Aus
der Abteilung: „charlatans and cranks“.
Bevor
man erstaunt, ist es gut, zu wissen, wo die Frage herkommt?
Nachdem
die Fed endlich einen Schritt in die richtige Richtung getan hat, um gegen die „Kleine Depression“ (Lesser Depression) etwas mehr zu
unternehmen, zeigt sich Mitt Romney,
Kandidat der Republikanischen Partei für die Präsidentschaftswahl 2012 empört:
„Die
amerikanische Wirtschaft benötigt keine künstlichen und unwirksamen Massnahmen
mehr. Wir sollten Wohlstand schaffen, nicht Dollars drucken“.
Romney
wird in Sachen Wirtschaft von Greg
Mankiw beraten. Vermutlich trägt die
zitierte Aussage Mankiws Unterschrift. Dabei war es der an der Harvard University Volkswirtschaftslehre
unterrichtende Professor, der 2004 im
Economic Report of the President als Wirtschaftsberater des Präsidenten Bush erklärt hatte, dass aggressive
Geldpolitik die Tiefe der Rezession verringern kann.
Wie
die Zeiten sich ändern können! Was Paul
Krugman ins Auge springt, ist das Wort „künstlich“. Es ist nämlich das
gleiche Wort, welches Liquidationisten zu verwenden pflegen, um die
Anstrengungen, die mit der Geldpolitik zur Bekämpfung der Weltwirtschaftskrise
(Great Depression) unternommen
werden, blosszustellen.
Krugman
erinnert vor diesem Hintergrund in seinem Blog an Schumpeters Aussage: „Jede Wiederbelebung, welche lediglich durch
künstliche Stimulierung erfolgt, macht einen Teil der Arbeit der Depression
wieder rückgängig“.
Auch
Hayek hatte ähnlich jede Erholung
der Wirtschaft, die durch die künstlich geschaffene Nachfrage ausgelöst wird,
verworfen.
Milton Friedman, der dachte, den Konservatismus aus
dieser Art von Unsinn befreit zu haben, würde sich im Grab umdrehen, beschreibt
Krugman.
Die
Romney/Liquidationist-Ansicht macht nur dann Sinn, wenn man daran glaubt, dass
das Problem der Wirtschaft auf der Angebotsseite
liegt, dass Arbeitnehmern der Anreiz fehlt, zu arbeiten, oder dass Arbeitnehmer
über falsche Fertigkeiten verfügen oder was auch immer. Und das ist aber nicht
der Fall, was durch die Beweise belegt wird. Die Evidenz deutet mit
überwältigender Mehrheit auf mangelhafte gesamtwirtschaftliche Nachfrage hin, erläutert Krugman.
Im
Umgang mit gewöhnlichen Rezessionen haben wir es mit unzureichender Nachfrage
zu tun, was durch konventionelle Geldpolitik angegangen wird, nämlich durch die
Senkung der kurzfristigen Zinsen. Bis vor kurzem waren sogar die Republikaner
damit einverstanden.
Heute
stehen wir einem noch schweren Abschwung der Wirtschaft gegenüber, vermutlich
angetrieben durch den anhaltenden Schuldenabbau (deleveraging), wo nicht einmal Nullzinsen nicht niedrig genug sind,
um die Wirtschaft anzukurbeln, sodass die Geldpolitik auf unkonventionelle
Weise gestaltet werden muss, insbesondere durch den Einfluss auf die künftigen
Inflationserwartungen, um damit den realen Zinssatz zu reduzieren.
Das
ist nicht mehr „künstlich“ als konventionelle Geldpolitik, härter, ja, aber es
geht schliesslich immer noch darum, den Marktzins mit dem „natürlichen“
Zinssatz bei Vollbeschäftigung in Einklang zu bringen, wie Krugman erläutert.
Wo
kommen aber Romney und seine Partei her? Im Grunde genommen verwerfen sie 80 Jahre der
wirtschaftlichen Analyse und Beweise, weil sie ihren ideologischen Vorurteilen
nicht passen und sie berufen sich auf fragwürdige Metaphern wie „sugar high“. All das hält Krugman für einen Ersatz fürs klare Denken.
Was
einen wirklich erstaunt, ist, wie alle nicht-dummen-Ökonomen sich mit diesem
Kerl und seinem Team einlassen. Vielleicht glauben sie, dass sie sich wieder an
sinnvolle Ökonomie wenden können, wenn die Wahl vorbei ist. Aber die Chancen
stehen schlecht: sie liegen vollkommen falsch und sie opfern ihre eigene
Glaubwürdigkeit, um Scharlatane und Sonderlinge in den Fahrersitz zu setzen,
fasst Krugman als Fazit zusammen.
PS:
Für
alle, die sich nicht näher auskennen. Der Ausdruck „charlatans and cranks“, den Krugman in seinem Blog-Eintrag
verwendet, geht auf Greg Mankiw zurück. Mankiw schrieb nämlich in der ersten
Ausgabe seines Lehrbuchs (auf Deutsch: „Grundzüge der Volkswirtschaftslehre“)
in der Einführung (Seite 35):
„Im
Jahr 1980 konnte eine kleine Gruppe
ökonomischer Berater den Präsidentschaftskandidaten Ronald Reagan überzeugen, dass eine proportionale Kürzung aller Einkommenssteuersätze
das Steueraufkommen steigern würde. Sie argumentierten, dass die Bürger bei
einem höheren Prozentsatz des ihnen verbleibenden Einkommens mehr und
fleissiger arbeiten würden, um das Einkommen zu steigern. Trotz niedrigerer
Steuersätze würde das Einkommen um so viel mehr ansteigen, dass das
Steueraufkommen zunähme“.
„Bei
Wunderkuren setzen die Leute ihre Gesundheit aufs Spiel und erreichen nur
selten die erwünschte dauerhafte Gewichtsabnahme. Ähnlich kommen Politiker kaum
zu den erwünschten und versprochenen Ergebnissen, wenn sie sich auf den Rat von
Scharlatanen und Sonderlingen stützen. Nach Reagans Wahl
wurde die gesetzliche Steuersenkung zwar beschlossen, doch die Steuereinnahmen
wollten dadurch nicht steigen“, so Mankiw.
(emphasis
mine).
PPS:
Das Merkmal der "liquidationist" Schule (Verfechter: Schumpeter und Hayek) ist, dass das Leiden, welches in einer Depression stattfindet, gut und natürlich ist. Es soll nichts unternommen werden, um das Leiden zu mildern. Die Depression soll ihre "Arbeit" erledigen.
Dazu mehr in diesem Blog hier, hier und hier.
PPS:
Das Merkmal der "liquidationist" Schule (Verfechter: Schumpeter und Hayek) ist, dass das Leiden, welches in einer Depression stattfindet, gut und natürlich ist. Es soll nichts unternommen werden, um das Leiden zu mildern. Die Depression soll ihre "Arbeit" erledigen.
Dazu mehr in diesem Blog hier, hier und hier.
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