Freitag, 29. Januar 2021

Wie bringt der Staat mehr Geld in die Wirtschaft

Wie Stories die Aktienmärkte antreiben, beobachten wir heute in aller Deutlichkeit an der Kursentwicklung der GameStop Aktie, die ja in diesen Tagen in aller Munde ist.

Prof. Robert Shiller nennt es im Allgemeinen «narrative psychology». Populäre Narrative sind wesentliche Treiber der Motivation, argumentiert der an der Yale University in den USA forschende Ökonom weiter.

Menschen sind geneigt, Narrative zu sehen. Wenn es zum Beispiel um die Wirtschaft geht, dominieren die Erzählung von Geschichten (story telling) und mächtige Narrative unsere Wahrnehmung der Realität. 

Das gegenwärtig auffällige Narrativ im Sozial-Media beinhaltet den Hinweis auf die «Hyperinflation» und das «Gelddrucken» durch die Zentralbanken. Häufig wird dabei die Abbildung, die den Anstieg der Bilanzsumme der Fed (oder der EZB) zeigt, als Indikator herangezogen.

Erstens gilt es festzuhalten, dass es nicht die Fed ist, die das Geld druckt, sondern, wenn schon, das US-Schatzamt (US Treasury).

Zweitens: was die Fed mit der QE-Politik vollzieht, ist, ein Austausch (swap) von Vermögenswerten (assets), mit längeren (Kauf) versus kürzeren (Verkauf) Laufzeiten.


Bilanzsumme der Zentralbanken (jährliche Veränderung); weiss: Fed, blau: EZB, gelb: BoJ und lila: BoE, Graph: Bloomberg TV, Jan 27, 2021


Dienstag, 26. Januar 2021

Zentralbanken und Fiskalpolitik

Zentralbanken haben im Sog des schweren Nachfrage-Schocks, der durch die Pandemie ausgelöst wurde, explizit versprochen, an der lockeren Geldpolitik bis weit in einen Aufschwung nach der COVID19 Krise festzuhalten.

Die Strategie ist klar und durchdacht: Die Volatilität des Anleihemarktes auszublenden und die Kreditaufnahme so billig wie noch nie zu machen, um das Sparen zu verhindern und Investitionen zu fördern. 

Die Hoffnung: Billiges Geld veranlasst Unternehmen zu Investitionen und Einstellungen, da steigende Vermögenspreise die Menschen zuversichtlicher und ausgabefreudiger machen.

Der zyklische Schaden durch die Pandemie (Umsatzverluste) betrifft einige, aber nicht alle Unternehmen. Da dies einem traditionellen Wirtschaftszyklus ähnelt, haben die Zentralbanker mit der Geldpolitik ohne Zweifel einen gewissen Einfluss. 

Die strukturellen Veränderungen in der Weltwirtschaft hingegen sind eher eine Sache der Fiskalpolitik, wie Paul Donovan von der UBS darlegt.



Die Bilanzsumme der Zentralbanken, der EZB, Fed und der BoJ, Graph: Bloomberg Quint, Jan 25, 2021

Sonntag, 24. Januar 2021

M2 steigt – Kommt die Inflation?

Die unbedarfte Nutzung von Social Media ist allgegenwärtig. Damit gehen aber unter anderem auch emotionale und finanzielle Konsequenzen einher. Der letzte Schrei ist der mulmige Hinweis auf die Inflation. 

Wir stossen zum Beispiel auf Twitter auf Abbildungen, die zeigen, wie stark die Geldmenge M2 in den vergangenen Jahren gestiegen ist. Die Schlussfolgerung der Protagonisten lautet öfters , dass es sich dabei um ein Anzeichen der die Ecke lauernden Inflation handelt. 

Kommt nun die Hyperinflation? Nicht so schnell.

Inflation bedeutet eine allgemeine und anhaltende Erhöhung des Preisniveaus von Gütern und Dienstleistungen. Und das bedeutet eine Minderung der Kaufkraft des Geldes.

Was heisst aber Geld

Während die Begriffe "Geld" und "Vermögen" im alltäglichen Sprachgebrauch oft dasselbe bedeuten, definieren Ökonomen Geld enger als die Komponente des Vermögens, die aus "Transaktionsguthaben" besteht. Das heißt, wenn man es verwenden kann, um Waren und Dienstleistungen zu kaufen und Schulden zu begleichen, dann wird es als Geld betrachtet, erklären David Andolfatto und Joel Steinberg auf FRED, dem Blog der St. Louis Fed.

Geld unterscheidet sich von anderen Formen des Reichtums, die erst liquidiert - d. h. in Geld umgewandelt - werden müssen, bevor ihr Wert ausgegeben werden kann. Nach dieser Definition stellen physische Währung und Girokonten Geld dar. Und in der Tat bilden diese Objekte die Definition dessen, was Ökonomen als Geldmenge M1 bezeichnen.


US Geldmenge M1 and M2 und zum Vergleich (Opportunitätskosten) Rendite der US-Staatsanleihen mit einer Laufzeit von einem Jahr, Graph: David Andolfatto und Joel Steinberg auf FRED, dem Blog der St. Louis Fed, Jan 22, 2021


Mittwoch, 6. Januar 2021

Corona-Virus Pandemie und Staatsschulden

Die Renditen der US-Staatsanleihen, die Inflation geschützt sind (d.h. TIPS), sind seit geraumer Zeit negativ: 5 Jahre: -1,64%, 10 Jahre: -1,04%, 20 Jahre; -0,50% und 30 Jahre: -0,30%.

Das heisst, dass die Kosten der Kreditaufnahme des Staates negativ sind.

Auch in Deutschland weisen die Renditen inflationsindexierter Bundeswertpapiere negative Werte auf: 5 Jahre: -1,49%, 10 Jahre: -1,55%, 25 Jahre: -1,52%.

Das bedeutet, dass die Kosten der Kreditaufnahme des Staates auch in Deutschland negativ sind. Eine negative Rendite heisst, dass Anleger dem Staat mehr Geld leihen, als sie später (nach dem Ablauf der Laufzeit) wieder etwas zurückbekommen.

Es besteht heute aus mehreren Gründen ein längerfristiger Bedarf, öffentliche Investitionen zu erhöhen, um die verfallende Infrastruktur zu reparieren und die Wirtschaft über die COVID-19 Krise hinaus anzukurbeln.

Wie sollen aber die Investitionen finanziert werden?


Sparquote amerikanischer Haushalte, Graph: John Authers, Bloomberg, Jan 06, 2021. 

Sonntag, 3. Januar 2021

Coronavirus-Schock und Deflation im Euroraum

Die jährliche Inflationsrate im Euroraum lag im November 2020 bei minus 0,3%. Das bedeutet zwar keine Veränderung gegenüber Oktober.

Aber es ist eigenartig, dass die EU-Behörde (European Statistical) die Negativ-Inflation als „stabil“ bezeichnet, obwohl die Spatzen es von den Dächern pfeifen, dass die EZB das eigenhändig festgelegte Ziel seit mehreren Jahren unterläuft.

Friederike Spiecker und Heiner Flassbeck hatten kurz nach dem Ausbruch der Pandemie davor gewarnt, dass der Corona-Schock Deflation und Arbeitslosigkeit bedeutet.

Die Forderung an die Unternehmen, die während der Pandemie COVID-19 staatliche Beihilfen in Anspruch nehmen, keine Dividenden an die Aktionäre auszuschütten, hätte auch einen Verzicht auf Lohndruck (wegen der Gefahr einer deflationären Entwicklung) beinhalten müssen, so die Autoren in einem lesenswerten Blog-Eintrag auf Makroskop



Die jährliche Inflation im Euroraum, Graph: EU Eurostat, Jan 03, 2021