In
der deutschsprachigen Blogosphäre wird dieser
Tage die Frage aufgeworfen, ob der „Finanzsektor zu
gross“ ist. Ich gebe auch gern meinen Senf dazu. Der Finanzsektor besteht
hauptsächlich aus Banken und Finanzunternehmen. Die Frage ist daher unmittelbar
mit dem „too big to fail“-Problem eng
verknüpft.
„Too-big-to-fail“
bedeutet, dass der Staat eine Bank retten muss, wenn der Untergang der
betreffenden Bank die ganze Wirtschaft in Mitleidenschaft ziehen würde. Es
handelt sich dabei um Banken, die eine sog. implizite Staatsgarantie geniessen
und damit künstlich von tiefen Fremdfinanzierungskosten profitieren. Ist es aber
Marktwirtschaft?
Bill Black spricht zu Recht anstatt
von systemrelevanten Banken von systemgefährlichen Banken. Treffen die Behörden
Massnahmen, um die Problematik zu entschärfen, geht es vor allem darum, den Staat
und die Steuerzahler vor ungewollter und unakzeptabler Risikoübernahme zu
bewahren, wie Thomas Jordan, SNB-Präsident beschreibt.
Ein
grober Massstab, um das Risiko für die Volkswirtschaft zu schätzen, ist die
Bilanzsumme der Banken im Verhältnis zum BIP. Simon Johnson und James Kwak liefern dazu in ihrem lesenswerten Buch 13 Bankers ein umfangreiches Material mit
bemerkenswerten Abbildungen. Eine Tatsache ist, dass die Bank-Branche heute
mehr Vermögen besitzt als vor der Bankenrettung. Die Mängel im Finanzsystem,
die die Kernschmelze von 2008 verursacht haben, sind also heute nicht behoben worden.
Grossbanken
Bilanz- und Arbeitsplatzentwicklung, Graph:
Prof. Thomas Jordan, SNB-Präsident
Andy Haldane, Bank of England (BoE)
hat auf der Notenbankkonferenz in Jackson Hole in seinem ausgezeichneten Vortrag („The dog and the frisbee“) dazu aufgefordert, zu einer einfacheren
Bankenregulierung zurückzukehren. Der Exekutive Direktor für
Finanzmarktstabilität bemängelt zu Recht, dass sich die
Bankenregulierung von einer kleinen
Anzahl von einfachen Richtlinien zu einer Masse von überaus komplizierten
statistischen Algorithmen zur Messung von Risiko entwickelt hat.
Die
Handelsverluste von JPMorgan, die
sich angeblich auf 2 Mrd. $ oder sogar mehr belaufen, bieten hierbei ein
anschauliches Beispiel. Was das Delikate ist, dass die Grössenordnung und das
Risiko der Trading-Position von einer dritten Partei identifiziert wurde, und
zwar von den Medien. Und das Management-Team der Bank hat Wochen gebraucht, um
die Verluste zu verstehen und zu beziffern, wie Sallie Krawcheck in einem lesenswerten
Artikel („JPMorgan shows fighting
complexity is futile“) in FT von gestern darlegt.
Die
Handelsverluste von JPMorgan deuten auf die Herausforderung hin, solche
unglaublich komplexe Finanzunternehmen zu managen und zu regulieren. Das Fatale
ist, dass die Regulierungsbehörden versuchen, damit Schritt zu halten, wenn das
Finanzwesen komplizierter wird. Der Glass-Steagall
Act (1933) hat nur 37 Seiten umfasst und für 70 Jahre finanzielle
Stabilität gesorgt. Der Dodd-Frank-Act
(2010) hat 848 Seiten und die zustäzlichen Dokumente enthalten 30‘000 Seiten. Die
Komplexität ist aber der Feind der Transparenz. Die Einfachheit ist das
Kennzeichen für Vertrauen.
„Financialization
of the economy“, Graph: James Kwak
in: “13 Bankers” in 4 Pictures
Anat Admati zeigt in einer Reihe von lesenswerten Forschungspapieren auf, wie die klarsten
und wirksamsten Methoden zur Vereinfachung der Regulierung aussehen. Kein
Wunder, dass die nützlichste Finanzinnovation der letzten Jahrzehnte der
Geldautomat ist, wie Paul Volcker, der US-Notebankchef der 1980er Jahre zum
Ausdruck bringt.
Der gesellschaftliche Mehrwert moderner
Finanzinstrumente ist wegen der vielen, unnötigen Risiken kaum erkennbar. Schliesslich
gilt es, das wirtschaftliche Leben zu entfinanzieren. Es ist nämlich
eine Gefahr für die Demokratie, wenn politische Macht sich mit Geld kaufen
lässt. Es gilt deshalb die Machtkonzentration durch Machtteilung zu ersetzen. Wie der ehem.
Berater von US-Präsident Obama nahelegt, sollen Geschäfts- und
Investmentbanking (wieder) getrennt werden. Zu mächtige Finanzinstitutionen
gehören zerschlagen.
1 Kommentar:
Da ein automatisches Pingback bei mir nicht angekommen ist, könntest du in den Kommentaren zu http://www.wirtschaftswurm.net/2012/blogparade-ist-der-finanzsektor-zu-gross/ auf deinen Beitrag zur Parade hinweisen?
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