Freitag, 31. Mai 2013

Politik, Lebensmittelmarken und hungrige Kinder

Paul Krugman schreibt in seiner lesenswerten Kolumne (“From the Mouths of Babes”) am Freitag in NYTimes, dass er Berichte über Vorgänge in der Politik i.d.R. mit einer Art von müdem Zynismus liest. Hin und wieder tun Politiker etwas so falsch, inhaltlich und moralisch, dass der Zynismus einfach nichts bringt. Es ist stattdessen Zeit, wirklich wütend zu werden. So ist es mit dem hässlichen, zerstörerischen Krieg gegen Lebensmittelmarken (food stamps), hebt der Träger des Wirtschaftsnobelpreises hervor.

Lebensmittelmarken haben in den vergangenen Jahren eine besonders nützliche (tatsächlich fast heroische) Rolle gespielt. In der Tat haben sie eine dreifache Aufgabe erledigt. Die Lebensmittelmarken haben die Elend von Millionen von Arbeitsnehmern, die ihre Arbeitsplätze verloren haben, deutlich gemildert. Die Lebensmittelgutscheine waren insbesondere für die Kinder hilfreich.

Es gibt aber mehr: Wir brauchen dringend eine öffentliche Politik für vorübergehend höhere Ausgaben. Und der Ausbau von Lebensmittelmarken ist nur eine solche Politik, erklärt Krugman. Schätzungen von Moody’s Analytics zufolge erhöht jeder für die Essensmarken ausgegebene Dollar das BIP um ca. 1,70$ in einer schwer angeschlagenen Wirtschaft. Lebensmittelmarken reduzieren die Unsicherheit in Sachen Ernährung der Kinder der Familien mit niedrigem Einkommen, was die Chancen erheblich steigert, dass diese Kinder zu erfolgreichen und produktiven Erwachsenen werden. Die Essensmarken sind daher eine Investition in die Zukunft des Landes.

Was wollen die Republikaner mit diesem musterhaften Programm tun? Sie wollen es zunächst verkleinern und dann effektiv abschaffen. Der schrumpfende Teil kommt aus dem Landwirtschaftsgesetz, erlassen durch den Ausschuss für die Landwirtschaft im Repräsentantenhaus. Dieses Gesetz wird 2 Millionen Menschen aus dem Programm ausschneiden, hält Krugman fest.



Supplemental Nutrition Assistance Programm (SNAP), Graph: Budget and Policy Priorities (cbpp)

Donnerstag, 30. Mai 2013

Schweizer Wirtschaftswachstum und Mindestkurs

Das reale BIP der Schweiz ist im ersten Quartal 2013 um 0,6% (gegenüber dem Vorquartal) gewachsen. Positive Impulse gingen vom privaten Konsum, von den Bauinvestitionen sowie vom Aussenhandel aus, bemerkt SECO (Staatssekretariat für Wirtschaft) dazu. 

Die Daten dürften die SNB erfreuen. Denn die Deflationsrisiken bleiben dank der soliden privaten Ausgaben begrenzt. Die SNB muss am Markt weniger intervenieren. Der jüngste relative stabile Verlauf der Fremdwährungsreserven der SNB deuten darauf hin, dass es in den vergangenen Monaten weniger Anlass gegeben hat, in den Devisenmarkt einzugreifen.

Da keine Inflationsgefahr besteht, die Inflation läuft seit 20 Monaten im negativen Bereich, kann die SNB den Mindestkurs von 1,20 CHF pro EUR sicher weiter verteidigen.

Nach der Zinssenkung der EZB sind die Rendite-Spreads enger geworden. Dennoch hat sich der CHF abgeschwächt. Warum? Es ist wahrscheinlich zum Teil auf die Hausse in den Aktienmärkten zurückzuführen. Die positive Stimmung dürfte die latente Angst vor dem Kollaps der Euro-Zone etwas verdrängt haben, sodass die Rendite der Staatsanleihen an der Peripherie (Italien und Spanien) in den vergangenen Monaten zurückgegangen ist.

Die abnehmende Nachfrage nach sicheren Häfen im Euro-Raum führt ferner dazu, dass der nach wie vor überbewertete Schweizer Franken zur Schwäche neigt. Der höhere Wechselkurs EUR/CHF ist, wie die CS im Research Montly (Juni 2013) hervorhebt, ist ein Anzeichen für private Kapitalabflüsse.



Schweizer Wirtschaft erhöhte sich im ersten Quartal 2013 um 1,1% gegenüber dem Vorjahresquartal, GraphSECO

Fed und was es mit „tapering“ auf sich hat

Plötzlich ist „tapering“ in aller Munde auf den Finanzmärkten in den USA. Wie Bloomberg TV gestern meldete, ist „tapering“ zur Zeit das meist gesuchte Wort im Google. Die Bezeichnung stammt aus Sportarten mit kurzer und intensiver Belastung und bezieht sich auf die Reduktion des Trainingsumfangs.

Die Ausgangslage: Fed-Chef Ben Bernanke soll in letzter Zeit mit seinen Aussagen Unsicherheit in den Märkten ausgelöst haben. Die Fed könnte das Tempo des Kaufs von Staatsanleihen (US-Treasury Bonds) dämpfen, wenn die geldpolitischen Entscheidungsträger davon überzeugt sind, dass die Wirtschaft sich nachhaltig erholt. Die Folge: Anleihenkurse fallen. Und die Renditen steigen.

Bernanke kann dabei keine Unsicherheit geschaffen haben. Ganz im Gegenteil, schreibt Tim Duy in seinem Blog. Vor den jüngsten Äusserungen des Fed-Präsidenten war die herrschende Erwartung so, dass die Fed beginnen würde, den Kauf von Wertschriften so früh wie Juni und so spät wie 2014 zurückschrauben würde. 

Nun hat Bernanke im Grunde genommen diesen Bereich bis September als wahrscheinliches Datum eingegrenzt, was auch von William Dudley, Fed New York und Erich Rosenren, Fed Boston geklärt wurde. Insgesamt sieht es also nach mehr, nicht weniger Sicherheit aus.

Mittwoch, 29. Mai 2013

Langfristige Zinsen und verschiedene Erzählungen

Die Renditen am langen Ende der Ertragskurve steigen. Was ist davon zu halten? Doch bevor man voreilig eine Antwort darauf gibt, ist es ratsam, sich zu vergegenwärtigen, dass langfristige Zinsen im historischen Durchschnitt heute immer noch lauf einem lächerlich niedrigen Niveau notieren. Aber sie sind in den vergangenen Wochen etwas angestiegen.

Wenn man nicht unbedingt einen Markt-Kommentar abgeben will, lohnt es sich, in alternativen Erzählungen zu denken, um zu sehen, was sich in den Märkten abspielt. Und dann kann man sich fragen, was diese Erzählungen für die Märkte bedeuten.

Steigen die langfristigen Zinsen, gibt es i.d.R. drei Erzählungen, die man hört, erklärt Paul Krugman in seinem Blog

(1) Die Bond Vigilantes sind angekommen und sie verkaufen US-Staatsanleihen, weil sie in Horror-Geschichten glauben. 

(2) Die Fed ändert ihre Geldpolitik und dürfte demnächst dazu über gehen, die Bowlenschüssel (punch bowl) früher als erwartet abzuräumen, und 

(3) die Wirtschaft scheint sich stärker zu erholen als bisher eingeschätzt, was bedeutet, dass die Fed beginnen würde, die Zinsen früher als erwartet anzuheben.



Erzählungen über langfristige Zinsen und mögliche Auswirkungen, Graph: Prof. Paul Krugman

Euro-Krise und prozyklische Politik für Deutschland

Die 90%-Behauptung hat einen bemerkenswert schlechten Einfluss auf die politische Debatte gehabt. Carmen Reinhart und Kenneth Rogoff hätten nie behaupten sollen, dass das Wirtschaftswachstum drastisch einbricht, wenn die Staatsverschuldung 90% der Wirtschaftsleistung (gemessen am BIP) übersteigt.

Das ist mehr oder weniger der Standpunkt von Paul Krugman. Der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor hat in seinem Blog dazu mehrfach Stellung genommen.

Reinhart und Rogoff (kurz: R&R) haben sich neulich in diesem auf makroökonomischer Ebene ausgetragenen politischen Streit mit einem offenen Brief an Krugman gewandt, um zu zeigen, wie tief sie enttäuscht sind, weil Krugman sich in den letzten Wochen spektakulär unhöflich verhalten habe: Krugman habe sie praktisch non-Stop sehr persönlich angegriffen.

Im Grunde genommen gibt es einige wenige Punkte, wo R&R und Paul Krugman sich einig sind, wie Rogoff in einem Artikel („Europe’s Lost Keynesians“) in Project Syndicate unterstreicht. Allerdings erhebt Rogoff am Anfang seiner Ausführungen einen absurden Vorwurf an die „Keynesianer Europas“, wahrscheinlich als eine Art Seelenmassage für die Verfechter der harschen Austeritätspolitik im Euro-Raum; ein Gefallen sozusagen. Der an der Harvard University lehrende Wirtschaftsprofessor plädiert dafür, dass Nordeuropa mehr tun muss, um die Euro-Krise in den Griff zu bekommen. Aber auch er sieht wenig Chancen für mehr Konjunkturprogramme an der Peripherie wie Krugman.

Während aber Rogoff die Ansicht vertritt, dass expansive Fiskalpolitik in Deutschland kaum Abhilfe schaffen würde, ist Krugman der Ansicht, dass Stimulus in Deutschland die gesamtwirtschaftliche Nachfrage im Euro-Raum ankurbeln würde.

Dienstag, 28. Mai 2013

Repo und Verknappung von sicheren Anlagen

Frank Wiebe befasst sich in seinem Blog im Handelsblatt mit Ben Bernanke und vor allem damit, wie der Fed-Präsident mit Abgeordneten und Senatoren in Capitol Hill über die gegenwärtige Situation der Geldpolitik diskutiert. Wiebe deutet u.a. auf einen im WSJ erschienenen Artikel („The Fed squeezes the Shadow-Banking System“) von Andy Kessler hin.

Der ehemalige Hedge Fonds Manager erklärt darin die QE-Politik der Fed für gescheitert und zeichnet Bernanke für Verzerrungen am Repo-Markt verantwortlich. Der Vorwurf lautet: Die Fed sitzt auf US-Staatsanleihen im Wert von 1‘800 Mrd. $, die sie im Rahmen der mengenmässigen Lockerung der Geldpolitik am Markt aufgekauft hat. Im Repo-Markt mangelt es daher an sicheren US-Treasury Bonds. Und der Wirtschaft fehle ein Kreditvolumen in Höhe von etwa 5‘000 Mrd. $.

Es sei sogar noch schlimmer, dass Bernanke nicht nur das US-Haushaltsdefizit gesteigert hat, sondern auch dem Lebensnerv der amerikanischen Wirtschaft durcheinander bringe. Die Fed hat, so die Argumentation, mit dem Versuch, die Wirtschaft durch den Kauf von US-Treasury Bonds anzukurbeln, einen Mangel an sicheren Anlagen (safe collateral) geschaffen, welche für das Kreditwesen im Schatten Banken System (shadow banking system) für die private Wirtschaft benötigt werden. Die mengenmässige Lockerung der Geldpolitik (QE: quantitative easing) erscheine m.a.W. als aussichtlos und laste auf dem Wachstum sowie der Beschäftigung.

Es kommt wie eine Modeerscheinung daher, dass die Hedge Fonds Manager in letzter Zeit öfters das Wort ergreifen, um Fed-Bashing zu betreiben. Viele Hedgies machen in diesen Tagen keinen Hehl daraus, dass sie Bernanke nicht ausstehen können.


Hightech-Konzerne und Steuertricks

Vor rund einer Woche wurde Apple bei einer Anhörung vor dem US-Senat aktive Steuerhinterziehung vorgeworfen. Apple zahlt allem Anschein nach zum Teil gar keine Steuern. Tim Cook, der Konzern-Chef hat in Washington deshalb erklärt, warum Apple das meiste Geld im Ausland hält.

Joseph Stiglitz nimmt in einem lesenswerten Artikel („Globalisation isn’t just about profits. It’s about taxes too“) in The Guardian dazu Stellung.

Apple hat wie Google davon enorm profitiert, was die US- und andere westliche Regierungen bereitstellen: hervorragend ausgebildete Arbeitskräfte in den Universitäten, die vom Staat direkt und indirekt gefördert werden, durch grosszügige karitative steuerlich abzugsfähige Beträge, erläutert der an der Columbia University lehrende Wirtschaftsprofessor.

Die Grundlagenforschung, worauf die Produkte von Unternehmen beruhen, wurden von Steuerzahler unterstützten Entwicklungen finanziert: Internet. Ohne Internet könnten sie nicht existieren. Das Wohlergehen der Unternehmen hängt zum Teil von unserem Rechtssystem ab, einschliesslich der Durchsetzung der Rechte für das geistige Eigentum, hebt Stiglitz hervor: Die Unternehmen haben von den Regierungen bekommen, was sie wollten, um die Länder rund um die Welt zu zwingen, unsere Standards zu akzeptieren, in einigen Fällen auf Kosten von Leben und Entwicklungen in diesen Schwellen- und Entwicklungsländern, legt der ehemalige Wirtschaftsberater von Präsident Clinton dar.

Ja, sie haben geniale und organisatorische Fähigkeiten mitgebracht, wofür sie zu Recht Lob erhalten. Während aber Newton mindestens bescheiden genug war, zu beachten, dass er auf den Schultern von Riesen stand, haben diese Titanen der Industrie keine Gewissensbisse darüber, Trittbrettfahrer zu sein. Und sie nehmen die Vorteile des Systems grosszügig in Anspruch, ohne entsprechend dazu beizutragen.

Montag, 27. Mai 2013

Abenomics und Anstieg der Renditen in Japan: Ein Paradoxon?

Die US-Notenbank (Fed) kauft seit Januar 2013 im Rahmen des QE-Programms jeden Monat langlaufende Staatsanleihen (45 Mrd. $) und mit Hypothekarkrediten verbrieften Wertschriften (40 Mrd. $). Da die nominalen Zinsen nahe Null liegen (zero lower bound), kann die Fed keinen herkömmlichen Ansatz verwenden, um die Geldpolitik weiter zu lockern. Daher setzt Ben Bernanke einen unkonventionellen Ansatz (QE: quantitative easing) ein, um die Zinsen am langen Ende der Ertragskurve zu senken.
Auch in Japan liegen die kurzfristigen Zinsen nahe Null, und zwar seit bereits mehreren Jahren. Und die japanische Wirtschaft steckt in einer vollständigen Deflation. In den USA mehren sich in den vergangenen Wochen zwar Anzeichen für Disinflation. Aber es kann von Deflation derzeit keine Rede sein. Der Grund: Die Löhne sind nach unten starr (Lohnrigidität). 

Die japanische Zentralbank (BoJ: Bank of Japan) setzt seit geraumer Zeit angetrieben durch „Abenomics“ ein massives Kaufprogramm um, um die Deflation zu bekämpfen. BoJ-Chef Kuroda hat angekündigt, das Portfolio der Zentralbank an Staatsanleihen und ETF-Fonds zu verdoppeln. Seither sind die Inflationserwartungen gestiegen, die Realzinsen gesunken und der Yen hat sich abgewertet.

Manche Experten sehen aber darin ein widersinniges Ergebnis (paradoxical result), weil die BoJ festverzinsliche Papiere kauft und die Preise der Anleihen fallen, während die Renditen steigen. Wie ist diese Entwicklung zu verstehen? 

Es kommt darauf an, wie der Ankauf von Wertschriften finanziert wird, erklärt Nick Rowe seinem Blog. Ein Anstieg der Geldmenge hat einen Effekt auf die Nachfrage nach Anleihen, heute und in Zukunft. Weil dadurch die Erwartung in Bezug auf das künftige Preisniveau und/oder das künftige Realeinkommen genährt wird, nimmt die Nachfrage nach Anleihen ab.



Rendite der japanischen Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit, Graph: Bloomberg

Was passiert, wenn QE zu Ende geht?

In der vergangenen Woche hat man beobachtet, dass die Aussagen über das mögliche Ende der QE-Politik (mengenmässige Lockerung der Geldpolitik) zu erheblichen Schwankungen auf den Finanzmärkten geführt hat. Es versteht sich aber von selbst, dass die QE-Politik eines Tages zu Ende gehen wird, wenn die Wirtschaft sich stark genug erholt hat. Das heisst, wenn die Zentralbank denkt, dass die Wirtschaft nah genug um die Vollbeschäftigung ist, dann werden die Bedingungen für die Normalisierung der Geldpolitik gegeben sein, wie Antonio Fatas in seinem Blog erklärt.

Die Geldpolitik wird folglich von einer expansiver Haltung zu einer neutralen Haltung wechseln. Das war in der Vergangenheit immer der Fall. Nur ist man gewöhnt, dabei an Zinsen zu denken, nicht aber an die mengenmässige Lockerung der Geldpolitik. Dazu liefert Fatas die folgende, von Brad DeLong ausgeliehene Abbildung.

Was man sieht, ist, dass die kurzfristigen Zinsen nach jeder der letzten Rezessionen von langfristigen Zinsen abgewichen sind, als Zeichen dafür, dass die Geldpolitik expansiver wird (d.h. dass die Renditekurve steil wird). Wenige Jahre danach, nachdem die Rezession vorbei ist, steigen die kurfristigen Zinsen wieder an und erreichen ein ähnliches Niveau wie die langfristigen Zinsen. Danach sehen wir, dass die Zinsen (kurz und langfristig) auf einem ähnlichen Niveau weiter verlaufen, bis die nächste Rezession eintritt.



Rendite der US-Staatspapiere mit 10 und 3 Jahren Laufzeit, Graph: Prof. Brad DeLong

Sonntag, 26. Mai 2013

Reinhart & Rogoff schreiben einen offenen Brief an Paul Krugman

Carmen Reinhart und Kenneth Rogoff sind gekränkt, dass ihr Engagement für die illusionäre Austeritätspolitik von namhaften Ökonomen wie Paul Krugman, Brad DeLong, Mark Thoma, Paul de Grauwe usw. nicht geteilt wird. Die beiden Wirtschaftswissenschaftler haben nun flennend einen offenen Brief an Krugman geschrieben und auf der eigenen Webseite veröffentlicht.

Krugman fackelt nicht lange und antwortet in seinem Blog darauf postwendend, dass Reinhart und Rogoff (R&R) die Frage der Kausalität verharmlosen: ob hohe Verschuldung schwaches Wirtschaftswachstum verursacht oder schwaches Wirtschaftswachstum hohe Verschuldung verursacht. Oder ob hohe Verschuldung und schwaches Wachstum das Ergebnis von dritten Faktoren (wie es in Amerika der Nachkriegszeit der Fall war, was die R&R in ihrer ursprünglichen Forschungsarbeit selbst hervorheben) sind.

Der wichtigere Fehler beinhaltet aber den Missbrauch des Kriteriums von „90 Prozent“. Es gibt eine negative Korrelation in den Daten zwischen der Verschuldung und dem Wachstum. Folglich lässt sich eine Linie an einem beliebigen Punkt ziehen, sei es 80% oder 90%, wo Länder mit einer Verschuldung über diesem Schwellenwert tendenziell ein langsameres Wirtschaftswachstum haben werden als Länder mit einer Verschuldung unterhalb dieses Schwellenwertes.

Krugman unterstreicht, dass es einen gewaltigen Unterschied zwischen den beiden Aussagen gibt:  dass (a) Länder mit Verschuldung über 90% des BIP tendenziell ein langsameres Wachstum haben als Länder mit Verschuldung unter 90% des BIP und dass (b) das Wachstum stark fällt, wenn die Verschuldung 90% des BIP überschreitet. (a) ist richtig, (b) hingegen falsch. Doch hat R&R diese Unterscheidung ständig verwischt und in den aktuellen Schriften dazu weiter beigetragen.

Freitag, 24. Mai 2013

Japan als Vorbild

Vor einer Generation war Japan allgemein bewundert und gefürchtet, als ein wirtschaftliches Vorbild. Dann stürzte das Land in eine scheinbar endlose Krise ab. Und dann hat die meiste Welt Interesse an Japan verloren. Die Ausnahme waren einige relativ wenige Ökonomen. Wenn ein grosses, wohlhabendes, politisch stabiles Land so schwer fallen kann, haben sie sich gewundert, könnte so etwas auch anderen Ländern widerfahren.

Ja, es könnte und es ist passiert, beschreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („Japan the Model“) am Freitag in NYTimes. Was an „Abenomics“ wirklich bemerkenswert ist, die scharfe Wendung in Richtung Stimulus in geld- und fiskalpolitischer Hinsicht durch die japanische Regierung von Ministerpräsident Shinzo Abe, dass niemand sonst in der fortentwickelten Welt etwas Ähnliches probiert. In der Tat scheint die westliche Welt vom wirtschaftlichen Defätismus gepackt.

Es wäre einfach für japanische Beamte, die gleiche Ausreden zu präsentieren, nichts dagegen zu unternehmen, wie wir es rund und den Nordatlantik zu hören bekommen: Japan ist nämlich gelähmt durch eine überalterte Bevölkerung, strukturelle Probleme der Wirtschaft, zu hohe Schulden (höher als in Griechenland). Und in der Tat haben japanische Behörden in den vergangenen Jahren solche Ausreden gern vorgetragen.

Wie funktioniert aber Abenomics? Die sichere Antwort ist, dass es noch zu früh ist, zu sagen, hebt Krugman hervor. Aber die ersten Anzeichen sind gut: das japanische BIP ist im ersten Quartal überraschend gewachsen. Man soll in die Zahlen des einen Quartals nicht viel hineininterpretieren. Aber es handelt sich dabei um etwas, was wir sehen wollen, unterstreicht Krugman.

Donnerstag, 23. Mai 2013

Fed warnt vor einer verfrühten Straffung der Geldpolitik


Die expansive Geldpolitik wird fortgesetzt. Fed-Chef Ben Bernanke hat gestern vor dem US-Kongress gesagt, dass der Kauf von Staatsanleihen und Hypothekarpapieren (zur Zeit 85 Mrd. $ pro Monat) erhöht oder gedrosselt werden können. Es kommt darauf an, wie sich der Arbeitsmarkt entwickelt. Die US-Wirtschaft schreitet zwar in einem gemässigten Tempo fort. Aber die konjunkturellen Risiken sind laut dem Protokoll der letzten Fed-Sitzung vom 30. April nach wie vor nach unten gerichtet.

Bernanke hütet sich vor einer verfrühten Straffung der Geldpolitik. Die Verringerung der Wertschriftenkäufe im Rahmen der mengenmässigen Lockerung der Geldpolitik (QE: quantitative easing) hängt von dem weiteren Verlauf der Konjunkturdaten ab.

An den Finanzmärkten ist aber plötzlich der Eindruck entstanden, als ob das Ende der QE-Politik unmittelbar bevorstünde. Der Dow Jones Index drehte gestern sofort ins Minus. Und die Aktienkurse rutschen heute morgen auch in Europa ab.

Vor diesem Hintergrund lohnt es sich, in Erinnerung zu rufen, wie die US-Notenbank die Ausstieg-Strategie beschreibt. Die Fed will dazu in einem ersten Schritt die Erträge aus den Wertschriften nicht mehr wieder investieren. Zweitens will die Fed die Zinsen (fed funds rates) erhöhen. Und einem dritten Schritt will die Fed die  Hypothekenpapiere verkaufen,und zwar schrittweise.

Mittwoch, 22. Mai 2013

IWF und negative Zinsen in der Schweiz


Während die Zinsen in vielen Volkswirtschaften nahe null liegen (zero lower bound), stellt es eine Herausforderung dar, die Kapitalzuflüsse zu managen. Der daraus resultierende Druck auf den Wechselkurs erbringt die Idee für die Einführung von negativen Zinsen. Der IWF hat vor diesem Hintergrund wie bereits im März auch gestern im Länderbericht „Switzerland“ nahegelegt, dass die SNB Überlegungen anstellen könnte, die Überschussreserven der Geschäftsbanken bei der SNB schrittweise negativ zu verzinsen.

Das Ziel wäre, die Zinsen am Interbankengeldmarkt (wholesale money market) zu entspannen, um auf diese Weise Kapitalzuflüsse zu entmutigen und den Druck auf den Wechselkurs zu entlasten.

Zuletzt hat Dänemark im Sommer 2012 mit Negativzinsen Erfahrungen gesammelt, um Kapitalzuflüssen Einhalt zu gebieten. Der Umgang mit negativen Zinsen ist nicht einfach. Es wirft spezielle Fragen auf. Nachteile könnten zu Tage treten, wenn Länder sie verwenden wollen, um die Konjunktur zu stimulieren, wie der IWF anmahnt.

In der gegenwärtigen Konjunktur der Schweiz sind diese potentiellen Nachteile aber weniger relevant als in anderen Ländern. Die Aktivität am Interbankenmarkt ist bereits sehr gering, da alle Banken über überschüssige Liquidität verfügen. Und die Geldmarktfonds haben in der Schweiz eine relativ geringe Präsenz. Das Kreditwachstum ist zudem besonders im Hypotheken-Markt stark.

Die Auswirkungen der negativen Zinsen auf die Hypothekenzinsen hängen von Durchgangsschleusen ab. Wenn die Banken die negativen Zinsen nicht auf die Sparer weiterreichen können, dürften sie geneigt sein, die Kreditzinsen zu erhöhen. Dies würde helfen, das Wachstum für Hypotheken-Darlehen zu dämpfen und den Anstieg der Immobillienpreise einzudämmen.



Netto Kapitalzuflüsse (privat) in den CHF, Graph: IWF – Switzerland, May 21, 2013

Dienstag, 21. Mai 2013

IWF und Mindestkurs der SNB


Die SNB hat bisher alle Vorwürfe im Hinblick auf sog. „Währungskriege“ (currency wars) entschieden zurückgewiesen. Thomas Jordan, SNB-Präsident hat zuletzt im Februar in einem informativen Referat die Festlegung des Mindestkurses von 1,20 CHF pro EUR verteidigt. Der IWF hat im März in seiner Länderprüfung „Switzerland“ hervorgehoben, dass die Schweiz eine stabilitätsorientierte Finanz- und Geldpolitik verfolge und keine “beggar-thy-neighbour”-Politik betreibe.

Heute hat der IWF der Schweiz erneut ein gutes Zeugniss ausgestellt. Eigentlich zweifach durch : (1) Switzerland: 2013 Article IV Consultation und (2) Switzerland: Selected Issues Paper.

Der Ausstieg aus dem Mindestkurs wäre laut IWF verführt, da (a) die Inflation immer noch zu niedrig ist, (b) die Produktionslücke (output gap) negativ verbleibt und (c) das Risiko eines erneuten, bedingt durch den Safe Haven-Status, Kapitalzuflusses bestehen bleibt.

Sollte es wieder zu grossen neuen Kapitalströmen kommen, könnte die Einführung von negativen Zinsen auf Überschussreserven der Geschäftsbanken bei der SNB in Erwägung gezogen werden. Wenn überhaupt, dann sollte die negative Verzinsung schrittweise eingesetzt werden, legt der IWF der Schweiz nahe.




Schweizer Franken, Schwankungen, sage und schreibe 2 Standardabweichungen, Graph: IMF, Switzerland: Selected Issues Paper, May 21, 2013

Die Einführung des Mindestkurses hat laut Schätzungen des IWF eine Aufwertung des Schweizer Frankens um 5% pro Monat verhindert.

Die Verfassung der Freiheit für die Elite


James Kwak fasst in seinem Blog einen lesenswerten Artikel („Nietzsche’s Marginal Children: On Friedrich Hayek“) von Corey Robin über die europäische Kultur des neunzehnten Jahrhunderts in einer einfachen Form zusammen, von Nietzsche bis die wirtschaftliche Philosophie von Friedrich Hayek.

Für Nietsche und die andere kulturelle Elitisten des späten 19. Jahrhunderts in Europa waren sowohl der Aufstieg des Bürgertums als auch des Gespenst der Arbeiterklasse schlechte Dinge, die erstere wegen ihres geistlosen Materialismus, und die letztere wegen ihrer egalitären Ideale. Ein Satz von Nietzsches Nachfahren, worauf sich Robin in seinem Artikel konzentriert, ist die Österreichische Schule (Austrian school of economics), angeführt von Friedrich Hayek.

Leute mögen denken, dass die Austrians Verfechter der Freiheit sind, sowohl in Sachen Volkswirtschaft (freie Wahl an den freien Märkten, unter bestimmten Annahmen,  maximiert den gesellschaftlichen Wohlstand) als auch was die moralischen Eigenschaften betrifft.

Robin verbindet Hayeks Verfassung der Freiheit mit Nietzsches Konzept der Freiheit. Letzlich hat Hayek sich aus elitären Gründen um die Freiheit gekümmert: Freiheit ist kein Selbstzweck, sondern ein Zustand, welcher Auserwählten erlaubt, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Und diese Auserwählten sind wahrscheinlich die reichen. Denn nur sie vefügen über die erforderliche Zeit und die Freiheit von materiellen Sorgen.

Montag, 20. Mai 2013

Was haben Nominallöhne in Portugal und Deutschland gemeinsam?

Es findet zur Zeit eine interessante Debatte zwischen Ryan Avent, Tyler Cowen und Karl Smith darüber statt, inwiefern eine expansivere Geldpolitik der EZB die Euro-Peripherie stützen würde.

Cowen bringt in seinem Blog seine Bedenken zum Ausdruck, dass eine weitere Lockerung des geldpolitischen Kurses durch die EZB zu einem Anstieg der Inflation in Deutschland führen würde als zu einem Wirtschaftswachstum in Portugal. Der an der George Mason University lehrende Wirtschaftsprofessor verfehlt aber den Punkt völlig, wie Paul Krugman in seinem Blog hervorhebt.

Was vor allem vollkommen irreführend in Cowens Argumentation ist, ist der Fokus darauf, dass Portugal und Deutschland nicht in direkter Konkurrenz zueinander stehen. Der Anstieg der Löhne und der Preise in Deutschland würden Portugal daher nur wenig helfen. Die Grenzneigung der Deutschen, zu konsumieren oder die Grenzneigung der deutschen Banken, Kredit zu vergeben, werde nicht in erster Linie in Richtung Portugal definiert, erklärt Cowen.

Was aber er vergisst, ist, dass die beiden Länder in einer Währungsunion dieselbe Währung teilen. Was in Deutschland passiert, hat daher sehr wohl Auswirkungen auf den Wert der Gemeinschaftswährung im Verhältnis zu anderen Währungen.

Cowen argumentiert weiter, dass ein Anstieg der Löhne in Deutschland am besten nur eines der Kernprobleme der Eurozone lösen würde, nämlich die falschen Preise zwischen Portugal und Deutschland. Es würde zur Lösung des Problems, dass die „nominalen Löhne in Portugal zu hoch“ sind, wenig beitragen.

Sonntag, 19. Mai 2013

German Bunds mit negativer Laufzeitprämie


Die EZB hat im Grunde genommen im Angesicht der deprimierten Wachstumszahlen und der schwachen Entwicklung der Inflation immer noch Spielraum, die Geldpolitik aggressiv zu lockern. Die jährliche Inflationsrate ist im Euro-Raum auf 1,2% gesunken.

Die EZB kann, wenn die Bundesbank sie nicht daran hindert, sowohl mit der traditionellen als auch mit der unkonventionellen Geldpolitik gegen die Störung der geldpolitischen Transmission vorgehen. Es ist vor diesem Hintergrund Realsatire, wie Stephan Ewald bemerkt, dass die EZB und die Bundesbank sich mit Gutachten vor dem Bundesverfassungsgericht bekämpfen.

Da das Thema Disinflation/Deflation immer deutlicher in den Mittelpunkt rückt, ist die EZB gefordert, mehr für die Preisstabilität zu unternehmen. Preisstabilität bedeutet nämlich, auch eine drohende Deflation abzuwehren. Wenn alle Länder versuchen, die wirtschaftlichen Probleme mit internal devaluation (d.h. Lonhsenkungen) zu lösen, endet der Prozess in Deflation. Das gemeinsam festgelegte Inflationsziel von 2% zu unterlaufen, ist andererseits ein Verstoss gegen die EWU-Regeln.




Der Status als sicherer Hafen sorgt für negative Laufzeitprämie für die Bunds, Graph: Anton Heese, Morgan Stanley

Samstag, 18. Mai 2013

FDIC schliesst am Freitag eine kleine Bank


Die FDIC (Einlagensicherungsbehörde) hat am Freitag eine kleine Bank in Arizona geschlossen.

Damit sind seit Beginn des Jahres 13 Banken verstaatlicht worden, nachdem im Vorjahr insgesamt 51 Banken gescheitert waren.

Die Zahl der Bankschliessungen im Jahr 2012 markiert mit 51 einen deutlichen Rückgang aus den beiden Vorjahren. Dennoch ist die Zahl ungewöhnlich hoch, da in einer stark wachsenden Wirtschaft jährlich i.d.R. nur vier oder fünf Banken im Durchschnitt geschlossen werden.

Die gestern verstaatlichte Bank verfügt insgesamt über ein Anlagevermögen (assets) von 31,6 Mio. $ und Einlagen (deposits) von 30,8 Mio. $. Die Kosten der geschlossenen Bank betragen für die öffentliche Hand  schätzungsweise 8,6 Mio. $.

Bankpleiten:

2013: 13
2012: 51
2011: 92
2010: 157
2009: 140
2008: 25
2007: 3

Freitag, 17. Mai 2013

Liquidität durch Notenbanken: Stein des Anstosses?


Sind die Zentralbanken verrückt geworden, so viel Liquidität in den Markt zu pumpen? Die Aktienkurse klettern auf wahnsinnig hohe Stände. Es wird ein grausames Ende geben! Etwa so hören sich die Aussagen und Behauptungen vieler namhafter Kommentare in diesen Tagen an.

Ähnlichkeit mit der Bernanke-Rage der Hedgies ist nicht von der Hand zu weisen.

Paul Krugman schreibt in seinem Blog, wie Antonio Fatas betont, dass die Daten diese Ansicht nicht unterstützen. Kurzfristige Zinsen liegen nahe null (zero lower bound), weil die Wirtschaft so schwer angeschlagen ist und für eine lange Zeit so verbleiben dürften. Langfristige Zinsen sind niedrig, weil viele Menschen zu Recht erwarten, dass die kurzfristigen Zinsen für eine lange Zeit niedrig verlaufen werden.

Wie sieht es mit Aktien aus? Dazu liefert Krugman die folgende Abbildung, wo die Gewinne von Unternehmen im Verhältnis zum S&P-500 Index dargestellt sind.



Unternehmensgewinne versus S&P-500 Index, Graph: Prof. Paul Krugman

Funktioniert die QE-Politik nur via Vermögenseffekt?


Während an den Aktienmärkten neue Rekorde verbucht werden, gibt es in diesen Tagen eine zunehmende Anzahl der Kommentatoren (hier, hier und hier), die ein jähes Ende der Euphoriegefühle an der Börse voraussagen.

Die Begründung: Die Notenbanken werden die QE-Politik demnächst abschliessen. Die Idee ist, dass die Fed mit der mengenmässigen Lockerung der Geldpolitik (d.h. quantitative easing) die Wirtschaft via Aktienmärkte ankurbelt. Steigen die Aktienpreise, fühlen sich die privaten Haushalte reicher und erhöhen den Konsum. Das heisst, dass die Notenbank die Wirtschaft mittels Wealth Effect stützt.

Glaubt aber Ben Bernanke tatsächlich daran, dass die QE-Politik sich nur über den Wealth Effect entfalten kann? Nein. Fed-Chef hat den ganzen Zusammenhang in seinem Referat („Monetary Policy since the Onset of the Crisis“) über die Portfolio Balance Impact in Jackson Hole geschildert. Die QE-Politik wirkt sich durch eine Vielzahl von Kanälen wie Zins, Kredit, Wechselkurs usw. aus, genau wie die traditionelle Zinspolitik. Es gibt aber auch andere Kanäle, wie die mengenmässige Lockerung der Geldpolitik durchschlägt.

Bernanke sieht die QE-Politik also nicht einzig durch die Aktien-Preise (Vermögenseffekt) wirken, wie Tim Duy in seinem Blog unterstreicht. Die oben verlinkten Kommentatoren wollen uns aber weismachen, dass Bernankes einziges Ziel ist, die Aktienkurse höher zu treiben.


Wirkungskanäle der Geldpolitik, Graph: Prof. Frederick Mishkin

Donnerstag, 16. Mai 2013

Warum unterstützt die Elite die Austeritätspolitik?

Die Austeritätspolitik hat in Europa viel Humankapital zerstört. Politiker und viele Mainstream-Ökonomen halten nach wie vor daran fest, als ob sie entschlossen wären, die Wirtschaft und damit die Gesellschaft in den Abgrund zu treiben.

Während sich Menschen aus Verweiflung über den Jobverlust das Leben nehmen, wird im Euro-Raum eine Phantomdebatte über die angeblich bevorstehende Gefahr von Hyperinflation geführt. Warum steht aber die Elite so sehr auf die Austerität?

Noah Smith hat sich mit dieser Frage in seinem Blog kürzlich auseinandergesetzt. Der junge Ökonom erklärt, warum die Austerität, unabhängig davon, wie kläglich sie in der Praxis gescheitert ist, so viel Unterstützung durch die Elite geniesst. Die Elite sieht wirtschaftliche Not als Chance, „Reformen“ durchzusetzen, was im Grunde genommen Veränderungen bedeutet,welche sie sich selbst wünscht, nicht ob sie auch dem Interesse der Wirtschaft (Förderung des Wachstums) dient. Und die Elite stellt sich gegen die Politik, die die Krise mildern könnte, ohne die Notwendigkeit von diesen Veränderungen.

Smith vermutet, dass die Austerians besorgt sind, dass anti-rezessive Makro-Politik einem Land die Möglichkeit geben würde, eine Krise durch Durchwursteln zu überwinden, ohne institutionelle Verbesserung. Mit anderen Worten befürchtet die Elite, dass ein erfolgreiches Konjunkturprogramm (stimulus) eine gute Krise verschwenden würde.

Wenn die Leute wirklich denken, dass die Gefahr des Konjunkturprogramms darin liegt,  dass es möglicherweise fehlschlagen würde, sondern dass es gelingen könnte, Abhilfe zu schaffen, dann müssen sie es deutlich sagen, damit sie glaubwürdig wirken, damit wir eine öffentliche Diskussion über Kosten und Nutzen führen, legt Smith dar.

Was Abenomics für die Eurozone bedeutet


Der japanische Yen hat sich seit dem Ausbruch der Finanzkrise von 2008 stark aufgewertet. Da die japanische Landeswährung als eine gute Absicherung gegen globale Risiken gehandelt wurde, ist der Wechselkurs von 120 auf 75 gegenüber dem US-Dollar gesunken.

Im vergangenen November hat jedoch eine Trendwende eingesetzt. Der neue Premierminister Shinzo Abe hat nämlich erklärt, die seit Jahrzehnten anhaltende Deflationsphase der japanischen Wirtschaft endgültig zu beenden. Kurodo, der neue Chef der Bank of Japan (BoJ) hat zudem im April eine extrem lockere Geldpolitik eingeleitet. Die japanische Notenbank will die monatlichen Ankäufe von Staatsanleihen verdoppeln. Die mengenmässige Lockerung der Geldpolitik wird fortgesetzt, bis die Inflationsrate auf 2% steigt. Und der Yen hat inzwischen ein Vierjahrestief gegenüber dem US-Dollar verbucht.

Ist die Abwertung des Yen aber das eigentliche Ziel von „Abenomics“ oder lediglich ein Nebeneffekt? Für einen US-Dollar ist heute 102,33 Yen fällig. Vor diesem Hintergrund befasst sich Tim Duy in seinem Blog mit der Frage, ob Abenomics das Exportgeschäft fördert oder die Nachfrage im Inland ankurbelt?

Der an der Oregon University lehrende Wirtschaftsprofessor vertritt die Ansicht, dass Abenomics das Augenmerk nach der heimischen Wirtschaft richtet. Die Abschwächung des Yen hält Duy für „fast eine Nachlese“.

Die Politiker, die in der Vergangenheit mit Interventionen unmittelbar die Volkswirtschaft unterstützt hätten, sehen heute ein, dass der Ansatz nicht funktioniert. Heute erkennt Japan die Notwendigkeit, direkt die Binnenwirtschaft mit voller Kraft zu hebeln. Duy ist also der Meinung, dass die Yen-Abwertung ein Nebeneffekt ist, allerdings mit Auswirkungen auf den globalen Handel.

Mittwoch, 15. Mai 2013

Konjunkturelle und strukturelle Schocks erfordern unterschiedliche Reaktionen

Jeroen Dijsselbloem vertritt in einem Interview mit CNBC die Meinung, dass Fiskal- und Geldpolitik keine Rolle spielen können, die Euro-Krise anzupacken. Zunächst müssen Strukturreformen her, so der Präsident der Euro-Gruppe.

Antonio Fatas bemerkt in seinem Blog in einer Stellungnahme dazu, dass die Euro-Gruppe allem Anschein nach langfristige Lösungen vorziehe, anstatt zu versuchen, kurzfristig eine Abhilfe zu schaffen.

Es gibt heute noch eine grosse Verwirrung über langfristige Probleme versus zyklische Probleme, unterstreicht der an der INSEAD lehrende Wirtschaftsprofessor. Die grundlegende Idee ist, als ob es keinen inhärenten Unterschied über die Dynamik der Wirtschaft im Hinblick auf die kurze und lange Sicht geben würde. Es ist im Grunde genommen ein Teil der nie enden wollenden akademische Debatte , wobei das Ganze für die politischen Entscheidungsträger nichts anders als eine ökonomische Weltanschauung bedeutet.

Wir haben aber hier mit zwei separaten Problemen zu tun, weshalb wir zwei andere Ansätze mit Instrumenten oder Lösungen benötigen, argumentiert Fatas. Es mag sein, dass eine verschwenderische Wirtschaftspolitik (öffentlich und privat) die Ursache der Great Recession ist.

Trifft es zu, bedarf es künftiger Anpassungen im Hinblick auf die Ausgaben und den Schuldenabbau. Wenn die Krise aber ausbricht, dann haben wir mit einem zweiten Problem zu tun, fährt Fatas fort: eine Rezession, die Arbeitslosigkeit auslöst. Das ist ein zyklisches Phänomen und die makroökonomischen Lehrbücher beschreiben es gut, was zu tun ist: Einsatz von Geld- und Fiskalpolitik.

Dienstag, 14. Mai 2013

Kapitalkontrollen


Die Debatte darüber, ob ein Anlass für die Begrenzung der Kapitalströme besteht, hat sich in jüngster Zeit sowohl in den Medien als auch in den akademischen Foren verstärkt. Die traditionelle Auffassung ist so, dass der freie Austausch von Kapital über die Grenzen hinweg allen Beteiligten zu Gute kommt. Die Kreditnehmer haben Zugangzu billigeren Krediten. Und d die Kreditgeber geniessen höhere Erträge aus ihren Investitionen. Diese Ansicht wird jedoch, wie The Economist neulich hervorhebt, nun zur Sprache gebracht.

Bianca De Paoli und Anna Lipinska überprüfen in einem Artikel im Blog der Federal Reserve Bank of New York die Argumente zu diesem Thema und zeigen, wie ihre Forschungsarbeit dazu beiträgt.

Der IWF hat zum Beispiel jüngst in einem Artikel („The multilateral approach to capital controls“) in voxeu mehrere Argumente vorgetragen, die den Einsatz von Kapitalkontrollen rechtfertigen können. Eines davon ist, dass die Kapitalkontrollen ein wertvolles Instrument darstellen, um eine Überbewertung einer Währung zu vermeiden und den Export-Sektor in Zeiten zu schützen, wo der Sektor für das Wirtschaftswachstum entscheidend ist.

Montag, 13. Mai 2013

Bank of Israel senkt Zinsen auf 1,50 Prozent


Die israelische Zentralbank (BoI) hat heute auf einer nicht-regulären Sitzung die Zinsen um 25 Basispunkte (d.h. 0,25%) auf 1,50% gesenkt. Zugleich hat der geldpolitische Ausschuss der BoI einen Kaufplan für Devisen am Markt angekündigt, um die Landeswährung vor einer übermässigen Aufwertung zu schützen.

Die BoI begründet  die Zinssenkung mit dem Hinweis auf die weitere Aufwertung des Schekels, die Berücksichtigung der Aufnahme der Gas-Produktion aus dem Tamar-Gebiet , die Zinssenkung durch die EZB, die anhaltenden  QE-Politik in den fortentwickelten Volkswirtschaften und die Abwärtskorrektur der weltweiten Wachstumsprognosen.

Der Schekel hat sich im vergangenen Monat gemessen an effektiven Wechselkursen um 2,4% und in den vergangenen drei Monaten um 5,4% aufgewertet.  Die BoI betont, dass die israelische Landeswährung gegenüber dem US-Dollar und dem Euro im Vergleich mit anderen Währungen stärker an Wert gewonnen hat. Der Trend der Aufwertung sei auch von der Aufnahme der Gas-Produktion im Tamar-Gasfeld beeinflusst worden.

Die BoI will deswegen noch in diesem Jahr anfangen, Devisen im Markt gegen den Schekel zu kaufen, um die negativen Auswirkungen, die aus der Gas-Produktion ausgehen, auf die Landeswährung auszugleichen.


Israel, Inflation, Graph: Morgan Stanley

Echte Männer haben hartes Geld

Sie hassen Ben Bernanke, weil sie keine Ahnung von der Makro-Ökonomie haben. Wer? Die Hedge Fonds Manager, vor allem die älteren Hedge Fundies. Warum? Weil sie zumindest seit dem Ausbruch der Finanzkrise nicht in der Lage sind, die für die hohen Gebühren und Kosten versprochenen überdurchschnittliche Rendite zu liefern.

Investoren verbuchen hohe Verluste. Und die Hedgies regen sich furchtbar auf. Die Emotionen kochen hoch. Impulsiv bis aggressiv greifen die Hedge Fonds Manager die US-Notenbank an. Die Wutattacke richtet sich insbesodere gegen den Fed-Chef Bernanke. Rage löst keine Probleme.

Die Quintessenz ist, dass die Hedgies mit dem falschen Textbuch arbeiten. Die Hedge Fundies haben ihre prägensten Erfahrungen in den frühen 1980er Jahren gesammelt, bemerkt Mark Dow in einem lesenswerten Eintrag in seinem Blog. Die Hedgies haben die Stichworte aufgeschnappt wie Milton Friedman, Geld-Multiplikator, Paul Volcker, Ronald Reagan und die Superneutralität des Geldes. Und sie haben v.a. ein Diktum verinnerlicht: „echte Männer haben hartes Geld“.

Das heisst, dass ein Anstieg der Giroguthaben der Banken bei der Zentralbank unmittelbar Inflation auslöst. Mit anderen Worten: Kein Notenbankgeld (monetary base), kein Kreditwachstum. Die Realität ist aber anders. Das Zentralbankgeld kommt heute in der Realwirtschaft nicht an. Es zirkuliert zwischen Banken und Notenbank.

Von 1981 bis 2006 ist die Summe der Kredit-Aktivposten der US-Finanzunternehmen um 32‘300 Mrd. $ (+744%) gestiegen. Wie haben sich aber die Giroguthaben (Sichtguthaben) der Banken bei der Fed in derselben Zeitspanne entwickelt? Sie sind um 6,5 Mrd. $ gesunken, unterstreicht Dow. Müsste die Notenbankgeldmenge (base money) in einem fraktionalen Reservesystem nicht gestiegen sein, damit das Kreditvolumen expandiert? Die Antwort ist strukturell, erklärt Dow weiter.

Die Deregulierung der Finanzmärkte, die in den frühen 1980er Jahren begann und die daraus folgende Entwicklung der Repo-Märkte haben den Transmissionsmechanismus der Geldpolitik grundlegend verändert. Die Kreditvergabe gegen Sicherheiten (collateral) ist heute König. Die Länge der Sicherheiten und Sicherheitsabschläge (haircuts) bestimmen die Obergrenzen des Geldangebots (Geldmenge), nicht die Notenbankgeldmenge (Geldbasis) und die Reserveanforderungen, hält Dow fest.


Inflation versus Giroguthaben der Banken bei der Zentralbank, Graph: Mark Dow
Die x-Achse zeigt die Notenbankgeldmenge (5J Wachstumsrate) und die y-Achse zeigt die Jahresteuerung.

Sonntag, 12. Mai 2013

Interbankengeschäfte


Ben Bernanke hat am Freitag in einem Referat („Monitoring the Financial System“) auf einer Banking-Konferenz der Chicago Fed vor Risiken am dem Interbankenmarkt (wholesale funding) gewarnt. Beträchliche Risiken verbleiben in den Märkten für kurzfristige Finanzierungen der Banken untereinander. Eines der wichtigsten Risiken sei, wie das System auf das Scheitern eines Broker-Dealer oder eines anderen grossen Kreditnehmers reagieren würde, so Fed-Präsident.

Es sei noch mehr Arbeit nötig, um die Investoren und andere Marktteilnehmer darauf vorzubereiten, um mit möglichen Folgen eines Zahlungsverzugs (default) eines grossen Marktteinehmers im Repo-Markt vorzubereiten. Die Möglichkeit eines Sturms auf dem Geldmarkt  (run on money-market funds) bleibe noch bestehen.

Die Finanzkrise hat vor Augen geführt, dass der Markt für Repo-Geschäfte (repurchase agreement funding)  ziemlich anfällig war. Tauchen Fragen im Hinblick auf die Art und den Wert der Sicherheiten auf, erhöhen die Kreditgeber entweder die Sicherheitsleistungen für die Hinterlegungen oder sie ziehen sich aus dem Markt völlig zurück. Die Kreditnehmer, die nicht in der Lage sind, margin calls (Sicherheitsleistungen) zu erfüllen, sehen sich gezwungen, zu verkaufen, womit die Preise von Vermögenswerten unter Druck geraten und ein Zyklus des Schuldenabbaus (deleveraging) in Gang gesetzt wird.

Die Fed entwirft Ausstiegsstrategie

Die US-Notenbank (Fed) entwirft eine Strategie zum Austieg aus dem Kaufprogramm für Anleihen in Höhe von 85 Mrd. $ pro Monat. Die Fed will mit einer umsichtigen Planung, die Menge der Anleihen, die sie kauft, sorgfältig und möglicherweise in stockenden Schritten reduzieren, während sie die Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt und den Verlauf der Inflation genau beobachtet, schreibt Jon Hilsenrath in einem Artikel im WSJ. Über den Zeitpunkt der Ausstiegsstrategie werde noch diskutiert.

Die Fed achtet angeblich darauf, die Strategie so klarzustellen, dass die Märkte nicht überreagieren, was den nächsten Schritt der Fed betrifft. Die Beamten legen Wert darauf, nicht Erwartungen aufkommen zu lassen, dass der Rückzug der Fed aus dem Markt gleichmässig und in einem einheitlichen Prozess erfolgen würde wie im Zeitraum von 2003 bis 2006, als die Fed die kurzfristigen Zinsen in einer Reihe von aufeinander folgenden Schritten in gerade 17 Sitzungen um jeweils Viertel Prozentpunkt erhöhte.


Fed Bilanzsumme, Graph: Jon Hilsenrath, WSJ

Samstag, 11. Mai 2013

Fed ist kein Rogue Trader

Der letzte Schrei in der US-Blogosphäre dreht sich um das Thema „Bernanke-Wut“. Insbesondere ältere Hedge Fonds Manager machen in diesen Tagen ihrem Ärger Luft, dass die mengenmässige Lockerung der Geldpolitik durch die Fed daran Schuld sei, warum die Wirtschaft kaum vom Fleck komme. 

Einige renommierte Hedgies behaupten sogar seit mehr als vier Jahren, dass die Inflation durch die Decke schiessen werde und es eine Bond-Blase an den Anleihemärkten gebe. Der Wutanfall richtet sich gegen den Fed-Präsidenten. Ben Bernanke trage die Verantwortung für die Misere in der Wirtschaft.

Brad de Long beschreibt in seinem Blog, dass die Hedge Funders die Fed wie einen rogue trader (einen verbrecherischeren Händler) wie London Whale behandeln, der die Preise künstlich nach oben treibt, um daraus Vorteile zu ziehen. Dabei versucht die US-Notenbank, die Preisstabilität zu gewährleisten und Vollbeschäftigung Rechnung zu tragen.

Viele Hedge Fonds Manager scheinen auf historische Korrelationen angewiesen, welche Jahrzehnte gut existierten, z.B. Korrelationen mit Haushaltsdefiziten, wobei viele davon ziemlich modell-frei waren, bemerkt
Paul Krugman in seinem Blog dazu. Der entscheidende Punkt ist, dass ein Deleveraging-Schock (der alle drei Generationen mal vorkommt) alle solche Korrelationen nutzlos macht. Länderübergreifende Analogien (z.B. mit Japan) wären dabei besser gewesen. Aber viele Hedge Fonds Manager weigern sich, sich davon inspirieren zu lassen. Warum? Hyperinflation-Trauma?


Notenbankgeldmenge (monetary base), Graph: FRED, Fed. St. Louis

FDIC schliesst am Freitag zwei weitere Banken


Die FDIC (Einlagensicherungsbehörde) hat am Freitag zwei Banken in North Carolina und Georgia geschlossen.

Damit sind seit Beginn des Jahres 12 Banken verstaatlicht worden, nachdem im Vorjahr insgesamt 51 Banken gescheitert waren.

Die Zahl der Bankschliessungen im Jahr 2012 markiert mit 51 einen deutlichen Rückgang aus den beiden Vorjahren. Dennoch ist die Zahl ungewöhnlich hoch, da in einer stark wachsenden Wirtschaft jährlich i.d.R. nur vier oder fünf Banken im Durchschnitt geschlossen werden.

Die gestern verstaatlichten zwei Banken verfügen insgesamt über ein Anlagevermögen (assets) von 82,7 Mio. $ und Einlagen (deposits) von 79,0 Mio. $. Die Kosten der geschlossenen drei Banken betragen für die öffentliche Hand  schätzungsweise 26,2 Mio. $.

Bankpleiten:

2013: 12
2012: 51
2011: 92
2010: 157
2009: 140
2008: 25
2007: 3

Freitag, 10. Mai 2013

Warum Hedge Fonds das IS-LM-Modell wie die Pest hassen


Hedge Fonds unterliegen keinen Anlagerichtlinien. Erlaubt sind alle Formen der Kapitalanlage. Da sie unterschiedliche Anlagestrategien verfolgen und mittels Fremdfinanzierung überdurchschnittliche Renditen versprechen, verlangen sie auch hohe Gebühren.

Hapert es mit der Performance, ist es offensichtlich nicht schwer, schnell in Rage zu geraten. Es sind aber nicht die Investoren, sondern die alten, namhaften Manager von Hedge Fonds, die an die Decke gehen. Wie Joe Weisenthal in Business Insider berichtet, richtet sich der Wutanfall gegen die US-Notenbank bzw. gegen den Chef der Fed: „Viele Big Guys hassen Ben Bernanke“. Stanley Druckenmiller nennt die Fed-Politik „völlig unerhöht und unangemessen“. Paul Singer redet davon, dass Bernanke das Sozialgefüge zerstöre.

Warum? Mark Dow bemerkt, dass einige Hedge Fonds Mangager von der Geldpolitik nichts verstehen und daher denken, dass Bernanke alles falsch mache. Was sie erwarten, ist ein Einsturz des Marktes, damit sie selbst aufräumen können.

Das Getöse ist durch nichts zu rechtfertigen. Die Fed macht schliesslich ihren Job. Wenn die Arbeitslosigkeit hoch und die Inflation niedrig ist, senkt sie die Zinsen, um die Wirtschaft anzukurbeln. Die Arbeitslosigkeit ist heute extrem hoch und die Inflation verläuft unterhalb der Zielmarke der Fed.

Das Lehrbuch sagt, was zu tun ist, wenn die Zinsen nahe null liegen (zero lower bound): mengenmässige Lockerung der Geldpolitik (QE: quantitative easing). Es ist also die wirtschaftliche Situation, die radikal ist, nicht die von der Fed verfolgte Geldpolitik, wie Paul Krugman in seinem Blog hervorhebt. Aus welchem Grund auch immer sind die alten Hedge Fonds Manager tendenziell Goldbugs und vertreten Hyperinflation-Fantasien.


Überschussreserven der Geschäftsbanken bei der Fed versus Kerninflation, Graph: Matthew O’ Brien in The Atlantic

Erzeugt Bernanke Blasen?


Blasen können schlecht für das finanzielle Befinden sein und aber auch schlecht für die Stabilität der Wirtschaft, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („Bernanke, Blower of Bubbles?“) am Freitag in NYTimes. Wenn also Leute über Blasen reden, sollten wir über die Behauptungen nachdenken, sie nicht einfach verächtlich abtun, wie viele selbsternannte Experten auf Warnungen im Hinblick auf den Immobilienmarkt reagiert haben, erklärt der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor.

Und es gibt derzeit viel Gerede über Bubbles. Vieles davon betrifft die angebliche Blase auf dem Anleihemarkt. Aber auch der Anstieg des Dow Jones Indexes hat Befürchtungen über eine Aktien-Blase ausgelöst.

Haben wir also eine grosse Bond-Blase und/oder eine Aktien-Blase? Was die Anleihen angeht, ist die Antwort laut Krugman definitiv nein. Aber auch in Sachen Aktien glaubt der Träger des Wirtschaftsnobelpreises nicht an eine Blase, obwohl er einschränkt, dass er sich dabei nicht ganz sicher sei. Warum wird aber zur Zeit über eine Anleihe-Blase geredet? Zum Teil reflektiert die Diskussion die korrekte Betrachtung  der historisch niedrigen Zinsen. Man muss aber dabei bedenken, dass auch die Wirtschaft sich in einem besonders schrecklichen Zustand befindet. Die gewöhnlichen Regeln darüber, was ein angemessenes Niveau für die Zinsen ausmacht, greifen heute zu kurz.

Es gibt auch ein weiteres Element von Wunschdenken hierbei, argumentiert Krugman. Aus welchem Grund auch immer entwickelten manche Leute in der Finanzbranche einen tiefen Hass für Ben Bernanke. Wie es sich herausstellt, werden bärtige Princeton-Professoren  nicht als gute Grundlage für Anlagestrategien betrachtet, beschreibt Krugman amüsant.

Warum sich Schweizer Franken abschwächt


Es gibt derzeit hauptsächlich zwei Gründe für einen schwächeren CHF:

(1) Kapitalabflüsse aus der Schweiz,

(2) Rückgang der Kapitalabflüsse aus der Peripherie der Euro-Zone.

Der Abfluss der Bankeinlagen aus der EU-Peripherie scheint abzunehmen. Bemerkenswert ist, dass diese Entwicklung mit dem Rückgang des Wechselkurses EUR/CHF einhergeht. Das heisst, dass der CHF gegenüber dem EUR abwertet, während die Abwanderung der Kunden-Einlagen aus der EU-Peripherie sich zurückbildet. Die EZB scheint mit dem OMT-Programm und der kürzlich vollzogenen Zinssenkung die Panik im Euro-Raum zu beenden.

Dara Blume, Analystin von Morgan Stanley liefert dazu die folgende bemerkenswerte Abbildung.

Das Global Currency Team der US-Investmentbank erwartet, dass die Investoren den Kauf von Vermögenswerten in Euro zunehmend mit dem britschen Pfund und dem Schweizer Franken finanzieren.


Bankeinlagen an der EU-Peripherie und Verlauf des EUR/CHF Wechselkurses,  Graph: Dara Blume, Morgan Stanley