Samstag, 22. April 2023

Making Money Work for Us

Book Review - Buchbesprechung

L. Randall Wray: Making Money Work for Us – How MMT can save America, Polity Press, 2022, Cambridge, UK.



Geld ist in der Natur ein Schuldschein: IOU, I owe you («Ich schulde dir etwas»).

Banken schaffen Geld, wenn sie Kredite vergeben. 

Allerdings sind die Banken durch das Angebot an potenziellen Kreditnehmern, die kreditwürdig und kreditwillig sind, eingeschränkt. 

Darüber hinaus können eine ordnungsgemäße Aufsicht und Regulierung durch die Behörden die Banken in Schach halten.

Die britische Zentralbank (BoE: Bank of England) hat im «Quarterly Bulletin 2014 Q1» erklärt, wie die Geldschöpfung in einer modernen Volkswirtschaft durch die Banken stattfindet:

Wann immer eine Bank einen Kredit gibt, schafft sie gleichzeitig Sichteinlagen zugunsten des Kreditnehmers und schöpft damit neues Geld.

Drei Jahre später hat auch die deutsche Bundesbank (BuBa) im «Monatsbericht April 2017» bekräftigt, dass die Banken «aus dem Nichts» (out of thin air) Kredit erzeugen können.

Die Bundesbank hat ferner hervorgehoben, dass die „Fähigkeit der Banken, Kredit zu vergeben und Geld zu schaffen, nicht davon abhängt, ob sie bereits über freie Zentralbankguthaben oder Einlagen verfügen“.

Das Geldsystem, das unternehmerische Initiative anspornt, einen Großteil der landesweiten Produktion finanziert, organisiert und verteilt, ist einer der wichtigsten Mechanismen, die von dem Staat eingesetzt werden, um einen öffentlichen Zweck zu erfüllen. Dazu gibt es jetzt ein neues, lesenswertes Buch, das hilft, zu verstehen, was Geld wirklich ist, woher es kommt und wie es funktioniert.

Prof. L. Randall Wray erläutert sachkundig in einer allgemein verständlichen Art und Weise sowohl das private Geld als auch das staatliche Geld.

Die Definition des Geldes nach seiner Funktion ist eine durchaus sinnvolle Antwort auf die Frage, was Geld ist. 

Unsere Einlagen (Guthaben) sind immer die Haftung der Banken, die Bank schuldet dem Einleger etwas, unterstreicht der Autor zahlreicher wissenschaftlicher Artikel in Sammelbänden und Fachzeitschriften in der Einführung seines Werkes.

Ihre Kreditkartenschuld ist das Vermögen der Bank, die Ihre Karte ausgestellt hat, und sie ist IhreVerbindlichkeit. Ihre Hypothek auf Ihr Haus ist Ihr Vermögen und das Vermögen der Bank. 

Sollen wir all diese Dinge als Geld bezeichnen?

Alle diese Dinge haben mehrere Dinge gemeinsam: Sie sind Verbindlichkeiten des Emittenten. Sie sind finanzielle Vermögenswerte des Inhabers. Sie haben einen Wert, der auf das Geld der Konten (USD, britisches Pfund, japanischer Yen usw.) lautet.

Zum Beispiel, wenn ein Unternehmen ein Darlehen aufnimmt, wird das Darlehen als Aktiva der Bank und als Passiva des Unternehmens verbucht.



Kredit und Schulden sind zwei Seiten derselben Medaille: sie halten sich die Waage. Das Gleichgewicht wird durch die doppelte Buchführung gewährleistet. Die Schuld des Schuldners ist gleich dem Vermögen des Gläubigers, in: Prof. L. Randall Wray: Making Money Work For Us, Polity Press, 2022


Wenn ein Pizzarestaurant einen Gutschein für eine Gratis-Pizza ausstellt, ist das eigentlich eine Schuld. Die Schuld bleibt bestehen, bis die Gutscheine zur Einlösung («redemption») vorgelegt werden, woraufhin sie vernichtet werden.

Wenn Sie eine Verbindlichkeit besitzen, egal ob es sich um einen Gutschein für eine kostenlose Pizza, eine Unternehmensanleihe oder sogar eine US-Schatzanweisung handelt, sind Sie ein Gläubiger.

Vielleicht haben Sie noch nie so darüber nachgedacht, aber wenn Sie "Geld" besitzen, sind Sie Gläubiger des Emittenten.

Als Gläubiger können Sie diese Verbindlichkeit an den Emittenten durch "Rückzahlung" zurückgeben. Sie "lösen" den Gutschein für eine Gratis-Pizza ein. Damit erlischt Ihr Guthaben oder Ihr Anspruch auf eine Gratis-Pizza. Damit ist auch die Schuld des Pizzarestaurants getilgt, es schuldet Ihnen keine Pizza mehr. Auch das Restaurant wird von seiner Schuld "befreit".

Die Tilgung ist gegenseitig und gleichzeitig, so Prof. Wray.

Das Gute an der Fähigkeit der Banken und der Zentralbank, Geld zu schaffen, ist, dass immer genügend Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden können, um alle verfügbaren Ressourcen zur Unterstützung der Kapitalentwicklung der Wirtschaft voll auszuschöpfen.

Wir können uns per Tastendruck den Weg zur Vollbeschäftigung bahnen, wie der Autor, Professor für Wirtschaftswissenschaften am Bard College und Senior Scholar am Levy Economics Institute bei jeder Gelegenheit betont.

Das Schlimme an der Fähigkeit, Geld zu schaffen, ist, dass wir mehr Mittel schaffen können, als wir vernünftigerweise im produktiven Bereich verwenden können. 

Die Gefahr besteht darin, dass Staatsausgaben inflationär sein können, wenn der Staat weiterhin höhere Preise anbietet, um Ressourcen der privaten Nutzung zu entziehen. Dies ist eine häufige Erfahrung während großer Kriege. Die Regierungen können jedoch den Preisdruck durch eine Reihe von Maßnahmen wie die Förderung des patriotischen Sparens, Steuererhöhungen, Lohn- und Preiskontrollen und Rationierung verringern.

Das Hauptproblem ist, dass ein Großteil der Geldschöpfung mit der Finanzierung unproduktiver Käufe von Vermögenswerten zusammenhängt, was zu Preisblasen bei Vermögenswerten führen kann. Ein Stichwort dazu: Schatten-Banken mit Verbriefungen, Swaps, Collateral Services, Repo, SIV (structured investment vehicles) usw.

Worin besteht also die Gefahr einer zu großen Geldschöpfung durch private Banken?  

Finanzkrisen sind i.d.R. das Ergebnis von zu viel Geldschöpfung durch Finanzinstitute. Sie resultieren grundsätzlich aus der Kreditvergabe zum Kauf von Vermögenswerten, einschließlich Häusern. Dies treibt dann die Preise für diese Vermögenswerte in die Höhe und kann zu Blasen ("bubbles") führen.

Da es keine (regulatorische) endgültige Lösung gibt, müssen das moderne Geldsystem und der vertrackte Finanzmarkt ständig überprüft werden, und die politischen Entscheidungsträger müssen sorgfältig vorgehen.

Die Wirtschaftswissenschaften verwenden i.d.R. sehr abstrakte Konzepte und Argumente: Markt, Gleichgewicht, Angebot und Nachfrage usw.

Doch die herkömmliche Erzählung ("narrative") ist falsch. Geld ist harter Tobak.

Eines der Hauptthemen dieses Buches ist vor diesem Hintergrund, dass der US-Regierung das Geld nicht ausgehen kann. 

Am Schluss des Buches legt der Autor in zwei Abschnitten dar, wie MMT einen alternativen Rahmen für die Analyse des Geldes des Staates erforscht: ein Rahmen, der mit einer progressiven sozialen Sichtweise vereinbar ist. Denn wir müssen Geld verstehen, um es im Dienst des öffentlichen Interesses einsetzen zu können.

Mit anderen Worten liefert MMT eine korrekte Beschreibung der Funktionsweise eines souveränen Währungssystems.

Ein profundes Nachschlagewerk für die Analyse von Geld- und Finanzpolitik.



Prof. L. Randall Wray: Making Money Work For Us – How MMT can save America, Polity Press, 2022



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