Samstag, 1. September 2012

Fed, Krise und Forward Guidance


(Nur für Streber)

Michael Woodford hat in Jackson Hole eine interessante und ziemlich lange Forschungsarbeit („Methods of Policy Accommodation at the Interest-Rate Lower Bound“) zum Thema Geldpolitik geliefert.

Der an der Columbia University lehrende Wirtschaftsprofessor befasst sich v.a. mit einer grossen Anzahl von empirischen Studien in erschöpfenden Längen. Unter dem Strich besagt die Analyse, dass Ben Bernanke es falsch macht, wie Paul Krugman in seinem Blog dazu kommentiert.

Es geht um die Geldpolitik, wenn die Nominalzinsen bereits auf der oder nahe der Nullgrenze (zero lower bound) liegen. Unter diesen Umständen verliert die herkömmliche Geldpolitik an Zugkraft.

Doch es bedeutet nicht, dass die Zentralbank keine Optionen hat. Es war Krugman, der erstmals („It’s Baaack: Japan’s Slump and the Return of the Liquidity Trap“) darauf hingewiesen hatte, was von Woodford und Gauti Eggertsson später (2003) aufgegriffen und erweitert wurde, dass die Zentralbank immer noch an Zugkraft gewinnen kann, wenn sie die Öffentlichkeit überzeugen kann, dass sie etwas mehr Inflation zulassen will als zuvor erwartet, bis die Wirtschaft sich erholt. Krugman hatte dazu geschrieben, dass die Zentralbank sich glaubwürdig verpflichten müsste, das Inflationsziel vorübergehend etwas zu erhöhen.

Kann aber die Zentralbank dies wirklich tun? Woodford widmet der ersten Hälfte seiner Forschungsarbeit einer erweiterten Prüfung der Beweise in Sachen „forward guidance“, wo Zentralbanken ihre zukünftige Absichten signalisieren. Und er findet starke Hinweise darauf, dass es auf solche Kommunikation ankommt. Seine Antwort ist ja, die Fed könnte die Wirtschaft ankurbeln, indem sie sich verpflichtet, die Zinsen zu erhöhen, wenn die wirtschaftliche Erholung endlich erfolgt.

Das ist aber nicht, was die Fed hauptsächlich getan hat, zumindest nicht explizit. Stattdessen hat sie sich auf den Ankauf von Staatsanleihen insbesondere mit langer Laufzeit verlassen, was fälschlicherweise als QE, quantitative easing, d.h. mengenmässige Lockerung der Geldpolitik, angekündigt wurde.

War es wirksam? Woodford analysiert die Evidenz und kommt vorläufig zum Schluss, dass die meisten der offensichtlichen Auswirkungen der QE tatsächlich via Erwartungen zustande kamen. Das heisst, dass die QE funktioniert,  soweit es der Fall ist, vor allem, weil die Märkte es als eine Form von „forward guidance“ betrachten, bemerkt Krugman.

Was hätte die Fed tun sollen? Woodford schliesst daraus, dass die Fed ihre grundlegenden geldpolitischen Vorankündigungen ändern müsse, damit sie „history-dependent“ (von der Geschichte abhängend) gemacht werden. Das heisst, dass die Fed einen Blick auf ihre Absichten öffentlich gewähren soll, sodass sie die Zinsen infolge eines schweren Abschwungs langsamer erhöhen würde als sie es sonst unter anderen Umständen täte. Mit der Betonung auf „infolge eines schweren Abschwungs“, nicht wenn die Wirtschaft bereits in der Krise steckt.

Wie soll es gehen? Eine nominelle BIP-Steuerung (nominal GDP targeting) wäre eine Antwort, weil es der Fed einen Grund gäbe, von Zinserhöhungen für eine lange Zeit abzusehen. Andere Massnahmen könnten den Trick auch tun, ergänzt Krugman.

Der Punkt ist, dass dies genau das ist, was die Fed nicht getan hat, fasst Krugman als Fazit zusammen. Bernanke hat eifrig grosse Anstrengungen unternommen, um die Politiker zu überzeugen, dass die Politik der Fed sich so bald wie möglich wieder zum Normalen wenden würde, und die Fed über die Inflation wie eh und je wachsam bleibe. Woodford sagt es nicht ganz, aber all dies lenkt „forward guidance“ in die falsche Richtung, hält Krugman fest.

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