Freitag, 22. Juni 2012

Privatisierung und Vetternwirtschaft


Was steckt hinter den Bemühungen, den Staat zurückzudrängen?

Paul Krugman befasst sich in seiner lesenswerten Kolumne („Prisons, Privatization, Patronage“) am Freitag in NY Times mit der Frage, welche Absichten mit dem Versuch, die Dienstleistungen der öffentlichen Hand zu privatisieren, verfolgt werden.

In den vergangenen Tagen hat NY Times mehrere erschreckende Berichte über das System von New Jerseys Übergangsheime veröffentlicht. Das Schrecken, das beschrieben wird, ist Teil eines breiter angelegten Musters, in welchem wesentliche Funktionen des Staates privatisiert und abgebaut werden.

Es ist eine schreckliche Geschichte, schildert Krugman: „Aber man muss es wirklich in einem breiteren Zusammenhang eines landesweiten Laufwerks der amerikanischen Rechten sehen, die staatlichen Aufgaben zu privatisieren“. Was verbirgt sich hinter diesem Laufwerk?

Man könnte versucht sein, zu sagen, dass es den konservativen Glauben an den Magie des Marktes widerspiegelt. Und dass es sicherlich die Art und Weise ist, wie die rechten Politiker das Thema angehen.

Aber wenn man eine Minute darüber nachdenkt, lässt sich realisieren, dass die Unternehmen, die die Gefängnisanlagen (prison-industrial complex) bilden, bestimmt nicht in einem freien Markt konkurrieren. Sie leben stattdessen von staatlichen Aufträgen. Es gibt keinen Markt hier. Und es gibt daher keinen Grund, magische Gewinne aus Effizienz zu erwarten. Und die Privatisierung von Gefängnissen wird tatsächlich, trotz vieler Versprechen, sicherlich zu hohen Kosteneinsparungen führen.

Was steckt also hinter dem Versuch, die Gefägnisse zu privatisieren und so ziemlich alles andere auch? Eine Antwort ist, dass die Privatisierung als heimliche Form von staatlicher Kreditaufnahme dienen kann. Wir hören viel über die versteckten Schulden, welche die Staaten in Form von Pensionsverpflichtungen eingegangen sind. Wir hören aber nicht viel über die versteckten Schulden in Form von langfristigen Verträgen mit Unternehmen, die angeheuert werden, um die Gefängnisse, Schulen usw. zu betreiben, erklärt der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor.

Eine andere Antwort ist, dass die Privatisierung eine Möglichkeit ist, die Beschäftigten im öffentlichen Dienst loszuwerden, die die Angewohnheit haben, sich in Gewerkschaften zusammenzuschliessen und sich tendenziell an Demokraten zu wenden.

Die wichtigste Antwort ist aber ganz sicher, dem Geld zu folgen. „Mach dir nichts daraus, wie die Privatisierung auf die Haushalte auswirkt. Denke daran, was es für die Wahlkampagne und die privaten Finanzen von Politikern und ihren Freunden zustande bringt“, legt Krugman dar.

Nun wird jemand sicherlich darauf hinweisen, dass die Regierungen ohne Privatisierung auch ihre eigenen Probleme von ungebührlicher Einflussnahme haben, dass Gefängniswärter und Lehrergewerkschaften auch politischen Einfluss ausüben und dieser Einfluss manchmal in der öffentlichen Ordnung Verzerrungen hervorbringt. Aber solche Einflüsse bleiben tendenziell relativ transparent, betont Krugman.

Der Punkt ist, dass man sich nicht vorstellen soll, das, was NY Times über die Privatisierung des Gefängnisses von New Jersey entdeckt hat, ein isolierter Fall von Fehlverhalten ist. Es ist stattdessen fast sicher der Blick in eine allgegenwärtige und wachsende Realität von einem korrupten Nexus von Privatisierung und Vetternwirtschaft, welche den Staat in weiten Teilen des Landes untergräbt.

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