) sind hingegen trotz der Tatsache, dass die Realrenditen gefallen sind, gestiegen. Normalerweise geht ein Rückgang der Realzinsen mit einem Rückgang der Inflationserwartungen einher, weil ein Rückgang der Realzinsen die Erwartungen im Hinblick auf ein langsames Wirtschaftswachstum und tiefere Inflation widerspiegelt.


US-Staatsanleihen: Realrendite (10 Jahre) versus Breakeven-Inflation (10 Jahre), Graph: Jim Caron, Morgan Stanley

Subtile Vorgehensweise der EZB

Warum sieht die Situation in der Eurozone heute weniger dramatisch aus als vor ein paar Wochen? Viele progressive Ökonomen bestanden in den vergangenen Wochen hartnäckig darauf, dass die EZB im Wesentlichen einschreiten und die Staatspapiere von in Schwierigkeiten geratenen EU-Ländern aufkaufen soll, um eine sich selbst verstärkende Abwärtsspirale zu unterbinden. Die EZB hat sich aber immer dagegen gewehrt.

Inzwischen hat sie jedoch etwas unternommen, was in Bezug auf die Funktion praktisch vom gleichen Wert ist, wie Paul Krugman in seinem Blog erklärt. Die EZB hat an die Banken gegen Sicherheiten (d.h. europäische Staatsanleihen) Kredite in sehr grossen Summen gewährt, was in der Tat dieselbe Aktion ist wie der Aufkauf von Staatsanleihen. Nur wickelt die EZB die Käufe von Staatsanleihen über die Banken ab, wie Krugman schildert.

Wie Floyd Norris in einem Artikel („A Central Bank Doing What It Should“) in NYT schreibt, bedeutet das Wesen der Massnahme (Darlehen mit 3 Jahren Laufzeit), dass die EZB die Banken ermutigt, kurzlaufende Staatspapiere der EU-Länder zu kaufen, wie der dramatische Rückgang der Rendite der italienischen Staatspapiere mit kürzerer Laufzeit (2 Jahre) diese Entwicklung nahelegt.


Deutschland Breakeven-Inflation (5 Jahre): 1,26%, Graph: Bloomberg

Donnerstag, 22. Dezember 2011

Sparmassnahmen drohen eine weltweite Rezession

Aufgrund der schleppenden privaten Nachfrage schweben mehrere fortgeschrittene Volkswirtschaften am Rande einer zweiten Rezession. Doch in vielen dieser Länder richtet sich das wirtschaftspolitische Augenmerk nach dem Haushaltsdefizit und dem Abbau der Staatsausgaben. Dies erstellt eine gefährliche Ansammlung von Risiken für die Weltwirtschaft, berichtet UNCTAD in einer heute vorgelegten ForschungsarbeitFiscal Austerity Threatens a Global Recession“, Nr. 24, December 2011.

Der private Sektor kann nur dann erfolgreich Schulden abbauen (deleveraging), wenn jemand anderes bereit ist, höhere Schulden zu übernehmen, um auf diese Weise die Nachfrage anzukurbeln, unterstreicht die UN-Organisation für Handel und Entwicklung mit Sitz in Genf.

Wenn der private und der öffentliche Sektor versuchen, gleichzeitig Schulden abzubauen, müssen sie entweder anderswo Kreditnehmer finden oder die Wirtschaft trudelt in eine Depression. Da die entwickelte Welt sowohl unfähig als auch unwillig ist, die Rolle des „Kreditnehmers der letzten Instanz“ (debtor of last resort) zu übernehmen, bildet sich ein gefährlicher Druck auf. Solange es keine rasche politische Trendwende gibt, ist die Weltwirtschaft in Gefahr, die Fehler von 1930er Jahren zu wiederholen. In der heutigen stark integrierten globalen Wirtschaft wirkt sich die deflationäre Ansteckung auf alle Länder aus. Die Schwellen- und Entwicklungsländer brauchen dringend Notfallpläne.


Fortgeschrittene Länder: Staatseinnahmen und –ausgaben und Fiscal Balance, (1997-2010), Graph: UNCTAD-Bericht, Dezember 2011
Blau: Staatseinnahmen, Gelb (gestrichelt): Primärüberschuss, Lila: Staatsausgaben, Blaue (gestrichelt): Die gesamte Haushaltsbilanz (Überschuss resp. Defizit)

2011 im Rückblick des IWF

Was für einen Unterschied ein Jahr ausmacht.

„Wir begannen 2011 in einem Erholungsmodus, zwar schwach und unausgeglichen, aber dennoch gab es Hoffnung. Doch als das Jahr sich dem Ende neigt, ist die Erholung in vielen entwickelten Volkswirtschaften zum Stillstand gekommen, wobei einige Investoren sich bereits mit den Auswirkungen eines möglichen Auseinanderbrechens der Euro-Zone befassen, dass die Bedingungen sich verschlimmern werden als wir sie im Jahr 2008 gesehen haben“, schreibt Olivier Blanchard in einem Rückblick für 2011 („Four Hard Truths“) im Blog von IWF.

Der Chefökonom des Internationalen Währungsfonds (IWF) zieht daraus vier Lehren:

(1) Die Weltwirtschaft ist nach der Krise 2008/2009 mit multiplen Gleichgewichten schwanger: sich selbst verstärkende Ergebnisse von Pessimismus und Optimismus, mit wichtigsten makroökonomischen Implikationen.

(2) Unvollständige oder partielle wirtschaftspolitische Massnahmen, die die Dinge verschlimmern.

(3) Finanzinvestoren sind schizophren, was die Haushaltskonsolidierung und das Wachstum betrifft.

(4) Wahrnehmung gestaltet die Realität.

Wie Mittelschicht zusammengedrückt wird

Die Washington Post, Wonkblog hat eine Reihe von renommierten Ökonomen gebeten, ihre Lieblings-Charts des Jahres 2011 zu liefern.

Anbei ist die Abbildung, die Robert H. Frank in diesem Zusammenhag präsentiert. Der an der Cornell University lehrende Wirtschaftsprofessor zeigt mit dem von ihm selbst entwickelten Index das dramatische Element der Mittelschicht-Klemme. Der Index stellt den Aufwand dar, der für die Mittelschicht notwendig ist, um Haus im Umfeld einer Schule von durchschnittlicher Qualität zu mieten.

Der Toil-Index misst m.a.W. die Kosten der wachsenden Einkommensungleichheit.


Der Toil-Index, Graph: Prof. Robert H. Frank in The Washington Post
Die x-Achse zeigt die monatliche Arbeitszeit, die der Median Arbeitnehmer benötigt, um ein Median Haus zu mieten.

Wird sich die Wirtschaft 2012 erholen?

Die Frage, die sich nun am Ende des Jahres immer öfters stellt, ist, wie lange es noch dauert, bis die Wirtschaft sich erholt?

Mark Thoma deutet in einem lesenswerten Artikel ( „Will the economy turn around in 2012?“) in CBS MoneyWatch auf Edwar Leamer hin. Der an der UCLA University lehrende Wirtschaftsprofessor liefert einen schönen Überblick über die typische Art und Weise, wie die Wirtschaft aus einer Rezession kommt. Die ersten und die wichtigsten beiden Sektoren, die sich nach einer Rezession erholen, sind Wohnungsbau und Konsum der privaten Haushalte. Die Unternehmensinvestitionen nehmen erst dann zu, wenn die beiden Sektoren in Sachen Erholung die Richtung weisen, erklärt Leamer.

Das Problem ist aber, dass die Sektoren, die vorangehen sollen, um den Weg aus der Rezession zu zeigen, genau die Sektoren sind, die unter dem Zusammenbruch der Immobilienblase und der anschliessenden Rezession schwer beschädigt wurden, hält Thoma fest.

Rezession haben verschiedene Ursachen und einige Arten der Rezessionen erholen sich einfacher als andere. Ein Anstieg der Ölpreise oder eine Zinserhöhung durch die Fed kann schnell rückgängig gemacht werden. Und die Erholungszeit ist i.d.R. kurz. Aber wie Carmen Reinhart und Kenneth Rogoff in ihrem BuchThis Time is Different“ erläutern, haben es die Rezessionen, die durch einen finanziellen Zusammenbruch ausgelöst wurden, schwer, sich zu erholen. Wenn diese Art von Rezession die Wirtschaft trifft, dann sind verlorene Jahrzehnte nicht ungewöhnlich.


Das aktuelle und potenzielle BIP, Graph: via Prof. Mark Thoma

Mittwoch, 21. Dezember 2011

EZB bietet erstmals Kredite mit 3 Jahren Laufzeit an

Die Banken wurden allem Anschein nach von der Politik animiert, von LTRO (langfristige Refinanzierungsgeschäfte der EZB) tatkräftig Gebrauch zu machen, um die Spannungen am Interbankenhandel abzubauen.

Beim heutigen Tender von LTRO (3 Jahre), der zum ersten Mal ausgeschrieben wurde, hat die EZB fast 500 Mrd. Euro zu einem festen Zinssatz von 1,0% zugeteilt. Es waren insgesamt 523 Banken, die sich an der Vergabe der langfristigen Kredite (3 Jahre) via EZB beiteligt haben.

Beim ersten langfristigen Tender (LTRO 1 Jahr) im Juni 2009 hatten rund 1‘000 Banken 442 Mrd. Euro aufgenommen.

Mit der heutigen Zuteilung hat sich die Brutto-Liquidität auf 979 Mrd. Euro erhöht. Die nächtes LTRO findet im Februar 2011 statt.


Brutto- und Überschuss-Liquidität im europäischen Bankensystem, Graph: Laurence Mutkin und sein Team, Morgan Stanley

Schweiz: Kerninflation Minus 1,0 Prozent

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) erwartet für 2012 eine Inflation von Minus 0,3%. Wie die SNB am 15. Dezember im Rahmen der geldpolitischen Lagebeurteilung angekündigt hat, zeigt die Prognose für 2011 eine Inflationsrate von 0,2%.

Das heute vorgelegte Monatsheft (Dez. 2011) der SNB legt nahe, dass die Inflation kurzfristig früher in den negativen Bereich fällt.

Die Kerninflation hat im vergangenen Monat erneut einen negativen Wert verbucht: Minus 1,0%. Die Schätzungen der Kerninflation sind nützlich, weil die am Konsumentenpreisindex (CPI) gemessene Teuerung kurzfristigen Schwankungen unterliegt.

Der getrimmte Mittelwert (TM15), der wie die Kerninflation ein geeigneteres Bild der Entwicklung der allgemeinen Inflation liefert, betrug im November 0,1%. Im vergangenen Monat war der Wert um 0,3% gestiegen.

Beim TM15 werden jeden Monat je 15% der Güterpreise mit den höchsten und den tiefsten Jahresveränderungsraten aus dem Konsumentenpreisindex ausgeschlossen.



Schweiz: Kerninflation und der getrimmte Mittelwert, Graph: ACEMAXX ANALYTICS

PS: Der vorübergehende Anstieg der Teuerung im März 2011 ist im Wesentlichen auf einen Sondereffekt aufgrund eines höheren Erhebungsrhythmus der Preise für Bekleidung und Schuhe zurückzuführen.

Wie sind Null-Zinsen zu bewerten?

Bill Gross vertritt in einem etwas wunderlichen  Meinungsartikel („The ugly side of ultra-cheap money“) in FT die Ansicht, dass niedrige Zinsen der Wirtschaft schaden. Das ist ein Argument, welches Gross, CIO von Pimco bereits seit einer langen Zeit vorträgt. Was ist davon zu halten?

Paul Krugman bemerkt dazu in seinem Blog, dass er Gross Argumentation nicht verstehe und er denke, dass Gross es selbst nicht versteht.

Was der Manager von Pimco Fonds zu sagen scheint, ist, dass niedrige Zinsen Kreditvergabe entmutigen und daher die Gelder knapper machen, als es der Fall wäre, wenn die Zinsen höher lägen: „An der Null-Untergrenze verfolgen Banken nicht mehr aggressiv das Ziel, Einlagen zu sammeln, weil sie es schwer haben, das Geld anzulegen“, beschreibt Gross.

Aber es gibt Nichts, was die Banken davon abhält, Kredite zu profitablen Sätzen zu vergeben, an Unternehmen, die mehr Kredit wollen. Die Null-Grenze bezieht sich nur auf sichere Vermögenswerte (wie z.B. Staatspapiere). Der Zinssatz auf Null ist nicht eine Preisobergrenze. Es ist, was passiert, wenn Sie die Renditen auf sichere Anlagen so niedrig wie möglich drücken, genau genommen, um die Menschen zu ermutigen, stattdessen andere Dinge zu kaufen, erklärt Krugman.


Fed Funds Effective Rate, Graph: FRED, Fed St. Louis