Deutschland hat gestern eine Staatsanleihe (Null
Kupon) mit 6 Monaten Laufzeit zu einer Rendite von 0,007% im Wert von 3,5 Mrd. Euro verkauft. Gleichzeitig legen die
Risikoaufschläge der spanischen und der italienischen Staatspapiere mit vergleichbarer
Laufzeit weiter zu.
Während aber die Rendite der deutschen
Staatsanleihen fallen, steigen die CDS-Prämien (Credit Defaults Swaps) für Deutschlands Staatspapiere. Der Anstieg
der Preise für die Kreditausfallversicherung (CDS: 108 Basispunkte) bedeutet
eine Verschlechterung der Risikowahrnehmung von Kreditqualität.
Wie kommt diese Kombination zustande? Ist es
nicht ein Widerspruch?
(1) Aus Sicht der Spekulanten bietet sich hier eine
Arbitrage-Situation an: man shorte die deutschen Staatsanleihen mit 5
Jahren Laufzeit, indem man sich die Papiere am Repo-Markt leiht, und man
verkaufe zugleich eine Kreditausfallsversicherung (CDS) auf die Staatsanleihen.
Dieses Trading kann lange Zeit gut funktionieren.
Natürlich muss man dabei (a) die mark-to-market Volatilität und (b) die
Margin-Forderungen beachten.
(2) Aus makroökonomischer Sicht stellt sich die
Frage, was der risikofreie Zinssatz (bzw. Rendite) für die Gemeinschaftswährung
ist. Wie können wir die deutschen Staatsanleihen als „risikolos“ betrachten, während die CDS-Prämien darauf
steigen?
CDS (5 Jahre) für deutsche Staatsanleihen, Graph: Sober Look
Die ganze Entwicklung deutet auf tiefe
Verwerfungen in der Euro-Zone hin. Deutschland gilt nicht mehr als unverwundbar. Das
Exportgeschäft insbesondere nach Südeuropa kommt zum Erliegen. Die Aktienkurse
purzeln ab.
Rendite der deutschen Staatsanleihen mit 5 Jahren
Laufzeit, Graph: Sober Look
Ausserhalb der Berliner Käseglocke ist es
mittlerweile zu einem Umdenken gekommen, schreibt Heiner Flassbeck (h/t to NachDenkSeiten)
in einem lesenswerten Artikel ("Reden wir nicht mehr über Rettungsschirme!") in Tages Woche. Man hat in der
internationalen Diskussion erkannt, dass das Kernproblem der Eurozone nicht die
Staatshaushalte sind, sondern die Ungleichgewichte in der Wettbewerbsfähigkeit
der Länder mit gemeinsamer Währung“, betont der Chefökonom bei der
UNO-Organisation für Welthandel und Entwicklung mit Sitz in Genf.
Die Anzeichen mehren sich, dass die Euro-Zone vor
dem Untergang steht. Das bedeutet, dass die Sorgen wachsen, dass die Kosten
einer sich andeutenden Auflösung der Währungsunion (EWR) die Kosten der
Wiedervereinigung Deutschlands übersteigen könnten.
„Wider alle historische Erfahrung hält Kanzlerin
Merkel dogmatisch an einer Sparpolitik fest, die Europa an den Abgrund geführt
hat“, bemerkt der ehemalige Grüne Aussenminister Joschka Fischer in einem Meinungsartikel („Europa steht in Flammen“) in SZ.
Wie kann der Euro aber noch gerettet werden?
2 Kommentare:
Ich schätze diesen Blog, weil er die derzeitigen Strömungen in der volkswirtschaftlichen Diskussion gut wiedergibt (auch wenn er nach meinem Geschmack etwas Krugman-lastig ist). Nachdem nun Automechaniker bereits Rechtsberatung leisten dürfen und Volkswirtschaft ja zu einem beträchtlichen Teil aus Saldenmechanik besteht, warum sollen sich dann nicht auch Taxifahrer wie Herr fischer zu volkswirtschaftlichen Themen äußern dürfen? Herr Fischer (und auch Herr Krugman) seien daran erinnert, dass die amerikanischen Bundesstaaten genau das gleiche machen, was Frau Merkel derzeit vorschlägt, sie sparen nämlich. Die amerikanischen Bundesstaaten haben nämlich ihre Beschäftigten seit Beginn der Krise um 3% verringert. Warum? Sie haben eben keinen Zugang zur "Druckerpresse". Warum gewährt die Fed ihnen diesen Zugang nicht? Sie erkennt, genau wie Frau Merkel, das sich auf Kosten anderer hervorragend leben lässt (moral hazard).
Nun zu Flassbeck. Schön, dass endlich einmal jemand erkennt, wo die Probleme wirklich liegen, nämlich an den Leistungs- und Handelsbilanzsalden. Bankenprobleme und Staatsschulden sind offensichtlich weniger wichtig. Hängen nicht alle drei Problemkreise vielmehr zusammen? Zustimmen kann man wohl der Behauptung, die Tage des EURO sind gezählt. Hoffentich trägt auch ein Blog wie dieser dazu bei, dass nicht nur die Reichen die nötigen Konsequenzen ziehen, sondern auch einige Normalverdiener.
@MFK: Krugman sagt es eigentlich bei jeder Gelegenheit, dass auch die FED zu wenig tut. Und die Regierung hat dank der GOP zuwenig Spielraum...
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