Sonntag, 8. April 2012

Doppelmandat der US-Notenbank (Fed)


Die Schweizerische Nationalbank (SNB) will sowohl Inflation als auch Deflation verhindern. Ihr Ziel ist Preisstabilität, weil Inflation und Deflation zu willkürlichen Einkommens- und Vermögensverteilung führen und das Wachstum beeinträchtigen können.

Die SNB führt die Geld- und Währungspolitik daher im Gesamtinteresse des Landes, indem sie die Preisstabilität gewährleistet, und dabei der konjunkturellen Entwicklung Rechnung trägt.

Die SNB hat m.a.W. ein Doppelmandat ähnlich wie die US-Notenbank. Die Fed hat (dual mandate) sowohl Preisstabilität als auch Vollbeschäftigung zum Ziel.

In den vergangenen Wochen werden jedoch Stimmen laut, dass die Fed sich darauf konzentrieren soll, die drohende Inflation zu bekämpfen. Der Teufel wird an die Wand gemalt. Die Angst vor einer galoppierenden Inflation greift um sich.

Luigi Zingales fordert in einem Artikel („End Double Mandate to Save Fed’s Independence“) in Bloomberg, dass die Fed sich auf die Geldwertstabilität beschränken soll. Das Doppelmandat gebe der Fed „zu viel Flexbilität“, um die Wirtschaftspolitik an die Stelle von Regierung zu gestalten. Genau dies mache die Fed politisch verwundbar. „Die Zentralbank kann unabhängig oder Aktivist sein. Aber nicht beides. Unabhängigkeit ist besser“, fasst der an der University of Chicago, Booth School of Business lehrende Wirtschaftsprofessor zusammen.


Inflation und Lohnwachstum in den USA; Graph: Mary Daly, Bart Hobijn and Brian Lucking, FRBSF, Economic Letter, April 2012.

Es ist einer der bemerkenswerten Aspekte über die anhaltende Wirtschaftskrise, wie viele Menschen auf das Geschehen reagieren, indem sie z.B. Doktrinen folgen, die die Probleme verschlimmern. Das Leiden von Spanien und Irland belegt, dass ausgeglichene Haushalte und niedrige Verschuldung in guten Zeiten keinen Schutz gegen Krise bieten, wie Paul Krugman in seinem Blog zum Ausdruck bringt.

Europäische Entschediungsträger stellen verschärfte fiskalpolitische Regeln in den Mittelpunkt ihrer politischen Agenda. Die breiter gefasste Euro-Krise zeigt aber die Kehrseite der festen Wechselkurse und der unflexiblen Geldpolitik, sodass die Rechten am Goldstandard doppelt scheitern, beschreibt Krugman weiter. Und die Kernschmelze an Finanzmarkt führt die Notwendigkeit für eine effektive Regulierung der Banken vor Augen. Die Rechte fordern sogar weniger öffentliche Intervention.

Prof. Zingales Forderung nach Abschaffung des Doppelmandats der Fed ist deswegen in diesem Lichte zu verstehen.

Warum ist aber das Vorhaben falsch?

Weil nach unten starre Nominal-Löhne (siehe hier) eine Realität sind.  

Krugman deutet auf eine etwas ältere Forschungsarbeit („Near-Rational Wage and Price Setting and the Optimal Rates of Inflation and Unemployment“) von Akerlof, Dickens und Perry hin, wo die Autoren zeigen, dass, wenn die Nominal-Löhne nach unten strarr (rigid) sind, es ein Austauschverhältnis (trade-off) zwischen Inflation und Arbeitslosigkeit gibt: eine niedrige, aber positive Inflation steht mit einer anhaltend depressiven Wirtschaft im Einklang. Doch eine Zentralbank mit einem einzigen Mandat (single mandate) würde all zu wahrscheinlich darauf hinweisen, dass die Preisstabilität gewährleistet und ihre Arbeit getan sei.

Hinzu kommt die Wahrschleichkeit, dass wir eine Inflation benötigen (mehr als 2%), um eine anhaltende Liquiditätsfalle zu vermeiden und man kann sehen, dass ein single mandate verheerende Auswirkungen hätte, erläutert der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor.

Fazit: Die Wahrheit ist, dass das Doppelmandat (dual mandate) der Fed eine Rettung in der derzeitigen Situation ist und viel mehr eine Rettung wäre, wenn die Fed auch die Beschäftigungsseite dieses Mandats ernst nehmen würde, fasst Krugman zusammen.

PS: Die SNB hat die Folgen der Finanzkrise, die die Weltwirtschaft 2008/2009 erschüttert hat, mit deutlich weniger realwirtschaftlichem Schaden überstanden als die EZB, die ja pathetisch auf Inflation fixiert ist.

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