Freitag, 15. Juni 2012

Krise und Nichtgefahr Inflation


Die wirtschaftspolitische Antwort auf die Finanzkrise liefert ein grosses natürliches Experiment für die Makroökonomie: ein Experiment, welches als Test für zwei ökonomische Ansichten betrachtet werden kann und soll, schreibt Paul Krugman in seinem Blog.

Eine Ansicht (Süsswasser-Ökonomen + viele Austerians) ist in der Tat die klassische Makroökonomie, wie Keynes sie bezeichnet hat, wo die Volkswirtschaft immer wegen Mangel an Angebot eingeschränkt ist.

Die andere Sicht ist mehr oder weniger keynesianisch, wo eine angeschlagene (depressive) Volkswirtschaft wegen Mangel an Nachfrage eingeschränkt ist, nicht an Angebot.

Die beiden Ansichten hatten bisher starke Auswirkungen an drei Fassaden.

Eine davon sind die Zinssätze: würden grosse Haushaltsdefizite die Zinsen in die Höhe treiben, wie die klassische Ansicht impliziert oder würden sie so was unter Bedingungen der Depression nicht tun?

Eine andere sind die Auswirkungen der Austerität (welche viel stärker ausgefallen sind als die des Konjunkturpakets und daher den wirklichen Test darstellen): würde die Austeritätspolitik Ressourcen an den privaten Sektor freigeben, nach der klassischen Ansicht, oder würde sie zu einer ökonomischen Kontraktion führen?

Eine dritte Implikation betrifft die Inflation: würden hohe Zuwächse der monetären Basis (Notenbankgeldmenge) eine stark steigende Inflation erzeugen, so wie die Anhänger der klassischen Ansicht behaupten, oder kommt es dazu unter Bedingungen der Depression nicht?


Annualisierte Inflation (USA) gemäss Billion Prices Index von MIT, Graph: Prof. Paul Krugman

Wie die Dinge an den Fassaden von Zinsen und Austerität gegangen sind, wissen wir bereits. Wie sieht es an der Fassade Inflation aus?


Konsumentenpreis-Index (CPI USA), Graph: FRED Fed St. Louis via Prof. Paul Krugman

Anfang des letzten Jahres hatten die Inflationistas viel herumgeschrien: Rohstoffpreise sind gesprungen und sie hatten laut gerufen, dass eine hohe Inflation gleich um die Ecke lauere, mit viel Gerede, dass die Währung sich stark entwerten würde und so weiter.

Hoppla!

Ein Refugium der manchen Inflationistas war, zu behaupten, dass die Fed die Daten verfälsche, und dass die wahre Inflation viel höher sei als berichtet. Man kann solche Behauptungen im Einzelnen auseinander nehmen. Aber die einfachste Antwort dürfte der Blick auf die unabhängige Inflationsermittlungen liefern wie die z.B. von Billion Prices Index von MIT.

Es gibt hier keinen Hinweis auf Daten-Fälschung.

Eine andere Sache ist, dass es klar wurde, wie nützlich das Konzept der Kerninflation ist. Die Messwerte, die wir haben, haben unvollkommene Reflektionen des platonischen Ideals, hält Krugman fest. Es war eine viel bessere Strategie, das Augenmerk nach der Kerninflation (core inflation) zu richten als Höhen und Tiefen der allgemeinen Inflation (headline inflation) zu folgen.

Krugman räumt er, dass er und andere wegen der Hartnäckigkeit der niedrigen Kerninflation überrascht worden sind. „Wenn Sie mich vor drei Jahren gefragt hätten, hätte ich eine leichte Deflation vorausgesagt“, unterstreicht der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor. Seine gegenwärtige Interpretation ist, dass die nach unten starre Löhne ein grösseres Problem darstellen als er wahrgenommen habe. Aber es ist nur ein relativ kleiner Fehler der Vorhersage im Vergleich zu düsteren Prognosen von durch die Decke schiessenden Zinsen und Inflationsrate von Seiten der Austerians.

Am Schluss möchte Krugman nur die folgende Aussage von Peter Schiff kennzeichnen:

„Unabhängig davon, was der Siegeszug der Keynesianer sie glauben machen will: meine Analyse ist nach wie so, dass die derzeitige Kombination von monetären und fiskalpolitischen Stimulus uns in Richtung einer Katastrophe treibt. Anstatt einer echten Erholung werden die USA eine inflationäre Depression erleben. Europa auf der anderen Seite wird weniger leiden, gerade weil es sich von der kurzfristigen Attraktivität des Konjunkturpakets (stimulus) nicht verführen lässt“.

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