Seit
der Finanzkrise findet eine Debatte darüber statt, was das richtige Modell für
die Regulierung der Finanzmärkte ist. Während die einen behaupten, dass das
Finanzwesen kompliziert geworden ist, und die Regulierung mit komplizierten
Richtlinien darauf reagieren muss, vertreten die anderen die Ansicht, dass es klare und wirksame Methoden gibt, um die Regulierung zu vereinfachen.
Der
Schlagabtausch setzt sich inzwischen unerbittlich fort. James Kwak hält im Blog The Baseline Scenario fest, dass die Finanzmarktregulierung in den vergangenen
Jahrzehnten sagenhaft komplex geworden ist. Kwak verweist vor diesem
Hintergrund auf die unterdessen viel zitierte Analyse („The dog and the frisbee“)
von Andy Haldane, dem Executive-Direktor
der britischen Zentralbank (Boe) für Finanzmarktstabilität. Seit es Basel II
gibt, dürfen Banken ihre eigenen Risikomangementmodelle für die Berechnung von „risk weighted assets“ verwenden. RWA
bezeichnet die Summer aller Aktiven, multipliziert mit ihrer jeweiligen
Risikogewichtung.
Haldane
hebt hervor, dass die Regulierung nun durch Modelle entwickelt werde, die
potenziell Millionen von Parametern enthalten, die geschätzt werden müssen.
Aber diese Parameter werden durch relativ kurze historische Proben geschätzt, z.B.
von einer Zeitperiode, die möglicherweise für die Zukunft nicht repräsentativ
sei.
Hier
stossen wir auf eine Tatsache der Statistik: wenn man eine begrenzte Menge von Probedaten
hat, haben einfache Modell eine grössere Aussagekraft als komplexe Modelle,
ergänzt Kwak.
Durchschnittliche
Quote für die Zahlugnsfähigkeit der grossen globalen Banken, Graph: Andrew Haldane, Bank of
England, in: „The dog and the frisbee“,
August 31, 2012.
Balken:
blau: Banken, die überlebt haben, rot: Banken, die gescheitert sind.
Haldane
analysiert verschiedene Daten von Banken vor der Finanzkrise und von Banken,
die während der Krise gescheitert sind (oder gescheitert wären, wenn der Staat
nicht unter die Arme gegriffen hätte).
Die
Schlussfolgerung ist, dass risiko-basierte Kapitalquoten, wenn man die Banken
mit einem Vermögen von mehr als 100 Mrd. $ Ende 2006 berücksichtigt,
fehlschlagen, vorherzusagen, welche Banken scheitern würden, wenn eine Krise
einträte. Einfache Leverage Ratios
ohne risiko-gewichtete Aktiven beliefen sich statistisch signifikant auf 1
Prozent. Das gilt aber nicht für kleinere Banken, wie die Daten der von der
FDIC versicherten Banken belegen.
Die
Schlussfolgerung ist laut Kwak, dass die Banken mit dem System gut spielen
können: je komplizierter die Regeln sind, desto mehr Möglichkeiten haben die
Banken, damit zu spielen. Soll also die Anzahl der Regulierungsbeamte
gesteigert werden, um damit Schritt zu halten, wie die Banken und
Anwaltskanzleien mit den Regulierungsmassnahmen umgehen? Das ist im heutigen
Umfeld des Markets nicht möglich. Das eigentliche Problem ist nicht, dass mit eigen
entwickelten Risikomangementmodellen gezockt werden kann, sondern dass sie
nicht funktionieren, wenn die Komplexität der Modelle die verfügbaren Daten,
woraus die Modelle Schätzungen herleiten, in den Schatten stellen.
Haldanes
Fazit lautet daher, dass das Problem die Komplexität ist und die Komplexität
abgebaut werden muss. Eine Möglichkeit ist Besteuerung, argumentiert Kwak. Die
andere ist darauf zu bestehen, dass die komplexen Finanzinstitutionen
strukturell reformiert werden.
Bis
dahin werden alle Modelle auf der Welt falsche Eindrücke vermitteln, dass die
Regulierungsbehörden alles unter Kontrolle hätten. Ein einfaches und
transparenteres Regulierungssystem würde auf alle Fälle zu mehr Kreditvergabe
und zu grösserer Finanzstabilität führen.
PS:
(Meine Erläuterung):
Risk-based capital ratio d.h. risikogewichtete Eigenmittelquote wird aus dem verlustabsorbierenden Kapital und den risikogewichteten Aktiven gemäss den neuen Eigenkapitalvorschriften von Basel III berechnet.
Leverage-ratio gibt das Verhältnis des Kernkapitals zu einer angepassten Bilanzsumme wider.
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