Die
politische Debatte über den Euro-Raum, was die Bedenken betrifft, dreht sich um
die Austerität. Während Deutschland noch mehr Austerität verlangt, schlägt
Frankreich eine expansive Fiskalpolitik vor, um die Wirtschaft anzukurbeln. Der
Euro-Raum rutscht inzwischen tiefer in eine Rezession und es droht eine
Auflösung.
„Aber
beide Seiten verfehlen die wichtige Frage“, schreibt Simon Johnson in einem Artikel („The End of Euro Is Not About Austerity“) in NY Times.
Das
zugrunde liegende Problem im Euro-Raum ist das Wechselkurssystem selbst, hebt
der an der MIT Sloan School of Management
lehrende Wirtschaftsprofessor hervor. Es ist die Tatsache, dass die
europäischen Länder sich einem anfänglichen Wechselkurs, d.h. einem relativen
Preis von ihren Währungen unterworfen haben, mit dem Versprechen, den Wechselkurs
nie wieder zu ändern. Dies belief sich auf die Wette, dass ihre
Volkswirtschaften in Bezug auf die Produktivität konvergieren würden, dass
beispielsweise die Griechen in der Tat eher wie die Deutschen werden würden,
beschreibt Johnson.
Wenn
die Volkswirtschaften nicht konvergieren würden, wurde angenommen, würden Menschen
wandern. Das heisst, dass die griechischen Arbeitnehmer nach Deutschland gehen
und sich dem deutschen Produktivitätsniveau durch die Arbeit in Fabriken und
Büros dort annähern würden.
Es
ist aber schwer, zu sagen, welche Version von Konvergenz weniger realistisch
war, hält Johnson fest. In der Tat ist das Gegenteil passiert. Die Kluft
zwischen der Produktivität in
Deutschland und in Griechenland (und anderen Ländern an der Peripherie) hat
sich in den letzten 10 Jahren vergrössert, anstatt zu verkleinern. Und
Deutschland hat einen grossen Überschuss in der Leistungbilanz angehäuft. Das
heisst, dass es mehr exportiert hat als importiert.
Die
anderen Länder wie z.B. Spanien, Portugal und Irland haben auch grosse
Leistungsbilanzdefizite. Sie kaufen mehr als sie verkaufen. Die Defizite werden
durch Kapitalzuflüsse (einschliesslich einiger aus Deutschland) finanziert.
„Griechenland
hat jetzt ein beachtliches Mass an Austerität
angenommen. Nun muss das Land seinen Weg finden, um mehr Wachstum zu erzeugen.
Weitere Ausgabenkürzungen helfen nicht“. „Strukturreform“, ein Lieblingswort
der G20 nimmt laut Johnson viel Zeit in Anspruch, wirksam zu werden. Mehr Löhne
für „Infrastruktur“ aus Europa durch die European Investment Bank scheint auch
unwahrscheinlich.
In
Spanien und Irland haben die Kapitalimporte (durch die Kreditaufnahme der
prominenten Banken) eine Blase am Immobilienmarkt entstehen lassen. Das Platzen
der Spekulationsblase hat zur Schrumpfung der Volkswirtschaften geführt. Die
Probleme haben mit der Fiskalpolitik wenig zu tun, unterstreicht Johnson.
Paul Krugman deutet aber in seinem Blog darauf hin, dass es eine
starke Tendenz gibt, zu denken, dass das Euro-Durcheinander viel mit den
fundamentalen Ungleichheiten in Bezug auf die Produktivität und die wirtschaftliche
Entwicklung zwischen Euro-Mitgliedern zu tun hat, in dem Sinne, dass
halb-entwickelte Länder wie Griechenland oder Portugal (nicht aus Sicht von
Krugman, sondern aber was man im Allgemeinen hört) unbeholfen an einem
Kraftpaket wie Deutschland angebunden sind.
Es
kommt einem vor diesem Hintergrund sicherlich wie ein Schock vor, wenn man
einen Blick auf die aktuellen Eurostat-Daten wirft, und zwar
das reale BIP pro Kopf.
Griechenland
und Portugal sind sicherlich relativ arm, mit BIP pro Kopf von 82 und 77% des
EU-Durchschnitts. Das heisst rund 76 und 71% des Durchschnitts der Eurozone, da
die Euro-Länder etwas reicher sind als die EU als Ganzes. Deutschland 120% des
EU-Durchschnitts oder 112% des Eurozone-Durchschnitts.
Aber
es ist nicht anders als die Situation in den USA, betont Krugman. Alabama ist bei 74% des
US-Durchschnitts, Mississippi bei
67%, während New England auf 118% und Middle Atlantic auf 116% kommen.
Mit
anderen Worten ist die Eurozone, was
die zugrunde liegenden wirtschaftlichen Ungleichheiten betrifft, nicht schlechter
dran als die USA.
Der
Unterschied ist v.a., dass „wir von uns denken, dass wir eine Nation sind und
fiskalpolitische Massnahmen munter akzeptieren, die routinemässig grosse Summen
an die ärmeren Staaten transferieren,
ohne auch nur daran zu denken, dass es sich dabei um ein regionales
Problem handelt“, legt Krugman dar. In der Tat wählen die Bundesstaaten, die
effektiv Arbeitslosengeld beziehen, die Republikaner und stellen sich vor, dass
sie tief selbständig sind.
Der
springende Punkt ist, dass auch die Amerikaner sich nicht immer als eine Nation
betrachtet haben. Vor dem Bürgerkrieg sprachen die Menschen von „diesen
Vereinigten Staaten“ („these“ United States). Erst nach dem Krieg wurde aus
„dieser“ „die“ („the“ United States).
Der
Schlüssel für den Erfolg der Dollar-Zone
kann in drei Worten zusammengefasst werden, legt Krugman dar: William Tecumseh
Sherman.
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