Daniel Gros kritisiert in einem Interview („Die
Schweiz ist Weltmeister in der Währungsmanipulation“) mit Finanz und Wirtschaft die von der Schweizerischen
Nationalbank (SNB) verfolgte Geldpolitik in einer Extremsituation.
Der
Vorwurf lautet: Währungsmanipulation. Es ist bemerkenswert, dass der Leiter der
Brüsseler Denkfabrik Ceps (Centre for European Policy Studies)
nicht von einem „weltweiten Währungskrieg“ spricht. Es gebe einige Scharmützel.
Die Überfälle, die stattfinden, werden nicht so sehr als feindlicher Akt
wahrgenommen.
Und
„die USA manipulieren den Dollar nicht. Sie intervenieren nicht. Sie machen
einfach ihre Politik und konzentrieren sich auf ihre eigene Prioritäten“,
erklärt Gros. Die konkrete Kritik an die Schweiz läuft darauf hinaus, dass die
SNB interveniert, um den Leistungsbilanzüberschuss beizubehalten.
Gros‘
Argumentation hat zwar einen roten Faden, aber sie sieht das grosse Bild nicht.
Die EZB hat das OMT-Programm angekündigt.
Die Fed hat die dritte Runde der
mengenmässigen Lockerung der Geldpolitik (QE3) in Angriff genommen. Die Bank of
Japan (BoJ) hat mitgeteilt, dass sie
ihr Anleihenkauf-Programm aufstockt.
Wie
Barry Eichengreen in einem
lesenswerten Artikel („From currency
warfare to lasting peache“) in voxeu vor genau zwei Jahren hervorgehoben
hat, müssen alle führenden Zentralbank an einem Strang ziehen, um die
gesamtwirtschaftliche Nachfrage anzukurbeln. Die USA, Japan und Europa haben
jeweils eine angeschlagene Wirtschaft. Sie alle profitieren von einer neuen
Runde der mengenmässigen Lockerung der Geldpolitik. Wenn die Fed, die EZB und
BoJ alle gleichzeitig die monetären Bedingungen lockern würden, gäbe es keinen
Grund die eine Währung der anderen vorzuziehen, bzw. von einem „weltweiten Währungskrieg“ zu reden.
Wechselkurse,
Graph: SNB, Quartalsheft 3/2012
Das
Problem ist, dass die EZB Winkelzüge
macht. Die EZB hat zwar OMT-Programm angekündigt, aber die Umsetzung des Hilfsprogramms ist an restriktiven
Konditionen geknüpft.
Das
heisst, dass die EZB sich immer noch weigert, die natürliche Rolle einer Zentralbank
als lender of last resort zu übernehmen. Wenn z.B. Spanien die Konditionalität nicht
erfüllt, bekommt es keine Hilfe, weil die Aktivierung der Anleihekäufe durch
die EZB nicht automatisch erfolgt. Das heisst, dass die EZB keine spanischen
Staatsanleihen am offenen Markt aufkaufen wird. Deshalb ist Spanien wieder in
den Fokus der Spekulanten gerückt. Die Rendite der spanischen Staatspapiere mit
10 Jahren Laufzeit ist diese Woche erneut auf mehr als 6% geklettert, was
bedeutet, dass die Finanzierungskosten des Landes wieder ansteigen. Der Grund
ist, wie gesagt, dass die EZB nicht ohne wenn und aber agiert, was die potenzielle
Feuerkraft des OMT-Programms relativiert.
Während
die EZB also weiter restriktiv zuschaut, wie der Euro sich abwertet und der
Abschwung sich vertieft, bleibt die SNB mit der Praxis aktiv. Die Rezession,
die sich im Euro-Raum aus der Untätigkeit der EZB weiter verschlechtert, ist aber
auf alle Fälle schlimmer als die Festhaltung der SNB am
Mindestkurs des Franken von 1,20 pro Euro.
Gros
sagt, dass die Schweiz ja nur in Hartwährungsanlagen investiere und damit die
Target-Ungleichgewichte der Deutschen Bundesbank vergrössere.
Die
Anlage der Aktiven der SNB untersteht dem Primat der Geld- und Währungspolitik
und erfolgt nach den Kriterien Sicherheit, Liquidität und Ertrag. Die SNB verwaltet ihre
Aktiven nach den Grundsätzen einer zeitgemässen Asset-Allokation. Die
Devisenreserven werden daher zum grossen Teil in sicheren und liquiden Wertpapieren
angelegt, und nicht in Hosenknöpfe oder in Glasperlen.
Gros
sagt, dass es keine grosse Deflation droht.
Doch.
Es droht Deflationsgefahr. Warum? Eine übermässige Aufwertung des Frankens kann
durchaus deflationäre Tendenzen stärken. Die Teuerungsrate ist in der Schweiz negativ.
Die Kerninflation weist den 11. Monat in Folge einen Minus-Wert auf. Hier ist der mögliche Ablauf:
Eine
Aufwertung des Frankens macht die Importe billiger, was über die Zeit die Erwartungen
der Verbraucher und Unternehmen auf einen anhaltenden Rückgang der Preise
schüren kann.
Die
Gefahren für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung sind vielfältig:
Das
Geld wird gehortet. Die Konsumausgaben gehen zurück. Warum? Weil Konsumenten
noch tiefere Preise in Zukunft erwarten. Gleichzeitig halten sich auch die
Unternehmen mit Investitionen zurück, weil die Realzinsen steigen. Die
Aufwertung des Frankens führt dazu, dass die Exporte abnehmen. Das
Bruttoinlandsprodukt (BIP) schrumpft. Folglich steigt die Arbeitslosigkeit.
Die
SNB kann also nicht zulassen, wenn sie die Preisstabilität erhalten will, dass
die Deflationsrisiken in der Schweiz zunehmen. Deshalb versucht sie, sich gegen
die übermässige Aufwertung des Frankens zu stellen.
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