Eine
wichtige Frage, die im Sog der Finanzkrise immer wieder aufgeworfen wird,
lautet, ob hohe Schuldenstände das Wirtschaftswachstum reduzieren?
Eine
positive Antwort würde nahelegen, dass eine expansive Fiskalpolitik, die die
Staatsquote (d.h. das Verhältnis der Schulden zum BIP) erhöht, auf die lange
Sicht das Wirtschaftswachstum verringern würde, wenn sie auf kurze Sicht
wirksam ist.
Die
meisten Entscheidungsträger scheinen heute zu denken, dass die Verschuldung das
Wachstum bremt, schreiben Ugo Panizza
und Andrea F. Presbitero in einem
lesenswerten Artikel
(“Is high public debt harmful for
economic growth?“) in Voxeu.
Diese Ansicht steht mit empirischen Beobachtungen im Einklang, die zeigen, dass
es eine negative Korrelation zwischen der öffentlichen Verschuldung und dem
Wirtschaftswachstum gibt und die Korrelation besonders stark ist, wenn die
Verschuldung sich gegen 100% des BIP annähert, unterstreichen die Autoren.
Korrelation
bedeutet aber nicht Kausalität. Die Verbindung zwischen Schulden und Wachstum
könnte durch die Tatsache angetrieben werden, dass es das schwache
Wirtschaftswachstum ist, welches zu einer höheren Verschuldung der öffentlichen
Hand führt.
Die
Feststellung des Vorliegens eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen Schulden
und Wachstum erfordert jedoch Sicherstellung, was die Ökonomen „instrumental variable“ (siehe dazu mehr hier) nennen.
Panizza
und Presbitero deuten vor diesem Hintergrund auf eine aktuelle, eigene
Forschungsarbeit hin, wo sie eine neuartige Instrumentenvariable vorstellen, die erlaubt, die Vorstellung, dass
Schulden in den OECD-Ländern zu einem schwachen Wachstum führen, zurückzuweisen.
Die Autoren bestätigen die oft erwähnte negative Korrelation zwischen der
Verschuldung und dem Wirtschaftswachstum. Aber sie zeigen, dass die Schulden nicht
eine kausale Auswirkung auf das Wachstum haben.
Die
Untersuchungsergebnisse von Panizza (UNCTAD)
und Presbitero (Universita Politecnica
delle Marche) sind für die gegenwärtige Diskussion über die Fiskalpolitik insofern
von Bedeutung, als es viele gute oder schlechte Gründe für Fiscal Austerity (Sparmassnahmen) während Rezessionen geben mag.
Die Autoren finden aber keine Beweise dafür, dass hohe Verschuldung des Staates
das künftige Wirtschaftswachstum in den fortentwickelten Industrieländern
beeinträchtigt. Daher sind Panizza und Presbitero der Meinung, dass die
Verknüpfung Verschuldung-Wirtschaftswachstum nicht als Argument für die
Förderung von Haushaltskonsolidierung herangezogen werden sollte.
Die
Tatsache, dass die Autoren keinen negativen Effekt von Schulden auf das Wachstum
finden, bedeutet nicht, dass Staaten eine beliebige Höhe der Verschuldung
aufrechterhalten können. Es gibt ein eindeutiges Niveau an Verschuldung,
welches nicht nachhaltig ist und wo eine Staatsquote mit Überhang verzerrende Auswirkungen
entfalten kann. Die Autoren betonen jedoch, dass die Verschuldung in den fortgeschrittenen
Volkswirtschaften, die im der Studie untersucht werden, immer noch unterhalb
der länderspezifischen Schwelle liegt, wo das Wirtschaftswachstum negativ
tangiert würde. Es gibt also Fälle, wo es wahr ist, dass die Verschuldung das
Wirtschaftswachstum reduziert, aber nur, weil die hohe Schulden zu Panik und einer
kontraktiven Wirtschaftspolitik führen.
Während
eine solche Interpretation langfristige Massnahmen zur Reduzierung der
Verschuldung rechtfertigen kann, bedeutet es auch, dass Länder mitten in einer
Rezession keine restriktive Fiskalpolitik verfolgen sollen, die der Grund für eine
negative Auswirkung der Verschuldung auf das Wachstum ist, fassen die Autoren
als Fazit zusammen.
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