Sonntag, 28. Februar 2021

COVID-19 Rettungspolitik im Vergleich: USA versus Eurozone

US-Repräsentantenhaus hat nun dem von Präsident Joe Biden vorgeschlagenen Corona-Konjunkturpaket im Umfang von 1,9 Billionen USD zugestimmt. Auch der Senat muss noch seine Zustimmung geben.

Während die US-Administration 1‘900 Mrd. USD in die Hand nimmt, stellen die EU-Mitgliedstaaten nur 420 Mrd. EUR bereit, um die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Pandemie zu bekämpfen.

„Allein was die Dimension des Wiederaufbaufonds angeht, liegt Europa weit hinter den USA zurück. Das reicht bei Weitem nicht“, sagt Joseph Stiglitz dem Handelsblatt in einem Gespräch. 

Prof. Stiglitz sieht also die europäische Rettungspolitik (420 Mrd EUR) skeptisch: 

Das werde sich auch in den Wachstumszahlen niederschlagen. «Europa und vor allem auch die starken Volkswirtschaften wie Deutschland müssen mehr tun», so der Wirtschaftsnobelpreisträger weiter.



Der “fiskalische Schub” auf beiden Seiten des Atlantiks im Vergleich, Graph: Bloomberg Quint, Febr 26, 2021

Donnerstag, 25. Februar 2021

Warnung vor Inflation und mehr

Die FAZ warnt vor der Gefahr der Inflation. In der Tat ist die Geldwertstabilität wieder zu einem Thema geworden. 

Auslöser ist die expansive Fiskalpolitik, die im Angesicht einer heftigen Pandemie auf beiden Seiten des Atlantiks abwechslungsreich an den Tag gelegt wird.

Als «Schwarzmaler» fallen auf: Larry Summers, der ehemalige US-Finanzminister, Olivier Blanchard, der ehemalige Chefökonom von IWF und Martin Wolf, Chefkommentator für Wirtschaft bei der Financial Times, um einige prominente Persönlichkeiten zu nennen. 

Bemerkenswert ist aber, dass es sich dabei nicht um gewöhnliche „deficit-hawks“ handelt. Die erwähnten Herrschaften mit Hang zu wirtschaftspolitischen Massnahmen a la Keynes unterstützen sonst i.d.R. Stimulus-Pakete. Aber sie vertreten heute die Ansicht, dass aufgrund der Grössenordnung der geplanten Aktionen eine Überhitzung der Wirtschaft drohe. Und damit ein Anstieg der Inflation.

Zur Erinnerung: In den USA stellt die neue Joe Biden Administration Hilfen im Umfang von 1‘900 Mrd. USD in Aussicht, was 9% des BIP entspricht. Die entsprechende Summe in der Eurozone beläuft sich auf 420 Mrd. EUR, wenn wir die automatic stabilizers nicht mitrechnen.



US-Arbeitslosenquote und Erwerbsquote, Graph: Lael Brainard, seit 2014 Federal Reserve Board Mitglied, Febr 24, 2021


Sonntag, 21. Februar 2021

Corona-Krise und „Hochdruckwirtschaft“

Es ist Wert, darüber ausführlich zu berichten, wenn zwei der profiliertesten Mitte-Links-Ökonomen Amerikas sich über die erste große innenpolitische Massnahme des demokratischen Präsidenten Joe Biden uneinig sind. 

Die Rede ist von Larry Summers und Paul Krugman

Das Thema: Der 1,9 Billionen Dollar schwere Rettungsplan für die Corona-Krise. 

Summers und Krugman haben ihre Differenzen neulich in einer Videokonferenz, die von Prof. Markus Brunnermeier moderiert wurde, diskutiert.

Prof. Summers, der ehemalige Finanzminister, Direktor des National Economic Council und Harvard-Präsident, trat gegen Prof. Krugman an, den Nobelpreisträger, der früher in Princeton und jetzt an der City University of New York lehrt.

Hier ist eine interessante Abbildung, die Summers während der Video-Konferenz vorgestellt hat. Wie wir sehen, war damals - nach der GFC - das Konjunkturpaket der US-Regierung unter Barack Obama im Vergleich zur Produktionslücke (output gap) viel zu klein.


US-Wirtschaft nach der GFC 2008-2009 und nach der Corona-Krise 2020; realisierte Produktionslücke vs. fiskalischer Stimulus (realized output gap vs. fiscal stimulus), Graph: Larry Summers, Febr 2021


Dienstag, 16. Februar 2021

Aktienmärkte, Bullen und Bubbles

Während die US-Aktienindizes weiter auf neue Rekorde klettern, kommt einem einer von Warren Buffetts berühmtesten Sprüche in den Sinn: 

Investoren sollten "ängstlich sein, wenn andere gierig sind".

Jeder Buffett-Jünger, der in diesen Tagen einen Blick auf die bevorzugte Marktbewertungskennzahl des Milliardärs wirft, könnte den Drang verspüren, vor Angst zu schreien, wie Bloomberg das Geschehen beschreibt.

Der "Buffett-Indikator" ist eine einfache Kennzahl: 

Die gesamte Marktkapitalisierung der US-Aktien geteilt durch den gesamten Dollarwert des Bruttoinlandsprodukts des Landes. Der Indikator überschritt 2019 erstmals seinen früheren Höchststand aus der Dotcom-Ära. Dennoch tendiert er seit Jahrzehnten nach oben.

Der Trend ist dein Freund?

Da die US-Marktkapitalisierung mehr als doppelt so hoch ist wie das geschätzte BIP für das laufende Quartal, deutet die Kennzahl auf eine "stark überbewertete" Situation hin.



Warren Buffett Indikator, Graph: Bloomberg, Febr 2021

Donnerstag, 11. Februar 2021

Covid-19 Bekämpfung mit Katastrophenhilfe (nicht Stimulus)

Die Debatte ist so spannend, dass es nicht überflüssig wäre, dazu einen weiteren Blog-Beitrag zu liefern.

Worum geht es? 

Es geht um Joe Biden’s Covid-19 «American Rescue Plan» im Umfang von 1‘900 Mrd. USD.

Larry Summers und Olivier Blanchard fürchten, dass der Plan eine Überhitzung der Wirtschaft verursachen und damit hohe Inflation auslösen könnte.

Einige Fragen, die vor diesem Vordergrund aufgeworfen werden, lauten: Ist es wirklich ein Stimulus? Ist es zu gross? Können die Fed und der US-Kongress die Dinge unter Kontrolle bringen, wenn es sich als «zu gross» herausstellen sollte?

Noah Smith beispielsweise beantwortet die Fragen in der Reihenfolge mit nein, nein und ja.

Warum ist es kein Stimulus?

Da wir uns nicht in einer herkömmlichen Rezession - einem Rückgang der Produktion aufgrund einer unzureichenden Gesamtnachfrage, befinden.


US BIP, Graph: Paul Krugman, Febr 09, 2021, substack


Dienstag, 9. Februar 2021

Wie gross ist zu gross? US-Wirtschaftsschutzprogramm

Wow! Das ist eine hochinteressante Debatte über die Grössenordnung des Rettungsprogramms von Joe Biden, dem neuen US-Präsidenten.

Larry Summers, der ehemalige US-Finanzminister äussert sich besorgt, dass Bidens Rettungspaket im Umfang von 1,9 Billionen USD zu gross sei und die Überhitzung dadurch Inflation auslösen könnte.

Zudem bliebe zu wenig Spielraum zurück, um weitere Investitionen in die Infrastruktur zu finanzieren. Das Fazit des an der Harvard University lehrenden Wirtschaftsprofessors lautet, dass das Weisse Haus die Inflationsgefahr unterschätze.

Die gegenwärtige, von Biden ernannte Finanzministerin Janet Yellen, die ehemalige Fed-Präsidentin, hingegen unterstützt das grosse Paket der neuen US-Administration in aller Deutlichkeit. 

Zur Erinnerung: Das Konjunkturprogramm 2009 von US-Präsidenten Barack Obama wurde damals von Summers getragen und war im Umfang viel zu klein, um die wirtschaftlichen Wogen nach der GFC (Global Financial Crisis) richtig nachhaltig zu glätten.


Die US-Wirtschaft ist seit 1980 meist unter ihrem Potenzial gewachsen, Graph: Bloomberg, Febr 09, 2021

Montag, 1. Februar 2021

Exportismus

Buchbesprechung

Andreas Nölke: „Exportismus – Die deutsche Droge“, Westend Verlag, Frankfurt, Februar 01, 2021

Man kann es drehen und wenden wie man will: Die deutsche Wirtschaft ist viel stärker von Exporten geprägt als alle anderen Volkswirtschaften vergleichbarer Grösse.

Wenn man die deutsche Ökonomie verstehen will, führt kein Weg daran vorbei, die Exportlastigkeit der deutschen Wirtschaft unter die Lupe zu nehmen, wie Andreas Nölke in seinem neulich vorgelegten Buch beschreibt.

Obwohl Berlin im internationalen Vergleich mit einem umfangreichen Konjunkturpaket auf die Pandemie reagiert hat, ist die deutsche Wirtschaftsleistung im 2Q2020 infolge der Corona-Krise signifikant eingebrochen.

Nölke argumentiert, dass die Ursache für den starken Einsturz der deutschen Wirtschaft eindeutig die Krise des Exportsektors ist.

Die Exportorientierung einer Wirtschaft wird konventionell durch die Exportquote (das Verhältnis der Ausfuhren zum BIP) gemessen. Weitere Kriterien sind z.B. der von der Bertelsmann Stiftung zusammengestellte „Aussenhandels-Abhängigkeitsindex“ und der vom Wirtschaftsministerium dokumentierte „Offenheitsgrad“. Entscheidend ist aber auch der Anteil der Arbeitsplätze, die insgesamt vom Export abhängen.