Donnerstag, 19. April 2012

Erdölpreis und Spekulationen


James Hamilton schreibt in seinem Blog mit Bezugnahme auf einen neulich in NYT erschienen Artikel („The High Cost of Gambling on Oil“) von Joseph P. Kennedy II, dass die Spekulation nicht die Ursache für höhere Energiepreise ist.

Der ehemalige Kongressabgeordnete aus Massachusetts und Gründer, Vorsitzender und Präsident der Citizens Energy Corporation, schlägt vor, um Energie für alle erschwinglich zu machen, „reine Öl-Spekulanten aus Warenbörsen in den USA vollständig zu verbannen“.

Kennedy erklärt wie folgt (meine freie Übersetzung), warum er glaubt, dass die Spekulanten für die hohen Preise, die wir derzeit fürs Öl zahlen müssen, verantwortlich sind:

„Heute beherrschen die Spekulanten den Handel mit Öl-Futures. Laut Aussagen von Michael W. Masters, dem Spezialisten für Commodities aus dem Jahr 2009 werden auf den Märkten für Öl-Futures regelmässig mehr als eine Milliarde Barrel Öl am Tag gehandelt. Da die ganze Welt gegenwärtig nur rund 85 Mio. (nassen) Barrel Öl am Tag herstellt, bedeutet es, dass mehr als 90% des Handels auf den Austausch von „Papier“ Barrels zwischen den Händlern untereinander zurückzuführen ist“.

Es stimmt, dass die meisten Käufer von Future-Kontrakten eigentlich an keiner physischen Lieferung von Öl interessiert sind. Wenn ich einen Kontrakt zu einem bestimmten Datum kaufe, plane ich i.d.R., den Kontrakt später an jemanden anderen zu verkaufen, sodass ich den Markt mit einem Cash-Gewinn oder Verlust verlasse, aber es findet dadurch kein physisches Öl statt. Es gilt jedoch in Erinnerung zu rufen, dass es für jeden Käufer eines Future-Kontraktes auch einen Verkäufer gibt, hebt Hamilton hervor.

Die Person, die den anfänglichen Kontrakt an mich verkauft hat, möchte wahrscheinlich den Kontrakt auch zu einem späteren Zeitpunkt loswerden. „Ich kaufe und er verkauft am ursprünglichen Kontrakt-Zeitpunkt. Er kauft und ich verkaufe an einem späteren Zeitpunkt. Einer von uns verlässt den Markt mit Gewinn, der andere mit Verlust. Keiner von uns erhält jemals physisches Öl“, legt der an der University of California, San Diego lehrende Wirtschaftsprofessor dar.

Ein Beispiel: Rohöl Future-Kontrakt Mai. Ein einziger Kontrakt, wenn bis zur Fälligkeit gehalten wird, fordert vom Verkäufer 1‘000 Barrel Öl (Cushing Sorte) zu liefern, irgendwann im Monat Mai. Am vergangenen Freitag wurden 227‘000 Kontrakte gehandelt, entsprechend 224 Mio. Barrel Öl, was in der Tat ein grosses Vielfaches der täglichen Herstellung darstellt.

Es ist aber bemerkenswert, dass am Ende des Freitags die Summe des Open Interest (alle offene Positionen in einem Termin-Kontrakt) nur 128‘000 Kontrakte betragen hat, also viel kleiner als die Gesamtzahl der Trades während des Tages und nicht viel unterschiedlicher als die Summe von Open Interest am Ende des Donnerstags.

Viele der Händler, die am Freitag einen Kontrakt gekauft haben, haben denselben Kontrakt später im Laufe des Tages wieder verkauft. Wenn argumentiert wird, dass der Kauf des Kontrakts am Morgen in der Früh den Preis hochtreibt, ist anzunehmen, dass der Verkauf am Nachmittag den Preis unten bringen müsste, erläutert Hamilton.

Es ist unklar, gestützt auf welchen Mechanismus Kennedy behauptet, dass die kombinierte Wirkung von einem Kauf und dem anschliessenden Verkauf einen Netto-Effekt auf den Preis erzeugt. Der einzige Weg aber, wie Kennedy die grossen Zahlen hinkriegt, ist, den Kauf und den anschliessenden Verkauf des gleichen Auftrags durch dieselbe Person als zwei verschiedene Trades zu zählen, unterstreicht Hamilton.

Mark Thoma bietet in seinem Blog eine Reihe von Analysen und Studien, die sich gegen die „Spekulations-Hypothese“ stellen.

Hier ist der Link zur Kolumne („The Oil Nonbubble“) älteren Datums von Paul Krugman, warum der Anstieg des Ölpreises aus ökonomischer Sicht keine Spekulation darstellt.

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