Sonntag, 22. April 2012

Handelt die Fed im Dienst der Plutokratie?


Der letzte Schrei ist, dass die expansive Geldpolitik im Allgemeinen ein Geschenk an die Banken und Plutokraten sei, wie in einem Artikel („How the Fed Favors The 1%“) im WSJ veranschaulicht wird. Das WSJ stellt die Behauptung auf, dass es bei der ganzen Debatte über „1% versus 99%“ eigentlich darum gehen sollte, die Fed zu zügeln oder vielleicht ganz abzuschaffen.

Paul Krugman bedauert vor diesem Hintergrund in seinem Blog, dass auch einige gute Leute wie z.B. Simon Johnson und Daron Acemoglu leider zumindest eine Version der Geschichte ("Who captured the Fed?") abkaufen.

Was stimmt aber mit der Idee nicht, dass das Anwerfen der Druckmaschine ein Geschenk an die Plutokraten sei, wie in den vergangenen Wochen v.a. aus der rechten Seite des politischen Spektrums verbreitet wird?

Sowohl Joe Wiesenthal als auch Mike Konczal haben darauf hingewiesen, dass die mengenmässige Lockerung der Geldpolitik (QE: quantitative easing) nicht von Finanziers und Rentiers (siehe dazu mehr hier und hier) einer ahnungslosen Bevölkerung aufgenötigt worden ist. Die QE wird nämlich trotz Protestgeschreie aus dem Finanzsektor umgesetzt.

Darüber hinaus möchte Krugman über die Wirtschaft reden. Die naive (oder absichtlich irreführende) Version der Fed-Politik ist, zu behaupten, dass Ben Bernanke das „Geld“ einfach Banken „gebe“. Was die Fed wirklich macht, ist, natürlich, Dinge zu kaufen, i.d.R. kurzfristige Staatspapiere, heutzutage manchmal auch andere Papiere. Es ist also kein Geschenk.

Um zu behaupten, dass es effektiv ein Geschenk ist, muss man belegen, dass die Preise, die die Fed zahlt, künstlich hoch sind oder gleichwertig, dass die Zinssätze künstlich niedrig gedrückt werden, erklärt Krugman. Wenn man aber darüber nachdenkt, ist die Behauptung bizarr.

Was ist un-künstlich, oder wenn man will, „natürlicher“ Zinssatz? Wie es sich herausstellt, ist der natürliche Zinssatz der Satz, welcher zu einer stabilen Inflation führt, in mehr oder weniger Vollbeschäftigung.

Zur Zeit herrschen niedrige Inflation und hohe Arbeitslosigkeit, was stark darauf hinweist, dass der natürliche Zinssatz unter dem aktuellen Niveau liegt. Die Fed-Politik ist nicht irgendeine Art von Geschenk an die Banken. Es ist nur ein Versuch, der Wirtschaft das zu geben, was sie benötigt, argumentiert Krugman.

Ferner: Die Bemühungen der Fed, um dies zu tun, helfen Banken wahrscheinlich nicht. Ganz im Gegenteil. Die Banken nehmen weitgehend kurzfristige Kredite auf und vergeben langfristige Kredite. Alles, was den Spread zwischen den kurzfristigen und langfristigen Zinssätzen zusammendrückt, ist sehr wahrscheinlich schädlich für die Erträge der Banken. Und was die Fed heute eigentlich macht, ist, den Spread weitgehend zu komprimieren.

Wie tut die expansive Geldpolitik aber dem 99 Prozent angeblich weh? Wer ist alles im Land auf die festverzinslichen Anleihen angewiesen? Es sind die typischen pensionierten Amerikaner, die weitgehend von der sozialen Sicherheit leben. Die Social Security ist aber gegen die Inflation indexiert. Das heisst, dass das Fundament der Altersversorgung vor Inflation geschützt ist.

Nein, bemerkt Krugman mit Nachdruck. Die wahren Opfer der expansiven Geldpolitik sind die gleichen Leute, wie die Mythologie derzeit nahelegt, die solche Politik vorantreiben. Und das erklärt, warum wir von dem Gegenteil hören. Es ist George Orwells Welt, in der wir leben, fasst Krugman zusammen.

PS:

Rentier (siehe dazu mehr hier und hier) sind Leute, die von Kapital und Immobilienerträgen leben, ohne selbst noch aktiv am Geschäftsleben teilzunehmen.

PPS:

Plutokratie: Die Herrschaft des Geldes („Geldadel“).

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