Mittwoch, 13. Juni 2012

Euro am Ende?


Die führenden Ökonomen in den USA scheinen mittlerweile davon auszugehen, dass die Europäische Währungsunion (EWU) sich auflöst.

Es ist traurig.

Barry Eichengreen (Wirtschaftsprofessor an der University of California, Berkeley) und Brad DeLong (Wirtschaftsprofessor an der an der University of California, Berkeley) beschreiben in einem Artikel („New preface to Charles Kindleberger“) in voxeu, wie bestürzt und überrascht sie sind, heute angesichts der anhaltenden Euro-Krise eine Wiederholung von Europa von 1931 zu sehen.

In einem neu verfassten Vorwort für das vor 40 Jahren erschienene Buch von Charles Kindleberger („The World in Depression 1929-1939“) schreiben die Autoren, dass die „Paraellelen zwischen Europa in den 1930er Jahren und Europa von heute stark, auffallend und zunehmend beängstigend sind. „Wir sehen insbesondere Jugendarbeitslosigkeit, die auf beispiellose Höhen schnellt. Finanzielle Instabilität und Not sind weit verbreitet. Es gibt wachsende politische Unterstützung für extremistische Parteien rechts und links“, so die Ökonomen.

Kindlebergers Leinwand war zwar die Welt, aber sein Fokus galt Europa. Kindleberger hat betont, dass die Depression eine herausragende internationale und vor allem europäische Dimension hat. Es war Europa, wo sich viele der schlimmsten Auswirkungen der Depression, politisch und ökonomisch, entfalteten. Und es war Europa, wo es wegen des Fehlens einer politischen Behörde auf der kontinentalen Ebene und die Unfähigkeit einer einzelnen nationalen Regierung oder Zentralbank das angemessene Leadership zu präsentieren, die meisten verhängnisvollen wirtschaftlichen und finanziellen Auswirkungen gegeben hat.

Eichengreen und DeLong ziehen drei Lehren aus Kindlebergers Lektüre: die erste hat mit Panik in den Finanzmärkten zu tun, die zweite mit der Kraft der Ansteckung und die dritte mit der Bedeutung der Hegemonie.

Und Europa fehlt es an einem Hegemon, einer dominanten Wirtschaftsmacht, die die Interessen der kleineren Mächten vertritt und die Tätigkeit des gröseren internationalen Systems in Erwägung zieht, und zwar durch die Stabilisierung der Finanzströme und der Ausgaben in der gesamten europäischen Wirtschaft.

Die EZB glaubt nicht daran, dass sie die Autorität hat. Ihre Aufgabe verlange, dass sie ein Inflationsziel anpeile. Sie sei nicht ermächtigt, als lender of last resort zu agieren. Die EU findet es schwierig,  einen Konsens darüber zu erzielen, wie auf die Krise zu reagieren ist.

Die deutsche Bundesregierung, die politische Inkarnation der einzigen folgenreichsten Wirtschaftsmacht in Europa, ist ein potenzieller Hegemon. Sie hat Spielraum für eine antizyklische Fiskalpolitik. Sie könnte die EZB ermutigen, von der Geldpolitik aktiv Gebrauch zu machen. Sie könnte einen Marshall Plan für Griechenland finanzieren und die Bereitschaft signalisieren, dass sie gemeinsam mit ihren EU-Partnern für einen gewissen Bruchteil der kollektiven Schulden Verantwortung übernimmt. Aber Deutschland hält sich selbst für den Aufseher einer kleinen offenen Volkswirtschaft, legen Eichengreen und DeLong dar.

Auch Nouriel Roubini (Wirtschaftsprofessor an der New York University) und Niall Ferguson (Professor für Finanz- und Wirtschaftsgeschichte an der Harvard University) warnen in einem Artikel („Berlin is ignoring the lessons of the 1930s“) in FT vor einem neuen 1933.

Die Autoren schreiben, dass ausgerechnet Deutschland aus der Geschichte nicht lernt. Die Deutschen sind heute so sehr auf die Nichtgefahr Inflation fixiert, dass sie 1923 (dem Jahr der Hyperinflation) mehr Bedeutung beizumessen scheinen als 1933 (dem Todesjahr der Demokratie). Sie täten gut daran, zu erinnern, wie eine europäische Bankenkrise zwei Jahre vor 1933 direkt zum Zusammenbruch der Demokratie beitrug.

Auch George Soros hatte neulich ein düsteres Bild über die gegenwärtigen Entwicklungen im Euroland gezeichnet und für die Rettung der Gemeinschaftswährung drei Monate gegeben.

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