Dienstag, 1. September 2020

Der begrenzte Planet

Buchbesprechung:

Heiner Flassbeck: Der begrenzte Planet und die unbegrenzte Wirtschaft – Lassen sich Ökonomie und Ökologie versöhnen, Westend Verlag, Frankfurt, August 2020

Es ist ein offenes Geheimnis, dass die gegenwärtige Art des Wirtschaftens so viele natürliche Ressourcen verbraucht, dass sie das Überleben der Menschheit infrage stellt.

Die fossilen Rohstoffe sind in realer Rechnung so billig (zum Vergleich: wie Anfang der 1970er Jahre), dass sie weiterhin gefördert werden. Und solange die Regierungen glauben, dadurch die wirtschaftlichen Möglichkeiten ausloten zu können, werden weiterhin Öl, Kohle und Gas aus der Erde geholt.

Es ist daher die grosse Aufgabe, eine ganz andere Wirtschaftsordnung zu entwerfen, die funktionsfähig und für die Umwelt weniger schädlich ist.

Die Welt, d.h. die Staatengemeinschaft braucht eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik, um die wirtschaftliche Entwicklung und CO2-Emissionen zu entknüpfen, erklärt Heiner Flassbeck in seinem neuen Buch.

Und das bedeutet Strukturwandel.

Der Strukturwandel ist aber von der Bevölkerung nur akzeptiert, wenn er 1) nicht zu schnell verläuft, 2) wirklich gewährleistet ist und 3) die finanziellen Kosten gerecht verteilt werden.

Das bedeutet, dass der vom Staat auferlegte Strukturwandel sich nicht nur aus ökologischen Gründen rechtfertigen muss, sondern auch im Hinblick auf die wirtschaftliche Entwicklung, mit neuen Konzepten eine Vollbeschäftigungspolitik umzusetzen.

Je näher man sich an einem Pfad der Vollbeschäftigung bewegt, umso grösser wird die Bereitschaft der Bevölkerung sein, den ökologisch verordneten Strukturwandel zu akzeptieren, hält Flassbeck fest.

Die Wachstumskritiker versäumen es aber, zu sagen, wie sie ohne Wachstum die Arbeitslosigkeit, die durch einen Wachstumseinbruch entsteht, beseitigen können.

Arbeitslosigkeit ist sozusagen der natürliche Gegner der Umweltbewegung: 

Den Umweltschutz im Rahmen der makroökonomischen Ziele zu behandeln, ist unsinnig, weil der Wunsch der Menschen nach sauberer Umwelt in die Reihe der mikroökonomischen Präferenzen gehört. 

Umweltschutz ist ein öffentliches Gut, weshalb es die Aufgabe des Staates ist, die Produktion von mehr Umweltschutz zu übernehmen, argumentiert der ehemalige Chefvolkswirt der UNCTAD (2003-2012) in Genf:

Das bedeutet Eingriff in die Preisbildung. Denn wer in einer Marktwirtschaft Mengenziele erreichen will, und genau darum geht es bei der Einschränkung der Verbrennung von fossilen Rohstoffen, kommt nicht darum herum. 

Flassbeck durchleuchtet die deutsche Energiewende im Einzelnen, geht auf die Fridays-for-Future Bewegung ein und erläutert auch das sog. Degrowth Phänomen (ein Zurück zu den Ursprüngen) ausführlich mit konkreten Beispielen.

Wer über das Thema Umweltschutz ernsthaft mitreden will, ohne sich Illusionen hinzugeben, muss dieses Buch unbedingt lesen. Punkt. Es ist eine Pflichtlektüre für alle, auch für Laien, da es in einer kristallklaren Sprache, ohne Fachjargon geschrieben ist. Flassbeck liefert erneut ein Paradebeispiel der intellektuellen Ehrlichkeit erster Sahne. 







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