Freitag, 28. September 2012

Wie funktioniert internal devaluation?


(Nur für Streber)

Es gibt allem Anschein nach ein weit verbreitetes Missverständnis, was eine mehr oder weniger keynesianische Sicht für die Probleme Europas tatsächlich impliziert.

Viele Leute scheinen zu denken, dass es bedeutet, dass (a) die interne Abwertung (internal devaluation) nie funktioniert, und (b) jedes Anzeichen für die Erholung der Wirtschaft, selbst eine partielle Erholung, belege, dass Keynes und Krugman falsch liegen, bemerkt Paul Krugman in seinem Blog.

Nichts davon ist richtig.

Vor diesem Hintergrund deutet Krugman auf ein mehr oder weniger orthodoxes (sticky-price open economy) makroökonomisches Modell hin, welches von Menzie Chinn in einer Forschungsarbeit präsentiert wird. Der an der University of Wisconsin, Madison lehrende Wirtschaftsprofessor analysiert den Prozess der internen Abwertung und liefert die folgende Abbildung. Obwohl die Analyse nicht unter dem Label „internal devaluation“ erfolgt, geht es um dieselbe Thematik.


Anpassung unter dem Regime „fixed exchange rates“, Graph: Prof. Menzie Chinn

Die gesamtwirtschaftliche Angebotskurve verschiebt sich im Verlauf der Zeit nach unten, und führt damit (a) zu einem Rückgang des Preisniveaus, (b) zu einer realen Abwertung und (c) zu einem Anstieg der Produktion (output). Der Prozess geht zu Ende, wenn die Produktion auf ihr natürliches Niveau zurückgekehrt ist.

Die schrittweise erfolgende Deflation erhöht im Laufe der Zeit die Wettbewerbsfähigkeit und führt die Erholung der Wirtschaft in Richtung Vollbeschäftigung, was einen Zeitraum über dem normalen Wirtschaftswachstum impliziert, aber auch ein über dem normalen Wirtschaftswachstum liegenden Exportvolumen. Der Ansatz „internal devaluation“ wird also nicht widerlegt. Es ist genau das, was das Modell besagt, wie Krugman hervorhebt.

Der Punkt ist, dass es (1) lange dauern kann und es (2) mit massiven Schmerzen einhergeht. Wenn dem so ist, ist zu fragen, warum die EU dennoch auf dem harschen Austeritätskurs beharrt?

Die Austeritätspolitik könnte die Anpassung durch höher Treibung der Arbeitslosigkeit beschleunigen. Aber wenn das grösste Problem tatsächlich die Aufrechterhaltung des sozialen und des politischen Zusammenhalts ( cohesion) ist, was je offensichtlich der Fall ist, dann ist die Austerität in der Tat kontraproduktiv, auch für die Gläubiger-Länder.

PS:

Greg Ip informiert Krugman über das Kapitel 3 (“Coping with high debt and sluggish growth”) des aktuellen World Economic Outlook (WEO) des IWF, wo u.a die Versuche der Länder im Euro-Raum, die Wirtschaft durch die Austerität und interne Abwertung anzukurbeln, analysiert wird: Grossbritanniens Rückkehr zum Goldstandard nach dem Ersten Weltkrieg.

„Die britische Regierung hat einen Policy-Mix bestehend aus einem schweren Sparkurs und einer straffen Geldpolitik implementiert, um die Ziele zu erreichen“

„Die Ausgaben wurden gekürzt und die hohen Steuersätze wurden beibehalten. Die Bank of England hat 1029 die Zinsen auf 7% erhöht, um die Parität der Vor-Kriegszeit zu fördern, was mit Deflation und ausserordentlich hohen Realzinsen einherging“.

Es ist traurig, zu sagen, dass die Confindence Fairy („Vertrauen Fee“) nicht erschienen ist. Grossbritannien erlitt eine anhaltende wirtschaftliche Stagnation schon vor dem Beginn der Weltwirtschaftskrise.

Die Austeritätspolitik hat nicht einmal die Staatsquote reduziert, weil die Deflation und schwache Wirtschaftswachstum die Auswirkungen der Sparmassnahmen überwogen.

Das ist sicherlich kein gutes Omen für Europa.

PS: "internal devaluation" bedeutet in der Praxis radikale Lohnkürzungen und Sozialabbau in Verbindung von Steuersenkungen für Unternehmen.

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