Freitag, 15. Juni 2012

Nominelle BIP-Steuerung gewinnt an Popularität


Jeff Frankel argumentiert in seinem Blog, dass die Entwicklungen der letzten fünf Jahre stark darauf hindeuten, dass das Inflation Targeting stark auf seine Grenzen stösst. Wenn es Inflation Targeting nicht mehr gäbe, welches Ziel würden die Zentralbanken stattdessen anpeilen, um die Inflationserwartungen zu verankern?

Der führende Kandidat ist wahrscheinlich die nominelle BIP-Steuerung (NGDP). Der Ansatz gewinnt ziemlich plötzlich an Popularität, bemerkt der an der Harvard University lehrende Wirtschaftsprofessor.

Die Idee ist aber nicht neu. Die NGDP war in den 1980er Jahren ein Kandidat, um das Money Targeting abzulösen, weil sie die Verletzlichkeit des zweiten in Bezug auf die Verschiebungen in der Geldnachfrage nicht teilt, erklärt Frankel.

Unter bestimmten Bedingungen dominiert die NGDP nicht nur ein Money Target (wegen der Schocks in Bezug auf die Umlaufsgeschwindigkeit), sondern auch ein Wechselkurs-Ziel (wenn Schocks in Bezug auf die Wechselkurse gross sind) und ein Preisniveau-Ziel (wenn die Angebotsschocks gross sind).

Zuerst wurde die NGDP von James Meade (1978) vorgeschlagen. Dann haben sich auch bedeutende Ökonomen wie Jim Tobin (1983), Charlie Bean (1983), Bob Gordon (1985), Ken West (1986), Martin Feldstein & Jim Stock (1994), Bob Hall & Greg Mankiw (1994), Ben McCallum (1987, 1999) und andere dafür interessiert.

Die nominelle BIP-Steuerung wurde aber in den 1980er Jahren von keinem Land aufgenommen. Es ist laut Frankel erstaunlich, dass die Gründer der EZB in den 1990er Jahren die NGDP nicht einmal in Erwägung gezogen haben, um damit Inflationserwartungen zu verankern.

Aber die NGDP ist nun zurück, dank begeistert bloggenden Ökonomen wie Scott Sumner, Lars Christensen, David Beckworth, Marcus Nunes und anderen. Die Ökonomen haben in der Gesellschaft der Blogosphäre für die erfolgreiche Wiederbelebung dieser Idee gesorgt. Auch die Ökonomen von Goldman Sachs haben sich dafür engagiert.

Die Anhänger der NGDP weisen darauf hin, dass der Ansatz das Problem der übermässigen Straffung der Geldpolitik in Reaktion auf negative Schocks auf der Angebotsseite nicht hätte.

Auf lange Sicht besteht der Vorteil eines neuen Ansatzes darin, dass die nominelle BIP-Steuerung robuster ist im Vergleich zu Konkurrenz (Goldstandard, Money Target, Wechselkurs-Ziel oder CPI-Ziel), was die Schocks betrifft, unterstreicht Frankel.

Warum gewinnt aber die Idee plötzlich an diesem Punkt der Geschichte an Popularität?

Die NGDP hätte in der aktuellen wirtschaftlichen Situation, die die weiten Teilen der Welt heimsucht, andere Vorzüge: die Verfechter sehen sie als eine Möglichkeit, eine monetäre Expansion, die zur Zeit dringend notwendig ist, zu erreichen, betont Frankel.

Die geldpolitische Lockerung in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften seit 2008, wenn auch stark, war nicht stark genug, um die Arbeitslosigkeit zu senken, um die potenzielle Produktion (output) wiederherzustellen. Es ist schwer, den Realzins zu senken, wenn der Nominalzins bereits nahe Null liegt. Dies hat manche Ökonomen wie Olivier Blanchard und Paul Krugman veranlasst, Zentralbanken nahezulegen, ein höheres Inflationsziel von 4 oder 5% anzupeilen.

Aber die meisten Ökonomen und sogar ein höherer Prozentsatz der Zentralbanker sind nur ungern bereit, Inflationsverankerung bei 2% aufzugeben. Natürlich kann man erklären, dass der Übergang von 2% zu 4% Inflationsziel nur vorübergehend wäre. Aber es ist schwer, abzustreiten, dass es die langfristige Glaubwürdigkeit in Bezug auf die sakrosankte Zahl 2% verspielen könnte, legt Frankel dar.

Eine Attraktion der nominellen BIP-Steuerung ist, dass man ein Ziel für das nominale BIP festlegen könnte, welches im kommenden Jahre ein Wachstum 4 bis 5% ausmachen würde, was einem Land, das auf der Schwelle zwischen der Erholung und dem Abschwung taumelt, die Möglichkeit geben würde, so viel monetäre Lockerung bereitzustellen wie ein Inflationsziel von 4% erfordert. Doch würde man den hart erkämpften Fokus auf das Inflationsziel von 2% als die langfristige Verankerung nicht aufgeben.

Die nominelle BIP-Steuerung könnte daher helfen, die gegenwärtigen Probleme anzugehen und zugleich eine dauerhafte Währungsordnung für die Zukunft zu sichern, fasst Frankel als Fazit zusammen.

Es ist schwer, herauszufinden, wie man die Welt in Ordnung bringt, wenn wir nicht über ein zuverlässiges Modell verfügen, welches erklärt, was schief gelaufen ist, fügt Mark Thoma in seinem Blog hinzu. Die optimale Geld-Regel in einem Modell hängt davon ab, wie die Veränderungen der Geldpolitik auf die Realwirtschaft übertragen werden. Hat es mit Preisrigiditäten zu tun? Oder hat es mit nach unten starren Löhnen zu tun? Oder sind es Probleme in Bezug auf die Informationsbeschaffung? Oder sind es Reibungen im Kreditwesen? Die beste Antwort auf einen negative Schock in der Wirtschaft variiert je nachdem, welche Art von Modell die Forscher anwenden, erläutert der an der University of Oregon lehrende Wirtschaftsprofessor.

Wir brauchen daher für den Augenblick robuste Regeln. Inflation Targeting funktioniert in Modellen mit Preis-Rigiditäten à la Calvo und eine Regel à la Taylor ergibt sich oft aus Modellen im allgemeinen Sinne. Ist es aber die robusteste Regel angesichts der Unsicherheiten in Modellen? Wir kennen das wahre Modell in der Makroökonomie nicht, welches an dieser Stelle klar sein sollte, schlussfolgert Thoma. 

Das heisst, es gilt, ein Modell zu bevorzugen, welches funktioniert  und die optimale Regel herauszufinden, welche in diesem Modell funktioniert, um es dann auszuführen.

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