Warum
kaufen die Investoren immer noch Staatsanleihen zu extrem niedrigen Zinsen,
während die Aktien gemessen am S&P-500 Index äusserst günstig erscheinen?
Wie
aus der Abbildung hervorgeht, lässt sich heute mit dem S&P Aktienindex eine
reale Rendite von rund 7% erzielen.
Die Rendite der US-Staatsanleihen (US-Treasury Bonds) mit 10 Jahren Laufzeit
betragen dagegen 1,45%. Die
jährliche Realverzinsung der inflationsgeschützten US-Staatsanleihen (TIPS)
beläuft sich sogar auf minus 1,06%.
Warum
schichten die Anleger also nicht um, von Anleihen in die Aktien, um mehr Gewinn
zu erzielen?
Brad DeLong liefert dazu in einem lesenswerten
Artikel („The Economic Costs of Fear“)
in Project Syndicate zwei
Haupterklärungen:
(1) Viele
Menschen sind unsicher, ob die gegenwärtigen wirtschaftlichen Konditionen
anhalten oder nicht. Die meisten Ökonomen prognostizieren z.B. für das kommende
Jahr keine grossen Veränderungen, was die Löhne, Preise und Gesamtproduktion
betrifft.
(2) Viele
Investoren wollen wegen des anhaltenden Schuldenabbauprozesses (deleveraging) in erster Linie Verluste
vermeiden, keine Gewinne erzielen. Eine Menge Leute ist also nicht bereit,
Risiken nach unten hin einzugehen.
Gewinn-Rendite
(S&P 500 Index) versus Rendite der US-Treasury Bonds, Graph: Felix Salmon, Reuters
Beide
Gründe legen laut DeLong „ein massives Versagen der wirtschaftlichen
Institutionen“ nahe. Der erste Grund deutet darauf hin, dass die Regierungen
die Aufgabe nicht erfüllen, die Ausgaben zu erhöhen, um die Wirtschaft
anzukurbeln, um eine Depression mit lang anhaltender, zweistelliger
Arbeitslosigkeit zu verhindern. Der zweite Grund zeigt auf, dass die
Finanzmärkte nicht gut funktionieren, die Fähigkeit zur Risikoübernahme zu
mobilisieren und zum Wohle aller zu nutzen.
Fazit: Sowohl politische als auch
Finanzinstitutionen versagen.
Unternehmensgewinne
machen mittlerweile 10% der gesamten Wirtschaftsleistung aus. Das gab’s in der
Geschichte noch nie zuvor, hebt Felix
Salmon in seinem Blog bei Reuters hervor.
Unternehmensgewinne
im Verhältnis zum BIP, Graph: Felix Salmon, Reuters
Um
das Ganze nocheinmal zu buchstabieren: hohe Unternehmensgewinne und das
niedrige Beschäftigungsniveau sind zwei Seiten derselben Medaille. Wenn die
Dinge richtig funktionieren würden, würden Unternehmen die überschüssigen
Einnahmen in die Hand nehmen, um mehr Leute einzustellen. Stattdessen hocken
sie im Grunde genommen auf Mehreinnahmen als Bargeld, weil sie Angst haben, zu
investieren. Das ist laut Felix erbärmlich.
Die
Lösung des Problems ist nicht komplex. Die Arbitrage ist vorhanden. Der Staat
kann sich zu 1,45% Geld beschaffen. Und er sollte es tun, um das Geld in
grossen Mengen in die Wirtschaft zu investieren. Die öffentliche Hand kann
hundert Milliarden Dollar nehmen, um die
zerbrochene Infrastruktur zu beheben, und um all die entlassenen Lehrer und
Feuerwehrleute wieder einzustellen, und um mit einem Auffangnetz Millionen von
Bürgern, die seit mehr als einem Jahr keine Arbeit haben, zu helfen.
Selbst
wenn der reale langfristige Ertrag des Konjunkturpakets Null wäre, wäre der
langfristige Ertrag deutlich über 1,45% liegen, sodass sich Investitionen
lohnen würden, unterstreicht Felix.
Auch
Robert Frank schreibt vor diesem
Hintergrund in einem lesenswerten Artikel („Repairing
Roads Can End All Kinds of Gridlock“) in NY Times, dass der wichtigste Schritt in Richtung einer besseren
Zukunft ist, die Wirtschaft so schnell wie möglich zu reparieren. Und einer der
sichersten Wege, um dies zu tun, ist eine grosse und unmittelbare Infrastruktur-Modernisierung.
Dieser
Weg würde nicht voraussetzen, dass die Republikaner die Vorzüge der
traditionellen keynesianishen Stimulus-Politik eingestehen oder ihre Bedenken
hinsichtlich der Staatsverschuldung aufgeben. Die philosphische Grundlage für
eine Einigung wäre bereits fest gegeben, hält der an der Cornell University lehrende Wirtschaftsprofessor fest.
Wenn
es nicht geschieht, wrid die kommende politische Kampagne eine einmalige
Gelegenheit dafür bieten, zu erfahren, warum, fasst Frank zusammen.
PS:
Gewinnrendite ist der Kehrwert des
Kurs-Gewinn-Verhältnisses (KGV), d.h. das Verhältnis von Gewinn je Aktie zum
aktuellen Aktienkurs. Es handelt sich bei der Kennzahl praktisch um die
„Verzinsung der Aktie“.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen