In
einem aktuellen Interview mit L’Express
aus Paris antwortet Paul Krugman auf
die Frage, wie sein Lösungsvorschlag für die südlichen Länder im Euro-Raum
aussehe, dass zunächst einmal „internal
devaluation“ (interne Geldabwertung) als herkömmliche Lösung winke, was ja
von der EU in der Gegenwart angestrebt wird.
Grundsätzlich
könnte man mittels Lohnsenkungen wieder wettbewerbsfähig werden, erklärt der an
der University of Princeton lehrende
Wirtschaftsprofessor. Es sei allerdings keinem einzigen Land gelungen, nicht
einmal Irland oder Lettland, die Reallöhne in der Privatwirtschaft zu senken.
Ausserdem
verstärkt Deflation die private Schuldenlast. Und es droht Kapitalflucht aus
dem Euro-Raum. Treffen die von der Krise geplagten Regierungen all die Massnahmen
der vorgeschriebenen Austeritätspolitik, geraten sie schnell in einen
Teufelskreis.
Spanien
zahlt im Vergleich zu Deutschland um ein Drittel zu hohe Gehälter. Anstatt die
Löhne gewaltsam zu senken, was ja eine politische Unmöglichkeit bedeutet,
könnte man die Löhne jenseits des Rheins steigen lassen, um den Wettbewerb mit
Spanien zu fördern, legt Krugman nahe. Das hätte eine Lockerung der Geldpolitik
zur Folge und würde für Deutschland sicher eine höhere Inflationsrate bedeuten.
Was
hat es aber mit einer höheren Inflation auf sich?
Krugman
erläutert seinen Lösungsansatz in seinem Buch „End This Depression, Now!“. Doch hat der Träger des Wirtschaftsnobelpreises
dazu auch in seinem Blog mehrmals Stellung bezogen.
Zunächst
gilt es, sich zu vergegenwärtigen, dass die Euro-Krise nicht durch
unverantwortliche Haushaltsführung zustande gekommen ist. Die wahre Ursache der
Krise ist die Lücke in der Wettbewerbsfähigkeit zwischen den Mitgliedsländern der Euro-Zone.
Deutschland
Inflationserwartungen (5 Jahre) gemessen am Break-even Satz: 1,28%
(intraday), Graph: Bloomberg
Wenn
der Nominalzins auf der Untergrenze von
Null (zero lower bound) liegt,
verliert die Geldpolitik an Wirksamkeit, die Wirtschaft über Zinsen zu steuern.
Die Situation wird so beschrieben, dass die Wirtschaft in einer Liquiditätsfalle steckt.
Der
Realzins kann vor diesem Hintergrund nur dann sinken, wenn die Zentralbank
zulässt, dass das Preisniveau vorübergehend ansteigt. Dies geschieht i.d.R.
über die Inflationserwartungen. Darum formuliert Krugman provokativ, dass die
Zentralbank sich glaubwürdig verpflichten soll, „unverantwortlich“ zu handeln.
Das hat wiederum mit der Kommunikationstrategie der Zentralbank zu tun. Die Wirksamkeit der
Kommunikation hängt von der Glaubwürdigkeit ab. Die Zentralbank muss klar
begründen, warum sie jetzt (in einer Extremsituation) das Inflationsziel
anhebt.
Warum
soll aber der Realzins sinken? Der
Privatsektor (sowohl Unternehmen als auch private Hauhalte) ist derzeit
überschuldet. Der Druck, Schulden abzubauen (deleveraging) , führt zu einem Rückgang der gesamtwirtschaftlichen
Nachfrage. Wenn die Schuldner sich mit Ausgaben zurückhalten, müssen die
Gläubiger animiert werden, die Ausgaben zu erhöhen. Dies erfolgt nur dann, wenn
die Realzinsen fallen. Fallen die Realzinsen nicht, leidet die Wirtschaft unter
dem anhaltenden Nachfrageausfall.
Realzins
= Nominalzins – Inflationsewartungen
Man
muss sich das Ganze anhand der obigen Gleichung vorstellen. Der Nominalzins
liegt auf der Nullgrenze. Und die Inflationserwartungen kommen kaum vom Fleck, wie z.B. in der Abbildung zu sehen
ist.
Solange
der Nominalzins auf Null verharrt, kann der Realzins nur dann sinken, wenn die
Inflationserwartungen ansteigen. Wenn niedrige Zinsen oder auch eine starke
Ausweitung der Notenbankgeldmenge (Geldbasis) fehlinterpretiert werden, wird der Spielraum der Geldpolitik (in Depression) noch
enger, wie Gerhard Illing (h/t to
FTD WirtschaftsWunder) in einem lesenswerten Artikel („Kommunikationsprobleme unkonventioneller Geldpolitik“) in Wirtschaftsdienst (siehe
Zeitgespräch) beschreibt.
Um
den Teufelskreis, der aus fallenden Preisen und der steigenden realen Schuldenlast
(debt-deflation) besteht, zu durchbrechen, muss das
Inflationsziel vorübergehend angehoben werden.
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