Montag, 31. März 2008

Verluste von Grossbanken in Europa: BoE und EZB unter Zugzwang

Die Verluste von Grossbanken stehen nach wie vor im Blickpunkt. Die Probleme beschränken sich keineswegs nur auf die einzelnen Finanzinstitute aus den USA. Die Hälfte aller Banken in Europa sind inzwischen laut Handelsblatt aus Düsseldorf „auf eine Börsenkapitalisierung gesunken, die unter ihrem in den Bilanzen ausgewiesenen Eigenkapital liegt“. Europäische Bankaktien notieren unter oder in der Nähe ihres Buchwertes, obwohl die grössten Verluste bei den amerikanischen Banken bekannt geworden sind.

Die Finanzbranche gilt als eine wichtige Stütze des Börsen- und Kreditgeschäftes. Auch wenn die EZB eine gegensätzliche Ansicht vertritt, kann die aus dem amerikanischen Hypothekenmarkt ausgehende Finanzkrise an der Eurozone doch nicht spurlos vorbeiziehen. Das Risiko liegt darin, dass sich die Kreditbedingungen im Euroland verschärfen könnten. Die Banken dürften dazu übergehen, angesichts der anhaltenden Unsicherheiten die Kreditzinsen und die Collaterals zu erhöhen. Das würde die Investitionsbereitschaft von Unternehmen beeinträchtigen und auf diese Weise zu einer Wachstumsschwäche führen. Westliche Notenbanken sind deswegen darauf angewiesen, zur Bewältigung der Finanzmarktturbulenzen enger zusammenzuarbeiten. Daher liegt die Idee nahe, dass auch die Bank of England (BoE)und die Europäische Zentralbank (EZB) ihren gelpolitischen Kurs lockern müssten. Denn selbst eine gemeinsame Intervention am Devisenmarkt zu Gunsten von Dollar, der heute ein weiteres Rekordtief gegen den Euro verbucht hat (1 Euro = 1,5813 Dollar), würde sofort wieder verpuffen, solange die Geldpolitik der betreffenden Länder im Trend nicht konsistent miteinander ist.

Zur Erinnerung:
In Grossbritannien wurde die britische Hypothekenbank Northern Rock verstaatlicht. In Deutschland wurde die Sächsische Bank von der LB Baden-Würrtemberg übernommen. Die West LB wurde aus dem gleichen Grund vom Land Nordrhein-Westfalen und den Sparkassenverbänden gerettet. Die Düsseldorfer Bank IKB wurde mit mehreren Milliarden von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und dem Bund gestützt.

PS: Buchwert einer Bank = Eigenkapital, d.h. Vermögensbestände minus Verbindlichkeiten.

Finanzkrise: Folgen für die Realwirtschaft

Was ist damit gemeint, wenn von den realwirtschaftlichen Folgen der Finanzkrise die Rede ist? In erster Linie geht es um Wachstum und Wohlstand. Entscheidend ist dabei die Grössenordnung des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Der Ausgangspunkt der gegenwärtigen Finanzmarktkrise ist der amerikanische Immobilienmarkt. Zunächst beschränkte sich die Krise auf die mit Subprime-Hypotheken verbrieften Wertpapieren. Und dann breitete sie sich rasch auf die anderen Marktsegmente aus.

Doch zurück zu den Spuren der Krise in der Realwirtschaft: 1) Investitionen: Diese werden in Erwartung von Absatzaussichten getätigt. Hohe Schwankungen bei den Wechselkursen, drastische Turbulenzen an den Aktienbörsen, anhaltende Unsicherheiten an den Kreditmärkten haben einen bedeutenden Einfluss auf die Investitionsplanung. 2) Konsumnachfrage: Verbraucher sind durch den Wertverlust ihrer Häuser stark betroffen. Auch die hohe Anzahl von Zwangvollstreckungen lasten auf Konsumbereitschaft. Zum Beispiel in den USA beträgt der Konsumanteil an der gesamten Wirtschaftsleistung ca. Zweidrittel. 3) Export: Für die Schweiz ist beispielsweise das Exportgeschäft sehr entscheidend. Für rund die Hälfte des Wachstums der letzten drei Jahre ist der Anstieg der Netto-Exporte verantwortlich.

Fazit: Nun sind die Notenbanken wieder gefordert, die Folgen der Finanzkrise für die Konjunktur möglichst angemessen einzuschätzen und die Geldpolitik dementprechend anzupassen. Vor allem die Entwicklungen in bezug auf das Wirtschaftswachstum, die Inflationserwartungen und die Wechselkursbewegungen stellen die grossen Herausforderungen für die Zentralbanken dar.

Samstag, 29. März 2008

Verlierer der Finanzkrise

Obwohl wir uns mitten in der Finanzkrise befinden, ist es legitim, eine erste, kurze Bilanz zu ziehen, wer die Verlierer sind.

1) Die Mittelschicht: Das heisst Bürger, die der irreführenden Praxis im Häusermarkt zum Opfer gefallen sind. Das Subprime-Segment der Mortgage-Industrie hat Millionen von Bürgern in die Falle gelockt, mehr zu beleihen, als sie sich leisten können. Mehr als die Hälfte der Kredite, die durch Hypotheken gesichert sind, wird von unabhängigen Kreditgebern vermarktet, die keiner staatlichen Aufsicht unterliegen. Die Folge: Zwangsvollstreckungen. Viele Bürger verlieren ihr Haus.

2) Der US-Dollar: Die Fed senkt die Zinsen. Der Dollar verliert an Attraktivität. Der Greenback hat in den vergangenen vier Jahren gegenüber einem Korb von wichtigsten 6 Hauptwährungen rund 25% an Wert verloren. Das ist das niedrigste Niveau für die amerikanische Währung seit 1973.

3) Die US-Börsenaufsicht: SEC (Securities and Exchange Commission) ist für die Aufsicht von Wertpapiergeschäften zuständig. Die SEC wurde als Reaktion auf den Börsencrash von 1929 im Jahre 1934 gegründet. Nun will die US-Administration als Konsequenz aus der aktuellen Finanzkrise die Aufsicht für Banken und Finanz umfassend überholen. Laut New York Times soll der Kongress der US-Notenbank (Fed) grössere Vollmacht zur Kontrolle der Finanzmarktstabilität verleihen. Finanzminister Henry Paulson werde den Plan am Montag vorstellen. Die US-Regierung plane u.a. die SEC mit der Aufsichtsbehörde für den amerikanischen Terminhandel (The Commodity Futures Trading Commission) zu verschmelzen. Bemerkenswert ist, dass die SEC kurz vor dem Scheitern der Bear Stearns die Kapitalausstattung der fünf grössten Investmentbanken als „ausreichend“ bezeichnet hatte.

Freitag, 28. März 2008

Klezmer. Die Eroberung des Ostens

Buchbesprechung:

Joann Sfar: Klezmer. Die Eroberung des Ostens. Avant Verlag, 2007.

Klezmer ist ein jiddisches Wort, abgeleitet aus dem Hebräischen keli zemer: Musikinstrument (keli) und Gesang (zemer). Die mit Aquarellen colorierte Geschichte spielt sich in Russland zur Zarenzeit ab. Forcierte Schicksalsschläge bringen eine Gruppe von Menschen zusammen. Sie sind allesamt Aussteiger, aber charakterlich dennoch völlig unterschiedlich. Auf ihrer Reise durch die russische Steppe in Richtung schwarmeermetropole Odessa beschliessen sie, sich mit Musik fitzuhalten. Das heisst, gelegentlich eine warme Mahlzeit und eine vorübergehende trockene Herberge zu ergattern. Denn sie sind zu Fuss unterwegs. Ihr Lebensmut ist aber so stark, dass ihr Klezmer-Orchester trotz aller wetterbedingten Widrigkeiten vorankommt.

Eine fantastische Szenerie mit lebhaften, farbenfrohen Federstrichen. Joann Sfar (Jahrgang 1971) wurde in Nizza geboren. Er lernte hebräisch und die Vorschriften der Torah und besuchte die französische staatliche Schule. Genau darauf beruhen seine Inspirationen, die ihm ermöglichen, in einem schier unerschöpflichen Ausmass Geschichten zu erfinden, die an Originalität nicht zu überbieten sind. Der brillante Künster, der die Comic-Welt (mit humanistischer Lebensphilosophie) exemplarisch bereichert hat, wurde in Deutschland für sein Werk „Die Katze des Rabbiners“ mit dem „Max und Moritz-Preis“ ausgezeichnet. Ein Muss für jede Comic-Bibliothek.

Cezmi Dispinar

Warum nicht gleich verstaatlichen?

Die geplante Übernahme von Bear Stearns, der 5. grössten amerikanischen Investmentbank durch J.P. Morgan lösst in den USA mittlerweile politische und juristische Nachwirkungen aus. Bekanntlich unterstützt die US-Notenbank (Fed) den Verkauf der gescheiterten Bank an J.P. Morgan mit einem Kredit von 29 Mrd. Dollar. Ziel ist es, eine fatale Abwärtsspirale an den Finanzmärkten zu verhindern. Nun ziehen Demonstranten vor dem Hauptquartier der in die Schieflage geratenen Investmentbank und protestieren gegen die Absegnung der Rettungsaktion mit den Steuergeldern der Bürger. Zu Recht. Es gibt sogar zwei Fonds, die mit dem Argument vor Gericht gehen, dass Fed’s Eingriff Konkurrenzangebote praktisch verhindert. Nach scharfer Kritik in der Öffentlichkeit und der Bear Stearns-Aktionären hat J.P. Morgan inzwischen sein urprüngliches Kaufangebot von 2 Dollar auf 10 Dollar je Aktie verfünffacht.

Warum wird eigentlich Bear Stearns nicht gleich verstaatlicht, anstatt Steuergelder hineinzustecken? Der Staat könnte die Bank später wieder verkaufen. Ansonsten bleibt ein schlechter Beigeschmack übrig, dass der Deal dem J.P. Morgan mit staatlichem Geld versüsst wird. Siehe den Fall Northern Rock in Grossbritannien. Der Staat hat dort zunächst Gelder in die angeschlagene Bank hineingepumpt. Erst beim zweiten Versuch haben die Behörden eingesehen, dass es keinen anderen Lösungsweg gibt, als die Bank direkt zu verstaatlichen, da die Einlagen der Sparer sonst gefährdet wären.

Donnerstag, 27. März 2008

SNB vs. EZB

Die Schweizer Wirtschaft ist in den Jahren 2004 bis 2007 im Durchschnitt real um 2,8%pro Jahr gewachsen. Das heisst deutlich stärker als das BIP der EU-15. Zugleich blieb die Inflation mit 1% jährlich gering. Der ansehliche Erfolg ist 1) auf die lockere Geldpolitik der Schweizer National Bank (SNB) zurückzuführen. 2) Die Abschwächung des Franken gegenüber dem Euro. 3) Den Schweizer Exportsektor, der vom weltweiten Aufschwung kräftig profitiert hat. Kurzum wurde das Wirtschaftswachstum in der Schweiz insbesondere vom Aussenhandel angetrieben.

Nun sieht sich die Schweizer Wirtschaft wie der Rest der Welt seit Sommer 2007 mit den schwerwiegenden Folgen der amerikanischen Kreditkrise konfrontiert. Die SNB deutet an, dass die Finanzkrise noch nicht ausgestanden ist. Die Währungshüter signalisieren, dass sie die Sorgen der Marktteilnehmer über mögliche negativen Rückkopplungen der Turbulenzen auf den Verlauf der globalen Konjunktur wahrnehmen. Im Gegensatz zur Europäischen Zentralbank (EZB), die an einer Abkopplung der Eurozone-Wirtschaft von Amerika glaubt, bemerkt die SNB klar, dass die bereits eingetretene Abschwächung der internationalen Konjunktur an der Schweizer Wirtschaft nicht spurlos vorbeigehen wird. Die Schweizer Nationalbank vertritt die Ansicht, dass die Konjunkturaussichten unsicherer geworden sind. Die EZB hingegen attestiert der europäischen Wirtschaft nach wie vor robuste Verfassung, obwohl sie keine Entwarnung gibt.

Fazit: Die SNB ist cool und pragmatisch. Die EZB ist rau und dogmatisch.

Systemisches Risiko und die Bilanz der Fed

Die US-Notenbank (Fed) wurde im Jahre 1913 gegründet und gilt als „lender of last resort“. Das heisst Kreditgeber in Not. Wie schlimm die aktuelle Finanzkrise ist, zeigt sich darin, wie die Fed derzeit ihre Instrumente zur Stabilität des Finanzsystems andauernd verfeinert. Sie hat zunächst ihren Leitzins (Fed Funds Rate) gesenkt und ihr Diskontfenster für Investmentbanken geöffnet. Dann hat sie eine Reihe von neuen Fazilitäten eingeführt: TAF, TSLF und PDCF.

Mittlerweile besteht fast die Hälfte der Bilanzsumme (900 Mrd. US-Dollar) der Fed aus Kreditrisiken (400 Mrd. US-Dollar). Die Exposure betrifft u.a. hypothekenbesicherte Wertpapiere niedriger Bonität, welche die US-Notenbank in ihre Bilanz aufgenommen hat.

Mittwoch, 26. März 2008

EZB hat keine Zinssenkung vor

Der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet will dem geldpolitischen Kurs der US-Notenbank (Fed) nicht folgen. „Wir bewegen uns ein einem anderen Umfeld“, sagte Trichet heute vor dem Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europa-Parlaments in Brüssel. EZB-Chef warnte für die Eurozone vor der Gefahr steigender Preise. Für die EZB sei es entscheidend, Zweitrundeneffekte durch steigende Verbraucherpreise zu verhindern.

Der Euro legte nach Trichets Aussagen deutlich zu. Zeitweise kostete die Gemeinschaftswährung nachmittag bis zu 1,5755 Dollar. Am 17. März stieg der Euro stieg zum US-Dollar erstmals über die Marke von 1,59 je Dollar. Der Wechselkurs lag Anfang Februar noch bei 1,45 Dollar. Die Future Kontrakte legten um 4 Basispunkte auf 4,08% von 3,31% im Februar zu. Das bedeutet, dass die Wahrscheinlich einer Zinssenkung durch die EZB im IV. Quartal 2008 mittlerweile etwas gesunken ist.

Die Finanzmärkte sind voll integriert. Die Krisen weiten sich schnell auf alle Märkte aus. Seit Sommer 2007 ist die ganze Finanzwelt mit der bedrohlichen Krise aus dem amerikanischen Hypothekenmarkt konfrontiert. Die EZB verlässt sich aber auf die Selbstheilungskräfte des Marktes. Trichet geht offenbar davon aus, dass die Abschwächung der internationalen Konjunktur am Euroland spurlos vorbeiziehen wird. In Folge der Finanzkrise haben Banken und andere Finanzinstitute mittlerweile mehr als 195 Mrd, Dollar abgeschrieben. EZB-Chef will dennoch die Zinsen nicht senken. Das ist erstaunlich.

Schatten-Bankensystem

Obwohl wir uns noch „mitten in einer epischen Finanzkrise“ befinden, wie Paul Krugman von New York Times formuliert, ist es legitim, allmählich über die Lehren daraus nachzudenken. Zur Zeit wird v.a. über die bedeutende Stellung der sog. Zweckgesellschaften (SIV= „Special Investment Vehicles“) nachgedacht. Diese Modelle, die geschaffen worden sind, kreditfinanzierte Investitionen zu forcieren, haben wie im nachhinein gesehen die traditionelle Rolle der Banken, nämlich die Kreditvergabe übernommen. Nun ist es so, dass sie keinesfalls reguliert sind. Dieses Phänomen nennen die Protagonisten von Pimco, dem weltgrössten Anleihenfonds „Schatten-Bankensystem“.

Jetzt wissen wir, dass das Schatten-Bankensystem den Verkauf von riskanten, hypothekenbesichertern Wertpapieren an den Anlegern weltweit kräftig vorangetrieben hat. Mittlerweile gibt es für derartige Produkte keinen Markt mehr. Um eine systemische Gefahr zu unterbinden, treffen die USA sowohl geldpolitisch als auch fiskalpolitisch diverse Massnahmen. Die Politik diskutiert aber regulative Vorkehrungen v.a. für die Wall Street. Robert Rubin, der ehemalige Finanzminister in der Clinton-Ära sagt, dass Unternehmen, falls sie wie die Banken gerettet werden wollen, so reguliert sein müssen wie die Banken.

Mitten in einer Finanzkrise

Viele Experten irren sich, wenn sie die Erwartung hegen, dass die europäischen Märkte von den aus dem amerikanischen Häuser- und Hypothekenmarkt ausgehenden Verfehlungen nicht im bedeutenden Ausmass tangiert würden. Die Finanzmärkte sind vollkommen integriert und die europäischen und die asiatischen Märkte können sich daher von den negativen Entwicklungen nicht abkoppeln.

Wann wird sich die Lage stabilisieren?
Wenn sich die Häuserpreise stabilisiert haben. Wenn also der US-Immobilienmarkt wieder im Gleichgewicht ist. Anzeichen deuten jedoch darauf hin, dass die Korrektur noch länger dauern könnte.

Was sind die Lehren aus der Finanzkrise?
1) Wenn die Zinsen lange Zeit tief tendieren, dann steigt am Markt die Risikobereitschaft. Privatanleger, professionelle Investoren und Finanzinstitute gehen höhere Risiken ein. 2) Das fatale Entlohnungssystem der Banken fördert das kurzfristige Gewinndenken. Die asymmetrischen Anreizstrukturen in den Banken belohnen risikoreiches Verhalten. 3) Das Risikomanagement der Banken ist mangelhaft. Die verfügbaren Instrumente zur Risikomessung reichen nicht aus. 4) Regulative Defizite, was die Anforderungen an Eigenmittel, Verschuldung und Transparenz im Bankensystem betrifft. 5) Finanzinnovationen (d.h. die komplizierten Finanzprodukte) verbreiten sich v.a. durch das nicht regulierte „shadow banking system“ ohne Aufsicht wie ein Lauffeuer.

Montag, 24. März 2008

Zinsdilemma: negativer Realzins

Die US-Notenbank (Fed) hat in den vergangenen sechs Monaten die Leitzinsen sechs mal gesenkt. Ben Bernanke, der Präsident der Fed, hat das Amt vor rund zwei Jahren von Alan Greenspan übernommen und seit dem Herbst die Zinsen insgesamt um 300 Basispunkte (3 Prozent) verringert. Der amerikanische Leitzins wurde zuletzt am 18. März um 75 Basispunkte auf 2,25 Prozent reduziert. Damit liegt der Fed Funds Rate 1,75 Prozent tiefer als das europäische Pendant. Im Sommer lag die Differenz 2,5 Prozent zu Gunsten von US-Dollar. Die drastische Trendwende im Zinsspread hat erhebliche Konsequenzen für die internationalen Kapitalmärkte. Die Europäische Zentralbank (EZB) stellt sich auf den Standpunkt, dass der konjunkturelle Verlauf in de Eurozone nach wie vor robust sei und von daher keinen Anlass bestehe, die Geldpolitik zu lockern.

Der amerikanishe Leitzins liegt mit 2,25% auf dem niedrigsten Niveau seit Ende 2004. Wenn man vor Augen führt, dass der Konsumentenpreis-Index (CPI) annualisiert 4,0% (Kernrate: 2,3%) aufweist, liegt der Realzins unter Null. Das ist ungewöhnlich. Auch die Renditen von T-Bills mit Laufzeiten von 3 bis 6 Monaten, die von Marktteilnehmern als so gut wie cash geschätzt werden, liegen mittlerweile deutlich unter dem Leitzins der Fed. Die US-Notenbank dürfte laut Future Märkte den Leitzins demnächst bis auf 1% senken. Was kann sie aber dadurch bewirken? Die Zinsen am Markt notieren bereits nahe Null-Grenze. Gerät die Fed in die sog. „Liquiditätsfalle“?



T-BillsYield
3-months0,86%
6-months1,37%




NotesYield
2-Years1,77%
5-Years2,55%

Fed Funds Rate: 2,25 Prozent





Inflation (Febr. 2008)jährlich
Erzeugerpreise (PPI)6,4%
Kernrate (PPI)2,4%
Verbraucherpreise (CPI)4,0%
Kernrate (CPI)2,3%

Finanzkrise: Neue Notpläne von Fed und BoE?

Sind alle Mittel ausgeschöpft, um die Folgen der Kreditkrise zu mildern? Obwohl die US-Notenbank (Fed) dem Markt bislang eine Reihe milliardenschwerer Liquiditätspritzen verordnet hat, hat die Krise an Brisanz nicht verloren. Ganz im Gegenteil: die Abwärtsspirale dreht sich weiter. Die negativen Ereignisse überschlagen sich. Nun wird im Markt die Frage aufgeworfen, ob die führenden Notenbanken dazu übergehen würden, die Mortgage Backed Securities (MBS = hypothekenbesicherte Wertpapiere) in einer gemeinsamen Aktion massenhaft aufzukaufen. Das dürfte das Misstrauen am Markt verringern, so lautet das Argument. Über Feiertage an Ostern gab es Berichte in der Presse, wonach die Fed und die Bank of England (BoE) im Gespräch seien und so einen einschneidenden Eingriff in den Markt grundsätzlich nicht ausschliessen würden.

Doch im Wall Street Journal stand zu lesen (im Gegensatz zu einem Bericht in Financial Times aus London), die Fed habe bereits dementiert, dass auf beiden Seiten des Atlantiks derartige Konsultationen stattgefunden hätten. Wie dem auch sei, inzwischen melden sich immer prominente Volkswirte zu Wort, die davon reden, dass das Problem nicht in der fehlenden Liquidität liege, diese sei im globalen Finanzsystem derzeit genügend vorhanden. Das Hauptproblem seien die Verluste, die das Platzen der Immobilienblase ausgelöst habe, so z.B. Kenneth Rogoff, der ehemalige Chefökonom des Internationalen Währungsfonds. Auch Bill Gross schlägt in dieselbe Kerbe. Die Fed komme nicht darum herum, einen Teil der Mortgage Bonds aufzukaufen. Zur Erinnerung: das Marktvolumen von MBS beläuft sich auf 6,1 Trillionen Dollar. Gross ist der Anlagemanager des weltweit grössten Anleihenfonds von Pimco. Die Differenz, was die Fed und die Banken für 3-Monats-Kredite zahlen, hat sich in den vergangenen Wochen auf 1,92% verdoppelt. Die Panik im Markt hat sich noch nicht gelegt. Erkennbar ist dies an der Kursentwicklung der US-Treasury-Bills mit Laufzeiten von 3 bis 6 Monaten. Diese Papiere gelten so sicher wie cash. Die Rendite der 3-Monats-T-Bills ist am 20. März bis auf 0,387% gefallen. Das ist der tiefste Stand seit 1954. Heute Mittag notierte die Rendite bei 0,53%. Im Vergleich: Die Rendite lag am 15. Oktober 2007 bei 4,29%! Die Future Märkte eskomptieren andererseits, dass die Fed ihren Leitzins von derzeit 2,25% in den kommenden Monaten bis auf 1% senken dürfte. Wie gesehen, notieren die Renditen von 3- und 6-Monats-T-Bills bereits deutlich unter der Fed Funds Rate von 2,25%. Was nützt es also, wenn die US-Notenbank den Leitzins weiter senkt? Das ist für die Zinspolitik von Ben Bernanke, dem Fed-Chef ein echtes Dilemma.

Bis zum letzten Tropfen

Buchbesprechung:

Heiko Aschoff: Bis zum letzten Tropfen. Wasser – das Investment der Zukunft, FinanzBuch Verlag, 2007.

Die Erkenntnis der dringlichen Süsswasser-Problematik ist in erster Linie dem Globalisierungsprozess zu verdanken. Bekanntlich wurde bislang leidenschaftlich lediglich über die Ausbeutung der fossilen Rohstoffe, v.a. des Erdöls debattiert. Das globale Bevölkerungswachstum und der steigende Verbrauch der Landwirtschaft rücken nun die Ressource Wasser immer mehr in den Fokus der öffentlichen Meinung. Im Trend der nachhaltigen Kapitalanlagen, die neben Renditeorientierung, auch Umwelt- und Sozialkriterien berücksichtigen, gewinnt jetzt auch das „blaue Gold“ an wachsender Aufmerksamkeit. Den bedeutenden Wertschöpfungsprozess im Wassersektor bilden nämlich die Landwirtschaft (70%), die Industrie (20%) und die privaten Haushalte (10%). Kein Wunder, dass der kostbare Nass von der UNESCO zum zentralen Thema des 21. Jahrhunderts erklärt worden ist. 70 Prozent der Erdoberfläche sind von Wasser bedeckt. Die gesamten Süsswasser-Reserven des Planeten betragen aber weniger als 3%. Die restlichen 97% bestehen aus Salzwasser.

Der Löwenanteil des Süsswassers liegt andererseits in gefrorenem Zustand vor (in Hochgebirgen und Polarregionen). Nur 0,3% stehen also als Trinkwasser tatsächlich zur Verfügung. Das Wasser muss geniessbar sein und angemessen verteilt werden. Genau das ist der Dreh- und Angelpunkt des Wassermanagements. Dem Autor dieses Buches gelingt der Einstieg in die brisante Wassersituation. Heiko Aschoff will den Leser auf die Herausforderungen der Wasserversorgung aufmerksam machen und die Investmentchancen im Wassersektor aufzeigen. Der Raubbau an den Grundwasservorräten wird zwar dabei nicht ausführlich erwähnt, aber die Bedeutung der fehlenden und überalterten Infrastruktur wird als Anzeichen für den steigenden Investitionsbedarf in der Wasserbranche ausgelotet. Bei der Auswahl von Unternehmen aus der Wasserbranche rät der Autor, darauf zu achten, dass „ein bedeutender Teil des Umsatzes aus dem Verkauf von Produkten aus dem Wassersektor resultieren muss“. Seiner Meinung nach gewinnen innovative Technologien, die nicht ausschliesslich mit dem Kernprodukt Wasser zu tun haben, an Bedeutung. Hierzu zählt er „UV-Lampen, Bewässerungstechnologien, Kühlelemente, Membranmaterialien oder Hausarmaturen“. Aschoff hebt besonders die „Sicherstellung der entsprechenden Dienstleistungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette“ hervor. Seinen Analysen nach werden „am stärksten Unternehmen aus den Bereichen Wasserreinigung, Ressourceneffizienz, Management und Ernährung profitieren“. Die zweite Hälfte des Buches behandelt allerdings nicht mehr die Kostbarkeit des Wassers. Hier plaudert der Autor ganz allgemeinen über die Börse, Konjunktur und die amerikanische Notenbank. Wasser ist ein ökonomisches Gut und hat daher wie jede andere Handelsware seinen Preis. Es als Menschrecht zu bewerten, wäre deshalb völlig absurd. Diese Frage schneidet der Autor kurz an, ohne seine Ansicht dazu offen kundzutun. Im Rahmen der Problematik, nach welchen Kriterien Wasser gerecht verteilt werden kann, verweist Aschoff auf die „Harmon Doktrin“ und die „Theorie des natürlichen Wasserkreislaufs“. Auch hier nimmt er keine klare Stellung dazu. Zu den rechtlichen Aspekten etwas mehr zu lesen, hätte das Thema „Wasserwelt“ bestimmt viel interessanter gemacht. Warum sollen z.B. autoritäre und antidemokratische Förderländer, welche die Welt mit Erdöl beliefern, und dafür aktuell 100 Dollar pro Fass einkassieren, wobei der Verkaufspreis in einem steigenden Trend begriffen ist, das Wasser gratis bekommen, wenn sie sich darauf beriefen, dass das „Wasser ein Menschrecht“ sei. Die Schweiz ist beispielsweise aus hydrologischer Sicht in einer beneidenswert guten Position. Hohe jährliche Niederschlagsmengen und grosse Flüsse, die hierzulande entspringen, verliehen der Schweiz das Prädikat „Wasserschloss Europas“. Die Eidgenossenschaft hat mit den Nachbarländern freiwillig Vereinbarungen getroffen, Verantwortung dafür zu tragen, dass unverschmutztes, hochqualifiziertes Wasser geliefert wird. Der Mensch, der zu 60% aus Wasser besteht, hat das Recht und die Möglichkeit, sich am Wachstumsmarkt Wasser mit Investitionen in Aktien und Fonds zu beteiligen. Der Autor ist Diplom-Kaufman und blickt auf über 20 Jahre Börsenerfahrung als Finanzexperte und Banker. Eine gute Einstiegslektüre in den attraktiven Anlagebereich mit Hinweisen auf Einzelwerte.

Cezmi Dispinar

Samstag, 22. März 2008

Internationale Finanzkrise: Wie sollen sich Anleger verhalten?

Die US-Notenbank (Fed) hat ihre Leitzinsen seit August vergangenen Jahres um insgesamt 300 Basispunkte (3 Prozent) gesenkt. Der Realzins liegt indes unter Null. Das heisst, dass die Inflationsrate deutlich höher notiert als der Leitzins (2,25 Prozent). Die amerikanische Regierung hat ein Konjunkturpakett mit einem Volumen von 170 Mrd. Dollar verabschiedet. Die fünftgrösste US-Investmentbank ist inzwischen gescheitert. Immer mehr amerikanische Bürger können ihre Hypothekenschulden nicht bedienen. Nouriel Roubini, amerikanischer Ökonom und einer der angesehensten Wirtschaftsprofessoren der Vereinigten Staaten (Stern Scholl of Business in New York) vertritt die Meinung, dass Amerika die grösste Immobilienblase seit der grossen Depression erlebe. Die Konsumenten können kein Geld mehr ausgeben und sparen wenig, sagt er. Roubini ist der Ansicht, dass etliche Banken einfach zusammenbrechen werden, wenn „wir sie nicht verstaatlichen“.

Auch in Europa werden Stimmen laut, die nach Staat rufen. Deutsche Bank-Vorstandschef Josef Ackermann will in diesem Zusammenhang die Verantwortung für die Beendigung der Finanzkrise an den Staat übergeben. Ackermann begrüsst die jüngsten Liquiditätsspritzen der Fed und fordert aber weitere Schritte. Seiner Meinung nach können Banken allein die Situation nicht retten. „Wir haben nicht die Zeit, zu warten, bis der US-Häusermarkt über Jahre das Ungleichgewicht abbaut“, sagte er. Ein Abbau würde zu lange dauern. Damit setzt sich Ackermann dafür ein, dass die faulen Hypothekenkredite durch den Staat aufgekauft werden sollen. Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger sieht durch die aktuelle Finanzkrise klare Abwärtsrisiken für die deutsche Konjunktur. In einem Gastbeitrag für eine Sonntagszeitung schreibt er, dass das internationale Finanzsystem sich in der schlimmsten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg befindet. Die aktuelle Finanzkrise ist also nicht zu unterschätzen. Die Lage ist ernster als das Platzen der Dotcom-Blase an den Aktienmärkten zu Jahrtausendwende. Das Vertrauensverlust verbreitet sich wie ein Lauffeuer von einem Marktsegment zum anderen. Die Krise ging vom amerikanischen Häusermarkt (Subprime-Segment) aus. Die Liquiditätskrise hat jedoch mittlerweile Hedge Fonds, Beteiligungsgesellschaften und Versicherer erfasst. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der USA beträgt (per 2007) 9'560 Mrd. Euro. Der Markt für Mortgage Backed Securities (MBS=mit hypothekendarlehen besicherten Wertpapiere) hat einen Wert von rund 6'100 Mrd. Dollar. Rund 2'000 Mrd. Dollar davon sind in riskanten „non-agency securities“, d.h. dass sie von den staatlichen Hypothekagenturen Fannie Mae und Freddie Mac nicht garantiert werden.
Wann wird aber die derzeitige Finanzkrise enden? Experten sind sich einig drin, dass sich erst die Häuserpreise stabilisieren müssen. Wie sollen sich Anleger verhalten? Der erste Rat lautet, nicht in Panik geraten. Sich von den News, die sich an Dramatik überbieten, nicht zu einem Day-Trader mutieren lassen. Vom eingeschlagenen, langfristigen Kurs nicht abweichen. Jetzt nur noch feinsteuern. Das heisst, den mittleren Kurs etwas anpassen. Horizont am Blick behalten. Leichter gesagt als getan, aber es gibt derzeit keinen Anlass für Aktionismus. Der Versuch, das perfekte Timing zu erwischen, wäre in diesem Marktumfeld ein Desaster.

Freitag, 21. März 2008

Kurskorrektur auf dem Rohstoffmarkt

Der Erdölpreis ist wieder unter die Marke von 100 Dollar je Fass gefallen. Zur Zeit notiert dieser bei 99,70 Dollar. Der Goldpreis ist, nachdem dramatischen Anstieg über 1'000 Dollar, inzwischen um rund 8% eingebrochen. Der aktuelle Preis: 911 Dollar pro Unze. Auch die Futures für Kupfer, Platin (-5%), Palladium (-6%) und Sojabohnen lassen seit 2 Tagen nach. Der Reuters/Jeffries CRB Index von 19 Rohstoffen ist diese Woche um 8,3% zurückgegangen. Das ist der stärkste Rückgang seit 1956. Manche Stimmen im Markt führen dies auf den geldpolitischen Kurs von Fed-Präsident Ben Bernanke. Dem amerikanischen Notenbank-Chef sei gelungen, das Vertrauen im Markt wiederherzustellen, sodass die „Commodity Bubble“ nun platze. Doch was steckt dahinter?

1) Zunehmende Rezessionsangst. Der Konjunkturausblick der US-Notenbank (Fed) ist bei der Ankündigung des Zinsentscheides am Dienstag kritsch ausgefallen. Die Währungshüter haben „erhöhte Inflationsgefahr“ betont. Sollte die Finanzkrise die US-Wirtschaft in eine tiefe Rezession stürzen, dürfte die Nachfrage nach Energie und Rohstoffen weltweit abnehmen.
2) Der Euro ist zuletzt bis auf 1,60 gegen den Dollar gestiegen. Auf diesem Niveau scheint die europäische Gemeinschaftswährung massiv überbewertet. Sollte der Euro sich abwerten, dürfte die Nachfrage nach Erdöl angesichts der Wiedererstarkung des Dollar zurückgehen.
3) Gewinnmitnahmen. Die Mehrzahl von institutionellen Investoren sehen sich jetzt wegen ihrer absurd hohen Leverage-Positionen gezwungen, zu verkaufen, da sie angesichts der anhaltenden Turbulenzen zusätzliche Liquidität brauchen.

Der Rohstoffsektor war bislang infolge der Kreditkrise als „sicherer Hafen“ gesucht. Die ETFs (Exchange Traded Fonds) beispielsweise hatten im Januar 32,8 Mrd. Dollar Netto-Assets in Commodity Investments. Im Januar 2005 betrug die Summe im Vergleich dazu lediglich 4,8 Mrd. Dollar. Die Frage ist aber, ob sich indes auch in diesem Marktsegment tatsächlich eine „Spekulationsblase“ gebildet hat. Es gibt Faktoren, die dagegen sprechen. Der Preisanstieg bei Rohstoffen war nicht nur auf das zunehmende Anlegerinteresse zurückzuführen, sondern auch auf die knappe Versorgungslage. Laut OECD sind v.a. sog. Schwellenländer (China, Indien, usw.) seit 2004 für rund 90% der Zunahme des weltweiten Rohstoffverbrauchs verantwortlich. Dazu kommt, dass die OPEC seit Ende 2006 eine Hochpreispolitik betreibt. Auf der Nachfrageseite zählen ausserdem niedrige Lagerbestände und der neue Bedarf nach Biokraftsoffen zu weiteren Faktoren. Im Rahmen von Biokraftstoff-Förderprogrammen wird z.B. in den USA der Maisanbau subventioniert. Caveat Emptor: Sollte die US-Konjunktur ein „hard-landing“ erfahren und das Wirtschaftswachstum in China und Indien stark einbrechen, dürfte sich auch die Nachfrage nach Rohstoffen anpassen.

Donnerstag, 20. März 2008

Greenspan's Bubbles

Buchbesprechung

William A. Fleckenstein: Greenspan’s Bubbles. The Age of Ignorance at the Federal Reserve, McGrawHill, 2008.


Alan Greenspan, der ehemalige Präsident der US-Notenbank (Fed) und Vorgänger von Ben S. Bernanke hat von 1987 bis 2006 die Geldpolitik der grössten Volkswirtschaft der Welt tatkräftig gestaltet. Die Ära wird als „Great Moderation“ (die grosse Mässigung) genannt. Während dieser Zeit hat Greenspan die Inflation (gemeint ist die Kernrate) unter Kontrolle gehalten und dafür gesorgt, dass die konjunkturellen Schwankungen weniger ausgeprägt als zuvor ausgefallen sind. Unter seiner Ägide fanden aber auch die zwei grössten Spekulationsblasen der Börsengeschichte statt. Zunächst die Dot.com-Blase, die um die Jahrtausendwende platzte und dann die Immobilien-Blase, die er an Bernanke hinterliess.

Nun melden sich immer mehr Kritiker zu Wort, dass der einstige Fed-Chef die Leitzinsen nicht so stark hätte senken dürfen. Die Fed hätte zumindest versuchen sollen, die Spekulationsblasen mit höheren Zinsen zu bekämpfen. Ist Alan Greenspan also für die Finanzkrise verantwortlich? William A. Fleckenstein, der Hedge-Fonds Manager und Online-Kolumnist vertritt die Ansicht ja. Der Autor analysiert die FOMC-Protokolle und Greenspan’s Reden vor dem amerikanischen Kongress und bewertet die unmittelbaren Folgen im Markt. Fleckenstein zeigt akribisch die Widersprüche in Greenspan’s Aussagen und Handlungen auf und geht mit ihm hart ins Gericht. Es habe unter Greenspan keine Sanktionen für übermässige Risiken, die Anleger am Aktienmarkt eingegangen sind, gegeben. Im Markt habe die Auffassung geherrscht, dass die Fed Spekulanten gegen drastische Kursrückgänge schützen würde. Diese Art von Absicherung ging in die Börsenliteratur als „Greenspan-Put“ ein. Bemerkenswert ist andererseits, welche Bedeutung heute den Vermögenspreisen beigemessen wird. Die amerikanischen Währungshüter scheinen jedenfalls nicht abgeneigt, die Preisentwicklung der Vermögensgüter in die geldpolitische Strategie einzubinden. Die Quadratur des Kreises ist aber, dass die Asset Price Inflation quantitativ schwer ermittelbar ist. Deswegen scheiden sich die Geister an der Interpretation der Überschussliquidität. Während die eine Schule die (zu) lockere Geldpolitik der Zentralbanken als Auslöser der Asset Inflation ausmachen, vertreten die anderen die Einschätzung, dass die Quelle der globalen Liquidität real, also nicht monetär ist. Dem Autor gelingt es auf alle Fälle, überzeugend darzulegen, wie Greenspan die Warnsignale am Markt geflissentlich ignoriert hat. Zunächst habe sich Greenspan die Rolle der „New Economy“, und dann die der Finanzinnovationen (v.a. „asset-backed securities“, „collateralized loan obligations“, und „collateralized mortgage obligations“ wurden vom Fed-Chef vor dem US-Kongress am 27. Februar 2002 namentlich erwähnt) als Antreiber der Wirtschaft viel zu stark überschätzt. Auch zum aktuellen Thema „Immobilienmarkt“ liefert Fleckenstein anschauliche graphische Darstellungen und harte Fakten zur historischen Entwicklung des Marktes. Eine knochenarte Recherche. Sehr spannend zum Lesen. Zur Zeit sind die globalen Finanzmärkten an Dynamik nicht zu überbieten. Der nächste Buchtitel könnte lauten: „BBB“; Ben Bernankes Bubble. Die Ökonomen der gescheiterten Investmentbank, Bear Stearns erhoben nämlich inzwischen Vorwürfe an den Fed-Chef Bernanke wegen seines geldpolitischen Kurses. William A. Fleckenstein ist Präsident von Fleckenstein Capital, einer Money Management Firma mit Sitz in Seattle. Sein Co-Autor Frederick Sheehan ist ein ehemaliger Direktor von Asset Allocation Services bei John Hancock Financial Services.

Cezmi Dispinar

*erschienen in der Ausgabe 192 von 20. März 2008

Mittwoch, 19. März 2008

Moral Hazard von Bailout

Wann wird die derzeitige Finanzkrise enden? Experten sind sich einig drin, dass sich erst die Häuserpreise stabilisieren müssen. Denn aus Erfahrung weisst man, dass die Zinssenkungen sich auf dem Aktienmarkt mit einer zeitlichen Verzögerung („time lag“) von 6-8 Monaten auswirken. Für die Immobilienmärkte beträgt diese Zeitperiode jedoch ein paar Jahre. Das belegt die Tatsache, dass es für Wertpapiere, die mit faulen Hypothekendarlehen besichert sind, seit Monaten keinen Handel mehr gibt. Deutsche Bank-Vorstandschef Josef Ackermann hat die Verantwortung für die Beendigung der Finanzkrise an den Staat übergeben, wie Financial Times Deutschland neulich berichtete. Ackermann begrüsst die jüngsten Liquiditätsspritzen der Fed und fordert aber weitere Schritte. Seiner Meinung nach können Banken allein die Situation nicht retten. „Wir haben nicht die Zeit, zu warten, bis der US-Häusermarkt über Jahre das Ungleichgewicht abbaut“, sagte er.

Ein Abbau würde zu lange dauern. Damit stellt sich Ackermann hinter die Forderungen der Banken, dass die faulen Hypothekenkredite durch den Staat aufgekauft werden sollen. Das heisst, dass die Finanzinstitute, die bisher bewusst mit hochriskanten Wertpapieren gehandelt haben, um exorbitante Erträge zu erzielen, nun mit dem Geld der Steuerzahler aus ihrer misslichen Lage gerettet werden sollen. Wie ist aber die Öffentlichkeit dabei aufzuklären? Schliesslich handelt es sich dabei um erfolgsverwöhnte Top-Manager, die bei glanzvollen Investmentbanken, Hedge Fonds und Private Equity Firmen sich jährlich mit zweistelligen Millionenbeträgen entlohnen lassen und vom Staat nichts wissen wollen, da der Markt immer recht hat und keiner Regulierung bedarf. Solange der Markt stattliche Rendite abwirft, soll sich der Staat fernhalten. Wenn man aber auf die Nase fällt, soll der Steuerzahler zur Rettung eilen. Was wir derzeit erleben, ist nicht nur eine Finanzkrise, sondern zugleich auch eine Moralkrise. Mangel an Transparenz im Markt. Mangel an Integrität der Person im Markt.

Dienstag, 18. März 2008

Aktuelle geldpolitische Massnahmen der US-Notenbank

Die US-Notenbank (Fed) hat heute erneut Zinsen gesenkt. Der Leitzins (Fed Funds Rate) wurde um 75 Basispunkte (0,75 Prozent) auf 2,25 Prozent zurückgenommen. Gleichzeitig verringerten die Währungshüter auch den Diskontsatz um ebenfalls 75 Basispunkte auf 2,50 Prozent. Im Rahmen des Diskontfenster dürfen Banken unbegrenzt Mittel gegen Sicherheiten aufnehmen.

Die Fed bemüht sich, die fatalen Folgen der grössten Immobilienblase seit der grossen Depression auf die reale Wirtschaft zu lindern. Da die Probleme sich über das ganze System ausbreiten, gilt es in erster Linie, eine systemische Gefahr zu unterbinden.

(I) Leitzinssenkung:
Grosszügige Versorgung der gesamten Wirtschaft mit Geld.
Ziel: durch das günstig zu habende Geld, Investitionen zu fördern, und Konsum anzuregen, dadurch die Konjunktur zu beleben.

(II) Tauschgeschäfte am Geldmarkt:
Diese stellen den Banken für eine begrenzte Zeitperiode Liquidität zur Verfügung. Ziel: Liquiditätsengpass im Interbankengeschäft zu überwinden. Die Fed nimmt auch Wertpapiere entgegen, die mit zweitklassigen Hypothekendarlehen besichert sind.

TAF (Term Auction Facility): Repogeschäfte für 28 Tage. Der TAF-Satz liegt tiefer als der Diskontsatz, da eine breitere Palette an Collaterals (Wertpapiere als Sicherheit) zugelassen sind. TAF wurde Mitte Dezember 2007 ein neues Instrument zur Versorgung der Geschäftsbanken mit Zentralbankgeld geschaffen. Hintergrund waren die steigenden Spannungen am Geldmarkt. TAF funktioniert wie der Tender der EZB. Ein anonymes Auktionsverfahren bei den Diskriktnotenbanken.

TSLF (Term Securities Lending Facility): Primärhändler dürfen auch hypothekenbesicherte WErtpapiere gegen Staatsanleihen tauschen. Kein Offenmarktgeschäft im klassischen Sinne, da sich der Bargeldumlauf nicht ändert.

PDCF (Primary Dealer Credit Facility): Neue Fazilität, die dem Diskontfenster gleicht. Über die PDCF hat die Fed der Investmentbank J.P. Morgan eine Kreditlinie in Höhe von 30 Mrd. Dollar zur Verfügung gestellt, für die Finanzierung des Notkaufs von Bear Stearns. Kollaterals umfassen Unternehmensanleihen (mit investment grade), CMBS, RMBS und ABS.

Montag, 17. März 2008

Angst vor einer systemischen Kernschmelze

Die Kredit- und Immobilienkrise spitzt sich zu. Angst vor einer systemischen Kernschmelze am Finanzmarkt geht um. Der Dollar scheint sich in einem freien Fall zu befinden. Die Preise für Gold und Erdöl streben nach neuen Höchstständen. Die US-Notenbank (Fed) bemüht sich, das erschütterte Vertrauen in das Bankensystem wiederherzustellen. 1) Die Fed hat in einer äusserst ungewöhnlichen Sitzung am Sonntag beschlossen, den Diskontsatz um 0,25% auf 3,25% zu senken. Das ist der Satz, zudem Banken bei der Fed Liquidität ausleihen können. 2) Die Währungshüter haben zugleich ein neues Kreditprogramm angekündigt. Demnach wird den 20 grössten amerikanischen Investmentbanken („primary dealers“) kurzfristig Gelder zur Verfügung gestellt. 3) Zuvor hatte die Fed die Übernahme von Bear Stearns, der 5. grössten amerikanischen Investmentbank durch J.P. Morgan Chase, die 3. grösste amerikanische Bank mit 30 Mrd. Dollar abgesichert. J.P. Morgan Chase ihrerseits hat erklärt, Bear Stearns Anteile gegen 0,05473 eigene Aktien zu tauschen. Auf Basis des Schlusskurses vom vergangenen Freitag ergibt sich daraus ein Preis von rund 2 Dollar pro Aktie. Das Tauschgeschäft hat also einen Wert von rund 240 Mio. US-Dollar. Bear Stearns hatte im Sommer wegen des Kollaps am amerikanischen Hypothekenmarkt zwei ihrer Hedge Fonds schliessen müssen. Seitdem geht der Bank die Liquidität aus. Die Aktien waren am Freitag um 46% auf rund 30 Dollar eingebrochen. Fed’s Aktion belegt nun die Dramatik der Lage in aller Deutlichkeit. Die Frage ist aber, ob Bear Stearns Bailout einen Präzedenzfall darstellt?



Bear StearnsBörsenwert
im Januar 200720 Mrd. US-Dollar
am 14. März 20083,5 Mrd. US-Dollar

Sonntag, 16. März 2008

The Conscience of a Liberal

Buchbesprechung:

Paul Krugman:The Conscience of a Liberal”. W. W. Norton, New York, 2007.

Paul Krugman unterrichtet Wirtschaftswissenschaft an der Princeton University und gehört zu den schärften Kritikern der Bush-Administration. In seinen wöchentlichen Kommentaren in der „New York Times“ nimmt er gegen die polarisierende Politik der Republikaner kein Blatt vor den Mund. Genau wie in seiner Kolumne steht die „soziale Ungleichheit“ auch im Mittelpunkt seines hervorragenden neuen Werks. Rund 47 Millionen Amerikaner, d.h. 15% der Bevölkerung haben heute keine Krankenversicherung. Angesichts der grossen Zahl der Unversicherten und der älter werdenden Baby-Boomer besteht Professor Krugman darauf, eine universelle Krankenversicherung einzuführen. Deshalb müssen aber Steuern erhöht werden, um das soziale Sicherheitsnetz wiederherzustellen. Steuersenkungen durch die Bush-Regierung hält er in diesem Umfeld für unverantwortlich. Bush habe das Thema Sicherheitspolitik missbraucht, um Steuersenkungen (für das reichste Prozent der Bevölkerung) durchzuringen. Der polarisierende Konservatismus habe, so Krugman, in den vergangenen 30 Jahren die Errungenschaften des „New Deal“ zu Nichte gemacht.

Als „New Deal“ wird in den USA das Bündel von Wirtschafts- und Sozialreformen zwischen 1933 und 1937 bezeichnet. Das Sozialprogramm, das mit massiven Investitionen des Staates die Binnenkonjunktur anzukurbeln vorhatte, war mit dem Amtsantritt des damaligen Präsidenten Franklin Roosevelt lanciert worden. Das Ziel war, die verarmten Bürger, welche die Mehrheit darstellten, auch etwas am Wohlstand teilhaben zu lassen. Einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Reformpolitik von Roosevelt hatten die Ideen von John Maynard Keynes. Der Titel dieses Buches „Das Gewissen eines Liberalen“ ist eine Anspielung auf das Manifesto („Das Gewissen eines Konservativen“) von Barry Goldwater, dem Mitbegründer der konservativen Bewegung in den USA. Goldwater war über fünf Legislaturperioden Senator seines Heimatstaates Arizona. Er war Präsidentschaftskandidat der Republikanischen Partei (1964), scheiterte jedoch bei der Wahl gegen den damaligen Amtsinhaber Johnson. Goldwater war das politische Vorbild des späteren US-Präsidenten Ronald Reagan. Krugman klagt, dass seine Generation in einem Umfeld aufgewachsen sei, wo hohe demokratische Werte und „geteilte Prosperität“ vorgeherrscht habe. „Nun gleiten uns diese Werte weg“, wendet er ein. Er will diesen Trend rückgängig machen. Als Vorbild gilt ihm eben der erwähnte New Deal. Es sollen Institutionen geschaffen werden, die eine „anständige“ Gesellschaft fördern und aufrechterhalten. Anhand einer leidenschaftlich beschriebenen Tour d’horizon der amerikanischen Politikgeschichte legt Krugman dem Leser nahe, wie das Wohlstands- und Einkommensgefälle in den USA überwunden werden soll. Es ist aber nicht das Ziel, die Gesellschaft gleichzustellen, sondern demokratischer zu gestalten. Ein politisch hochexplosives Buch mit durchdringender soziologischer Wahrnehmung für die ökonomischen Zusammenhänge im Zeitalter der Globalisierung. Bürgerpflicht zum Lesen. Empfehlenswert.

* erschienen in der Ausgabe 181 vom 12. Oktober 2007

Margin Calls – Zwangsverkäufe – Fatale Abwärtsspirale

Es ist eine Besonderheit von Hedge Fonds und Private Equity Firmen, dass sie ihre Investitionen mit Leverage betätigen. Das heisst, das Anlageportfolio wird mit Fremdkapital finanziert. Infolge der amerikanischen Immobilienkrise kam es nun zum Vorschein, dass die Carlyle Capital Corp (CCC), eine mehr als 20 Mrd. Dollar schwere Beteiligungsfirma, die zur Carlyle Group gehört, für jeden Dollar Eigenkapital 31 Dollar Schulden aufgenommen habe. Nachdem die mit Immobilien besicherten Anleihen, in welche die CCC investiert hat, im Zuge der Subprime-Krise drastisch an Wert verloren haben, fordern die Banken höhere Sicherheiten für ihre Krediten. Das nennt man „Margin Calls“. Die Summe der durch die „Margin Calls“ eingeforderten Nachzahlungen habe sich zuletzt auf mehr als 400 Mio. Dollar belaufen, hiess es in den Nachrichtenagenturen. Eine fatale Abwärtsspirale entsteht. Der Wert der hypothekenbesicherten Anleihen fällt weiter, weil sie v.a. von den Banken zum Teil zwangsweise verkauft werden. Dadurch steigt aber der Abschreibungsbedarf der Geschäftsbanken. Die Hedge Fonds, Investmentbanken und Beteiligungsfirmen, die besonders stark in hypothekenbesicherten Wertpapieren engagiert sind, bekommen zugleich Liquiditätsschwierigkeiten. Sie können die Zinsen ihrer Schulden nicht mehr bedienen. Der eine Fonds beantragt Liquidation. Die andere Investmentbank (Bear Stearns) wird von der Notenbank (Fed) vor dem Kollaps gerettet („Bailout“). Die Fed befürchtet allem Anschein nach das Aufkommen einer systemischen Gefahr. Es gilt daher eine negative Rückkopplung zwischen den globalen Finanzmärkten und der Realwirtschaft zu unterbinden.

Samstag, 15. März 2008

Finanzkrise spitzt sich zu: Bernanke ordnet Bailout an

Kaum hat der Internationale Währungsfonds (IWF) die Regierungen aufgefordert, sich auf staatliche Interventionen in den Markt vorzubereiten, um das Entstehen einer möglichen Abwärtsspirale am Finanzmarkt infolge der Notverkäufe von Hedge Fonds und anderen Investoren zu unterbinden, kündigte das Weisse Haus ein umfangreiches Massnahmenpaket an. Zwei Tage davor hatte die amerikanische Notenbank (Fed) sich bereit erklärt, illiquide Wertpapiere, die mit Hypotheken niedriger Bonität besichert sind und für sie es keine Marktpreise gibt, als Kollateral für Geldspritzen anzunehmen. Es gilt nämlich eine systemische Gefahr zu verhindern. Finanzminister Henry Paulson will nun landesweite Lizenzstandards für Hypotheken-Broker einführen. Zudem sollen Finanzinstitute, die Kredite vergeben und verbriefte Produkte an Investoren verkaufen, ihre Bewertung zu Kreditderivaten offenlegen. Mögliche Interessenkonflikte bei der Bewertung sollen abgeschnitten werden. Ferner appelierte Paulson an Kreditinstitute, ihre Kapitalbasis zu stärken und die Dividendenpolitik zu überdenken. Die Einzelheiten werden laut Finanzminister später bekanntgegeben. Das Vorhaben scheint jedoch bei nüchterner Betrachtung darauf abzuzielen, ähnliche Krisen in Zukunft abzuwenden. Am gegenwärtigen Finanzdebakel können die Massnahmen kaum etwas anrichten.

Wie dramatisch die Lage ist, belegt ferner die Rettungsaktion der amerikanischen Notenbank New York und einer US-Investmentbank für die Bank Bear Stearns. Die Nachricht versetzte Anleger in Schock. Der Dow Jones gab zu Handelsbeginn rund 200 Punkte ab. Die Fed New York und JP Morgan stellen nun der 5. grössten Investmentbank an der Wall Street kurzfristig Gelder (zunächst 28 Tage) zur Verfügung, um einen Liquiditätsengpass der betreffenden Bank zu verhindern. Inzwischen ist das Anlegervertrauen erheblich zerstört. Die Fed bemüht sich tatkräftig, mit Hilfe der neu geschaffenen Fazilität (Term Securities Lending Facility, TSLF) die Spannungen am Markt zu lindern, indem sie 200 Mrd. Dollar zur Verfügung stellt. Im Rahmen der TSLF-Tauschaktion akzeptiert die Notenbank nämlich auch Hypothekenanleihen als Pfand für die Kreditvergabe. Die Rettungsaktion ist aber eigentlich eine Bail-out Massnahme für die Banken. Die Notenbank begründete ihre Entscheidung, „die Funktionsfähigkeit des gesamten Finanzsystems“ zu gewährleisten. Wie geht es weiter? Niemand weist genau. Anleger fliehen in Rohstoffe und Gold.

Falling Behind. How Rising Inequality Harms the Middle Class.

Buchbesprechung:

Robert H. Frank: Falling Behind. How Rising Inequality Harms the Middle Class. University of California Press, 2007

Sie stehen vor der Wahl, sich zu entscheiden, in welcher der beiden Welten Sie leben wollen. In beiden Fällen ist sonst alles identisch bis auf die Hausgrösse. Welt A: Sie leben in einem 4'000 Quadratfuss Haus und andere leben in einem 6'000 Quadratfuss Haus. Welt B: Sie leben in einem 3'000 Quadratfuss Haus und andere leben in einem 2'000 Quadratfuss Haus. Gemäss der ökonomischen Standardtheorie ist die Welt A zu bevorzugen. Denn wenn die absolute Grösse zählt, ist die A die bessere Welt. Denn jeder hätte ein grösseres Haus als in der Welt B. Zahlreiche empirische Umfragen belegen jedoch ein gegensätzliches Ergebnis. Die Mehrzahl der Befragten wählt die Welt B, weil ihre absolute Hausgrösse zwar kleiner, aber ihre relative Hausgrösse grösser ist als die anderen.

Als Ausgangspunkt des Buches dient das Konzept der „relativen Deprivation“. Diese liegt dann vor, wenn wir unsere eigene Situation mit einer Referenzgruppe vergleichen und beobachten, dass unser Glücksgefühl beispielsweise in Bezug auf das Einkommen vom Verhältnis zum Einkommen der Referenzgruppe abhängt. Frank vertritt hier die Ansicht, dass die relative Deprivation wenig mit (Sozial-) Neid zu tun hat. Es gebe eher fundamental eine Verbindung zwischen Zusammenhang (context) und Bewertung (evaluation). Ihm geht es also nicht um die Glücksforschung. Frank erforscht vielmehr, wie Einkommensmuster und Konsumverhalten der wohlhabensten Oberschicht die Gesellschaft im allgemeinen in Mitleidenschaft ziehen. Der Aufstieg der Oberklasse beeinflusst nach Franks Argumenten die Lebensqualität der übrigen Bevölkerung, und zwar in einer negativen Art und Weise. Das Problem ist der extreme Verbrauch, welcher die Normen für die ganze Gesellschaft prägt. Wenn der CEO einer weltbekannten US-Investmentgruppe für seine Geburtstagsfeier 3 Mio. Dollar ausgibt und in einem 40'000 Quadratfuss grossen Haus wohnt, verschiebt sich die Wahrnehmung von Menschen darüber, wie gross ein Haus noch gebaut werden kann, ohne prahlerisch zu wirken. Frank, der Wirtschaftsprofessor an der Cornell University ist, kritisiert mit viel Charme, dass die Ökonomen sich die Zahlen in absoluten Verhältnissen ansehen, aber nicht in relativen. Das Buch behandelt im Grunde genommen die sozioökonomischen Folgen des seit einem Vierteljahrhundert vorherrschenden, polarisierenden Konservatismus in den USA. In diesem Werk werden also die Spuren der G.O.P. (Grand old Party), so nennen sich die Republikaner, aus wirtschaftlicher Sicht analysiert. Während das Reichtum der Oberschicht an der Spitze der Gesellschaft ungeheuer wächst, stagniert das Einkommen der breiten Mittelklasse. Die Ungleichheit nimmt zu. Die soziale Absicherung nimmt ab. Der Staat überlässt die Bürger sich selbst. Diese in diesem Werk kritisierte Ideologie sieht also den Staat immer als das Problem, nie als Lösung. Die Regulierung ist demnach als solche eine schlechte Sache. Der Autor schlägt dagegen eine progressive Konsumsteuer vor, um die Anreize für eine gewisse Form von Verbrauch zu ändern. Die Konsumsteuer soll ähnlich gestaltet sein wie die Einkommenssteuer. Die Steuer ist also auf die Differenz zwischen dem Einkommen und den Ersparnissen zu erheben. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass Milton Friedman, der konservative Nobelpreisträger im Jahre 1943 in einem Artikel sich für eine progressive Konsumsteuer stark gemacht hatte. Welch’ Ironie! Das ist ein grossartiges Buch.

* erschienen in der Ausgabe 183 vom 09. November 2007

Freitag, 14. März 2008

SNB belässt Leitzins unverändert

Die Schweizer Nationalbank (SNB) hat wie erwartet ihren Leitzins unverändert bei 2,25%-3,25% belassen. Sie beabsichtige, den 3-Monats-Libor bis auf weiteres im mittleren Bereich des Zielbandes zu halten, teilte die SNB mit. Das internationale Umfeld habe sich seit der letzten geldpolitischen Lagebeurteilung im Dezember verschlechtert. Die SNB bleibe vorsichtig und setze ihren geldpolitischen Kurs fort, hiess es in der Pressemitteilung.

Fazit: Die aktuelle geldpolitische Lagebeurteilung der SNB ist durch eine vorsichtige Haltung geprägt. Der Teuerungsdruck hat sich zwar verstärkt. Aber die Schweizer Wirtschaft entwickelt sich weiterhin (sehr) robust. Die Verlangsamung des weltweiten Wachstums dürfte sich auf die Schweizer Wirtschaft auswirken. Das dürfte mittelfristig den Nachfragedruck dämpfen. Im IV. Quartal 2007 stieg das reale Bruttoinladsprodukt (BIP) auf annualisierter Basis um 4,2%. Daraus ergibt sich für das gesamte Jahr 2007 ein BIP-Wachstum von 3,1%. Damit legte die Schweizer Wirtschaft das 4. Jahr in Folge deutlich über dem langfristigen Wachstumsdurchschnitt zu. Es ist daher in naher Zukunft keine Zinsanpassung durch die SNB zu erwarten.

SNB-Prognose vom 13.März 2008



SNB-Prognose20082009
BIP1,5%bis2,0%k.A.
Inflation2,0%1,4%

Donnerstag, 13. März 2008

Zuerst Kreditkrise - Nun Dollar-Kollaps?

Der Euro stieg zum US-Dollar erstmals über die Marke von 1,56 je Dollar. Der Wechselkurs lag Anfang Februar noch bei 1,45 Dollar. Der Greensback gab zugleich auch gegenüber dem Yen nach. Ein Dollar kostet erstmals seit 12 Jahren weniger als 100 Yen. Im Handelsverlauf wurde heute sogar ein Tagestief von 99,75 Yen gesehen. Der Goldpreis setzt den Höhenflug fort. Heute wurde die magische Marke von 1'000 Dollar geknackt. Der Erdölpreis ist bereits gestern erstmals über die Marke von 110 Dollar geklettert. Preistreiber: die zunehmenden Inflationssorgen und die drastische Dollarschwäche. Rohstoffe werden derzeit als attraktive Anlagemöglichkeiten von institutionellen Investoren gesucht. Der markante Sprung in Zinsdifferenz zwischen dem US-Dollar und dem Euro hat für den globalen Finanzmarkt enorme Konsequenzen. Während die Fed die Leitzinsen senkt, um einen tieferen Abschwung zu verhindern, kann die EZB nicht länger eine Zinsanhebung prüfen, um Inflation zu bekämpfen. Daher zeigt sich EZB-Chef Jean-Claude Trichet besorgt über die kräftigen Wechselkursschwankungen. Wegen des Zinsvorsprungs werden Euro-Anleihen für Investoren lukrativer. In diesem Marktumfeld sind Notenbank auf Zusammenarbeit angewiesen. Ein gemeinsames Vorgehen am Devisenmarkt dürfte keine grosse Überraschung auslösen. An einer weiteren Zuspitzung der Kreditkrise kann kein Marktteilnehmer interessiert sein.



LeitzinsIm Sommer 2006Im März 2008
US-Dollar4,5%3,0%
Euro2,0%4,0%
Differenz2,5% zu Gunsten $1,0% zu Gunsten €

TED-Spread: Risikomass am Interbankenmarkt

Der aktuelle Markteingriff der amerikanischen Notenbank (Fed) hat die Talffahrt an den Börsen nicht nachhaltig stoppen können. Mit den TAF- und TSLF-Aktionen (bzw. Auktionen) versucht die Fed, die Spannungen am Geldmarkt zu lindern.

Dank der ersten koordinierten Aktion der Zentralbanken von führenden Industrieländern war es im Dezember gelungen, den Jahresultimo ohne nennenswerte Zwischenfälle über die Bühne zu bringen. Der Überschuss an Liquidität hatte effektiv geholfen, sodass kein Finanzinstitut in eine Finanznot geriet. Die zweite Aktion erfolgte im Januar. Die Gemüter hatten sich daraufhin am Geldmarkt etwas beruhigt. Die dritte, vor zwei Tagen durchgeführte Aktion der Fed zeigt aber, dass der Markt von einer Normalisierung weit entfernt ist. Denn der Zinssatz, zudem die Banken untereinander kurzfristig Geld ausleihen, liegt erneut deutlich über dem Leitzins. Das gilt sowohl für die USA als auch für Europa.

Der sog US-TED Spread gilt als Indikator für das Risikomass am Interbankenmarkt. Dieser resultiert aus der Differenz zwischen dem 3-Monats-Libor und der Rendite der 3-Monats-US-Schatzwechsel. Vor Weihnachten stieg die Differenz bis auf 2,21 Prozentpunkte. Nach der Ankündigung der konzertierten Zentralbankenaktion fiel der Aufschlag Ende Dezember auf 2,07%. Danach hat sie sich im Januar etwas zurückgebildet. I.d.R. beträgt der Spread 30-40 Basispunkte. Inzwischen ist der TED-Spread erneut gestiegen und ergibt heute 1,45%. Das bedeutet, dass die Unsicherheiten wegen der Auswirkungen der amerikanischen Hypothekenkrise auf die Realwirtschaft anhalten. Die Angst geht um, dass der Zusammenbruch des Immobilienmarktes die Konsumbereitschaft der Amerikaner dämpfen würde. Das Vertrauen ist zerstört. Die gegenwärtige Schieflage von mehreren Hedge Fonds verstärkt zudem die Unruhe am Markt zusätzlich. Die Refinanzierungsprobleme dieser Investmentsverhikel lässt inzwischen Befürchtungen aufkommen, dass die Turbulenzen sich an den Finanzmärkten fortsetzen dürften. Die Geldspritze der Notenbanken lindert kurzfristig die Cash-Problematik am Geldmarkt. Aber die fundamentale Schwierigkeit, die dahinschmelzende Kapitalbasis des Bankensystems bleibt ungelöst.

Mittwoch, 12. März 2008

TSLF-Aktion der Fed

Die amerikanische Notenbank (Fed) hat am Dienstag, den 11.März angekündigt, 200 Mrd. Dollar bereitzustellen, um eine Liquiditätskrise am Kapitalmarkt zu verhindern. Es ist eine konzertierte Aktion. Neben der Fed bieten auch die EZB, die SNB und die Notenbanken Grossbritanniens sowie Japans zusätzliche Gelder an.
Mit der neu geschaffenen Kreditfazilität (Term Securities Lending Facility) will die Fed bis zu 200 Mrd. Dollar mit einer Laufzeit von 28 Tagen zur Verfügung stellen. Als Sicherheiten können die Banken und Broker Wertpapiere (darunter auch mit Hypothekenkrediten besicherte Anleihen) hinterlegen. Der Dow Jones Index legte darauf hin 3,55% zu. So stark gingen die Aktienkurse an einem Tag seit 5 ½ Jahren nicht mehr aufwärts. Diese Art von Liquiditätsspritzen hatte es bereits im Dezember und Januar gegeben. Das bedeutet, dass die Finanzkrise noch nicht zu Ende ist.

Der Preisverfall am Immobilienmarkt bedeutet ein Vermögensrückgang für Haushalte. Das hat für die gesamte Wirtschaft enorme Folgen. Denn der private Verbrauch hat in den USA einen Anteil von rund 71% am Bruttoinlandsprodukt (BIP). Manche seriöse Quellen sprechen davon, dass rund 10% aller Haushalte ihr komplettes Immobilienvermögen bereits verloren haben. Im Vorjahr gaben amerikanische Vebraucher 9'500 Mrd. Dollar aus. Von jetzt an können sie sich nicht mehr auf ihre Vermögenswerte stützen. Sie sind auf ihr Einkommen angewiesen. Seit 4-5 Jahren ist aber das reale Einkommen der amerikanischen Haushalte rückgängig. Es ist daher schwer zu glauben, dass die Geldflut durch die Fed eine konjunkturelle Wende herbeiführen kann. Der Liquiditätsengpass am Finanzmarkt wird dadurch gelockert, aber die grundsätzlichen Schwierigkeiten bleiben ungelöst. Denn die Fed nimmt die illiquiden Wertpapiere nur vorübergehend auf, um sie später an die Banken zurückzugeben. Was ist aber der nächste Schritt? Rekapitalisierung der angeschlagenen Banken als ultimo ratio?

Zur Erinnerung: Die Fed hat am 18. September begonnen, die Zinsen zu senken. Seit dem hat der S&P-500 Index dennoch (bis zum 10. März) rund 16% an Wert verloren. Das ist die schlechteste Performance seit 50 Jahren. Bis auf wenige Ausnahmen legte S&P-500 bisher während eines Zinssenkungszyklus meistens signifikant zu. Börsianer sind in diesem Umfeld besser beraten, sich mit neuen Engagements etwas zurückzuhalten.

Dienstag, 11. März 2008

Term Auction Facility (TAF)

Eine neue Variante von Diskontfenster. Der Diskontsatz liegt über dem Fed Funds Rate. Der TAF-Satz ist tiefer als der Diskontsatz, da eine breitere Palette an Collaterals (Wertpapiere als Sicherheit) zugelassen sind.

Mitte Dezember 2007 hat die Fed hat mit TAF ein neues Instrument zur Versorgung der Geschäftsbanken mit Zentralbankgeld geschaffen. Hintergrund waren die steigenden Spannungen am Geldmarkt. Stichwort: Vertrauensschwund. Die Geschäftsbanken hielten sich infolge der amerikanischen Subprime-Krise zurück, sich gegenseitig Geld auszuleihen.

Im Rahmen der TAF dürfen nun Geschäftsbanken und andere Finanzinstitute Gebote für zusätzliches Geld für eine Laufzeit von einem Monat (28 Tage) zu einem festen Satz abgeben. Die für den TAF-Zugang geltende Voraussetzung „gute finanzielle Verfassung“ wird von den 12 regionalen Federal Reserve Banken beurteilt. Auf diese Weise kann die Fed mehr Liquidität bereitstellen, als dies bei den herkömmlichen Offenmarktgeschäften der Fall ist. Das Mindestgebot beträgt 10 Mio. US-Dollar.

Hedge Fonds aktuelle Schieflage

Ausfallrisiko vs. Liquiditätsrisiko

Die Schieflage der Hedge Fonds hält zur Zeit die Finanzmärkte in Atem. Hedge Fonds haben zwei besondere Eigenschaften: 1) Sie sind kaum reguliert. Das heisst, sie haben Narrenfreiheit, wo und in welchem Ausmass sie investieren. 2) Sie spekulieren auf Kredit. Auf eine Einheit Eigenkapital gesellen sich i.d.R. 3 bis 5 Einheiten Fremdkapital. Der Auslöser der aktuellen Krise ist folgende: erstens haben Hedge Fonds im grossen Stil in Anleihen investiert. Bei den Anleihen handelt es sich vorwiegend um solche, die mit Hypotheken geringerer Qualität besichert sind. Finanziert wurden diese Investitionen aber mit Krediten („Leverage“) der Banken. Zweitens engagierten sich Hedge Fonds in Kreditderivaten (genau genommen in „Credit Default Swaps“, die auf erstklassige Euro-Staatsanleihen laufen) als Sicherungsgeber. Hier ist zu bemerken, dass diese kaum Ausfallrisiko beinhalten. Nun ist es aber indes so, dass in den vergangenen Wochen die Sicherungsprämien für solche Geschäfte gestiegen sind. Die Banken als Gegenpartei fordern deshalb von den Hedge Fonds zusätzliche Sicherheiten. Wenn Banken keine Sicherheiten für ihre Ausleihungen an Hedge Fonds bekommen, haben sie das Recht, diese Wertpapiere zu verkaufen. Zur Zeit überwiegt also das Liquiditätsrisiko. Es ist zugleich ein zweischneidiges Schwert. Verkaufen die Banken diese Wertpapiere, erleiden sie selber Verluste.

Montag, 10. März 2008

Inflationsindexierte Anleihe mit Minus Rendite

Die US-Notenbank (Fed) hat angekündigt, im März bis zu 200 Mrd. Dollar Liquidität in die Kreditmärkte zu pumpen. Dazu wurde das Volumen von zwei „Term Auction Facilities“ (TAF) von jeweils 30 auf 50 Mrd. Dollar erhöht. Ferner will die Fed im Rahmen ihrer Offenmarktoperationen Geschäftsbanken Repogeschäfte von 100 Mrd. Dollar anbieten. Das belegt deutlich, wie besorgt die amerikanischen Währungshüter wegen der Hypotheken- und Kreditkrise sind. Seitdem Platzen der Subprime-Blase versucht die Fed, die Spannungen am Geldmarkt zu lösen. Die Ankündigung der amerikanischen Notenbank, die genannten Summen für Refinanzierungsgeschäfte, wenn nötig, wieder aufzustocken, hat inzwischen Spekulationen genährt, dass der Leitzins am 18. März (die nächste Fed-Sitzung) um 75 Basispunkte (0,75%) auf 2,25% gesenkt werden könnte. Es ist inzwischen ein offenes Geheimnis, dass die US-Wirtschaft sich in einer Krise befindet.

Die Zahl der Beschäftigten ausserhalb der Landwirtschaft ist im Februar um 63'000 gefallen, so stark wie seit März 2003 nicht mehr. Bereits im Januar hatte das Arbeitsministerium Verluste von 22'000 Arbeitsplätzen verzeichnet. Der Fed-Chef Ben S. Bernanke machte vergangene Woche vor dem Finanzausschuss des Repräsentantenhauses klar, welchem Ziel zur Zeit die Top-Priorität gilt: Unterbindung der Rezessionsgefahr. Die Fed nimmt kurzfristig Inflation in Kauf, da sie damit rechnet, dass die Wirtschaftswachstumsschwäche den Inflationsdruck in den kommenden Monaten dämpfen wird. Die Anleger hingegen suchen einen sicheren Hafen für ihr Geld und kaufen deswegen inflationsgebundene Staatsanleihen (sog. „TIPs“), Gold, Silber und andere Rohstoffe wie Platin und Palladium. Die Rendite der 5-jährigen TIPs ergibt indes einen negativen Wert. An diesem Montag notierte die Anleihe mit der Laufzeit bis 2012 zu Handelsbeginn in Europa mit Minus 0,18%. Wie die TIPs zeigen, erwarten die Anleger nicht, dass die Fed die Inflation in naher Zukunft unter Kontrolle bringen kann. Trotz Minusrenditen können aber Anleger mit inflationsindexierten Anleihen Geld verdienen, da das Stammkapital bei der Rückzahlung um den aktuellen Konsumenten-Preisindex (CPI) angehoben wird. Kein Wunder, dass die TIPs seit Jahresbeginn eine Wertentwicklung von rund 6,2% erbringen. Im Vergleich: die US-Treasuries haben eine Performance von Plus 3,7%.

Sonntag, 9. März 2008

ECB's Policy Stance

The European Central Bank (ECB) kept interest rates at 4 percent last Thursday to curb inflation. ECB President Jean-Claude Trichet played down investor speculation that he will cut rates soon. The Euro jumped to a new high against the dollar, rising to almost 1,54. After leaving the key rate at six-year high of 4 percent, the ECB revised up its inflation projection for this year to about 2,9%. At the same time the ECB reduced its prediction for growth to about 1,7% for 2008 and 1,8% for 2009.

But why is the ECB reluctant to follow the Fed in lowering rates? While the oil prices drives inflation to a 14-year high of 3,2 percent, the current appreciation of euro against dollar will dampen European export growth. The ECB President emphasised that “maintaining price stability in the medium term is our primary objective in accordance with our mandate”.


Fed Chairman Ben S. Bernanke sharply cut the benchmark lending rate by 225 basis points to 3 percent since August in response to the turmoil in financial markets and to fight a possibly worst economic slowdown. The ECB, based in Frankfurt will keep rates steady, despite the Fed’s recent determined moves. In combination with Fed’s interest rate cuts Congress and the White House even reached an agreement on a stimulus package.

However the ECB is against public spending as a form of economic stimulus. Why? According to the theorem of the ECB there are structural reasons (“rigidities”) which prevent economic growth and cause stagnation and high unemployment. An expansive economic approach, regardless whether fiscal or monetary, is not capable to support economic growth and job market. Therefore Mr. Trichet always closes his introductory statement for his interest rate decisions with some phrases regarding “structural reforms”. Always. Mr. Bernanke expect inflation in the United States to fall as demand eases off during a slowdown. Mr. Trichet, by contrast, doesn’t believe on that notion that inflation automatically falls, when growth goes down. The differences are ideological. That’s why the ECB and its supporters always call for reforms for the job market. To spite empirical evidence the ECB speaks up for making the job market flexible first and then upturning the economic growth. And so Mr. Trichet is against minimum wage legislation. That’s why he always warns form “second-round effects”.

The ECB is surely feeling the slowdown in the United States economy. But Mr. Trichet seems to believe that the European Economy is strong enough to head off the risks of a spillover into the Euro Zone. Actually Europe cannot decouple itself from a possible recession in the United States. The last recession in the United States took place in 2001. Five months later, in May the ECB started easing its benchmark interest rates, despite the inflation rate was running distinct above 2,5 percent. Therefore we expect the ECB to cut its interest rate at the end of the second period, while ECB President doesn’t hint at any interest rate action in the near future.

Freitag, 7. März 2008

Die Erotik der Tapete. Verführung zum Denken

Buchbesprechung:

Ludwig Hasler:Die Erotik der Tapete“. Verführung zum Denken. Verlag Huber, Frauenfeld, 3. Auflage, 2008.

Im Zeitalter der Reality-TV ist kein Sachverstand gefragt. Was zählt, ist die persönliche Einstellung. Expertise ist bloss eine Randerscheinung. Vernünftiges Denken ist Mangelware. Ständig wird im postmodernen Fernsehen der darwinistische Überlebenskampf verherrlicht. Selbst Sex wird als Kommerzware den freien Kräften des Marktes überlassen. So wird nämlich die Promiskuität als Liebe vermarktet. Das Leben ist, was der Fall ist. Wie findet man aber seinen Weg durch die Welt? Wie soll man mit dem Chaos der Existenz zurechtkommen? Durch die Kunst natürlich! Nach Nietzsche ist die Kunst eine würdevolle Rettung. Er nennt es „die künstlerische Entbändigung des Entsetzlichen“.

Durch die Betonung der Kunst geleitet von der praktischen Vernunft gelingt dem Autor bereits in den ersten Seiten des Buches die Aufmerksamkeit des Lesers zu gewinnen. Im Mittelpunkt seiner Essays, die ihren Ursprung in verschiedenen Vorträgen und sonstigen Veröffentlichungen haben, steht immer der Mensch. Die subversive Ironie, die Lesart des Werkes umspannt dabei Europa und die Schweiz, das Privat- und Geschäftsleben des Autors, den wirtschaftlichen und kulturellen Zustand der Gesellschaft. Kurzum beschreibt Hasler auf eindrücklich-witzige Weise den nihilistischen Verfall und die moralische Krise unserer Zeit. Aber er schreibt auch Handlungen vor. Ein dialektischer Angriff auf Ignoranz, Pauschalisierungen und vieles mehr. Eine gute Unterhaltung mit Erkenntnisgewinn. Ludwig Hasler ist Philosoph. Er war Mitglied der Chefredaktion beim „St. Galler Tagblatt“, dann bei der „Weltwoche“. Heute arbeitet er als Publizist, „Weltwoche“-Autor, Hochschuldozent für Philosophie und Medientheorie, Kolumnist bei Fachzeitschriften.

CEZMI DISPINAR

*erschienen in der Ausgabe 191 vom 06. März 2008

Mittwoch, 5. März 2008

China und globale Inflation

In diesen Tagen mangelt es nicht an Hiobsbotschaften. Der Goldpreis erklimmt fast jeden Tag einen neuen Höchststand und liegt nicht weit von psychologisch bemerkenswertem Niveau 1'000 Dollar je Unze. Der Ölpreis hat die 100 Dollar Marke längst geknackt. Rezessionssorgen nehmen zu. Sogar das Stagflationsgespenst kommt wieder auf. Trotz Finanzkrise behält die EZB ihren Leitzins bei 4%. Die amerikanische Konjunkturschwäche hängt wie das Damoklesschwert über den globalen Finanzmärkten. China erlebt die höchste Inflation seit mehr als elf Jahren. Im Januar ist die Inflationsrate auf 7,1% gestiegen. Im Dezember hatte Chinas Teuerungsrate bei 6,5% gelegen. Bei der Eröffnung des Nationalen Volkskongresses gestern in Peking hat Ministerpräsident Wen Jiabao darauf hingewiesen, dass die anhaltende Inflation die grösste wirtschaftliche Gefahr für die Volksrepublik sei. Immer mehr Experte führen seit geraumer Zeit an, dass China sich nun vom Deflations- zum Inflationsexporteur wandele. Da seien westliche Notenbanken gewarnt.

Werfen wir aber vorerst einen Blick auf die Details. Wie stark sich ein Inflationsanstieg in China auf die amerikanische Wirtschaft auswirkt, hängt davon ab, wie gross der Konsumanteil Amerikas an Gütern aus China am US-BIP beträgt. Einfuhren haben einen Anteil von rund 15% am amerikanischen BIP. Davon stammen rund 13% aus China. Das bedeutet, wie zwei Ökonomen (der eine davon von IMFs Beijing Office) in einem Artikel neulich berechnet haben, dass ein Inflationsanstieg um 1% in China zu einem Inflationsanstieg von 0,02 bis 0,03% in den USA führen dürfte. Fazit: Die Lage ist nicht so prekär wie manche Befürchtungen vermuten lassen.

Edelmetalle

Angesichts der zunehmenden Rezessionssorgen suchen Investoren einen sicheren Hafen für ihr Geld und kaufen deswegen Gold, Silber, Platin und Palladium. Der Goldpreis stieg am Montag auf rund 985 Dollar je Unze. Das ist der höchste Stand seit 1980. Platin hat sich seit Jahresbeginn um über 40% verteuert. Das geldpolitische Umfeld scheint die Nachfrage nach Rohstoffen voranzutreiben. Da Fed-Chef Ben Bernanke deutlich gemacht hat, dass er zur Zeit lieber die Zinsen weiter senkt, anstatt die Inflation zu bekämpfen, dürften die Edelmetalle wie Gold, Platin und Palladium als renditeträchtige Anlageklasse immer mehr Aufmerksamkeit der Investoren auf sich ziehen. Amerikanische Anleger investieren derzeit gern in Edelmetalle, um sich gegen die Abwertung des US-Dollars zu schützen. Am Rohstoffmarkt wird traditionell in US-Dollar abgerechnet. Anleger haben die Möglichkeit, sich daran mit Zertifikaten (insbesondere Baskets) und entsprechenden "Exchange Traded Fonds" (ETF) zu beteiligen.

Sonntag, 2. März 2008

Japans Konjunktur und Börse

Die japanische Börse leidet. Der Nikkei-Index hat seit Jahresbeginn um 11% an Wert verloren. Gründe: 1) die konjunkturelle Abkühlung in den USA, 2) die Dollarschwäche. Die japanischen Unternehmen haben einen hohen Gewinnanteil an den USA. Die Yen-Aufwertung belastet v.a. die Ertragskraft der Auto- und Elektrogüterhersteller. Der Yen stand bislang unter einem erheblichen Druck, da viele Spekulanten sich in japanischer Währung günstig verschuldet (d.h. Yen-Short), und die Kredite in höher rentierliche Anlagen in z.B. Australien und Neuseeland investiert haben. Nun werden solche Zinsdifferenzgeschäfte (genannt „Carry-Trades“) infolge der amerikanischen Kredit- und Hypothekenkrise aufgelöst (d.h. Yen-Long). Die Folge: Der Yen wertet sich wieder etwas auf (Aktuell: $/Yen 103,74). Das japanische Exportgeschäft zahlt die Zeche. Denn die künstliche Abwertung des Yen begünstigte bislang die japanischen Ausfuhren. Das ist jetzt die Kehrseite der Medaille. Es stellt sich daher die Frage, wie nachhalting die Erholung der japanischen Wirtschaft in den vergangenen Jahren war. Damit werden mit anderen Worten auch in Japan die Karten neugemischt. Die Opposition, die im Sommer an Stimmen kräftig zulegen konnte, will daher vorzeitige Neuwahlen des Unterhauses durchsetzen.

Fazit: Es drängt sich derzeit kein Engagement in japanischen Aktien.