Donnerstag, 23. Juli 2020

„Sparschock“ und die akkommodierende Geldpolitik


Angesichts des wirtschaftlichen Schocks durch das Coronavirus sehen sich Unternehmen, Verbraucher und Investoren veranlasst, Bargeld zu horten, wie fast nie zuvor.

Und Experten gehen davon aus, wie Bloomberg berichtet, dass der Spardrang auf Dauer bestehen bleibt. 

Das dürfte erstens zu einer starken Nachfrage nach den sichersten festverzinslichen Produkten führen. Der hauptsächliche Nutzniesser wäre die US-Notenbank, die sich derzeit tatkräftig bemüht, das Zinsniveau zu drücken.

Eine weitere Begünstigte ist sicherlich die US-Administration, die das Angebot an Staatsanleihen erhöht, um Konjunkturmassnahmen zu finanzieren.


Die Sparquote (23,2%) der privaten Haushalte in den USA in Prozentzahl des verfügbaren persönlichen Einkommens, Graph: Bloomberg, July 23, 2020

Sonntag, 12. Juli 2020

US-Dollar und ein multipolares Währungs- und Wirtschaftssystem


Seit Donald Trump US-Präsident wurde, fällt es auf, dass die US-Administration keine Gelegenheit auslässt, Organisationen wie die EU, die UNO, die NATO und die WTO bösartig anzugreifen.

Trump hat bereits mehrmals gedroht, die USA sowohl aus der NATO als auch aus der WTO herauszuziehen. Seine Behauptung: Die USA werden beschissen. 

US-Aussenminister Pompeo hat neulich vorgeschlagen, dass die chinesische Sozial-Media-Anwendungen in den USA verboten werden, darunter Tik Tok, wie Paul Donovan von UBS am Dienstag notiert hat.

Paola Subacchi beschreibt es vor diesem Hintergrund so, dass die Vereinigten Staaten sich nicht nur in einen "großartigen Isolationismus" zurückziehen, sondern jetzt auch zu Anti-Multilateralismus, Ad-hoc-Bilateralismus und einem "deals-driven"-Ansatz in der Weltwirtschaftsordnung tendieren.

Am vergangenen Dienstag wurde der UNO-Generalsekretär offiziell informiert, dass die USA die Weltgesundheitsorganisation (WHO) verlassen. Trump hat WHO schwere Versäumnisse in der Corona-Pandemie vorgeworfen und bereits im April die Beiträge eingefroren.

Einige Top-Berater von Präsident Trump wollen nun, dass die USA die Koppelung (USD-peg) des Hongkong-Dollar an den USD untergraben, da die Administration Überlegungen anstellt, um China für die jüngsten Schritte zur Abschaffung der politischen Freiheiten der ehemaligen britischen Kolonie zu bestrafen. 


Hong Kong Dollar risk reversals, Graph: Bloomberg Quint, July 08, 2020

Freitag, 10. Juli 2020

Interview: Paola Subacchi, Queen Mary University of London


Paola Subacchi is Professor of International Economics at the University of London’s Queen Mary Global Policy Institute


How did the belief in the primacy of national interest over multilateral cooperation develop since the end of Bretton Woods despite a deeply interconnected global economy? What are the main reasons for the rising of economic nationalism we have seen recently on both sides of the Atlantic (e.g. “Brexit” and “America First” approach)?

The resurgence of economic nationalism and the belief that national interests should take precedent over multilateral cooperation can ultimately be traced back to unfettered capital flows, or – as I call it – free money. 

Under the Bretton Woods arrangements capital controls ensured that the scope for beggar-thy-neighbour policies was limited, but this came to an end when the United States unilaterally unravelled the system in 1971. 

The blind belief in the market’s ability to self-adjust meant that the ‘non-system’ of floating exchange rates and unfettered capital flows became the default. 

What followed was a devastating string of financial and economic crises – such as Britain and Italy’s Black Wednesday (1992), Mexico’s Tequila crisis (1994), the Asian financial crisis (1997) and of course the global financial crisis (2008) – that have ravaged both developing and developed countries. 

Mittwoch, 8. Juli 2020

Krise, Staatsanleihen und Vertrauen


Das beispiellose Ausmass und der Umfang der geldpolitischen Massnahmen der Fed haben inzwischen die US-Treasury Bonds zu ihrer stärksten Performance in den vergangenen Jahren verholfen.

Wer zu Beginn des Jahres in US-Staatsanleihen investiert hat, kann sich über einen Ertrag von 8,55% freuen.

Die US-Notenbank kauft zur Abfederung der wirtschaftlichen und finanziellen Auswirkungen der Corona-Krise Wertpapiere am offenen Markt und erklärt sie damit für „risikofrei“.

Investoren kaufen Staatsanleihen, weil sie sicher, liquide und erstklassig sind.

Angesichts der negativen Realzinsen, die gegenwärtig weltweit in vielen Industrieländern vorherrschen, ist die Wertentwicklung der Staatspapiere jedoch beträchtlich 


Die Performance der US-Treasury Bonds seit Jahresbeginn, Graph: Morgan Stanley, July 06, 2020

Dienstag, 7. Juli 2020

Eine ungewöhnliche Krise und die Macht des Staates


Es ist ein offenes Geheimnis, dass das keine gewöhnliche Krise ist. 

Die GFC von 2008-2009 war ein Nachfrage-Schock. Die Corona-Virus Krise von 2020 ist ein Angebot-Schock. Eine Krise, die der Realwirtschaft entsprungen ist und dann auf die Finanzmärkte übergegriffen hat.

Es handelt sich dabei um ein abruptes Ausschalten („lockdown“) der Volkswirtschaften, angeordnet durch die Behörden, gefolgt von einem relativ abrupten Wiedereinschalten („reopening“).

Und wir haben zwei Arten von Arbeitsplatzverlusten gesehen, wie Bloomberg berichtet. Zum einen durch das Corona-Virus und zum anderen durch die wirtschaftliche Notlage. 

Die erste Kategorie betrifft Menschen, die wegen der Nähe zum Kunden ihre Stelle vorübergehend haben verlassen müssen: Restaurants, Fitness Center, Friseur-Laden usw. Die zweite Kategorie hingegen erfasst den Verlust von Arbeitsplätzen aufgrund der wirtschaftlichen Schrumpfung. 


Das weltweite reale BIP-Wachstum, Graph: JPMorgan Asset Management, July 01, 2020

Sonntag, 5. Juli 2020

The Cost of Free Money


Buchbesprechung

Paola Subacchi: The Cost of Free Money – How Unfettered Capital Threatens Our Economic Future, Yale University Press, August 2020


Die Welt ist vom Zusammenbruch bedroht. Bisher waren alle Augen auf den Handel gerichtet. Aber die Kernfrage betrifft das frei fließende Kapital.

Denn damit steht eine Reihe von Finanz- und Wirtschaftskrisen in Verbindung, die die politischen Systeme belastet und die globale Wirtschaftsordnung zermürbt hat. 

Es ist sicherlich nicht abzustreiten, dass das Kapital in jeder Phase der wirtschaftlichen Entwicklung von entscheidender Bedeutung ist. 

Doch viele Länder haben Schwierigkeiten, aufgrund ihrer immanenten Fragilität, ihre Volkswirtschaften zu justieren, um mit uneingeschränkten Kapitalbewegungen (freiem Geld) fertig zu werden, wenn sich ihre relative Position auf den internationalen Märkten ändert. 

Im Fokus des Buches steht vor diesem Hintergrund der uneingeschränkte Kapitalverkehr und die damit verbundene finanzielle Instabilität, die für die verzerrte Allokation der Ressourcen und damit auch der ungleichen Einkommensverteilung zwischen Arbeit und Kapital verantwortlich ist. 

Was ist die Lösung? 

Freitag, 3. Juli 2020

Coronavirus-Pandemie und Haushaltsdefizite


Das ist eine bemerkenswerte Abbildung, die JPMorgan Asset Management neulich präsentiert hat.

Wir sehen, dass die Verschuldung des öffentlichen Sektors im Vergleich zum BIP ansteigt, während die Verschuldung des privaten Sektors fällt.

Der Grund ist bekannt: Rettungsprogramme der Regierungen in der Corona-Krise. Unternehmen halten sich mit Investitionen zurück, weil ein Virus die gesamte Wirtschaft infiziert hat.

Der Staat erhöht daher seine Ausgaben, während der Privatsektor dazu neigt, etwas mehr auf die hohe Kante zu legen. 

Der Anstieg des Haushaltsdefizits reflektiert m.a.W. die Schwäche der Realwirtschaft: Es mangelt an Nachfrage. Man denke an die „lockdown“ Massnahmen, die von Behörden ergriffen wurden.


Schulden-Quoten in der US-Wirtschaft im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung (BIP), Graph: JPMorgan Asset Management, Juli 01, 2020

Mittwoch, 1. Juli 2020

Animal Spirits: Aktienmärkte und Wirtschaft


Der US-Aktienmarkt hat gerade das beste Quartal seit über 21 Jahren verbucht. Die US-Wirtschaft hingegen markiert das schlechteste Quartal aller Zeiten.

Das Bekenntnis der US-Notenbank zu niedrigen Zinssätzen bedeutet sicherlich ein starker Schub für Aktien. 

Aber auch der Fiskal Stimulus zur Ankurbelung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage schürt Hoffnungen, dass nach dem heftigen Umsatzbruch infolge der Coronavirus Pandemie demnächst durchaus möglich ist, bald das Licht am Ende des Tunnels zu sehen.

Paul Donovan von UBS ruft in Erinnerung, dass börsennotierte Unternehmen einen relativ geringen Teil der Volkswirtschaft ausmachen und das Virus im Allgemeinen kleinen Unternehmen mehr schadet als börsenkotierten Unternehmen.


Aktien-Performance im 2. Quartal 2020, Graph: Bloomberg TV, July 01, 2020