Donnerstag, 5. April 2012

Was ist Liquiditätsfalle?


Eine Liquiditätsfalle ist ein Umstand, wo der private Sektor im Zuge der anhaltenden negativen Animal Spirits, die durch das Platzen Vermögenswerte- und Kredit-Blase verursacht wurden, wegen der schwer beschädigten Bilanzen Schulden abbaut (deleveraging).

In einer Liquiditätsfalle können Animal Spirits des privaten Sektors nicht durch eine Senkung der kurzfristigen Zinsen wiederbelebt werden, weil es keine Nachfrage nach Krediten gibt. Das bedeutet letzlich, dass die herkömmliche Geldpolitik in einer Liquiditätsfalle nicht funktionniert, schreiben Paul McCulley und Zoltan Pozsar in einer neuen, lesenswerten Forschungsarbeit („Does Central Bank Independence Frustrate the Optimal Fiscal-Monetary Policy Mix in a Liquidity Trap?“)

Der Punkt ist, dass die konventionelle Geldpolitik nicht greift, weil die Nachfrage nach Krediten in der Wirtschaft ausfällt. Der Transmissionsmechanismus bricht also zusammen.

Ein anderer Punkt, auf welchen die Autoren hindeuten, ist, dass die Notenbanker wie Ben Bernanke sich dieser Tatsache überaus bewusst sind. Man braucht nur die Analyse („Some Thoughts on Monetary Policy in Japan“) von Bernanke aus dem Jahr 2003 zu lesen, wo der Fed-Präsident sich mit Japans Deflation auseinandersetzt.


Seigniorage Gewinne von der Fed an das Schatzamt (US-Treasury), Graph: Paul McCulley und Zoltan Pozsar, GIC Global Society of Fellows, March 26, 2012

Der Schuldenabbau ist ein notwendiger Schritt, der getan werden muss, damit ein sich selbst tragender wirtschaftlicher Aufschwung statt finden, heben McCulley und Pozsar hervor.

Die Autoren fahren fort: damit der private Sektor Schulden tilgt (de-leveraging), ohne eine Depression auszulösen, muss der öffentliche Sektor sich in die entgegengesetzte Richtung bewegen und re-lever betreiben.

Weshalb Sparmassnahmen (fiscal austerity) als die absolut falsche Medizin gelten. Die traditionellen Lehrbücher beziehen sich darauf nicht, aber die Inflation kann in diesem Marktumfeld kein Problem darstellen. Die Zusammenarbeit zwischen der Finanzverwaltung und der Zentralbank ist daher enorm wichtig.

Crowding-out (Verdrängung der privaten Investitionen durch ansteigende Zinsen als Folge einer zunehmenden Staatsverschuldung), Überhitzung der Wirtschaft und Anstieg der Zinsen sind also unwahrscheinlich, da es keine Konkurrenz um die Finanzmittel aus dem privaten Sektor gibt. Für Hinweise schaut man sich die Auswirkungen der Staatsverschuldung auf die langfristigen Zinsen in den USA während der Grossen Depression und neuerdings auch in Japan an.

In Bezug auf die mengenmässige Lockerung der Geldpolitik (QE: quantitative easing) unterstreichen die Autoren, dass das „Geld drucken“ in einer Liquiditätsfalle nicht inflationär ist. Geld funktioniert wie Geld: nach Billionen an überschüssigen Reserven in den Bilanzen der Banken tut das Geld nichts. Bis der private Sektor den Schuldenabbau zu Ende führt und wieder nach Krediten fragt, ist es unwahrscheinlich, dass das „Geld drucken“ zu Inflation führt.

PS:

Animal Spirits sind irrationale Elemente im Wirtschaftsgeschehen (wie z.B. Instikte, Emotionen, Herdenverhalten usw.), die nach dem keynesianischen Ansatz zu konjunkturellen Schwankungen und zu unfreiwilliger Arbeitslosigkeit führen können. Die Instabilität im Wirtschaftssystem ergibt sich m.a.W. aus der menschlichen Natur.

PPS:

Paul McCulley ist ein ehemaliger Managing Director bei PIMCO. Er prägte die Begriffe „Minsky Moment“ und „Schatten Bankensystem“ (shadow banking). McCulley war bei PIMCO der beste Mann. Nachdem der Portfolio Manager sich mit Bill Gross und Mohamed El-Erian in Bezug auf die Analyse der Krise nicht einig war, verliess er die Pacific Investment Management Company. Gross und El-Erian hatten im Sog der Finanzkrise versucht, das Rad in makroökonomischer Hinsicht neu zu erfinden und sind schliesslich daran gescheitert. McCulley hat Recht behalten.

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