Montag, 30. April 2012

Europa braucht Wachstum, nicht Austerität


Europa hat seine Probleme falsch diagnostiziert und auf den falschen strategischen Kurs gesetzt, schreibt Larry Summers in einem lesenswerten Artikel („Growth, not austerity is best remedy for Europe“) in FT.

Abgesehen von Griechenland, das nur 2% der Euro-Zone repräsentiert, ist die Quelle der Probleme nicht eine schlechte Haushaltsführung (profligacy). Die Staatsquote von Spanien und Irland lag am Vorabend der Krise jeweils tiefer als die von Deutschland. Hohe Haushaltsdefizite sind viel mehr ein Symptom als eine Ursache der Probleme in der Euro-Zone, hebt der an der Harvard University lehrende Wirtschaftsprofessor hervor.

Europas Schwierigkeiten stammen aus Mangel an Nachfrage. In einer finanziellen Situation, wo die Zinssätze die Wachstumsrate der Wirtschaft übersteigen, geraten Verschuldungsprobleme aus Kontrolle. Europa soll das Augenmerk nach dem Wachstum richten. Die Austerität ist die falsche Richtung, unterstreicht der ehemalige US-Finanzminister (1999-2001) im Kabinett von Bill Clinton.

Empirische Untersuchungen aus unterschiedlichen Staaten Europas zeigen, dass die wirtschaftspolitischen Massnahmen, wenn die Wirtschaft unter Nachfragemangel steht und die Zinsen nahe Null-Untergrenze verlaufen,  welche das Haushaltsdefizit um 1% reduzieren, i.d.R. einen Multiplikator von 1 bis 1,5 haben, legt Summers dar. Das bedeutet, dass eine Kürzung der Staatsausgaben um 1% (im Verhältnis zum BIP) oder eine Steuererhöhung um 1%, die Wachstumsrate des BIP um 1 bis 1,5% reduziert.

Die Sparmassnahmen wirken in Sachen Kreditwürdigkeit wahrscheinlich kontraproduktiv, argumentiert der ehemalige Wirtschaftsberater (bis November 2010) des US-Präsidenten Obama.

Eine fiskalpolitische Kontraktion verringert die Einnahmen und limitert die Kapazität, die Schulden zu bedienen. Die künftigen Wachstumsaussichten werden beeinträchtigt und die Investitonen werden reduziert. Und schliesslich steigt die Arbeitslosigkeit.

Der Nachfragerückgang in einem Land bedeutet weniger Exporte aus einem anderen Land. Anstieg der Ersparnisse und Ausfuhren in einigen Ländern müssen durch gleichwertige Anstiege der Ausgaben und Einfuhren in anderen Ländern ausgeglichen werden. „Deutschlands enormer Exporterfolg ist erreicht worden, weil es zu einem grossen Netto-Exporteur geworden ist. Es wäre ohne hohe Kreditaufnahme und Importe aus der Peripherie der EU nicht möglich gewesen“.

Die Peripherie kann sich nicht einfach erholen, indem sie die Kreditaufnahme zurückfährt. Es sei denn, Deutschland ergreift wirtschaftspolitische Massnahmen, die darauf ausgerichtet sind, den enormen Aussenhandelsüberschuss schrumpfen lassen, erläutert Summers als Schlussfolgerung.

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