Donnerstag, 26. April 2012

Budgetneutraler Multiplikatoreffekt


Während die Staatssschulden in der Euro-Zone in Folge der Finanzkrise, die ja vom Banken-Sektor ausging, steigen, schrumpft die Wirtschaft. Weil der von Brüssel verordnete rigorose Sparkurs (fiscal austerity) durch Lohnsenkungen (internal devaluation) und Ausgabenkürzungen der öffentlichen Hand (Haushaltskonsolidierung mitten in einer Depression) die Rezession vertieft. Die Binnennachfrage kommt zum Erliegen und die Wirtschaftsleistung stockt.

Was ist zun tun?

Wesentliche theoretische und empirische Belege stützen die Idee, dass ein Deficit Spending den Output steigern und die Erholung der Wirtschaft fördern kann, schreibt Pontus Rendahl in einem lesenswerten Artikel ( „A case for balanced-budget stimulus“) in Voxeu.

Eine Multiplikatorwirkung („balanced-budget stimulus“) kann die Wirtschaft auf einen steileren Weg der Erholung bringen, bemerkt der an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der University of Cambridge tätige Dozent.

Es gibt seiner Meinung nach drei wesentliche Bedingungen, unter denen der fiskalische Multiplikator leicht mehr als 1 betragen kann, unabhängig von der Art der Finanzierung, erklärt Rendahl.

Drei Bedingungen für einen grossen budgetneutralen Multiplikator (balanced-budget multiplier) sind wie folgt:

(1) Wenn die Zinsen in der Nähe oder auf Null Untergrenze sind, werden Bargeld und Bonds als perfekte Substitute wahrgenommen. Ein ausgeliehener US-Dollar (Kreditvergabe) ist nicht mehr ein ausgeborgter US-Dollar (Kreditaufnahme) und Bargeld wird gehortet. In der Abbildung ist zu sehen, wie die Cash-Reserven der Geschäftsbanken bei der Fed von 2003 bis heute angestiegen sind.


Cash-Reserven der Banken bei der Fed, Graph: Pontus Rendahl, University of Cambridge

Unter diesen besonderen Umständen ändern sich die Gesetze der Makroökonomie. Ein Dollar, der vom Staat ausgegeben wird, ist nicht mehr ein Dollar, der anderswo gespart wird. Ein Dollar wird stattdessen unter der Matratze aufbewahrt. Auch die dem Say‘sches Gesetz (jedes Angebot schafft seine Nachfrage selbst) unterliegende Logik bricht zusammen, legt Rendahl dar. In einer Liquiditätsfalle schafft das Angebot eines Gutes (z.B. Arbeit) nicht seine Nachfrage selbst, sondern führt unmittelbar zu einem Anstieg der Nachfrage nach Bargeld.

(2) Wenn die Arbeitslosigkeit in der Nähe oder auf der natürlichen Rate liegt, ist es laut Rendahl unwahrscheinlich, dass Mehr-Ausgaben zu einem wesentlichen Anstieg des Output (d.h. BIP) führen. Die Arbeit ist teuer und die Unternehmen finden es vielleicht schwierig, die erforderlichen Arbeitskräfte zu rekrutieren, um die Produktion zu erweitern. Eine Erhöhung der Ausgaben der öffentlichen Hand kann zu einem Anstieg der Preise führen.

Wenn aber die Arbeitslosigkeit hoch ist, läuft die Geschichte anders. Der grosse Pool an inaktiven Arbeitnehmern erleichtert die Rekrutierung von Arbeitskräften und Unternehmen dürften das Geschäft erweitern. Eine Erhöhung der Staatsausgaben kann einen Anstieg der Produktion herbeiführen, mit vernachlässigbaren Auswirkungen auf die Preise. Crowding-out stellt unter diesen Umständen keine unmittelbare Gefahr dar.

Die Kombination der Ideen, die aus (1) und (2) herrührt, impliziert, dass der fiskalische Multiplikator, unabhängig von der Finanzieungsquelle, nahe bei 1 liegen dürfte (Haavelmo Theorem).

(3) Wenn die hohe Arbeitslosigkeit hartnäckig ist, erhöht eine steuerfinanzierte Erhöhung der Staatsausgaben den Output und senkt die Arbeitslosenquote, sowohl in der Gegenwart als auch in Zukunft. Ein Anstieg der Nachfrage der öffentlichen Hand erhöht den gesamten Weg der wirtschaftlichen Erholung. Ein mit Steuermitteln finanzierte Anstieg der Staatsausgaben setzt eine Bewegung in Gang, sodass die Ausgaben Ausgaben erzeugen.

PS:

Mehr zum Thema „balanced-budget“ in diesem Blog: hier.

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