Samstag, 27. Juni 2020

Österreich begibt eine zweite 100-jährige Staatsanleihe


Die Republik Österreich hat am Mittwoch eine neue 100-jährige Staatsanleihe mit einem Kupon von 0,85% begeben. Österreich hat damit 2 Mrd. EUR am Kapitalmarkt aufgenommen. Die Anleihe war mehrfach überzeichnet.

Wie die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur mitteilt, ergab sich dabei eine Emissionsrendite von 0,88%.

Österreich hatte im September 2017 als erstes Land in der Eurozone eine 100-jährige Anleihe begeben und für Schlagzeilen gesorgt. Der Zinskupon lag damals bei 2,1%. Die erste Jahrhundertanleihe, die sich seitdem fast verdoppelt hat, hat für die Anleger eine Rendite von 85% gebracht. 

Zur Erinnerung: Die Inflation in Österreich lag im Jahr 2019 bei 1,5%.

Wer kauft aber eine Anleihe mit einer Laufzeit von 100 Jahren?

Investoren, die auf der Suche nach sicheren Vermögenswerten mit positiven Renditen sind. 

Auch Spekulanten, die um steigende Kurse wetten, da die Zinsen laut Zentralbanken in den Industrieländern voraussichtlich bis Ende 2022 nahe null Prozent bleiben werden.


Die erste 100-jährige Staatsanleihe von Österreich, Graph: Bloomberg, June 26, 2020


Sonntag, 21. Juni 2020

COVID-19: Eine neue Subkultur und „Retail Bros“


Zentralbanker lassen nicht nach, um den durch die COVID-19 Krise verursachten globalen Abschwung rasch und energisch anzugehen. 

Und sie werden dabei nicht nur gescholten, wegen des grosszügigen „Eingreifens in das Marktgeschehen“, sondern in manchen Kreisen sogar als Superhelden gefeiert.

Die aussergewöhnlichen Aktionen der Zentralbanken zur Stützung der Finanzstabilität haben unter „retail traders“ ohne Zweifel eine intensive Stimmung ausgelöst, keine üppige Börsengewinne verpassen zu wollen.

Solange die Musik spielt, soll man mittanzen.

Die Online-Handelsplattformen spielten dabei eine sagenhafte Rolle, dadurch dass sie einen erleichterten Zugang zum Markt anboten, und für die Entstehung einer neuen Welle von Subkulturen für private Aktienhändler sorgten: die sog. „Retail Bros“.

Es handelt sich dabei um junge sport-begeisterte Menschen, die nun aufgrund von „lockdown“-Massnahmen zu Hause hocken müssen und nicht ins Fitnessstudio gehen oder Sportwetten abschliessen können, weil ja alle Sportereignisse wegen der Pandemie untersagt worden sind, und sich deswegen total langweilen.

Die Sport-Kumpel, die jetzt zum Tageshändler geworden sind, folgen zwei Regeln. Regel eins ist, dass die „Aktien nur steigen“. Und Regel zwei: „Wenn du Zweifel hast, ob du kaufen oder verkaufen sollst, lies die Regel eins“.


In diesem Jahr wurden bei Online-Brokern eine Welle neuer Tradings-Konten eröffnet, Graph: Barron’s, June 12, 2020

Samstag, 13. Juni 2020

Interview: Prof. Michael Pettis, Peking University


Michael Pettis is a Professor of Finance at Guanghua Schools of Management at Peking University in Beijing


What do the large-scale public investments and the reestablishment of state mean for the credibility of the neoliberal agenda of the eurozone given the ongoing underemployment and the rise of the anti-system parties everywhere in Europe?

I think there has been growing criticism for many years of a global economic system that has led inexorably to rising income inequality, growing trade and capital imbalances, and soaring debt, and, as Matt Klein and I explain in our book ("Trade Wars are Class Wars"), these are all related aspects of the same system: we cannot address one without addressing the other two. 

Because the Covid-19 pandemic has accelerated these existing trends, I think it is more obvious than ever that we need to address all three, and this almost certainly requires a greater role for the state in reversing the policies that led to such high rates of income inequality as well as in managing the unfettered capital flows that allow countries that repress wages to pass the costs on to trading partners.

Donnerstag, 11. Juni 2020

Trade Wars are Class Wars


Buchbesprechung: 

Michael Pettis and Matthew C. Klein: Trade Wars are Class Wars, Yale University Press, June 2020



Länder mit grossen Überschüssen im Aussenhandel haben die Überschüsse nur, weil sie nicht alles verbrauchen, was sie herstellen. Und das macht sie zugleich anfällig für einen Rückgang des internationalen Handels.

Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, wahrzunehmen, dass fast jeder auf der Welt durch das globale Handels- und Finanzsystem verbunden ist. 

Wann immer wir etwas kaufen, zur Arbeit gehen oder sparen, wirken sich unsere Handlungen auf Milliarden von Menschen aus, die Tausende von Kilometern entfernt sind, genau wie die Menschen auf der anderen Seite der Welt uns jeden Tag unwissentlich mit ihren weltlichen Entscheidungen beeinflussen.

Michael Pettis und Matthew C. Klein erläutern in diesem Buch diese wirtschaftlichen Verknüpfungen, die viele Vorteile haben, aber auch Probleme von einer Gesellschaft auf eine andere übertragen können.

Menschen in einem Land sind häufig für unerschwingliche Wohnräume, Schuldenkrisen, Arbeitsplatzverluste und Umweltverschmutzung in anderen Ländern verantwortlich, schildern die Autoren:

Samstag, 6. Juni 2020

Fiskalpolitik rettet Menschenleben


Es ist zwar der Schnee von gestern. Aber die Behauptung, dass die Zinsen „künstlich“ niedrig sind, taucht in den Mainstream-Medien ab und zu wieder auf.

Das ist eine Zombie-Idee: Die Zinsen sind nicht künstlich niedrig

Die alte Leier, dass die Zinsen künstlich niedrig gehalten werden, und damit die Sparer und konservative Investoren bestrafen, ist bei allem Respekt ein Unsinn.

Die niedrigen Zinsen sind ein Ergebnis der GFC von 2008-2009, nicht die Ursache. Tatsache ist, dass die Staatsverschuldung erst nach dem Ausbruch der GFC und der Rezession, die dadurch ausgelöst wurde, gestiegen ist, und zwar infolge der Rettung der Banken durch die öffentliche Hand.

Es war die fiskalische Austeritätspolitik, die die Regierungen zum kompromisslosen Sparen gezwungen hat, koste es, was es wolle. 

Und das Ergebnis spricht Bände: Lohnzurückhaltung, Unterbeschäftigung, höhere Armut, schlechtere Infrastruktur und ein niedrigerer Lebensstandard. 

Der kombinierte Effekt: niedrigere Zinssätze.


US Haushaltsdefizit, Graph: Morgan Stanley, June 02, 2020