Peter Praet, Chefökonom der EZB spricht in einem Interview mit
FTD über die Grenzen der Geldpolitik.
Die Parallelen zu der im IV. Abschnitt („The limits of
monetary policy“) des kürzlich vorgelegten 82. Jahresberichts der BIS (Bank für Internationalen Zahlungsausgleich) vertretenen Ansicht
sind unverkennbar.
Praet sagt: „Es gibt Risiken und Nebenwirkungen,
wenn Zinssätze lange sehr niedrig sind. Sie mindern den Anreiz für Banken und
Unternehmen, ihre Bilanzen zu sanieren und zu restrukturieren. Hinzu kommt,
dass die Profitabilität der Banken sehr niedrig is, da die Banken ja auch ihren
Sparern etwas bieten müssen. Das heisst, sie gehen in anderen Geschäftsfeldern
eher grössere Risiken ein, um ihre Profitabilität zu erhöhen“.
Und mehr bla, bla, bla.
Das Ganze erinnert an den berüchtigten Absatz einer
bekannten Aussage von Joseph Schumpeter,
wo der Ökonom vor jeglichen kurativen Massnahmen warnt, die die „Arbeit von
Depressionen“ verhindern könnten. „In allen Fällen kam Erholung von sich“. ......
„Unsere Analyse führt zu der Annahme, dass die Erholung solide ist, nur, wenn
sie von selbst kommt“.
Aber auch in der Gegenwart gibt es Ökonomen, die,
wie z.B. Raghuram Rajan, vor
niedrigen Zinsen warnen, die zu mehr Risiken und Asset Price Inflation führen könnten. Heute vor genau zwei Jahren
hatte der an der Chicago University
lehrende Wirtschaftsprofessor in einem Artikel („Bernanke must end era of ultra-low rates“) in FT seine Warnung ausgesprochen und hinzugefügt, dass die Arbeitslosigkeit
nicht von der Art sei, die mit einer höheren Nachfrage gelöst werden könne.
Es ist die „Liquidationist
Schule“, die das Dogma vertritt, dass das Leiden in einer Depression gut
und natürlich ist und daher nichts unternommen werden sollte, um die Schmerzen
zu lindern, wie Paul Krugman in
seinem lesenswerten Buch „End This Depression Now!“
schildert.
Der „Liquidationism“
ist durch die Praxis widerlegt worden. Man braucht hierbei nicht nur an Keynes
zu denken. Auch Milton Friedman war
gegen die Denkschule. Doch die liquidationistischen Argumente (mit keinem
Unterschied von Schumpeter oder Hayek) haben 2010 durch Rajan plötzlich wieder an
Bedeutung gewonnen.
Es gibt keine neuen Beweise oder sorgfältige
Überlegungen, die vorgestellt werden, zu erklären, warum diese Doktrin von den Toten
auferstehen konnte. Woher kommt aber die plötzliche Attraktivität?
Hat es damit zu tun, dass das wirtschaftliche
Leben insbesondere im Sog der Euro-Krise immer mehr als eine Moral-Fabel
dargestellt wird: nach dem Motto: „wer (z.B. Südeuropa) gesündigt hat, muss büssen“?
Das heisst demnach, dass die Depression die
notwendige Folge von Sünden ist und daher nicht gelindert werden soll. Deficit Spending und niedrige Zinsen kommen
laut dem Dogma nicht in Frage.
Es sind viel mehr die Kreditgeber, die erstens darauf abzielen, dass der
Staat die Schuldpapiere mit der höchsten Priorität behandelt und zweitens jede
Massnahme durch die Geldpolitik unterbinden wollen, die den Banken durch die
niedrige Verzinsung die Renditen berauben oder durch die Inflation sie entwerten
könnte. Die Banken sind es, die der Öffentlichkeit ungern Staatsanleihen zum
Kauf anbieten oder direkt verkaufen, sondern sie selbst behalten, um darauf
basierend „innovative“ Produkte zu konstruieren, die dann an das Publikum als „sichere
Produkte“ vermarktet werden.
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