Wie die
Schlagzeilen darauf hindeuten, macht das hässliche Wort „Währungskriege“ dieser
Tage wieder die Runde. Es war im Herbst 2010, als Brasiliens Finanzminister Guido Mantega nach der Ankündigung von QE2
durch die US-Notenbank „die aggressive geldpolitische Haltung der USA“
anprangerte. Mit den defensiven Massnahmen, die andere Länder darauf hin
treffen, nehme die Gefahr in Richtung eines „Währungskriegs“ zu, klagte Mantega
als Erster.
Heute wirft Mantega
in einem Gespräch mit FT den USA erneut vor, mit QE3 (via
Druckerpresse) die Probleme lösen zu wollen.
Ist aber
heute tatsächlich ein „Währungskrieg“ im Gange?
Gibt es Unterschiede zwischen den früheren Fällen der monetären
Lockerung und den aktuellen Fällen?
Hans Redeker, Morgan Stanley
geht in einer gestern vorgelegten Forschungsarbeit auf diese Fragen ein. Seine
Definition von „Währungskrieg“
lautet wie folgt: wenn die Behörden in einem Land gezielte Massnahmen
ergreifen, um den Wechselkurs zu schwächen, und die Behörden in einem anderen
Land, wo sich die Währung aufwertet, Gegenmassnahmen treffen, um die Wirtschaft
vor der zerstörischen Wirkung einer überbewerteten Währung zu schützen, dann
liegt es ein Währungskrieg vor. Diese Massnahmen reichen von Sterilisierung des
Zuflusses der Devisen durch die Anhäufung von Fremdwährungsreserven bis zur
Kontrolle des Kapitalverkehrs.
Lockerung
der monetären Bedinungen führen oft zu schwächeren Währungen. Allerdings
stellen die Senkung der Zinsen oder die Erhöhung der Liquiditätsversorgung
nicht offentsichtlich hinreichende Bedingung dafür dar, um einen Währungskrieg
zu manifestieren, erklärt Redeker. Um als „Währungskrieg“ betitelt zu werden,
muss ein Policy-Mix absichtlich
konzipiert sein, um die eigene Währung zu schwächen. Und dafür muss in erster
Linie monetäre Lockerung verwendet werden als Fiskalpolitik oder Reformen, die auf
einen Anstieg der Investitionen setzen.
Brasilien
Fremdwährungsreserven, Graph: Hans
Redeker, Morgan Stanley
„Währungskriege“
betreffen Wechselkurs-Manipulation, hält Redeker fest. Und es gibt andere
Instrumente als Geldpolitik, die eingesetzt werden können, um Einfluss auf den
Verlauf der Wechselkurse zu nehmen. Brasiliens Behörden sahen in den
vergangenen zehn Jahren die währungsbedingten Konsequenzen von enormen
Investitionen ins eigene Land bekannterweise nicht gerne an. Als Reaktion hat
die brasilianische Zentralbank mit dem Ziel Währungsreserven angehäuft, um die
Landeswährung Real (BRL) abzuwerten. Das gilt im Grunde genommen auch als ein
manipulatives Instrument wie der Einsatz von einem Policy-Mix, um absichtlich die eigene Währung abzuschwächen.
Bemerkenswert
ist vor diesem Hintergrund der rasante Anstieg der globalen
Fremdwährungsreserven parallel zu der Ausdehnung der gesamten Bilanzsumme der
G4-Länder seit 2010/11. G4 umfasst USA, EWU, Japan und Grossbritannien.
Gesamte Bilanz-Summe
der G4-Zentralbanken versus Fremdwährungsreserven, Graph: Hans Redeker, Morgan
Stanley
Heute ist
aber angesichts der Tatsache, dass die Tendenzen der globalen Binnennachfrage
sich annähern und das Exportwachstum sich verlangsamt hat, nicht zu erwarten,
dass aufgrund der dritten Runde der mengenmässigen Lockerung der Geldpolitik in
den USA zu einem Abfluss von US-Dollar in andere Währungen kommen dürfte wie in
den vorherigen Runden via QE zu beobachten war.
Die USA,
Japan und Europa haben heute alle eine schwache Wirtschaft. Sie alle würden von
einer weiteren QE-Runde profitieren. Wenn die Zentralbanken gleichzeitig die
monetären Bedingungen lockern würden, gäbe es keinen Grund für Investoren, die
eine Währung einer anderen vorzuziehen.
Wenn z.B.
die Fed die expansive Geldpolitik
angesichts der anhaltenden ungünstigen Perspektiven der globalen Wirtschaft
fortsetzt, und die EZB sich weigert,
mitzumachen, dann verliert der US-Dollar gegenüber dem Euro an Wert. Wenn aber die
EZB dem US-Beispiel folgen würde, würden sich die anfänglichen Wechselkursschwankungen
wieder umkehren. Dieselbe Logik gilt auch im Spannungsfeld zwischen der EZB und
der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Während die EZB erst kürzlich mit der
Ankündigung des OMT-Programms
die Bereitschaft unterstrich, zaghaft die Rolle als lender of last resort wahrzunehmen, gilt die SNB wegen ihrer Entschlossenheit, eine übermässige Aufwertung des
Frankens mit ihren schwerwiegenden Folgen für die Preis- und
Wirtschaftsentwicklung in der Schweiz nicht zuzulassen, als Vorbild.
Doch die EU stemmt
sich aus dogmatischen Gründen dagegen, die wahren Ursachen für die Euro-Krise
zu erkennen. Der Austeritätskurs ist das falsche Rezept. Die harschen
Sparmassnahmen führen die Staaten an der EU-Peripherie in den Ruin. Die globale
Volkswirtschaft braucht heute eine lockere Geldpolitik und eine expansive
Fiskalpolitik. Wirtschaftsleben ist nicht eine Moralfabel.
PS:
Brasilien
erhebt seit 2010 Steuern auf den Zufluss des fremden Kapitals aus dem Ausland.
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