Mittwoch, 22. April 2020

Der negative Erdölpreis und der Crack Spread


Zunächst negative Anleiherenditen. 

Nun negative Erdölpreise. Was ist los? 

Der Preis der amerikanischen Leichtölsorte WTI für die physische Lieferung im Mai ist am Montag bis auf minus 40 USD gestürzt. Damit hat der Ölpreis zum ersten Mal in der Geschichte negativ notiert. 

Zur Erinnerung: Öl wird auf Termin gehandelt. Der Mai-Terminkontrakt auf WTI ist am Dienstag verfallen.

Was bizarr ist, dass der Käufer bei der Abnahme nun Geld bekommt, da der Verkäufer sich verpflichtet hat, eine bestimmte Menge Öl zu einem festen Preis und zu einem festen Termin zu liefern.

Aber auch der Preis für einen Kontrakt WTI Öl im Juni ist am Terminmarkt deutlich gefallen. Da aber die Preise für künftige Öllieferungen wesentlich höher liegen als die Spot-Preise, spricht man von einem „Super-Contango“.

Die weiteren Parameter, die in diesem gesonderten Phänomen zu beachten sind, das Angebot, die Nachfrage, die Verfügbarkeit von Lagern, Spekulanten und die allgemeine Konjunktur.

Kurz zusammengefasst steht einer schwachen Nachfrage (bedingt durch die Coronavirus-Pandemie) ein viel zu hohes Angebot gegenüber. Obendrauf sind auch die Lagerkapazitäten völlig erschöpft. Die Lagerbestände im Auslieferungsort Cushing sind in den vergangenen Wochen ständig angestiegen.


Die US-Ölpreise stürzten zum ersten Mal in der Geschichte in den Negativbereich ab, Grund: Nachfrageschwäche, verursacht durch die Coronavirus-Pandemie und nicht genügend verfügbare Speicherkapazitäten, Graph: FT, Apr 20, 2020 

Sonntag, 19. April 2020

US-Dollar und Rendite-Spreads


Die EZB versucht mit einem Rettungspaket in Milliardenhöhe den heftigen Schock der Pandemie, die durch das Corona-Virus ausgelöst wurde, möglichst rasch zu überwinden, um Menschen und die Wirtschaft breit gefächert zu schützen.

Christine Lagarde hat per Twitter angekündigt, dass “aussergewöhnliche Zeiten aussergewöhnliche Schritte erfordern“.

Das Anleihekauf-Programm hat auf beiden Seiten des Atlantiks zum Ziel, die Märkte zu beruhigen. Das sinkende Rendite-Niveau ist die erste Konsequenz daraus.  

Denn auch die Fed führt ein Anleihekauf-Programm aus, das sie inzwischen in einem historischen Mass aufgestockt hat.

Während die Renditen der Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit tiefer notieren, schrumpft der sog. Spread zwischen den Staatspapieren in USD und in EUR weiter:

UST: 0,64%
GER Bund: -0,48%
JGB: 0,01%

Eine Frage, die sich die EUR-Investoren vor diesem Hintergrund stellen, ist, ob es sich lohnt, aufgrund der etwas höheren Rendite in USD in US-Treasury Bonds zu investieren.


Ein Argument für ein abgesichertes UST-Engagement in Europa, Graph: Bloomberg, April 17, 2020

Dienstag, 14. April 2020

Zweckgesellschaft (SPV): Fed und US-Schatzamt Hand in Hand


Die Fed hat angesichts der akut drohenden Coronavirus-Pandemie den US-Leitzins im vergangenen Monat zweimal gesenkt: am 3. März um 0,50% und am 15. März um 1,0%, insgesamt auf eine Spanne von 0 bis 0,25%.

Gleichzeitig hat die US-Notenbank ein umfassendes Wertpapier-Kaufprogramm angekündigt. Fed-Präsident Jerome Powell hat das gigantische Anleihe-Kaufprogram mit „höchst ungewöhnlichen Störungen auf den Finanzmärkten“ begründet.

Während die Bilanz der Fed aufbläht, wird auch die Verschuldungsregel für die Banken gelockert: US-Staatsanleihen müssen nicht mehr mit Kapital unterlegt werden.

Die Buchstabensuppe neuer Programme verdienen vor diesem Hintergrund eine besondere Beachtung, weil sie langfristige Konsequenzen entfalten könnten.

CPFF (commercial paper funding facility): Der Kauf von Commercial Papers von Emittenten.

PMCCF (primary market corporate credit facility): Der Kauf von Unternehmensanleihen von Emittenten.

TALF (term asset-backed securities loan facility): Die Verstärkung von Finanzierung von forderungsbesicherten Wertpapieren (ABS).

SMCCF (secondary market corporate credit facility): Der Kauf von Unternehmensanleihen und Bond ETFs im sekundären Markt.

MSBLP (main street business lending program): Die Einzelheiten werden demnächst bekannt gegeben.


Ein Ländervergleich: expansive Fiskalpolitik als Antwort auf die COVID19 Krise, Graph: J. Safra Sarasin Bank, Apr 11, 2020

Donnerstag, 9. April 2020

Wer bezahlt die Hilfspakete für die Coronavirus-Krise?


Die Regierungen rund um die Welt versuchen derzeit mit einer Reihe von Hilfspaketen, Unternehmen und privaten Haushalten finanziell unter die Arme zu greifen.

Wichtig ist dabei, den Überblick nicht zu verlieren. Denn die „pandemic economics“ erfordert nicht die übliche Vorgehensweise zur Bekämpfung der Rezession.

Beispielsweise sind Steuersenkungen für Unternehmen nicht die richtige Antwort, während Millionen von Menschen aufgrund einer Sperrung („lockdown“) notwendigerweise untätig bleiben, um die Virus-Infektion zu begrenzen.

Olivier Blanchard, Paul Krugman und Larry Summers sind, um ein paar prominente (Keynesian) Ökonomen zu nennen, sich weitgehend einig, dass wir uns nicht auf wirtschaftliche Anreize („economic stimulus“) konzentrieren sollten:

Während ein Teil der Wirtschaft vorerst geschlossen („shut down“) bleibt, sollten wir das Augenmerk auf Katastrophenhilfe richten, auf die Menschen, die ihre Einkünfte verlieren.  

Mit Fiscal Stimulus in Form von Infrastruktur-Ausgaben, wie wünschenswert sie auch sein mögen, werden die unmittelbaren Probleme nicht angegangen, wenn wir über die Natur der aktuellen Krise nachdenken, erläutert Krugman.


Fiscal Stimulus im Länder-Vergleich: GFC 2008 versus Corona-Krise 2020, Graph: Morgan Stanley, Apr 06, 2020

Montag, 6. April 2020

USD-Knappheit und die Fed als „lender of last resort“


Die nachfolgende Abbildung zeigt deutlich, wie die verbesserten und erweiterten USD-Swap-Linien inzwischen dazu beitrugen, den Stress am Devisenmarkt etwas zu entlasten.

Zur Erinnerung: Die Fed und die Bank of Canada, die Bank of England, die Bank of Japan, die EZB und die SNB haben am 15. Marz 2020 eine koordinierte Aktion zur Stärkung der Liquiditätsversorgung via bestehenden USD-Swapabkommen angekündigt.

Die Swap-Linien sind „stehende Fazilitäten, die als wichtige Liquiditätsabsicherung zum Abbau von Anspannungen an den globalen Finanzierungsmärkten zur Verfügung stehen und so dazu beitragen, die Auswirkungen solcher Anspannungen auf die Kreditversorgung der Haushalte und Unternehmen im In- und Ausland abzufedern“, wie die SNB sie beschreibt. 

Am 20. März 2020 haben die genannten Zentralbanken obendrauf mitgeteilt, die Frequenz von wöchentlich auf täglich zu erhöhen, um die Effektivität der Swap-Linien bei der Bereitstellung von USD zu steigern. 



Cross-Currency Basis Swaps, JPYUSD and EURUSD, Graph: Bloomberg, April 03, 2020

Mittwoch, 1. April 2020

Coronavirus Krise und Geld mit Tastenanschlag


Wir wissen zwar nicht, wie lange die durch das Coronavirus ausgelöste Krise anhalten wird. Aber wir verstehen, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen schwerwiegend sein werden.

Angebotsschock hat zum Nachfrageschock geführt und aus einer Wirtschaftskrise wurde eine Finanzkrise.

Medien berichten zwar von einem „Krieg gegen das Coronavirus“. Aber das ist keine Kriegswirtschaft. In einem Krieg versuchen die Regierungen, die wirtschaftliche Aktivität zu maximieren. Heute hingegen wollen die Regierungen vorerst das wirtschaftliche Geschehen bewusst mindern. 

Daraus ergeben sich zwei Phasen für die Wirtschaft, wie Paul Donovan von UBS beschreibt. In der ersten Phase gibt es einen politisch bedingten Rückgang der Nachfrage („lockdown“, d.h. Sperrmodus). In der Phase zwei kommt es zu einem Rückprall, sobald die Regierungen die Massnahmen zur Senkung der wirtschaftlichen Aktivitäten zurückschrauben. 

Es macht daher keinen Sinn, in der ersten Phase Konjunkturimpulse voranzubringen. Das Hauptrisiko ist aber, dass die Arbeitslosigkeit angesichts der Nachfrageschwäche rasant ansteigt. Das wichtigste politische Ziel ist es deswegen, Unternehmen über Wasser zu halten, und die Menschen am Arbeitsplatz.


Zentralbanken kaufen Anleihen und die Renditen fallen, Graph: FT, Apr 01, 2020