Freitag, 1. Juni 2012

Die politische Agenda der Austeritätsanhänger


„Der Aufschwung, nicht der Abschwung ist der richtige Zeitpunkt für Sparmassnahmen“. Keynes hat es vor 75 Jahren erklärt und er hatte Recht.

Die Kürzung der Staatsausgaben ist eine selbstzerstörerische Strategie, wenn die Wirtschaft tief deprimiert ist. Es vertieft die Depression, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („The Austerity Agenda“) am Freitag in NY Times.

Der Träger des Wirtschaftsnobelpreises, der sich zur Zeit in Grossbritannien aufhält, fragt, warum also das Land die Staatsausgaben kürzt, wo es dies nicht tun sollte? In den vergangenen paar Tagen habe Krugman nach eigenen Angaben die Gelegenheit gehabt, mit einer Reihe von Anhängern der Cameron-Regierung über diese Frage zu diskutieren. All diese Gespräche folgen dem gleichen Kreisbogen: sie beginnen mit einer schlechten Metapher und enden mit der Enthüllung von Hintergedanken.

Die schlechte Metapher, die man sicherlich schon öfters gehört hat, entspricht der Gleichsetzung des Schuldenproblems einer Volkswirtschaft mit dem Schuldenproblem einer einzelnen Familie. Eine Familie, die hohe Schulden angehäuft hat, muss die Gürter enger schnallen. Wenn also Grossbritannien zu hohe Schulden angehäuft hat, was zutriffft, obwohl es sich dabei meistens um private, und nicht um öffentlichrechtliche Verschuldung handelt, sollte es auch das Gleiche tun? Was ist aber mit diesem Vergleich falsch?

Wenn der private Sektor verzweifelt versucht, die Schulden abzubauen, sollte der öffentliche Sektor das Gegenteil tun, d.h. ausgeben, wenn der private Sektor es nicht kann oder nicht will. Es gilt auf alle Fälle, dass der Haushalt konsolidiert werden soll, sobald die Wirtschaft sich erholt. Aber nicht jetzt, betont Krugman. Der Aufschwung, nicht der Abschwung ist der richtige Zeitpunkt für Sparmassnahmen.

Dies ist aber keine neue Erkenntnis, wie der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor hervorhebt: Und wenn Sie die Austerians darauf hinweisen, wie schlecht ihre Metapher ist, reagieren sie fast immer im Sinne des Rückzugs: „es ist aber wichtig, dass die Grösse des Staates schrumpfen“.

Der Sparkurs in Grossbritannien hat also mit Schulden und Defizit wirklich nicht zu tun. Es geht darum ,die Defizit-Panik als Vorwand zu verwenden, um soziale Programme zu demontieren. Und es ist genau dasselbe, was in den USA geschieht, hält Krugman fest.

Die britischen Konservativen sind jedoch nicht ganz so roh wie ihre amerikanischen Kollegen. Im Allgemeinen scheinen sie weniger bestimmt, den Reichen zu helfen und die Armen zu bestrafen. Aber die Richtung der Politik ist das gleiche und so ist die fundamentale Unaufrichtigkeit der Aufforderungen für die Austerität, untertreicht Krugman mit Nachdruck.

Die grosse Frage ist daher, ob das offensichtliche Scheitern der Sparpolitik, eine Erholung der Wirtschaft hervorzurufen, zu einem „Plan B“ führt. Krugman vermutet, dass es, selbst wenn ein solcher Plan bekanntgegeben würde, nicht viel zustande bringen würde. Es ging nämlich nie um die wirtschaftliche Erholung. Der Sparkurs war darauf angelegt, die Krise auszunutzen, nicht sie zu lösen. Und es ist immer noch so, fasst Krugman zusammen.

Keine Kommentare: