Mittwoch, 5. September 2012

Fallacy of immaculate inflation


Brad DeLong verweist in seinem Blog darauf, wie Niall Ferguson an der aktuellen Forschungsarbeit („Ultra Easy Monetary Policy and the Law of Unintended Consequences“) von William White Gefallen findet, wo aber Wichsell falsch ausgelegt wird.

Paul Krugman bemerkt dazu in seinem Blog, dass es bei Whites Analyse um einen verzweifelten Versuch handelt, aus irgendeinem Grund trotz einer zutiefst angeschlagenen Wirtschaft (Depression) und in Abwesenheit eines offensichtlichen Preisdrucks eine Erhöhung der Zinsen aufzufordern.

Wie erklärt sich aber die Verzweiflung? Es gibt Zentralbanker, die die Idee der lockeren Geldpolitik (easy money) verabscheuen. Und der Wunsch, die Zinsen zu erhöhen, ist eng mit politischen Rechten verbunden, argumentiert Krugman. Kein Wunder also, dass Ferguson die zitierte Forschungsarbeit gut findet. Das Ganze hält sich aber nicht zusammen. Denn wie DeLong schreibt, ist es nicht angemessen, Knut Wichsell heranzuziehen, um den Ruf nach einer Zinserhöhung zu rechtfertigen.

Wichsell war ein pro-Keynes Makro-Theoretiker, der einen Weg aufgezeigt hat, wie über Booms und Einbrüche in Bezug auf die Differenz zwischen dem Marktzins und dem „natürlichen“ Zins, wo die geplanten Ersparnisse und geplanten Investitionen bei Vollbeschäftigung übereinstimmen, nachzudenken ist. Es kommt zu einem Boom, wenn der Marktzins unter dem „natürlichen“ Zins liegt, und es kommt zu einem Einbruch, wenn das Gegenteil der Fall ist.

Das ist eigentlich eine Sicht, die mit der IS-LM-Analyse im Einklang steht, legt Krugman dar und deutet auf die folgende Abbildung hin.


r: Zinssatz, S: Ersparnisse, I: Investitionen

Warum würde eine Wicksellian Analyse erklären, dass die Geldpolitik zu locker ist? White nimmt einfach an, dass der „natürliche“ Zins gleich der Wachstumsrate des weltweiten Produktionspotenzials ist. Und warum wissen wir es?

Der „natürliche“ Zinssatz muss auf einer PPE-Basis bemessen werden, sowie „Probieren über Studieren geht“. Wenn die Wirtschaft aufgrund unzureichender Nachfrage in Depression steckt, was heute der Fall ist, dann besagt diese Tatsache, dass der natürliche Zinssatz unterhalb, nicht oberhalb des Marktzinssatzes ist. Es ist also die Evidenz der gleichen Sache wie die Fähigkeit der Regierung, grosse Defizite zu fahren, ohne dass die Zinsen steigen.

Und wir wissen sehr gut, warum der natürliche Zinssatz gegenwärtig depressiv ist: Schuldenüberhang, eine geplatzte Immobilienblase und eine verfrühte Austerität.

Krugman vertritt daher die Ansicht, dass White und andere der „fallacy of immaculate inflation“ (mehr dazu hier) zum Opfer zu fallen scheinen: Die Inflation muss durch den Markt-Prozess vorangehen. Die Nachfrage nach einigen Produkten muss steigen oder das Angebot muss fallen.

Jeder Versuch, eine Geschichte über Inflationsrisiken zu erzählen, wo nicht erklärt wird, woher die überschüssige Nachfrage nach Gütern kommen soll, ist unbedingt monäterer Hokuspokus, hält Krugman fest. Es gibt heute dennoch bedeutende Kräfte in Politik und Wirtschaft, die auf diesen Hokuspokus zurückgreifen, um gegen die wirtschaftspolitischen Massnahmen zu argumentieren, die der Erholung der Wirtschaft beitragen könnten.

PS:

Mehr zum Thema immaculate inflation von Karl Smith.
In diesem Blog hier und hier.

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