Sonntag, 30. Mai 2021

Inflation und unterbrochene Lieferketten

"Eine Rückkehr zur Stagflation der 1970er Jahre ist nur eine unterbrochene Versorgungskette entfernt", schrieb Stephen Roach vor einem Jahr in der FT.

"Steigende Defizite und Schulden könnten das Problem verschärfen. Im Moment macht sich niemand darüber Sorgen, weil man davon überzeugt ist, dass die Zinsen für immer bei null bleiben werden. Aber mit der gebrochenen Versorgung, die die Inflation in die Höhe treiben wird, wird diese Annahme auf die Probe gestellt werden."

Die Betonung betrifft die «unterbrochene Versorgungsketten» (global supply chains). 

Die Prognose lautet, dass die unterbrochenen globalen Lieferketten zu einem Anstieg der Inflation führen würden.

Die japanische Wirtschaft leidet bekanntlich unter Deflation. Und es ist erwähnenswert, dass Japan Teil globaler Lieferketten ist, genau wie die USA oder Europa. 


German Bunds mit 10 Jahren Laufzeit, die nominale (rote Kurve) und reale (blaue Kurve) Rendite und Inflationserwartungen (graue Kruve), Graph: PictetWM, May 28, 2021


Samstag, 29. Mai 2021

S&P 500 Index Gewinnrendite fällt unter Null

Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Aktien-Bewertungen derzeit immer noch extrem sind.

Es gibt viele Möglichkeiten, die Marktbewertung zu messen, einschließlich Gewinn, Cashflow, Buchwert und Umsatz. 

Bei fast jeder dieser Methoden liegt der S&P 500 im 99. oder 100. Perzentil, wie Morgan Stanley festhält.

Um die Bewertungen im Verhältnis zu den nominalen Zinssätzen zu betrachten, schauen wir uns die Aktien-Risikoprämie an, die die Rendite der Unternehmensgewinne mit der Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihen vergleicht. 

Auch auf dieser Basis sind Aktien überbewertet

Schließlich befasst sich das Global Investment Committee von Morgan Stanley mit der Frage, ob die Anleger eine Aktienrendite (equity earnings yield) einpreisen, die die Inflation der Verbraucher übersteigt, indem sie den Verbraucherpreisindex als Maßstab nehmen. Das tun sie nicht. 

Nach diesem Maßstab liegt die reale Rendite von Aktien inzwischen unter null, ein Niveau, das zuletzt während der Technologieblase von 1999-2000 erreicht wurde.


S&P 500 Index real Gewinnrendite (earnings yield), Graph: Morgan Stanley, May 24, 2021

Mittwoch, 26. Mai 2021

Deutsche Staatsanleihen und Short Selling

Marktteilnehmer reden in diesen Tagen öfters davon, dass die Rendite der 10-jährigen deutschen Staatsanleihen kurz davor steht, ins Positive zu drehen. 

Der Grund ist die erwartete Erholung der Wirtschaft, angetrieben von einer günstigen Kombination aus dem COVID19-Impfungsprozess, der vorankommt und die weltweit positiven Implikationen der fiskalpolitischen Rettungsmassnahmen der Biden-Administration aus den USA.

Die Bundesanleihe mit einer Laufzeit von 10 Jahren weist seit Mai 2019 eine negative Rendite auf. Sogar noch im November lag die Rendite der 10-jährigen German Bunds bei negativen 0,62%. Aktuell notiert sie auf minus 0,16%.

Die meisten Anleihe-Broker erwarten nun, dass sie im nächsten Jahr positiv wird, wobei einige, darunter Goldman Sachs, sagen, dass die Rendite im Jahr 2021 positiven Bereich erreichen könnte.

Es mag dahingestellt sein, ob die «Wende» 2021 oder 2022 stattfindet. Ein offenes Geheimnis ist, dass das Motto «Never Short the German Bund» immer noch gilt, unabhängig davon, ob die Rendite sich über oder unterhalb der Null-Zins-Marke befindet.



Der Verlauf der Rendite der deutschen Bundesanleihen mit 10-Jahren Laufzeit, Graph: Barron‘s, May 24, 2021


Sonntag, 23. Mai 2021

Aktien-Anleihen Korrelation

Während sich die Risikoaversion von Aktien über Rohstoffe bis hin zu Kryto-Token vergangene Woche ausbreitete, rührten sich US-Treasury Bonds nicht vom Fleck.

Was auffiel, ist, dass die Korrelation zwischen dem S&P 500 Index und US-Staatsanleihen (UST) ins Positive gedreht hat. Tatsächlich waren US-Aktien und US-Staatspapiere seit 1999 nicht mehr so positiv korreliert.

Bloomberg meldete dazu, dass die US-Treasury Bonds nun als Absicherung gegenüber Aktien nutzlos geworden sind. 

Die 60-Tage-Kennzahl hat am Mittwoch den Wert 0,5 erreicht. Die durchschnittliche Korrelation in den letzten zwei Jahrzehnten lag bei minus 0,3. Das bedeutet, dass ein Rückgang der Aktien bisher oft von einer Rally der Anleihen begleitet worden war.

Mit anderen Worten: Wann immer risikoreiche Anlagen unter Druck gerieten, fielen die Renditen. Und umgekehrt schnellten die Anleihekurse nach oben.


Aktien-Bonds Korrelation, Graph: Bloomberg, May 20, 2021.


Freitag, 21. Mai 2021

Erholung der Wirtschaft: Inflation und Basis-Effekt

Inflation ist in letzter Zeit in aller Munde. Die Sorgen darüber gehören momentan zu den wichtigsten Marktreibern. 

Das vorherrschende Gerede dazu ist, dass die Zentralbanken ihre Macht zur Geldschöpfung mutwillig missbrauchen, was auf beiden Seiten des Atlantiks bald zu einer galoppierenden Inflation führen werde.

Im April 2021 stiegen die Pkw-Neuzulassungen in der EU um 218,6%. Inflation? Nein, Basiseffekt: Die Vergleichsbasis im letzten Jahr war aufgrund der Beschränkungen bedingt durch die Coronavirus-Massnahmen niedrig.

Tatsache ist, dass das Verkaufsvolumen im vergangenen Monat trotz des grossen prozentualen Anstiegs fast 300'000 Einheiten unter dem des Aprils 2019 lag.

Die Umsätze im US-Einzelhandel und der Gastronomie für April 2021 lagen bei 619,9Mrd. USD und damit gegenüber dem Vormonat um 51,2% höher. Inflation? Nein, Basiseffekt.

Auch vor einem Jahrzehnt gab es viel Narrativ darüber. Im Sog der dadurch ausgelösten Panik sah sich die EZB gezwungen, trotz der hohen Arbeitslosigkeit in der Eurozone die Zinsen zu erhöhen. Doch eine Hyperinflation fand nicht statt.



Der von der Fed bevorzugte Inflationsindex, der PCE-Preisdeflator, ist seit Mitte 2012 im Durchschnitt um 1,5% pro Jahr gewachsen. Im Gegensatz dazu lag die Inflation zwischen 1997 und 2010 im Durchschnitt bei knapp 2%, Graph: M.C. Klein, Barron‘s May 19, 2021 


Samstag, 15. Mai 2021

Arbeitskräftemangel oder Mangel an Lohnwachstum?

Die US-Wirtschaft hat im April 266,000 Stellen geschaffen. Volkswirte hatten mit 1 mio. Stellen gerechnet. Zudem wurde das Stellenwachstum der Vormonate Februar und März nach unten revidiert.

Im Durchschnitt wurden zwar in den vergangenen drei Monaten (non-farm payrolls, ausserhalb der Landwirtschaft) 524,000 Arbeitsplätze besetzt.

Aber die Enttäuschung über die Entwicklung des US-Arbeitsmarktes ist selbstverständlich gross. Eine Frage, die im Fokus steht, ist, ob die Ausweitung der Arbeitslosenversicherung des Einstellungstempo in wesentlicher Weise gebremst hat.

Das heisst, ob das erhöhte Arbeitslosengeld einen Anreiz für fähige Arbeitskräfte darstellt, an der Seitenlinie zu bleiben und damit einen möglicherweise kurzfristigen Arbeitskräftemangel zu verschärfen.

Was wir wissen, ist, dass Einzelhändler, Restaurants, Hotels und andere Teile der Dienstleistungswirtschaft Schwierigkeiten haben, neue Mitarbeiter einzustellen.



US-Arbeitsmarkt und das verfehlte Ziel im April, Graph: Bloomberg, May 10, 2021 

Freitag, 7. Mai 2021

Janet Yellen und die überhitzte Inflationsdebatte

US-Finanzministerin Janet Yellen hat in einem Online Interview mit dem Magazin «The Atlantic» von einer möglicherweise notwendigen Zinsanhebung gesprochen. 

Später hat sie aber zurückgerudert. Dem Wall Street Journal hat sie nämlich gesagt, dass die Inflation für die US-Konjunktur kein Problem darstelle. 

Die ehemalige Fed-Chefin hat zudem betont, dass sie weder höhere Zinsen voraussage, noch empfehle sie eine Zinsanhebung.

Die Märkte haben auf die Aussage, die später - wie kurz geschildert -klargestellt wurde, trotzdem mit Befremden reagiert. 

Sturm im Wasserglas?

Im Grunde genommen hat Yellen etwas Offensichtliches bekräftigt: «wenn es regnet, haben wir einen Schirm». Das heisst, dass die Fed gewappnet ist, auf eine eventuelle Überhitzung der Wirtschaft rechtzeitig zu reagieren. Mit Zinsen, die heute nahe null liegen. 

Wenn aber die Marktreaktion die Angst vor einer zukünftigen Zinserhöhung widerspiegelt, dann ist sie irrational.


Shadow Fed Funds Rate (Schatten Zinssatz), Fed Funds Rate ist derjenige Zinssatz, zudem die Banken und Sparkassen Geld untereinander leihen, um ihre Salden bei der Zentralbank über Nacht auszugleichen, Graph: Atlanta Fed, May 05, 2021