Montag, 28. Februar 2022

Russische Invasion in der Ukraine und US-Dollar als globale Reservewährung

Russlands Überfall auf die Ukraine hat das Thema Sanktionen ins Zentrum der politischen Debatte gebracht.

Die Entscheidungsträger sind sich weitgehend einig, auf das Geschehen um den russischen Einmarsch in die Ukraine sofort mit Sanktionen zu reagieren. Sanktionen lösen aber Vergeltung aus. Es gilt daher, darauf zu achten, dass eine Eskalation vermieden wird.

Da beispielsweise ein möglicher Ausschluss Russlands aus dem internationalen Zahlungssystem SWIFT die Kosten für globale Unternehmen, die mit Russland Geschäfte machen, erhöhen würden, schliesst der Westen «SWIFT» aus der Liste der Sanktionen vorerst aus.

Der Vorgang «Sanktionen» ist in der Tat komplex und vielschichtig. Es ist daher zu hoffen, dass sich kühlere Köpfe im ganzen Konflikt durchsetzen und dass Menschen verschont bleiben.

Eine interessante Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, ist, was passiert, wenn Russland nun keine US-Staatsanleihen mehr kaufen würde? Was wären die Folgen für das so genannte "exorbitant privileg"?




Marktbasierte Messgrößen deuten darauf hin, dass die Anleger davon ausgehen, dass die Fed Funds Rate bald zu steigen beginnt und Mitte dieses Jahres über 1% liegen wird, Graph: The Federal Reserve, Febr 25, 2022. 

Dienstag, 22. Februar 2022

Energiepreise, Geldpolitik und «Backwardation»

Die starke Nachfrage und das knappe Angebot, bedingt durch die Störungen in den Lieferketten (supply chain) treiben die Preise an den Rohstoffmärkten in die Höhe.

Normalerweise befinden sich die Warenterminmärkte in einem «contango». Das heisst, dass die aktuellen Kassa-Preise aufgrund der Lagerungs- und Abschreibungskosten niedriger sind als die Terminpreise.

Doch heute liegen die Kassapreise für die 8 wichtigsten Bestandteile des Bloomberg Commodity Index im Durchschnitt 6% über ihrem 1-Jahres-Terminpreis, wie JPMorgan in einer jüngsten Analyse hervorhebt.

Dieser Zustand wird an den Futures-Märkten als «backwardation» bezeichnet. Und «backwardation» bewegt sich seit Anfang 2021 auf einem 15-Jahres-Hoch.



1-Jahres-Termin-2-Jahres-10-Jahres-OIS-Spread invertiert: -0.0593%, Graph: Bloomberg TV, Febr 21, 2022


Sonntag, 20. Februar 2022

Was heisst Normalisierung der Geldpolitik?

Die Mitglieder des geldpolitischen Ausschusses (FOMC) der US-Notenbank (Fed) machen sich Sorgen um den rasanten Anstieg der Inflation. Und sie sind sich allem Anschein nach in drei Aspekten einig:


Die Zinsen müssen angehoben werden,

Die Bilanz der Fed muss gekürzt werden,

Die «Forward Guidance» (der geldpolitische Ausblick) muss beendet werden.


Das geht aus dem am Mittwoch veröffentlichten Gesprächsprotokoll («minutes») hervor.



Das "Team Transitory" hat seine Zelte noch nicht abgebrochen: Die aus den UST-Renditen abgeleiteten Breakeven-Raten deuten nach wie vor darauf hin, dass die Inflationsraten in den nächsten Jahren sinken werden, Graph: Bloomberg, Febr 18, 2022

Samstag, 19. Februar 2022

Deutschlands neue (alte) Wirtschaftspolitik und Ungleichgewichte im Aussenhandel

Christian Lindner, Bundesminister der Finanzen hat am Montag Lars Feld zum „Persönlichen Beauftragten des Bundesministers der Finanzen für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung“ bestellt. 

In dieser Rolle wird Professor Feld den Minister bei der Bewertung makroökonomischer Fragestellungen unterstützen, heisst es in der Pressemitteilung.

Lindner hat es nicht ausgelassen, bei dieser Gelegenheit die Eckpfeile der deutschen Wirtschaftspolitik, die ihm vorschwebt, bekanntzugeben.

Hier sind die auffälligsten Stichworte:

«Eine massvolle Fiskalpolitik»: 

Das bedeutet ganz klar “fiscal austerity».

Mark Blythe hat ein ganzes Buch darübergeschrieben: «austerity is a dangerous idea». 

Es handelt sich dabei um verbrauchsdämpfende Maßnahmen, die die Nachfrage durch überschüssige Ersparnisse verringern. Der Rückgang der Verbrauchsausgaben führt zum Rückgang der Investitionen, was auf dem Wirtschaftswachstum lastet und schliesslich Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung auslöst.



Europäische Währungsunion (EWU) und die Finanzierungssalden nach Sektoren (in Mrd. EUR), Graph: Heiner Flassbeck, Febr 14, 2022 

Dienstag, 15. Februar 2022

Eine geldpolitische Wende mit verankerten Inflationserwartungen

Aktien- und Anleiheinvestoren erwarten, dass eine rasche Reihe von Zinserhöhungen der Fed die Inflation ausbremsen wird, selbst wenn dadurch eine Rezession riskiert wird.

Die Inflationserwartungen scheinen jedoch verankert. 

Lisa Shalett, Morgan Stanley, warnt in einer aktuellen Analyse davor, dass dieser Zyklus nicht traditionell sei: 

Die aktuelle Inflationsdynamik sei komplex und nicht einfach auf vorübergehende Probleme in der Lieferkette oder auf zinsbedingte Kreditexzesse zurückzuführen, bei denen Zinserhöhungen wirksam sein können.

Was aber nicht von der Hand zu weisen ist, dass die «Normalisierung» (d.h. das Ende der QE-Politik) Wachsamkeit erfordert. Die Inflation in diesem Zyklus wurde schliesslich nicht durch das Kreditwachstum angeheizt.



German Bunds mit 10 Jahren Laufzeit: Die Rendite steigt, obwohl die Inflationserwartungen fallen, Graph: Morgan Stanley, Febr 14, 2022

Samstag, 12. Februar 2022

Shareholders fordern Gewinnmargin-Spirale - Stakeholders wollen Vollbeschäftigung.

Profits-Price Spiral vs. Full Employment

Die Inflation ist heute ein globales Phänomen. Schliesslich ist COVID-19 eine globale Pandemie. Es gibt aber nicht genügend hochwertige Evidenz dafür, dass die expansive Fiskalpolitik den Anstieg in Inflation ausgelöst hat.

David Andolfatto (*) hingegen schreibt auf seinem Blog, dass es fehlerhaft sei, zu denken, dass die Fiskal-Politik die Inflation von 2021 nicht verursacht hat.

Er vertritt die Ansicht, dass es durchaus möglich sei, dass die USA einen Teil ihrer Inflation in die ganze Welt exportiert haben, ähnlich wie in den 1970er Jahren. 

Viele andere Länder (wie z.B. Kanada) hätten eine ähnliche Fiskal-Politik verfolgt. Aber die Inflation sei in diesen Ländern mit weniger expansiven Fiskal-Politik niedriger.

Neben dem Faktor «Fiskal-Politik» gibt es zwei andere Faktoren, die herangezogen werden, um den Anstieg der Inflation zu erklären: Lohninflationwage-price spiral») und «Unternehmensgier» (profit margin).



Chipotle hat die Preise erhöht und wurde daraufhin von Aktionären «belohnt». Clorox hingegen scheint größere Probleme gehabt zu haben, steigende Kosten an die Kunden weiterzugeben. Die Aktionäre haben das Unternehmen «bestraft». Die Aktien sind abgestürzt, Graph: Tracy Alloway, Bloomberg, Febr 10, 2022 

Sonntag, 6. Februar 2022

Zinserhöhungen und Wirtschaftswachstum

Labor Shortage and Wage Growth

Allem Anschein nach wollen Zentralbanken mit Zinserhöhungen gegenwärtig eine geldpolitische Normalisierung signalisieren.

Gegen Wachstum nach einer schwerwiegenden Lockdown-Phase der Wirtschaft ist nichts einzuwenden. Schliesslich versuchen die Zentralbanken damit, die Wirtschaft in einen langfristig relativ konstanten Trend zu bringen, wo weder Inflation noch Deflation droht.

Normalisierung bedeutet hierbei, dass die unkonventionelle Geldpolitik, d.h. die mengenmässige Lockerung (QE: quantitative easing), allmählich zurückgefahren wird. Das heisst, dass das QE zu Ende geht und das QT (quantitative tightening) beginnt.



Japans 5-jährige Rendite kletterte am Freitag zum ersten Mal seit der Einführung negativer Leitzinsen vor sechs Jahren auf null. Die deutschen Fünfjahres-Renditen stiegen erstmals seit 2018 wieder über Null, Graph: Bloomberg, Febr 04, 2022 


Samstag, 5. Februar 2022

Zinserhöhungen kommen – Probleme bleiben

Der Marktwert der negativ verzinsten Anleihen ist seit November um etwa 40% auf 7,8 Billionen Dollar gefallen und liegt damit nur noch 120 Milliarden Dollar über dem Tiefstand vom 19. März 2020, wie Bloomberg berichtet.

Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, erneut in Erinnerung zu rufen, warum das Zinsniveau so niedrig ist und was die prekäre Situation ausgelöst hat. 

Ohne um den heissen Brei herumzureden: Die niedrigen Zinsen sind die Konsequenz der Wirtschaftspolitik, die sich hartnäckig an Fiscal Austerity orientiert.

Es handelt sich dabei meistens um verbrauchsreduzierende Maßnahmen, welche die Nachfrage durch überschüssige Ersparnisseexcess savings») verringert, was wiederum zum Rückgang des Konsums im Inland führt, wenn Investitionen im Gegenzug nicht erhöht werden. Daraus folgen Wachstumsschwäche und Arbeitslosigkeit. Die letztere materialisiert sich heute v.a. in Form von Unterbeschäftigung. 

Nochmals: Die globale Krise (GFC) ist eine Finanzkrise, die in erster Linie auf globale Handels- und Kapitalungleichgewichte zurückzuführen ist, insbesondere auf Ungleichgewichte zwischen Produktion und Konsum.

Der Grundgedanke ist, dass übermäßiges Sparen zu einer unzureichenden Nachfrage nach Wirtschaftsleistung («economic output») führt, was wiederum eine Rezession und eine Fehlallokation von Ressourcen zur Folge hat.



Der Wert der globalen Staatsanleihen, die derzeit mit einer negativen Rendite gehandelt werden, Graph: Bloomberg, Febr 03, 2022.

Dienstag, 1. Februar 2022

Angebotspolitik – Arbeitskräfteangebot und öffentliche Infrastruktur

Modern Supply-Side Economics

Die frühere Notenbankchefin der USA, Janet Yellen hat neulich in einer Rede vor dem Weltwirtschaftsforum (WEF) gesagt, dass die Regierung Biden die Wirtschaftskapazität der USA steigern wolle, indem sie sich auf Themen wie das Arbeitskräfteangebot und die öffentliche Infrastruktur konzentriere.

Der Ansatz der Regierung sei eine Abkehr von der traditionellen angebotsseitigen Wirtschaft.

Bekanntlich widerspricht die angebotsorientierte Theorie staatlichen Konjunkturprogrammen und Investitionen, weil solche Massnahmen sich angeblich nur kurzfristig auswirken und durch öffentliche Kreditaufnahme «crowding-out» auslösen.

Zur Erinnerung: Die dominante Phase der angebotsorientierten Wirtschaftspolitik hat in den 1980er Jahren stattgefunden. Zu den radikalen Vertretern gehören Ronald Reagan in den USA und Margaret Thatcher in Grossbritannien an. 

Die Massnahmen umfassen i.d.R. Deregulierung (mehr Handlungsraum für die Finanzindustrie), Steuersenkungen (für Unternehmen und Reiche), «Flexibilisierung des Arbeitsmarktes» («hire-and-fire» policy und Lohnunterdrückung) und Sicherung der Preisniveaustabilität (zu Lasten von Vollbeschäftigung).



Der Druck auf die globalen Lieferketten ist nach wie vor hoch, hat sich aber möglicherweise abgeschwächt, Graph: New York Fed, Jan 04, 2022, Liberty Street Economics.