Freitag, 2. Mai 2008

The Three Trillion Dollar War. The True Cost of The Iraq Conflict

Buchbesprechung:

Joseph E. Stiglitz, Linda J. Bilmas: The Three Trillion Dollar War. The True Cost of The Iraq Conflict. W.W.Norton, New York London, 2008.

Eigentlich müsste das Thema „Wirtschaft“ im Mittelpunkt des amerikanischen Wahlkampfs für die Präsidentschaft stehen. Stattdessen verfleischen sich die demokratischen Kandidaten Hillary Clinton und Barack Obama gegenseitig in aller Schärfe, ja zum Teil sogar mit Argumenten unter der Gürtellinie. Denn es ist ein Fakt, dass die Bush-Administration die US-Wirtschaft beinahe ruiniert hat. Die Staatsschulden sind in den vergangenen acht Jahren um 50% gestiegen, wobei „fast 1'000 Mrd. Dollar auf das Konto des Krieges gehen“, schreibt Stiglitz in seinem neuen, hervorragenden Buch.

Der Irak-Krieg wird über Kredite finanziert. Von den Bürgern wird derzeit keine finanziellen Opfer in Form von Steuererhöhungen verlangt. Kosten werden hingegen zu 100% kommenden Generationen aufgebürdet, hebt der Nobelpreisgewinner für Wirtschaft aus dem Jahr 2001 hervor. Die Operation „shock and awe“ hat am 19. März 2003 begonnen. Fünf Jahre später zieht Prof. Stiglitz eine Bilanz, welche Auswirkungen dieser Krieg, der länger als der II. Weltkrieg (3 Jahre, 8 Monate), der I. Weltkrieg (2 Jahre, 2 Monate) und Korea-Krieg (3 Jahre, 1 Monat) dauert, auf die US-Wirtschaft und den Rest der Welt hat. Seine Bestandsaufnahme ergibt dramatische Zahlen: Die wirtschaftlichen Kosten des Irak-Kriegs belaufen sich auf 3'000 Mrd. Dollar für die USA und weitere 3'000 Mrd. Dollar für die übrige Welt, wobei Stiglitz und Linda Bilmes von der Harvard Universität immer wieder betonen, dass es sich dabei um eine konservative Schätzung handelt. Nebenbei gemerkt: Die Bush-Regierung erklärte, dass der Krieg 50 Mrd. Dollar kosten würde. Stiglitz nennt die Hauptgründe, die für eine Kostenexplosion sorgen: 1) steigende Personalkosten, v.a. die der Vertragsunternehmer („private contractors“). 2) der Anstieg des Erdölpreises: Zu Beginn des Krieges kostete ein Fass Rohöl weniger als 25 Dollar, heute fast 120 Dollar. 3) Die Kostenspirale für die Wiedererfassung und Neusetzung von Waffenarsenal und militärischen Ausrüstung. Aber auch Irak hat Kosten zu tragen. Fünf Jahre nach Kriegsbeginn funktioniert in Bagdad die Stromversorgung noch immer weniger als acht Stunden am Tag. Die Hälfte aller irakischen Ärzte wurden getötet oder haben das Land verlassen. Bei einer Gesamtbevölkerung von 28 Mio. gibt es im Irak vier Mio. interne Flüchtlinge. Zwei Mio. Menschen haben das Land verlassen. Der interessanteste Abschnitt in diesem mit viel Engagement geschriebenen Buch ist das Kapitel 5, wo Stiglitz sich mit den makroökonomischen Kosten des Konfliktes ausführlich auseinandersetzt. Der Autor sieht in Krieg eine der Hauptursachen der ökonomischen Krise. Wäre der Erdölpreis nicht in die Höhe geklettert, wäre die US-Wirtschaft heute in einer viel stärkeren Verfassung gewesen und die Fed hätte die Zinsen nicht so massiv senken müssen und sie hätte dadurch den kreditfinanzierten Verbrauchsboom nicht gefördert. Die US-Regierung verschleiere ausserdem die wahren Kosten des Kriegs, indem sie die zukünftigen Kosten der Invaliditäts- und Gesundheitsfürsorge, Entschädigungen für zurückkehrende Veteranen nicht zähle, legt Stiglitz dem Leser nahe. Zu den Gewinnern bei diesem Krieg zählen Ölgesellschaften und private Anbieter von Militärdienstleistungen. Kriege seien gut für die Wirtschaft, hiess es früher. Seit Keynes wissen wir, wie man die Wirtschaft besser ankurbelt und die langfristige Produktivität sowie den Lebensstandard steigert, schreibt Stiglitz. Ein grossartiges Buch, in dieser Form bestimmt einzigartig. Unbedingt lesen!

Cezmi Dispinar

*erschienen in der Ausgabe 195 von 02. Mai 2008

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