Dienstag, 19. Juni 2012

Euro-Zone und Nachfrageperspektive


Der Anstieg der Haushaltsdefizite und der Staatsverschuldung in Südeuropa sind nicht die Ursache der Krise, sondern die Folge von Ungleichgewichten in der Handelsbilanz der einzelnen Länder in der Eurozone.

Während die Nachfrage in den EU-Ländern mit Überschuss im Aussenhandel nicht besonders ungewöhnlich verläuft, ist sie in den von der Krise angeschlagenen Ländern zum Erliegen gekommen. Die Menschen an der Peripherie der Eurozone leiden unter einer rekordhohen Arbeitslosigkeit.

In einem aktuellen IWF Bericht („Fostering Growth in Europe Now“) wird darauf hingewiesen, dass die relativen Preise im Südeuropa im Verhältnis zum Nordeuropa (Kern der Eurozone) fallen müssten, um mehr externe Nachfrage (sowohl aus der EU als auch ausserhalb der EU) an den Rand der Eurozone zu lenken.

Die Schliessung der Lücke in der Wettbewerbsfähigkeit wird mit einer höheren Inflation im Norden als im Süden einhergehen, heben die Autoren hervor. Das bedeutet im Klartext: eine schnellere Lohnsteigerung in Einklang mit Produktivität im Süden, d.h bei den Überschussländern und eine langsame Lohnsteigerung in den Defizitländern.

Es handelt sich dabei genau um die Frage, die von Heiner Flassbeck seit 10 Jahren thematisiert wird. Der Chefökonom der UN-Organisation für Welthandel befasst sich damit in seinem Buch ausführlich. Es gibt einen über 60 Jahre hinweg äusserst stabilen Zusammenhang zwischen Lohnstückkosten (= Produktivität / Löhne) und Preisen. In einer Währungsunion mit einer gemeinsamen Währung darf es daher zu keinem Auseinanderlaufen der Löhne kommen.

In einer Währungsunion verzichten die Länder, eine selbständige nationale Geldpolitik zu betreiben und einigen sich, ein gemeinsames Inflationsziel zu verfolgen, weil sie in einem gemeinsamen Markt die geldpolitischen Instrumente gemeinsam effektiver einsetzen wollen. Es darf als Folge von ausseinanderlaufenden Inflationsraten keine Wettbewerbslücke geben. Wenn ein Mitgliedsland das gemeinsam festgelegte Inflationsziel mit dem Ziel unterläuft, seine Wettbewerbsfähigkeit durch Lohnzurückhaltung zu verbessern, ist die Währungsunion dem Untergang geweiht.

Die von Brüssel vorgeschriebene interne Abwertung (internal devaluation) ist daher keine Lösung, weil sie durch Lohnsenkungen im Angesicht einer Depression die Binnenkonjunktur zerstört.

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